Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

In der Koalition waren wir uns ebenfalls einig, dass eine Anpassung des Jagdrechtes notwendig ist, um eine effektive Reduzierung des ohnehin sehr hohen Schwarzwildbestandes zu erreichen. Nach der aktuellen Risikobewertung des Friedrich-Löffler-Institutes ist die Reduzierung der Wildschweindichte eine wesentliche seuchenhygienische Präventivmaßnahme gegen die Einschleppung und Verbreitung der ASP. Diese Ansicht teilten übrigens fast alle Sachverständigen zur Anhörung zu diesem Gesetzentwurf am 18. Dezember letzten Jahres.

In uns reifte mehr und mehr die Erkenntnis, dass damit weniger das Eintragsrisiko aus einem anderen Land beeinflusst wird. Beeinflusst wird aber mit Sicherheit das

Expositionsrisiko und hinterher natürlich das Verbreitungsrisiko. Uns ist – nicht nur durch die Anhörung – bewusst geworden, dass mit den bislang zulässigen Jagdmethoden der Wildbestand kaum zu reduzieren ist.

Der vorliegende Gesetzentwurf beschreibt Maßnahmen, die eine Erleichterung der Jagd auf Schwarzwild ermöglichen und den Jägern zum Schutz ihrer Gesundheit – das ist gerade genannt worden – die Benutzung von Schalldämpfern erlauben. Über eine Verordnungsermächtigung kann das SMUL für einen klar bestimmten Zeitraum die Fangjagd gestatten, aber nur dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dies steht natürlich unter Genehmigungsvorbehalt durch die Jagdbehörden. Nach den Ausführungen des Präsidenten des Landesjagdverbandes Sachsen, Herrn Konrad, gibt es dafür viele Erfahrungen aus Forschungsprojekten zum Fang von Schwarzwild mittels Lebendfallen. Er ist aber auch der Meinung, dass die Fangjagd kein Allheilmittel, aber eine ergänzende Jagdmethode bei hoher Bestandsdichte und in besonderen Gebieten mit schwierigen Jagdbedingungen ist. Aber auch er mahnt wie auch andere Sachverständige an, dass dabei die strikten Vorschriften des Tierschutzes sowie des Jagdrechtes einzuhalten sind. Dieser Forderung schließen wir uns als Fraktion der SPD uneingeschränkt an.

Die Duldungspflicht für überjagende Jagdhunde ist eine weitere, sicher auch nur ergänzende Maßnahme, die vor allem in Fällen von Gemeinschafts- und Drückjagden eine gewisse Rechtssicherheit schafft.

Dagegen ist die Ermächtigung für das SMUL, entsprechende Ausnahmen von Verboten nach § 19 Abs. 1 Nr. 5 a Bundesjagdgesetz auf dem Verordnungswege regeln zu dürfen, ein wesentlicher Beitrag zur effektiven und intensiven Schwarzwildreduktion. Damit folgen wir den Vorschlägen einiger Sachverständiger bei der Anhörung der sächsischen Jägerschaft, die Jagd auf Schwarzwild im Zusammenhang mit dieser ASP-Problematik im Sinne umfassender Handlungsoptionen für den Einsatz sogenannter technischer Hilfsmittel weitestgehend zu öffnen. Die hierzu erforderlichen Änderungen des Sächsischen Jagdgesetzes erfolgen mehr oder weniger in Anlehnung an die bayerische Lösung. Ich erinnere hier an die Aussagen des Herrn Gunter Schommer von der Arbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer und des Herrn Dr. Neitzel, Sanitätsoffizier und Waffensachverständiger, während der Anhörung, die klargestellt haben, dass Wildschweine in der Regel nur nachts oder zur Dämmerung geschossen werden. Das ist natürlich mit entsprechenden Risiken verbunden. Hier ist von Schattenschießen die Rede gewesen. Mit dem Einsatz der Zieltechnik ist nach deren Aussagen ein besseres Ansprechen und sicheres Schießen im Sinne des Tierschutzes möglich sowie generell mehr Sicherheit beim Schießen gegeben.

Die Änderungen des Sächsischen Jagdgesetzes allein reichen als Präventivmaßnahmen jedoch nicht aus. Es müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, die nicht gesetzlich geregelt werden können oder vielleicht Bundesrecht oder andere Rechtsprechung betreffen. Dazu gibt

es – es ist schon genannt worden – noch einen ergänzenden Entschließungsantrag, auf den ich später eingehen werde.

Kurz möchte ich noch auf die drei vorliegenden Änderungsanträge der Fraktionen der LINKEN und der AfD sowie des Kollegen Wild zu sprechen kommen. Wir werden alle drei Änderungsanträge ablehnen. Ich möchte nicht auf die einzelnen Punkte eingehen, sondern nur einen erwähnen. Das betrifft die Forderung der LINKEN, die Bildung von Hegegemeinschaften gesetzlich festzuschreiben.

Natürlich sind auch Hegegemeinschaften ein probates Mittel zur Sicherung einer jagdübergreifenden Bejagung und der Hege der Wildarten, aber bitte nicht als Pflichtverbünde. Hier sind vielmehr die Jagdausübungsberechtigten sowie die Vereinigungen der Jäger selbst gefordert, sich für die Bildung von Hegegemeinschaften einzusetzen, wo es fachlich sinnvoll ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich, wie auch schon im Ausschuss, darauf hinweisen, dass der Deutsche Jagdverband e. V. in seiner Grundsatzposition Jagd auf der letzten Bundesjägertagung in Rostock-Warnemünde am

23.06.2017 einstimmig, das heißt auch mit den Stimmen des Landesjagdverbandes Sachsen, beschlossen hat, dass Gründungen von und die Mitgliedschaft in Hegegemeinschaften grundsätzlich nur auf freiwilliger Basis erfolgen sollen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Kagelmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Was heute so unverdächtig als Jagdrechtsänderung daherkommt, ist vordergründig eine Marktstützungsmaßnahme für die Landwirtschaft – nur mal für die Apologeten der freien Marktwirtschaft unter Ihnen.

Auf die Spitze getrieben macht der Landtag heute den Weg frei zur Vernichtung von Tonnen von natürlich gewachsenem gesundem Schweinefleisch, um Tonnen von industriell produziertem Schweinefleisch vor der Vernichtung zu retten. Das sollte zumindest nachdenklich stimmen.

Nachdenklich hat mich auch gemacht, warum die Debatte um die Afrikanische Schweinepest, kurz ASP, bis heute fast ausschließlich am Jagdrecht hochgezogen wurde, zumal gerade der Einsatz technischer Hilfen bei der Jagd, wie er jetzt in das Gesetz geschrieben werden soll, schon bei der letzten Jagdrechtsnovelle 2012 ganz ohne ASP diskutiert wurde.

Neu sind also nicht die Änderungen im Jagdrecht, sondern der aktuelle Anlass: das Näherrücken der ASP. Im

Übrigen ist unbekannt, wann genau die Schweinepest zu uns kommt.

(Volkmar Winkler, SPD: Stimmt!)

Käme sie allein auf natürlichem Wege zu uns, dann hätten wir wohl noch einige Jahre Zeit, und trotz hoher Mortalität stellt eine solche Seuche keine Bedrohung für den Bestand der Wildtierpopulation Wildschwein insgesamt dar. Sie würde sogar als natürlicher Regulierungsmechanismus fungieren.

(Ines Springer, CDU: Wie der Wolf!)

Aber wir haben in Deutschland ein ganz besonderes Problem, weil unsere Schweineställe zu riesig sind – und deshalb auch mögliche Verluste –, weil unsere Mais- und Rapsfelder zu riesig sind und die Wildschweindichte unter anderem deshalb höher ist als im Baltikum und weil unser Fleisch kreuz und quer in Europa und teilweise darüber hinaus herumgekarrt wird. Darüber verbreitet sich die Seuche nämlich fast sprunghaft über Europa. Das Wildschwein ist also eher Opfer als Täter.

Deshalb drohen den schweinehaltenden Betrieben Milliardenverluste, und zwar nicht erst, wenn im Fall einer Infektion in einem Stall ganze Bestände gekeult werden müssen, sondern bereits vorher: durch Absatzeinbrüche von Schweinefleisch im Inland und Importverbote von Drittstaaten, sobald die Seuche in Deutschland angekommen ist. Der Schweinepreis schwankt ohnehin stark und ist seit Mitte des vergangenen Jahres um über 50 Cent buchstäblich eingebrochen; er liegt aktuell bei rund 1,30 Euro pro Kilogramm.

Angesichts dessen hätte im November, als der Landtag das erste Mal zum Thema ASP diskutierte, eigentlich das Sozialministerium als oberste Veterinärbehörde im Landtag berichten sollen, was es auf der Grundlage der Schweinepestverordnung an tierseuchenrechtlichen

Maßnahmen zur Erhöhung der Biosicherheit in und um landwirtschaftliche Betriebe oder bei der Kappung von Einschleppungspforten entlang von Transportwegen zu tun gedenkt.

Ich habe im November an dieser Stelle ein ressortübergreifendes Gesamtkonzept angemahnt. Na, wenigstens die Übernahme der Kosten für die Trichinenuntersuchung kam dann noch im Dezember. Im Ausschuss wurde uns versichert, dass einiges im Hintergrund geschehen würde.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Sehr schön! Dann könnten Sie uns ja bestimmt schon den Masterplan im Ausbruchsfall vorstellen. Die Schweinepestverordnung ermächtigt ja in § 14 a die zuständige Behörde, konkrete Maßnahmen zur verstärkten Bejagung in einem gefährdeten Bezirk anzuordnen. Das ist es nämlich, was in Tschechien mit dem Einsatz von Spezialkräften im Wald gerade passiert: die Tötung der potenziell infizierten Wildschweine in einem engen Umkreis von wenigen Kilometern um einen Seuchenherd. Insofern kann man die Situationen hier und dort eben nicht vergleichen. Mit Jagd hat das in Tschechien nichts mehr zu

tun, sondern mit Seuchenbekämpfung. Stattdessen verbeißt sich die Koalition im Jagdrecht und potenziert gleich mal bestehende Probleme, die sich seit der Fokussierung der ASP-Debatte auf die Jagd noch stärker abzeichnen.

Offenbar hat aber meine beständige Nörgelei inzwischen teilweise gewirkt; denn Sie haben nun einen mehrseitigen Entschließungsantrag vorgelegt, der augenscheinlich versucht, sich einiger dieser Unterlassungen in aller Hast anzunehmen. Aber, meine Damen und Herren, das ist ja wohl der Papier gewordene Ausdruck von Planlosigkeit, der uns hier ereilt hat, und kein Konzept. Aber darauf kommen wir in der weiteren Debatte noch zu sprechen.

Das in der Öffentlichkeit erzeugte Bild allerdings bleibt verzerrt, weil es in häufig und gern praktizierter Ursachenumkehr wieder das Wildtier als Schädling identifiziert und damit den Jägerinnen und Jägern die Hauptverantwortung für die Problemlösung zuschiebt, der sie objektiv nicht gerecht werden können. Es ärgert mich, dass hier unverändert so getan wird, als liege der Hebel zur Bekämpfung der ASP überwiegend in der schlummernden Motivationsreserve der Jägerschaft – die Jägerschaft quasi als kollektiver Ausputzer der Nation!

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aha!)

Hier geht es nicht um Schwankungen von 10 000 Stück Schwarzwild mehr oder weniger im Jagdjahr. Aus der Bauernschaft kommen Forderungen nach der Reduzierung des Schwarzwildbestandes um 70 bis 90 % und nach Etablierung sogenannter breiter wildschweinfreier Korridore.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aha!)

Machen wir einmal plastisch, was in dieser Lesart unter einer Intensivierung der Jagd verstanden wird: Die Jagdstrecke Schwarzwild betrug im Jagdjahr 2016/2017 in Sachsen circa 33 000 Stück. Experten setzten danach die Gesamtpopulation Schwarzwild etwa um den Faktor 4 an, was rechnerisch einen Schwarzwildbestand von circa 132 000 Stück ausmacht. Bei einer 70-prozentigen Bestandsreduzierung hieße das: rund 92 000 Stück erlegen. Bei einer 90-prozentigen Reduzierung müssten schon knapp 120 000 Wildschweine erschossen werden. Das heißt, die Jäger, die übrigens weit überwiegend in ihrer Freizeit oder neben ihrem Beruf jagen, müssten drei- bzw. viermal so viel Schwarzwild erlegen wie im aktuell bereits sehr hohen Streckenjahr 2016/2017. Das ist illusorisch!

Zuletzt: Wohin mit den Bergen von toten Wildschweinen – einem eigentlich sehr hochwertigen Nahrungsmittel? Für Wildschweine bekommen Jäger im Wildhandel mittlerweile deutlich unter einem Euro je Kilogramm, mancherorts zwischen 10 und 50 Cent. Vereinzelt landet das Fleisch direkt nach der Jagd in der Tierkörperbeseitigungsanlage.

Wir haben also bereits jetzt erhebliche Absatzprobleme bei der Wildschweinverwertung. Dies wird die Motivation

der Jägerinnen und Jäger nicht heben. Eine sächsische Vermarktungsoffensive für Wildschweine dürfte aber wiederum auch dem landwirtschaftlichen Berufsstand nicht sehr gut gefallen. Daran wird deutlich, dass die Jagd allein es eben nicht richten kann und auch nicht richten sollte. Sie verhindert nicht die Einschleppung der ASP, und im Übrigen tut sie seuchenprophylaktisch bereits einiges, wie man an den auch im aktuellen Jagdjahr weiter steigenden Abschusszahlen ablesen kann.

Wildtierpopulationen werden hauptsächlich über das Nahrungsangebot gesteuert, und da kann im Wald passieren, was will: Wenn zusätzlich auf dem Feld der Tisch für das Wildschwein reichlich gedeckt wird und der Klimawandel die Mastjahre zunehmen lässt, schießt der Jäger den Problemen immer nur hinterher, egal, ob mit oder ohne Nachtsichtgerät. Nachhaltige Lösungen müssen also auch die Landwirte aktiv in die Pflicht nehmen, und zwar nicht nur mit Bejagungsschneisen.

Aber gehen wir ins Detail der vorgesehenen Jagdrechtsänderungen. Ich überspringe dabei bewusst die Forderung des Einsatzes von Schalldämpfern bei der Jagd. Sie hat mit der ASP nichts zu tun und ist weder neu noch strittig. Kommen wir gleich zur Forderung nach der Fangjagd. Dazu herrschte alles andere als Einigkeit unter den Sachverständigen.

In Abwägung aller Argumente lehnen wir aus Tierschutzgründen nach wie vor Saufänge, kleine wie große, ab, da weder eine sinnvolle Selektion noch ein tierschutzgerechtes Töten der gefangenen Tiere möglich ist, ganz abgesehen von grausamen Paniksituationen im Gatter. Offen gestanden weiß ich auch nicht, wie dem Tierarzt gelingen soll, was beispielsweise der Sachverständige des Ökologischen Jagdverbandes für sich selbst gern ablehnen möchte: das tierschutzgerechte Töten der Tiere in der Falle. Da muss man dann schon einmal Farbe bekennen und kann Verantwortung nicht teilen.

Weniger prinzipiell, aber dennoch ablehnend bewerten wir künstliche Lichtquellen und Nachtzielgeräte. Damit soll quasi die Jagd rund um die Uhr ermöglicht werden. Ob der erhoffte Streckenzuwachs die Dauerbeunruhigung allen Wildes und daraus möglicherweise entstehende nachteilige Wirkungen wie vermehrte Fraßschäden rechtfertigen kann, ist zumindest strittig. Solange aber, isoliert von nachhaltigen Wildbewirtschaftungsstrategien, lediglich weiter an der jagdlichen Eskalationsschraube gedreht werden soll, bleiben wir als LINKE bei der Ablehnung.

Prinzipieller – deshalb mit einem eigenen Änderungsantrag untersetzt – sehen wir die Mitgliedschaft in flächendeckenden verpflichtenden Hegegemeinschaften. Damit glauben wir zumindest, das Problem überjagender Hunde lösen zu können. Unseren Änderungsantrag werde ich zu gegebener Zeit einbringen.

Fazit: Die Änderungen im Jagdrecht haben wenig mit der Afrikanischen Schweinepest zu tun. Tierseuchenrechtlich liegt mit der Schweinepestverordnung eine gute Regelungsgrundlage vor, sodass man sich schon heute sehr gut

auf den Seuchenfall vorbereiten kann. Aber das, was für eine nachhaltige und großflächige Jagdstrategie vonnöten wäre, nämlich die pflichtige Ausgestaltung der Hegegemeinschaften, lehnt die Koalition ab.

Insofern, meine Damen und Herren, viel Lärm um nichts; es sei denn, Sie könnten sich noch durchringen, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Sie haben noch die Chance dazu.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN)

Die AfD-Fraktion; Frau Abg. Grimm, bitte.