Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

Vielen Dank, Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Fehler einzugestehen und zu korrigieren ist ja keine Schande. Sie aus Angst davor weiterzumachen, ist unverantwortlich.

Ich sehe nach dieser Debatte, ehrlich gesagt, weder bei der CDU noch beim Innenminister irgendwie den Ansatz zu begreifen, dass man etwas tun will. Ich bin dem Kollegen Pallas sehr dankbar, der zumindest einen Weg eröffnet hat und seine Vorstellungen darstellen konnte. Herr Minister, ich bin darüber, ehrlich gesagt, enttäuscht.

Werte Kolleginnen und Kollegen, um es noch einmal klarzumachen: Wir wollen nicht, dass morgen haufenweise Polizeireviere wiedereröffnet werden. Wir wollen, dass das Konzept überarbeitet wird.

Jetzt haben Sie sogar die Absurdität – das werden Sie aus meinem Mund nur selten hören –, dass ich ausnahmsweise einmal Vertrauen in das Innenministerium habe, das sich das – auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – anschaut. Dann wird es natürlich aus pragmatischen Gründen, aus polizeifachlicher Sicht, zu einer Entscheidung kommen, dass es nicht überall ein Revierstandort sein muss, sondern dass man vielleicht in der einen oder anderen Region eine Ballung hat und es woanders sinnvoller ist. Dann können Sie dem Landtag ein fundiertes Konzept vorlegen, der dem folgen wird – meine Fraktion insbesondere –, wenn es dem Grundanspruch entspricht, dass es mehr Polizei in der Fläche gibt. Das sind doch Mindestkriterien, die hier definiert sind, von denen Sie aus sachlichen Gründen auch abweichen können. Es muss doch jedem hier klar sein, dass das am Ende nicht eins zu eins das ist, was umgesetzt wird. Von daher finde ich die Debatte etwas putzig.

Sie haben noch die Situation, dass die 1 000 Polizistinnen und Polizisten irgendwohin müssen. Herr Minister, Sie haben auf eine der Anfragen geantwortet, dass die derzeitige Revierstruktur überhaupt nicht dafür ausgelegt ist – selbst wenn zwei Drittel von den 1 000 Polizistinnen und Polizisten dann irgendwo angekommen sein sollten –, dass das funktioniert. Also müssen Sie doch sowieso an die Standortstruktur herangehen.

Übrigens, das ist 2024. Was Sie gerade tunlichst vernachlässigt haben, ist das Jahr 2023. Dann ist die Zahl erst einmal unter 14 000, denn sie sinkt nämlich auf 13 900. Erst ab dem Jahr 2024 haben wir eine stabile Zahl von 14 000. Das sollten Sie der Ehrlichkeit halber dazusagen.

Herr Minister, natürlich geht es uns nicht darum, dass wir die Polizei 24 Stunden am Schreibtisch sitzen haben. Das wissen Sie doch selbst. Wir sind doch nicht mit dem Klammerbeutel gepudert.

(Heiterkeit bei der AfD – Zuruf des Abg. Sören Voigt, CDU)

Bitte, es geht natürlich darum, vor Ort eine Präsenz zu schaffen. Wie gesagt, wir geben Ihnen die Möglichkeit –

der Antrag ist ein Vorschlag –, das so zu adaptieren, dass es fachlich sinnvoll ist. Wenn es an der einen oder anderen Stelle sinnvoller ist, einen Standort, der dauerhaft geöffnet ist, anstelle eines Reviers einzurichten, werden wir uns dem doch nicht verschließen, das ist doch klar. Übrigens gibt es jetzt schon Reviere, die mit deutlich unter 75 Leuten geführt werden. Also, auch diese Bemessungszahl ist – mit Verlaub – nicht richtig. Wenn Ihnen, Herr Innenminister, dazu nichts Besseres einfällt, dann gibt es eigentlich keinen Grund mehr, diesem Antrag nicht zuzustimmen.

Herr Stange, zu Ihnen noch ein Satz: Der Unterschied zwischen einer Gewährleistung und der Dauereinhaltung einer Frist dürfte Ihnen klar sein: Gewährleistung heißt, dass es im Zweifel muss, wenn es um Leib und Leben geht, und nicht, dass es jederzeit muss, wenn es nicht um Leib und Leben geht.

Lassen Sie mich zum Schluss, da meine Redezeit zu Ende ist, Folgendes sagen: Herr Homann hatte heute Morgen in der Debatte mehr Entschlossenheit in diesem Hohen Hause eingefordert. Ich kann mich dem nur anschließen: Seien Sie doch mal entschlossen! Stimmen Sie dem zu! Schauen Sie, was dann das Innenministerium macht, dem Sie als Koalition ja offensichtlich so vertrauen, und stimmen Sie unserem Antrag zu – zum Wohle des Freistaates Sachsen!

Vielen Dank. Es hat wenigstens Spaß gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 6/11182 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen, damit ist die Drucksache 6/11182 nicht beschlossen.

Ich sehe am Mikrofon 1 eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten; Kollege Pallas.

Das ist richtig, Herr Präsident, vielen Dank. Ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich habe den Antrag abgelehnt und bin trotzdem davon überzeugt, dass wir in der Koalition mit Entschlossenheit an der Lösung dieser Probleme arbeiten werden. – Vielen Dank.

Danke. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 11

Fragestunde

Drucksache 6/11114

Alle Fragen sind schriftlich beantwortet worden. Wir können diesen Tagesordnungspunkt also zügig verlassen.

Schriftliche Beantwortung der Fragen

Betriebsöffentliche Zufahrten – § 53 Sächsisches Straßengesetz (Frage Nr. 1)

Vorbemerkung: Im § 53 Sächsisches Straßengesetz (SächsStrG) ist die Einteilung der vorhandenen öffentlichen Straßen festgehalten:

§ 53 SächsStrG (1) Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen Straßen, Wege und Plätze, die zu diesem Zeitpunkt mit oder ohne eine Entscheidung nach § 4 Abs. 1 der Straßenverordnung vom 22. August 1974 (GBl. I S. 515) ausschließlich der öffentlichen Nutzung dienten oder betrieblich öffentliche Straßen waren, sind öffentliche Straßen im Sinne dieses Gesetzes. In diesen Fällen stehen dem Träger der Straßenbaulast soweit er noch nicht Eigentümer der der Straße, dem Weg oder dem Platz dienenden Grundstücke ist, die Rechte und Pflichten des Eigentümers der Ausübung nach in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert.

(2) … – (4) … (5) Die bisher betrieblich-öffentlichen Straßen werden Gemeindestraßen oder sonstige öffentliche Straßen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4. Die Einteilung erfolgt durch Eintragung im Bestandsverzeichnis. Bis zur unanfechtbaren Entscheidung über die Eintragung im Bestandsverzeichnis hat die Gemeinde die Aufgaben aus der Straßenbaulast wahrzunehmen.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Muss zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des SächsStrG bei einer betrieblich-öffentlichen Zufahrt auch eine öffentliche Nutzung dieser Zufahrt nachgewiesen werden oder ist es ausreichend, wenn über diese Zufahrt lediglich das Betriebsgelände für Liefer- und Kundenverkehr zu erreichen ist bzw. war?

2. Welche anderen gesetzlichen Regelungen gibt es, um zu DDR-Zeiten entstandene Zufahrten, die damals nicht rechtlich abgesichert waren, nunmehr rechtlich abzusichern, dass die über diese Zufahrten erschlossenen Grundstücke/Häuser/betrieblichen Einrichtungen weiterhin erreichbar bleiben?

Zu Frage 1: Es muss auch eine öffentliche Nutzung nachgewiesen werden. Für die Auslegung des Begriffes der betrieblich-öffentlichen Straße nach dem

Sächsischen Straßengesetz (SächsStrG) ist auf die Definition der „Verordnung über die öffentlichen Straßen“ der DDR (vom 22. August 1974) abzustellen. Dort wird zu betrieblich-öffentlichen Straßen ausgeführt (§ 3 Abs. 3 der Verordnung): „Öffentlich sind auch Straßen, die überwiegend den Interessen ihrer Rechtsträger oder Eigentümer und daneben der öffentlichen Nutzung dienen.“

Zu Frage 2: Eine rechtliche Sicherung kann über eine Widmung erfolgen. Öffentliche Straßen sind diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind (§ 2 Abs. 1 SächsStrG). Die Widmung ist eine Allgemeinverfügung, die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung öffentlich bekannt zu machen ist (§ 6 Abs. 1 SächsStrG). Die Widmung für Ortsstraßen und sonstige öffentliche Straßen verfügt die Gemeinde (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 SächsStrG). Je nach Eigentumslage ist auch die Widmung zu einem Eigentümerweg möglich (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe c SächsStrG). Die Zweckbestimmung steht dabei im Ermessen des Trägers der Straßenbaulast (§ 3 Abs. 2 SächsStrG).

Betroffener Berufsgeheimnisträger im Ermittlungsverfahren nach § 129 StGB im Umfeld der Leipziger Fußballszene, Nachfrage zu Drucksache 6/10620 (Frage Nr. 2)

Fragen an die Staatsregierung:

1. Wie viele Steuerberater/innen wurden durch welche konkrete Überwachungsmaßnahme, insbesondere im Rahmen welcher und wie vieler berufsbezogener/nicht berufsbezogener Telekommunikationsereignisse, als Beschuldigte oder Dritte betroffen?

2. Wie viele Personen sind namentlich/nicht namentlich bekannt und wurden wann – bzw. aus welchen Gründen nicht – unterrichtet?

Zusammenfassende Antwort zu den Fragen 1 und 2.

Voranstellen möchte ich, dass sich sogenannte Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen gegen die Telefonanschlüsse von Beschuldigten richten. Sie erfassen aber zwangsläufig auch Dritte, weil Telefongespräche naturgemäß von mindestens zwei Personen geführt werden. Steuerberater/innen waren in dem sogenannten „AGRA-Verfahren“ nicht als Beschuldigte betroffen.

a) Im Ergebnis einer im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft Dresden durchgeführten nachträglichen Recherche wurde durch die Polizei aber festgestellt, dass ein Steuerberater als Dritter von Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung betroffen war.

Im Einzelnen: In diesem Fall konnte festgestellt werden, dass insgesamt 16 Telekommunikationskontakte eines Steuerberaters mit im weitesten Sinne berufsbezogenen Inhalten zu zwei vormaligen Beschuldigten aufgezeichnet worden sind. Dies geschah im Rahmen der folgenden Überwachungsmaßnahmen: Im Zeitraum vom 10. April 2014 bis 9. Juli 2014, beruhend auf dem Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 10. April 2014, wurde ein Telekommunikationsereignis mit der Steuerberatungskanzlei, in welcher der Steuerberater tätig ist, erfasst. Im Rahmen der mit Beschlüssen des Amtsgerichts Dresden vom 6. Dezember 2013 bzw. 4. März 2014 in den Zeiträumen vom 6. Dezember 2013 bis 5. März 2014 bzw. vom 4. März 2014 bis zum 5. Juni 2014 angeordneten Telekommunikationsüberwachung gegen einen weiteren Beschuldigten wurden insgesamt 15 Telekommunikationsereignisse mit diesem Steuerberater aufgezeichnet, wobei es bei drei Ereignissen zu keiner Gesprächsverbindung kam bzw. ein bloßer Anwahlversuch vorlag.

Der angeführte Steuerberater konnte zunächst nicht benachrichtigt werden. Die Gründe für die bisherige Nichtbenachrichtigung sind folgende:

Aus den Telefonaten war lediglich ein Vorname bekannt. Die durchgeführte Bestandsdatenabfrage ergab lediglich einen Nachnamen und eine Anschrift. Die Anschrift ist allerdings eine Privatanschrift und nicht die Anschrift der Steuerberaterkanzlei, in der der Betroffene tätig ist. Somit war bisher für die Ermittlungsbehörden keine eindeutige Identifizierung möglich. Im Zuge einer nachträglichen Recherche wurde nunmehr festgestellt, dass dessen Kontaktdaten mit vollständigem Namen, Anschrift und Mobilfunknummern in anderen Gesprächen durch einen vormaligen Beschuldigten an Dritte weitergegeben wurden. Diese Verbindung war zum Zeitpunkt der damaligen Auswertung der Telekommunikationsüberwachung durch die Polizei nicht hergestellt worden.

Nachdem der Steuerberater nunmehr identifiziert werden konnte, erfolgt umgehend seine Benachrichtigung.

b) Durch das PTAZ sind im Hinblick auf die mündlichen Anfragen die gesamten TKÜ-Protokolle im „AGRA-Verfahren“ unter dem Stichwort „Steuer“ geprüft worden. Der Vollständigkeit halber möchte ich daher noch auf nachfolgende zwei Fälle hinweisen, die einen möglichen steuerrechtlichen Hintergrund ergeben:

In einem Fall wurden im Ergebnis der nachträglichen Recherche telefonische Kontakte eines vormaligen Beschuldigten zu einer Person, welche den Mobilfunkanschluss einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft genutzt hatte, bekannt. Im Rahmen der mit Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom März 2014 in der Zeit vom 4. März 2014 bis zum 5. Juni 2014 angeordneten TKÜ-Überwachung gegen einen Beschuldigten

wurden insgesamt 18 Telekommunikationsereignisse mit dem Nutzer eines einer Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungsgesellschaft als Anschlussinhaberin zuzuordnenden Mobilfunkanschlusses erfasst, wobei es in sechs Fällen zu keiner Verbindung kam bzw. ein bloßer Anwahlversuch vorlag. Soweit eine Auswertung der Gespräche möglich war, beruhen diese Gespräche offensichtlich nicht auf einem Mandatsverhältnis, haben keine steuerrechtlichen Fragen zum Gegenstand und fallen damit nicht in den Schutzbereich des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO.

Der Betroffene ist nicht benachrichtigt worden. Es wurden sämtliche 18 Gespräche nicht als verfahrensrelevant eingestuft. Der Nutzer des betroffenen Mobilfunkanschlusses war von dem Anschlussinhaber verschieden. Ein vollständiger Name war nicht bekannt, es konnte lediglich phonetisch der Nachname verzeichnet werden. Eine Zuordnung der Gesprächsinhalte zu einem Mandatsverhältnis im Sinne des Schutzbereichs des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO und damit letztlich zu der Anschlussinhaberin war nicht möglich. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wurde von weiteren Ermittlungen zur Identifizierung des Drittbetroffenen abgesehen, § 101 Abs. 4 Satz 5 StPO. Auch aus heutiger Sicht besteht für derartige Maßnahmen der Identitätsermittlung aus Verhältnismäßigkeitsgründen keine Veranlassung.

In einem weiteren Fall schließlich konnte lediglich festgestellt werden, dass in einem Telefonat über den Inhalt der Steuererklärung eines vormaligen Beschuldigten gesprochen wurde, ohne dass der Gesprächspartner konkret als Steuerberater identifiziert werden konnte. Dieses Telekommunikationsereignis wurde im Rahmen des Beschlusses des Amtsgerichts Dresden vom

23. Januar 2014 (Zeitraum: 23. Januar bis 21. April 2014) erhoben.