Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Wir sollten versuchen, mit den russischen Partnern im Gespräch zu bleiben und daran zu arbeiten, dass die russische Wirtschaft trotz der vor allem von Präsident Putin heraufbeschworenen Konflikte wieder auf die Beine kommt; denn die Schwäche der russischen Wirtschaft ist doch das Problem und weniger die Sanktionen.

In der letzten Woche hatte der Geschäftsführer der Keulahütte in Krauschwitz bei Weißwasser anlässlich der Barbara-Feier des Unternehmens davon gesprochen, dass sein Unternehmen durch ausbleibende Aufträge aus Russland im letzten Jahr 4 % seines Umsatzes eingebüßt hat.

Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, das müssen wir natürlich ernst nehmen, und das tun wir auch. Diese Firma stellt unter anderem Schwerarmaturen her, zum Beispiel riesige Absperrklappen von 1,40 Meter Durchmesser für Wasser- und Abwasserleitungen, die de facto nur in Russland eingesetzt werden. Solche Produkte sind keine Rüstungsgüter und stehen damit auch nicht auf der Sanktionsliste. Aber die gesamtwirtschaftliche Lage in Russland wirkt eben nach. Es gehört auch zur Wahrheit dazu, dass es in erster Linie die schwächelnde russische Wirtschaft ist, die einige sächsische Unternehmen dermaßen unter Druck setzt, und es nicht nur die Sanktionen sind. Genau hier setzen wir an.

Wir als sächsische Abgeordnete sollten versuchen, die russische Wirtschaft zu unterstützen und den Austausch mit Russland weiter zu intensivieren. Auch deshalb organisieren wir gerade mit dem Parlamentarischen Forum Mittel- und Osteuropa des Sächsischen Landtages eine 20-köpfige Delegationsreise nach Moskau, die im

Juni 2018 stattfinden wird, an der auch Vizepräsidentin Frau Dombois und Staatsministerin Frau Köpping teilnehmen werden.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das Gespräch zu suchen und neues Verständnis untereinander zu erzeugen, das sehe ich als unsere hiesige Aufgabe und nicht irgendwelche Studien in Auftrag zu geben, von denen von vornherein klar ist, dass diese uns nicht weiterbringen werden. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Noch eine Kurzintervention, bitte schön, Herr Urban.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Baum, ich möchte auf Ihren Redebeitrag doch noch einmal eingehen. Sie haben uns auf der einen Seite vorgeworfen, wir hätten überhaupt kein Interesse an den Arbeitsplätzen in Sachsen, an den Unternehmen, ohne dass Sie das jetzt in irgendeiner Art und Weise belegen können. Auf der anderen Seite betonen Sie Ihre Reisetätigkeit. Ich wünsche Ihnen diese Reise auch, denn dann haben Sie schöne neue Erfahrungen. Helfen wird das den Beziehungen nichts.

Was ich aber von Ihnen als SPD gehört habe, ist: Auch Sie halten hartnäckig an den Sanktionen fest. Sie vertreten eine antirussische Haltung.

(Staatsminister Martin Dulig: Polemik hoch drei!)

Die Argumentation, dass Russland einen schwachen Markt hätte und das der Grund wäre, nicht zu exportieren, ist schlicht und einfach falsch. Das Unternehmen Siemens, von dem wir heute früh geredet haben, hat gerade erst in Russland einen Auftrag für Regionalzüge im Wert von 1,7 Milliarden Euro bekommen. Russland hat keinen schwachen Markt.

(Andreas Nowak, CDU: Staatsbahn!)

Die Exporte, die uns durch die Sanktionen verloren gehen, bewirken politisch nichts. Das wissen Sie. Sie halten trotzdem daran fest. Sie zerstören in Sachsen Arbeitsplätze, auch wenn nicht jedes Mal eine Insolvenz oder eine einzelne Firma dranhängt.

(Zuruf des Abg. Andreas Nowak, CDU)

Also, liebe SPD, werfen Sie uns nicht vor, dass wir nicht an die sächsischen Betriebe denken würden. Fassen Sie sich selbst an die Nase und kommen Sie weg von Ihrer russlandfeindlichen Politik.

(Beifall bei der AfD)

Herr Baum, bitte.

Herr Urban, Sie haben heute schon sehr viel Blödsinn erzählt. Deswegen von mir nur noch ein Satz im Namen der SPD-Fraktion: Wir machen keine russlandfeindliche Politik.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Jörg Urban, AfD: Aber hallo!)

Herr Dr. Lippold, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Inhaltlich ist zu diesem Antrag wenig zu sagen. Es gibt wenig Neues. Die AfDFraktion hat, wie schon in der Vergangenheit, bei Anträgen zum Thema Wirtschaftssanktionen Auskunft von der Staatsregierung erhalten. Wir könnten einfach die alten Reden zu diesem Thema herausholen –

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

oder auch nicht und somit ein paar Minuten Redezeit sparen. Der Antrag kann aber auch Anlass sein, einmal vertieft darüber nachzudenken, und das möchte ich gern in aller Kürze und Würze tun.

Meine Damen und Herren! In der Charta der Vereinten Nationen verpflichtet sich die Weltgemeinschaft nach den entsetzlichen Erfahrungen zweier Weltkriege auf gemeinsame Grundsätze, darunter die unbedingte Achtung der territorialen Integrität und der politischen Unabhängigkeit. Weil sich alle Unterzeichner auch verpflichten, internationale Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln beizulegen, kommen bei klaren Verstößen gegen die Charta der Vereinten Nationen eben nicht gleich Truppen zum Einsatz, sondern, wenn irgend möglich, zunächst mildere Mittel wie Wirtschaftssanktionen, um einem völkerrechtswidrigen Verhalten einen Preis zu geben.

Die Verteidigung von Grundwerten, die Durchsetzung von Recht und Gesetz – sei es auch das Völkerrecht – hat immer einen Preis. Gerade für Sie, meine Damen und Herren von der AfD, die immer so auf Law and Order pochen, muss die Einhaltung von vereinbarten Grundsätzen doch einen hohen Wert haben. Wie um alles in der Welt kommen Sie dann auf die Idee, dass uns das nichts kosten darf, dass wir auf die Einforderung und die Durchsetzung der Einhaltung völkerrechtlicher Vereinbarungen verzichten sollten, wenn uns das etwas kostet; denn das schwebt Ihnen ja offenbar vor.

Sie haben ja nicht gefordert, diese Kosten gerecht zu verteilen oder Betroffene zu unterstützen, denn darüber könnten wir sogar reden. Aber nein, Sie fordern einfach auf Maßnahmen zur Sanktionierung von Rechtsbruch zu verzichten, wenn es Geld kostet. Die aus sehr gutem Grund und nach schlimmen Erfahrungen weltweit vereinbarten Grundsätze einfach fallen zu lassen, nur weil ihre Durchsetzung Geld kostet, ist keine Option, wahrscheinlich noch nicht einmal für Sie.

(Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Ich möchte gern zu Ende sprechen. – Was steckt dann hinter Ihrem Antrag? Je öfter man sich so etwas im Kontext der sonst noch aus Ihren Reihen verfassten und geäußerten Meinungen anschaut, desto klarer wird das. Es wird klar, dass es keinesfalls nur darum geht, dass wirtschaftliche Interessen gegen Grundsätze abgewogen werden. Nein, dahinter steckt viel Ärgeres. Ihnen sind nämlich die Grundsätze der UN-Charta völlig egal oder zuwider. Sie halten es für völlig normal, dass das Recht des Stärkeren auf der internationalen Bühne gilt und gnadenloser Sozialdarwinismus innerhalb der Gesellschaft.

(Jörg Urban, AfD: Das ist völliger Quatsch!)

Wer diese ideologische Basis teilt – und das tun fast alle Potentaten auf der Welt –, der ist Ihr Partner im Geiste, und wer sie ablehnt, wird bekämpft – unabhängig davon, ob Ihnen und so manchem Ihrer Anhänger das bewusst ist oder nicht, und unabhängig davon, wie oft Sie solche Vorwürfe empört von sich weisen.

(Jörg Urban, AfD: Die GRÜNEN waren für die Bombardierung Jugoslawiens!)

Die alleinige Gültigkeit des Rechts des Stärkeren war prägendes Merkmal der nationalsozialistischen Weltanschauung, ausführlich in „Mein Kampf“ beschrieben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Wir nehmen das ernst, meine Damen und Herren. Wir lassen Ihnen noch nicht einmal im Denkansatz eine Verletzung der Grenzen durchgehen, die unsere Zivilisation von den Abgründen trennt, in die unsere Väter und Mütter, unsere Großväter und Großmütter gestoßen wurden und selbst viele Millionen Menschen gestoßen haben. Wehret den Anfängen auch in einem an sich unbedeutenden AfD-Antrag unter Tagesordnungspunkt 13 zu vorgerückter Stunde im Sächsischen Landtag!

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD – Jörg Urban, AfD: Die grüne Kriegstreiberpartei muss uns keine Moral lehren! – Sebastian Fischer, CDU: Völker, hört die Signale!)

Herr Abg. Wild, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete, vor allem jene von der AfD! Das Thema Embargopolitik gegen Russland – viele meiner Vorredner haben es schon erwähnt – hatten wir hier im Landtag schon mehrmals besprochen.

(Frank Heidan, CDU: Stimmt!)

Im Gegensatz zu den Vorrednern möchte ich aber auf den Antrag eingehen. Die Vorredner haben alle nur von den Sanktionen, von den Hintergründen, von allem Möglichen gesprochen, aber nicht von dem, was zum großen Teil im Antrag steht.

Mit dem heutigen AfD-Antrag sollen die Wirkungen der Maßnahmen und Gegenmaßnahmen auf die sächsische Wirtschaft untersucht werden. So weit, so gut.

(Zuruf der Abg. Uta-Verena Meiwald, DIE LINKE)

Es ist doch hoffentlich unbestritten, auch hier in diesem Hohen Haus, dass auch wir Sachsen von diesen Sanktionen wirtschaftlich sehr stark betroffen sind. Was bringt es uns aber jetzt?

Nach Medienberichten werden schon jetzt Gespräche zwischen Russland und der EU zur Lockerung oder gar Aufhebung der Sanktionen begonnen. Was bringt es uns jetzt, die Kosten der Vergangenheit zu untersuchen? Diesen Antrag neun Monate, nachdem er im elektronischen Datensystem lag, liegen zu lassen, um ihn heute einzubringen, wo die Lockerungen der Embargopolitik in Sicht sind, kann man tun. Das ist aber Vergangenheitsbewältigung. Es bringt uns nichts, aber auch gar nichts für die Zukunft. Mit diesem Berichtsantrag kommen wir der Beendigung der Sanktionen jetzt nicht mehr näher.

(Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Diejenigen, die die Auswirkungen der Embargopolitik nicht wahrhaben wollen, werden auch durch immer neue Studien nicht mehr vom Gegenteil überzeugt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Wild?

Nach diesem Satz. – Diese Menschen verschließen ihre Augen bewusst vor der Realität. – Bitte schön, Herr Urban.