Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Nach diesem Satz. – Diese Menschen verschließen ihre Augen bewusst vor der Realität. – Bitte schön, Herr Urban.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Lieber Gunter Wild, du hast doch soeben die Argumentation von CDU, von SPD und auch von den GRÜNEN hier im Landtag gehört. Klang das für dich wie Morgenluft bezüglich der Sanktionen? Wir beschließen Ende dieser Woche in der EU eventuell eine Verlängerung der Sanktionen. Hattest du den Eindruck, dass jetzt hier Morgenluft weht, dass die Sanktionen bald zu Ende gehen?

Ich schon!

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das müssen wir jetzt mal klären!)

Ich habe die nicht gespürt.

Lieber Jörg Urban,

(Heiterkeit im Saal)

ich danke dir für diese Frage. Dann haben die Mitglieder dieses Hohen Hauses anscheinend die aktuellsten Nachrichten noch nicht gehört oder noch nicht offiziell bestätigt bekommen. DWN, Deutsche Wirtschaftsnachrichten, haben berichtet – ich zitiere diesen kurzen Artikel –: „Der russische Wirtschaftsminister Maxim Oreschkin hat laut TASS am Rande der 11. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation die europäische Handelskommissarin

Cecilia Malmström getroffen. Die beiden hätten über die Aufhebung von Handelsbeschränkungen gesprochen, sagte der russische Minister am Rande der Konferenz.“

Es gab ein Treffen mit der europäischen Handelskommissarin Cecilia Malmström. Wir haben die Notwendigkeit diskutiert, schrittweise Handelsbarrieren zu beseitigen. Oreschkin sagte, dass Russland und die Europäische Union Listen von Handelsbeschränkungen vorbereiten werden, um die Situation im gegenseitigen Handel zu verbessern. Zitat: „Wir haben genau vor einem Monat über die Aufhebung der Handelsbeschränkungen gesprochen, als der Botschafter der Europäischen Union in Russland zu mir kam. Wir haben mit dem EU-Gesandten diskutiert, dass wir jetzt Listen der Handelsbeschränkungen vorbereiten, die beide Länder gegeneinander verhängt haben, und werden sehen, wie man sich weiter bewegt, um diese Situation zu verbessern.“

Klingt das danach, dass dort nicht Bewegung drin ist und dass auch die in der EU es mittlerweile erkannt haben, dass die Sanktionen falsch sind? Bei mir klingt das danach.

Ich fahre fort. Das, was wir brauchen, ist keine Untersuchung der Vergangenheit. Was wir brauchen, ist ein Ende der Sanktionen und nicht die Berechnung, welcher Schaden in der Vergangenheit eingetreten ist. Wenn schon prüfen und berichten, wie es im Antrag steht, dann sollten wir prüfen und berichten, wie die verloren gegangenen Handelsbeziehungen zurückgewonnen werden können. Das wäre ein Prüfauftrag. Vor allem die Agrar- und Lebensmittelindustrie, die heute hier überhaupt noch nicht zur Sprache kam, muss doch erhebliche Schäden durch die Gegensanktionen erleiden. Wir müssen jetzt für die Zukunft handeln und uns weniger mit der Vergangenheit beschäftigen.

Da dieser Berichtsantrag aber für eine spätere Gesamtbetrachtung durchaus von statistischem Wert sein kann und keinen großen Schaden verursacht, werden wir uns als blaue Gruppe im Sächsischen Landtag enthalten.

Danke schön.

(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Muster, fraktionslos – André Barth, AfD: Als was? Die blaue Gruppe gibt es nicht!)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Dann spricht jetzt die Staatsregierung; Herr Minister Dulig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn ich noch eine Weile zugehört hätte, was sich hier an der rechte Seite abspielt, so geht es doch um ein ernstes Thema.

Dass Wirtschaftssanktionen ein besseres Mittel sind als Krieg, ist hoffentlich Konsens. Dass aber Wirtschaftssanktionen sehr häufig auf dem Rücken der Menschen ausgetragen werden und Schäden – auch wirtschaftlicher Art – verursachen, ist ebenfalls unstrittig.

(Jörg Urban, AfD: Es geht auch ohne Sanktionen und es geht auch ohne Krieg!)

Aber das dürfte in Ihren Ohren nicht neu sein. Das haben wir in allen Debatten, die wir zu diesem Thema hier geführt haben, gesagt.

(André Barth, AfD: Aber noch nicht gemacht!)

Dass die Sächsische Staatsregierung sich dafür ausgesprochen hat, die Sanktionen schrittweise zu überwinden, dürfte für Sie nicht neu sein, weil wir das in jeder Rede und in jeder öffentlichen Erklärung gesagt haben – sei es der Ministerpräsident oder ich als Wirtschaftsminister. Das dürfte Ihnen also nicht neu sein, auch die Begründung, die heute hier schon häufiger eine Rolle gespielt hat. Hauptursächlich für den Niedergang des Exportgeschäfts sind nicht die Sanktionen, sondern die Probleme vor den Sanktionen – nämlich die Energiekrise und der damit verbundene Rubel-Verfall. Ihnen dürfte nicht neu sein, dass sich die Sanktionen als eine Art Katalysator ausgewirkt haben, weil wir das bei jeder Debatte hier so ausgeführt haben.

Ich weiß nicht, was Ihre Motivation ist, inwieweit Sie sich hier als fünfte Kolonne verstehen und es Ihnen gar nicht darum geht, tatsächlich im Interesse von Arbeitsplätzen zu diskutieren, sondern im Interesse politischer Kräfte in Moskau – nur, wir haben hier die Verantwortung für unsere wirtschaftliche Entwicklung, für die Arbeitsplätze. Deshalb nehmen wir die Debatte sehr ernst.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Ja.

Herr Urban.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatsminister, Sie haben jetzt, wie Ihre Kollegen aus der SPD-Fraktion auch schon, gefragt, ob wir nicht mitbekommen hätten, dass der Niedergang der Exporte auch andere Ursachen hat als die Sanktionen. Ich möchte Sie einmal zurückfragen: Haben Sie mitbekommen, dass wir hier ausführlich dargelegt haben, dass wir wissen, dass es auch andere Gründe gibt, und dass es uns mit unserem Antrag gerade darum geht, herauszubekommen, welche Auswirkungen speziell die Sanktionen haben – unabhängig von den anderen Effekten?

Bitte nur eine Frage stellen.

Das war die Frage.

Ob ich mitbekommen habe, dass Sie mit Ihrem Antrag mehr wissen wollen – –

Nein. Wir wollen wissen, was die Sanktionen bewirken.

Wir können es kurz machen. Ich kann es Ihnen sagen, und Sie brauchen nicht einmal eine Studie dafür, weil das nicht einmal ein Geheimnis ist.

Ich habe es gerade gesagt: Sanktionen führen dazu, dass auch Unternehmen in die Bredouille kommen. Das ist doch nicht neu. Ich kann Ihnen sogar die Zahl sagen, die bei der Sächsischen Aufbaubank um Unterstützung nachgefragt haben: Sechs Unternehmen haben gefragt und vier Unternehmen haben Hilfe in Anspruch genommen. Wir können Ihnen tatsächlich keine exakte Zahl nennen, wie viele Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Aber ich bezweifle nicht, dass Arbeitsplätze dadurch verloren gegangen sind. Das bezweifelt niemand, also brauchen wir auch nicht eine Studie, um uns zu beweisen, dass da etwas passiert.

Die Frage ist doch nur: Was ist ursächlich dafür? Deshalb muss ich Ihrem ersten Redner komplett widersprechen. Die Exporte nach Russland sind im ersten Halbjahr 2017 deutschlandweit um 24 % gestiegen. Gestiegen!

(André Wendt, AfD: Aber nicht in Sachsen!)

In Sachsen sind sie zurückgegangen. – Ja, nur jetzt müssen Sie auch mal erklären, dass nicht allein die Sanktionen ursächlich sind für Exportanstiege oder Exportreduzierungen, sonst gäbe es ja diesen Widerspruch nicht.

Der Anstieg, den wir jetzt haben, hat natürlich etwas damit zu tun, dass die Weltmarktpreise bei der Energie wieder hochgegangen sind. Das kann sogar dazu führen, dass selbst sächsische Exporte wieder steigen. Dieser Zusammenhang, den Sie herstellen, dass die Wirtschaftssanktionen mit Russland ursächlich dafür sind, dass das Exportgeschäft mit Russland nicht funktioniert, stimmt schlichtweg nicht. Aber Sie können sich auf der anderen Seite – –

(Beifall bei der SPD)

Sie können sich auf der anderen Seite weiterhin sicher sein, dass wir eine menschenfreundliche Politik mit Russland wollen, weil diese Einteilung – bist du für Russland oder bist du gegen Russland? – ja manchmal absurde Formen annimmt. Wir wollen eine freundschaftliche und partnerschaftliche Beziehung mit Russland, weil Partnerschaften immer besser sind als Konfrontation. Dazu muss ich nicht einmal Putin-Versteher sein, sondern ich kann auch Putin-Kritiker sein, um diese Haltung zu haben. Natürlich geht es darum, dass das Minsker Abkommen umgesetzt wird. Da bin ich bei der deutschen Außenpolitik, die dafür wirbt, das Minsker Abkommen schrittweise umzusetzen und damit schrittweise auch Sanktionen zu lockern.

Dieser Vorschlag sollte im Europarat ankommen, damit wir einen Fortschritt in diese Debatte bekommen. Das ist deutsches Handeln, das ist Verantwortung, die wir haben, und deshalb sind wir viel weiter, als Sie suggerieren wollen. Wir haben in Sachsen mit Russland als einziges

Bundesland die Kontakte aufrechterhalten mit der politischen Begleitung – jedes Jahr! Da waren andere Bundesländern schon längst nicht mehr am Start. Sachsen war das einzige Bundesland.

(Beifall bei der SPD – Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Nein. – Wir waren das Bundesland, das mit politischer Begleitung diese Projekte gemacht hat, und wir haben uns als erstes Land deutlich für eine schrittweise Beendigung der Sanktionspolitik ausgesprochen. Sie wollen es nicht zur Kenntnis nehmen, weil es nicht in Ihr Weltbild passt.

Mir ist es egal, ob die AfD ihre Zahlung in Rubel oder in Euro bekommt. Ich habe die Verantwortung für die hiesigen Arbeitsplätze und dafür, dass die Unternehmen, die durch die Russland-Sanktionen in Mitleidenschaft gezogen werden, konkrete Unterstützung bekommen. Wir wollen vor allem, dass die Kontakte aufrechterhalten werden. Denn dort, wo sich Menschen begegnen, entsteht auch Vertrauen. Genau deshalb fahren wir immer nach Russland, um diese Kontakte aufrechtzuerhalten. Da brauchen wir keine AfD, sondern wir brauchen konkrete Zusammenarbeit. Dafür würde ich eher einmal um Unterstützung bitten.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Das Schlusswort hat die AfD; bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde ja schon viel von meinem Kollegen Jörg Urban gesagt; aber ich möchte noch einmal kurz auf die Rede von Herrn Nowak von der CDU eingehen: Ich kann Ihnen für das nächste Mal nur empfehlen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und vor allem mit der Studie; dann hätten Sie gemerkt, dass die externen Faktoren wie der Rohölverfall und der RubelVerfall schon herausgerechnet worden sind. Das sind Zahlen gewesen, die sich bei der Studie nur auf die Russland-Sanktionen bezogen haben.

Nun zu meinem Schlusswort. Gestern das Leipziger Stahlbauunternehmen IMO, heute Siemens – Arbeitsplatz

verluste in Sachsen wegen der Russland-Sanktionen. Hatte Siemens nicht angekündigt, seine Geschäfte in Russland auf ein Minimum zurückzufahren? Jetzt will die deutsche Technologiefirma Schnellzüge an den russischen Bahnkonzern RZT liefern. Der Deal steht, verhandelt wird nur noch über die Details. Der Konzern will seine Präsenz in Russland künftig weiter ausbauen – ich betone: in Russland, nicht in Sachsen. Das entspricht auch der Grundhaltung der gesamten deutschen Wirtschaft,

schreibt „rueconomics“.