Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Austauschprogramm Erasmus und jetzt Erasmus+ baut die Europäische Union seit 30 Jahren Brücken zwischen jungen Menschen. Über 7 Millionen Europäerinnen und Europäern wurde durch die verschiedenen Austauschprogramme seitdem ein Auslandsaufenthalt ermöglicht.
Aus eigener Erfahrung – als langjährige Erasmus-Koordinatorin meines Instituts an der Universität Leipzig und als Erasmus-Studentin – kann ich sagen, dass ehemalige Erasmus-Teilnehmerinnen und -teilnehmer noch Jahrzehnte später auf ihre aufregende, inspirierende, aber auch herausfordernde Zeit im europäischen Ausland zurückblicken. Ich wünsche allen Jugendlichen diese Erfahrung.
Mehr als jede Verbraucherschutzverordnung und Energiemarktrichtlinie stärkt Erasmus+ den Zusammenhalt der Menschen und das Interesse aneinander in Europa. Wer Europa einmal im Alltag erleben durfte, kennt seinen Wert. Wer sich kennt, der hilft sich. Erasmus ist deshalb sicherlich eines der nachhaltigsten Mittel, um Europas Skepsis, Nationalismus und einem gesellschaftlichen Klima der Ausgrenzung vorzubeugen.
Das Erasmus-Programm ist unsere Investition in eine friedliche Zukunft des Kontinents. Davon bin ich überzeugt. Ich begrüße daher die Initiative im vorliegenden Antrag, Austausche für junge Menschen aus Sachsen zu stärken. Ich freue mich auch, dass der vorliegende Antrag ein deutliches Ja zum Zusammenhalt in der EU und zum europäischen Gedanken der Solidarität enthält.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für eine größtmögliche Wirksamkeit des laufenden Erasmus+-Programms müssen die Rahmenbedingungen sowohl auf europäischer Ebene als auch vor Ort stimmen.
Deshalb sollten wir kritisch hinterfragen, warum etwa die Zahl der Schulpartnerschaften in Sachsen im laufenden Programm gegenüber den Vorgängerprogrammen zurück
gegangen ist. Die Antwort des Kultusministeriums auf meine Kleine Anfrage hat gezeigt, dass im Jahr 2016 gerade einmal vier sächsische Schulen an einer Erasmus+-Schulpartnerschaft beteiligt waren. Im letzten Jahr des Vorgängerprogramms, 2013, waren es noch 13 Schulpartnerschaften.
Sosehr eine Evaluierung und Bewertung der Programmausgestaltung Sachsens gegenüber der Europäischen Kommission, wie im vorliegenden Antrag gefordert, sinnvoll ist, so sehr müssen wir uns auch fragen, was auf Landesebene besser gemacht werden kann. Die Frage ist: Wie können wir mehr Schulen für das Programm Erasmus+ gewinnen? Natürlich ist es richtig und begrüßenswert, die Antragsverfahren künftig zu vereinfachen. Das Kultusministerium muss aber auch seinen Teil des Auftrags erfüllen, um künftig die Potenziale von Erasmus+ besser zu nutzen. Schulen, an denen eben Lehrermangel herrscht, Kolleginnen und Kollegen, die mit den Lehr- und Selbstverwaltungsaufgaben ausgelastet sind, können es schlicht und einfach nicht mehr leisten, einen Antrag für ein Erasmus+-Projekt zu verfassen – mag das Verfahren dann auch noch so entschlackt sein.
Sehr geehrte Damen und Herren! Viele gute Vorschläge aus der Sachverständigenanhörung im Europaausschuss wurden in den jetzt neu vorgelegten Antrag aufgenommen, zum Beispiel Erasmus+ auch für berufsbildende Schulen im Freistaat besser zugänglich zu machen. Das ist ohne Zweifel sinnvoll und auch überfällig. Schließlich lebt Europa vom Austausch aller jungen Menschen, ob in Ausbildung oder Studium. Damit wirken wir eben auch den Versuchen der Europafeinde entgegen, die einen Keil zwischen denjenigen treiben wollen, die von der europäischen Mobilität profitieren, und denen, die außen vor bleiben.
Ein wichtiger Punkt ist, wie Schulen während der Kontaktanbahnung stärker unterstützt werden können. Dafür gab es in der Sachverständigenanhörung Best-PracticeBeispiele aus anderen Bundesländern. Ich möchte eines aufgreifen: Nordrhein-Westfalen hat frühzeitig eine eigene Koordinierungsstelle eingerichtet, die den förmlichen Antrag für die Schulen stellt. Sie übernimmt also die administrative Aufgabe und entlastet Schulen damit. Koordinierungsstellen könnten auch Sie, Herr Minister Haubitz, einrichten.
Auch im Hochschulbereich ist der Verwaltungsaufwand enorm gestiegen – das wurde schon gesagt –, und das muss sich ändern, damit es attraktiv bleibt. Zum Beispiel müssten die Stipendien nicht mehr tagegenau, sondern monatsweise bewilligt werden. Sie sollten dann enden, wenn der Prüfungszeitraum endet und nicht administrativ im Vorhinein auf einen Tag festgelegt werden. Das würde der Realität der Studierenden sehr viel näher kommen und es attraktiver machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ziel des Antrags, möglichst vielen sächsischen Jugendlichen einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen, begrüße ich sehr. Das Teilhabeversprechen Europas müssen wir in Sachsen
einlösen, um die Begeisterung für das weitere Zusammenwachsen in der EU für jede Generation neu zu entfachen. Meine Fraktion wird dem Antrag zustimmen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag treffen wir auf einen alten Bekannten, liebe CDU und SPD. Im Februar 2016 hat die Koalition einen Antrag mit dem Titel „Europäisches Bildungsprogramm Erasmus+“ eingebracht. Die wichtigsten Forderungen und große Teile der Begründung des damaligen Antrages sind in den jetzigen Antrag übernommen worden.
Im Europaausschuss fand eine Anhörung zum ursprünglichen Antrag statt. Diese Anhörung haben CDU und SPD aufmerksam verfolgt. Mit den neuen Erkenntnissen haben sie dann den ursprünglichen Antrag ergänzt, mit einem neuen Titel versehen und etwas erweitert heute hier eingebracht. Herr Jalaß hat darauf schon hingewiesen.
Nach meiner Auffassung hätte ein Änderungsantrag im Ausschuss auch gereicht. Handwerklich ist diese Vorgehensweise sicherlich keine Sternstunde der Koalition, zumal ihr Koalitionsvertrag ja noch etliche abzuarbeitende Punkte enthält. Ihre To-do-Liste ist nach meiner Kenntnis noch recht lang.
Dieses Vorgehen erscheint mir wie eine Notlösung. Die Koalition braucht einen Antrag fürs Plenum und konnte sich auf kein neues gemeinsames Thema einigen. Ungeachtet der Vorgeschichte wird die blaue Partei den Inhalt der beiden Anträge und auch den neuen Antrag unterstützen. Wir werden daher dem jetzt zur Debatte stehenden Antrag „Erasmus+ für Sachsen verstärkt nutzen“ zustimmen.
Die Anhörung zum ursprünglichen Antrag sowie die Stellungnahme der Staatsregierung haben uns den Mehrwert des EU-Programms Erasmus+ zur Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung, Jugend, Sport in Europa für die jungen Teilnehmer an Auslandsaufenthalten verdeutlicht. Gerade in Zeiten der Globalisierung ist es wichtig, dass junge Menschen die Möglichkeit erhalten, im Ausland Erfahrungen zu sammeln, sich weiterzubilden, ihre Sprachkenntnisse zu erweitern und andere Kulturen vor Ort kennenzulernen. Das Erasmus+Programm ermöglicht dies durch finanzielle Unterstützung.
Die Sachverständigenanhörung hat gezeigt, wie bedeutend das Bildungsprogramm ist, welche Resonanz es hat, aber auch welche Probleme bei der Umsetzung den Beteiligten entstehen. Der heutige Antrag greift die aufgeworfenen Probleme auf und setzt die Hinweise der Sachverständigen um. Die Koalition stellt damit für eine
Verbesserung der Situation und für eine optimale Nutzung des Förderprogramms die Weichen. Mehr junge und interessierte Menschen sollen von dem Bildungsprogramm bei Auslandsaufenthalten profitieren.
Bisher hat sich das Erasmus+-Programm seit seiner Einführung sehr einseitig auf den Hochschulbereich konzentriert. Leider! Zwar gibt es jetzt nur noch einen Ansprechpartner für alle, jedoch muss noch weiter daran gearbeitet werden, dass das Erasmus+-Programm nicht ausschließlich auf den Hochschulbereich beschränkt wird; denn das Erasmus+-Programm ist doch für alle da. Auch Schulen müssen wieder eingebunden werden. Schülern und Lehrern soll die Teilnahme am Auslandsprogramm weiterhin ermöglicht werden. Wir begrüßen ausdrücklich die Ausweitung des Programmes auf die Förderung der dualen Berufsausbildung und der Weiterbildung im Freistaat Sachsen. Dies ist zeitgemäß und stellt ein weiteres Attraktivitätskriterium für die duale Ausbildung dar.
Allerdings hoffen wir, dass die Staatsregierung ihren Bericht zeitnah vorlegt. Dann können wir hoffentlich die Defizite erkennen und abstellen, um die Nutzung von Erasmus+ für den Freistaat Sachsen weiter zu verbessern und attraktiver zu gestalten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei den Kolleginnen und Kollegen Vorrednern bedanken, die größtenteils konstruktive Beiträge geleistet und deutlich gemacht haben, dass das Thema Erasmus+ und letztlich die Förderung von Bildung im europäischen Rahmen für uns alle hier in diesem Hohen Haus eine große Bedeutung hat.
Ich selbst habe positive Erfahrungen mit dem Vorgängerprogramm sammeln können und zehre nach wie vor davon, dass ich vor mittlerweile 13 Jahren ein halbes Jahr in Finnland leben und arbeiten durfte, seinerzeit von „Leonardo“ unterstützt. Ich kann es wirklich nur jedem empfehlen, das zu tun.
Nun bin ich selbst ein Freund davon, wenn man Dinge zusammenfasst und bündelt. Aber wir müssen feststellen, dass die Bündelung dieser Programme unter dem Stichwort Erasmus+ tatsächlich nicht optimal gelaufen ist. In den Redebeiträgen und auch in der Anhörung ist sehr deutlich geworden, dass es gerade für den schulischen Bereich nicht optimal gelaufen ist. Warum wir den Antrag in dieser Zeit gestellt haben, hat den Hintergrund, weil wir wissen, dass gegenwärtig die nächste Programmgeneration auf europäischer Ebene vorbereitet wird. Wir müssen darauf frühzeitig Einfluss nehmen, um es künftig praktikabler zu gestalten, insbesondere für den schulischen Bereich.
Die Zahlen, die jetzt zu verzeichnen sind, lassen uns nachdenklich stimmen: Wenn man weiß, dass wir im Jahr 2014 noch insgesamt 386 Anträge hatten und davon acht aus Sachsen, 2015 noch14 aus Sachsen und – jetzt der Abbruch – im Jahr 2016 nur noch fünf Anträge aus Sachsen, dann zeigt dies, dass das Programm offensichtlich so kompliziert geworden ist, dass es im schulischen Alltag gar nicht zu handeln ist. Das hängt einerseits damit zusammen, dass sich die Anforderungen an die Antragstellung an denen für die Hochschulen orientieren. Wir alle wissen, dass im schulischen Bereich gar nicht die Möglichkeit besteht, dies im Alltag so umzusetzen. Ein Teil der Registrierung ist nur auf Englisch durchführbar. Es ist teilweise sehr umfangreich – 40, 50 Seiten pro Antrag sind die Regel. Das ist für eine Schule ganz besonders schwierig, zumal sich auch die Anforderungen an die Projektpartnerschaften verschärft haben und wir jetzt multilaterale Anträge brauchen, bei denen mindestens drei Länder dabei sein müssen, sodass die bestehenden Schulpartnerschaften zwischen zwei Schulen beispielsweise nicht mehr ausreichen, um das Programm weiter zu nutzen.
Die Anhörung, die wir durchgeführt haben unter der souveränen Leitung unseres Ausschussvorsitzenden Frank Hirche, hat uns tatsächlich sehr viel neue Erkenntnisse gebracht, die wir in diesen Antrag haben einfließen lassen. Das Programm selbst wird angenommen. Das zeigen auch die Praxis und die Meldungen aus der Praxis; heute haben sich ja die KSS und auch der Schülerrat dazu positiv geäußert, dass sie ebendieses Programm schätzen und gern weiter nutzen wollen. Aber wir haben halt aus der Anhörung auch viele Punkte aufgegriffen, die jetzt in dem Antrag an die Staatsregierung gerichtet werden und zu denen Lösungen kommen sollen, gerade in der jetzigen Programmgestaltung.
Ich möchte kurz auf ein paar Punkte eingehen. Wichtig ist vor allem, dass das Thema Bildung – und da bin ich nicht bei Frau Wilke; natürlich ein föderales Thema ist, und das soll es auch bleiben – sehr wohl auf die europäische Agenda gehört und dort stärker Berücksichtigung finden muss, damit junge Menschen miteinander in Kontakt kommen, sich austauschen, andere Kulturen auf dem europäischen Kontinent kennenlernen. Das halte ich für eine ganz wichtige Aufgabe von Europa, und das ist Europa mit Leben gefüllt. Ich bin nicht der Auffassung, wie es die AfD hier in Bausch und Bogen geredet hat, sondern das Gegenteil ist der Fall.
Wir müssen es genauso schaffen, dass Studenten im Rahmen ihres Studiums auch das Ausland aufsuchen, und demzufolge muss es dort möglich sein, dass gerade die Sprachkompetenz von Studenten verbessert wird, dass es möglich ist, die Mobilität zu erhöhen und im Ausland Teile des Studiums oder Praktika zu absolvieren. Von daher haben wir hier noch einiges zu tun.
Der Antrag liegt Ihnen vor. Ich möchte nochmals um Zustimmung werben. Ich habe ja schon vernommen, dass sehr viele Fraktionen diesem Antrag zustimmen möchten.
Kollege Meyer stört es, aber ich will wenigstens antworten. Wir reden hier ja nicht nur über das, was wir einbringen, sondern auch über die Beiträge und Kritik der Opposition, das meint Debattieren.
Zur Kritik, die am Antrag geäußert wurde, wollte ich noch Stellung nehmen. Erstens will ich grundsätzlich sagen: Natürlich kann man kritisieren, dass der Antrag schon einmal im Ausschuss war und dann in ähnlicher Form eingebracht wurde. Aber ich würde sagen, es ist ein positives Signal dafür, dass hier das Parlament arbeitet, dass es auch Anregungen von außen – siehe Anhörung – aufnimmt und versucht, seine Programmatik und die der Koalition zu schärfen und Probleme aufzunehmen. Es sollte für uns alle gemeinsam als Parlamentarier von Interesse sein, dass die Arbeit hier so läuft.
Das Zweite, was kritisiert wurde – und das war, wie ich hoffe, nur ein Beispiel von Herrn Jalaß –, war der Umgang mit Herrn Rauscher an der Uni Leipzig. Ich will noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Ein JuraProfessor macht aus einer Universität noch keine nicht weltoffene Universität, im Gegenteil, dort gab es in der Vergangenheit und gibt es jetzt eifrige Debatten, und auch die Staatsregierung hat dienstrechtliche Schritte gegen diesen Professor geprüft. Beim letzten Mal, als er sich entsprechend geäußert hat, hat man ihn als Ausländerbeauftragten abberufen, und im Moment ist das Verfahren dazu da, ihn auch als Erasmus-Beauftragten abzuberufen.
Aber wir leben in einem Rechtsstaat und hier hat jeder das Recht, sich selbst gegenüber Vorwürfen zu verteidigen, und auch, dass geprüft wird, – –
Sie haben es als Beispiel dafür genommen, dass Weltoffenheit nur ein vorgespiegelter Anspruch des Freistaates sei; deswegen antworte ich Ihnen als Mitglied dieser Koalition. Diesen Anspruch verfolgen wir, und zwar auch durch die Teile dieses Freistaates, in denen wir Verantwortung tragen.
Zu guter Letzt will ich noch einmal deutlich betonen: Ich glaube, dass wir im Erasmus-Programm schon viele Mittel haben, und freue mich über den Aufwuchs. Ich glaube auch, dass das Werben darum auf EU-Ebene wichtig ist.
Noch wichtiger ist, dass wir die Verfahren vor Ort vereinfachen, denn diesbezüglich haben wir noch Aufgaben zu erledigen. Das hilft vor allem den Schulen im Freistaat in