Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

(Beifall bei der AfD)

Das war eine Kurzintervention von Frau Kollegin Grimm. Es kommt jetzt die Reaktion darauf; Herr Stange, bitte.

Vielen Dank. Es ist völlig klar, dass jedes Kriminalitätsopfer genau mit diesen Folgen zu kämpfen hat, angefangen von der Anzeige über die Aufstellung für die Versicherung bis hin zu allen Abwicklungen von Prozessen, die dann folgen. Jeder Einzelfall ist für den Betroffenen nicht nur etwas Schlimmes, sondern es traumatisiert. Aber – –

(Marko Schiemann, CDU: Nicht „aber“!)

Doch „aber“!

(Marko Schiemann, CDU: Nein!)

Es ist mein „aber“, und ich sage es. – Aber dieser Fall wird genauso in die PKS eingehen. Wenn Sie sich die PKS der vergangenen Jahre anschauen, dann sehen Sie, dass die Fälle eingegangen sind. Dann tut es mir leid. Es ist statistisch einfach so: gerechnet auf 100 000 Einwohner – das ist ein überall gleichwertig nachvollziehbarer statistischer Fakt; die Zahlen in Leipzig, in Dresden, in Chemnitz sind dreimal so hoch wie in diesen Landkreisen. Daran können Sie nicht vorbei.

Sie versuchen mit diesem Antrag, eine besondere Kriminalitätsbelastung für diese Landkreise herzubeten, die es so nicht gibt im Vergleich zu den anderen.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN – Sebastian Wippel, AfD: Für die Gemeinden, nicht für die Landkreise! – Enrico Stange, DIE LINKE: Es geht um Fakten! – Jörg Urban, AfD: Und trotzdem ist die Kuh ertrunken!)

Jetzt geht es weiter in der Rednerliste. Kollege Baum, Sie kommen jetzt zu Wort für Ihre SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige meiner Vorredner haben es schon gesagt: Bei der AfD-Fraktion läuft alles immer nach demselben Schema ab. Die Fraktion sucht sich ein sehr sensibles Thema und versucht, es dann wortgewaltig auszuschlachten. Dieses Vorgehen ist nicht nur unredlich, es ist mittlerweile in der Tat – ja, langweilig.

Trotzdem müssen wir uns mit den Thesen der AfDFraktion auseinandersetzen. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir scheuen diese Auseinandersetzung nicht. Deswegen werde ich vor allem Ihnen in der AfD nun erklären, weshalb wir Ihren Antrag ablehnen.

„Unterstützung von Wirtschaftsbetrieben in besonders kriminalitätsbelasteten Regionen“. So heißt der unscheinbare Titel des Antrages. Schaut man genauer hin, wird schnell klar, was damit gemeint ist. Denn hinter den euphemistisch formulierten Worten „besonders kriminalitätsbelastete Regionen“ versteckt sich eine klar antipolnische und antitschechische Position.

(Lachen bei der AfD – Beifall des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Es geht darum, Menschen aus unseren Nachbarländern quasi per se als Verbrecher zu diskriminieren.

(Karin Wilke, AfD: Was ist denn hier Populismus?)

Es geht der AfD nicht in erster Linie um kriminalitätsbelastete Regionen, sondern ausschließlich um grenznahe Regionen. Es geht um die Unternehmen, die im grenznahen Raum zu Polen und zur Tschechischen Republik gelegen sind, was aus Ihrer Rede, Herr Beger, vorhin ja auch klar wurde.

Es geht der AfD darum, ein Gefühl zu befeuern, welches lautet, dass im grenznahen Raum per se eine hohe Kriminalität herrscht, mehr Kriminalität als anderswo in Sachsen.

(Frank Heidan, CDU: Das ist nur Populismus!)

Ob dem wirklich so ist, wird nachher mein Kollege Albrecht Pallas aus innenpolitischer Sicht in der zweiten Runde analysieren.

Meine Aufgabe als wirtschaftspolitischer Sprecher und Abgeordneter aus der Region, der in direkter Grenzlage zu Polen lebt, ist es vielmehr zu thematisieren, wie wir das Sicherheitsgefühl der Unternehmerinnen und Unternehmer verbessern und stärken können, die sich durch Kriminalität ganz im Allgemeinen bedroht fühlen oder sogar selbst Opfer von Diebstählen wurden.

Genau hier helfen die von der AfD vorgeschlagenen Rezepte nicht weiter. Offensichtlich hat das die Partei selbst erkannt; denn sonst hätten Sie nicht noch auf den letzten Drücker einen Änderungsantrag ins Verfahren gegeben, bei dem ein zentraler Punkt aus dem ursprünglichen Forderungskatalog plötzlich gestrichen ist. Nachdem die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme festgestellt hat, dass ein rückwirkendes Förderprogramm, egal für welchen Zweck, haushaltsrechtlich nicht zulässig und damit rechtswidrig ist, hat die AfD diesen Punkt kurzerhand gestrichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was will die AfD sonst noch? – Sie will eine Förderrichtlinie für alle grenznahen Unternehmen, die in Sicherheitstechnik investieren wollen.

(Gunter Wild, fraktionslos, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Sebastian Wippel, AfD: Der gehört nicht zu uns! – Heiterkeit bei der AfD)

Dafür sollen jährlich 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Ob ein solches Programm wirklich weiterhilft, sei einmal dahingestellt. Genauso habe ich Zweifel daran, ob eine solche Förderrichtlinie überhaupt rechtssicher ausgestaltet werden könnte. Wenn überhaupt, dann müsste ein solches Programm für alle Unternehmerinnen und Unternehmer in Sachsen gelten; denn nicht nur in grenznahen Regionen kommt es zu Diebstählen und Einbrüchen.

(André Barth, AfD, steht am Mikrofon.)

Ich denke nicht, dass eine solche geografisch eng begrenzte Förderung einer juristischen Prüfung standhalten würde.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, Danke.

(André Barth, AfD: Danke schön!)

Dass eine solche Richtlinie auch gar nicht notwendig ist, zeigt die Staatsregierung bereits in ihrer Stellungnahme zu dem Antrag. Dort sind eine ganze Reihe von bestehenden

Förderungen aufgelistet, mit denen es heute schon möglich ist, in Sicherheitstechnik zu investieren. Kleine und mittlere Unternehmen könnten sich zum Beispiel über Wirtschaftsprogramme der Wirtschaftsbank oder der SAB unterstützen lassen. Auch aus dem Programm Mikrodarlehen für Kleinstunternehmen können sicherheitsrelevante Investitionen gefördert werden. Auch über die Mittelstandsrichtlinie können Beratung und Coaching zum Thema Unternehmenssicherheit gefördert werden.

Sie sehen also, die Angebote an die Unternehmen gibt es bereits. Es gibt eine ganze Reihe an Programmen und Förderungen, damit sich die sächsischen Unternehmen sicherer fühlen können. Erst recht, wenn wir den Blick in die anderen Bundesländer richten, brauchen wir Ihr Förderprogramm à la AfD nicht. Denn weder das Land Brandenburg noch Mecklenburg-Vorpommern haben eine solche Sonderförderung für Sicherheitstechnik in den Grenzregionen vor.

(Zuruf des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anstelle Angst zu schüren und Ressentiments gegenüber unseren Nachbarländern aufzubauen, wie es die AfD seit Jahr und Tag tut,

(André Barth, AfD: Keine Zwischenfrage zulassen, Blödsinn dort vorn erzählen – das könnt ihr!)

sollten wir uns lieber darauf besinnen, die wichtigen Probleme unseres Landes anzugehen. Dazu gehört natürlich die Sicherheit für die Unternehmen, aber auch für die Menschen.

Zur Sicherheit gehört allerdings nicht nur der Schutz vor Einbrüchen und Diebstählen, sondern generell das Gefühl, gut aufgehoben zu sein und eine Perspektive zu haben. Zur Sicherheit gehört, Aussicht auf einen Arbeitsplatz zu haben, den es auch in Zukunft noch gibt. Hier stehen wir, vor allem in den Grenzregionen, noch vor viel größeren Herausforderungen.

Wir müssen es daher schaffen, den Menschen in Sachsen Zuversicht zu geben, anstatt ihnen ständig Angst zu machen. Wir müssen es schaffen, dass die grenznahen Gebiete in Sachsen, die viel stärker als anderswo vom demografischen und Strukturwandel betroffen sind, weiterhin eine Perspektive haben. Daran müssen wir arbeiten und daran arbeiten wir.

Ihren Antrag sowie den Änderungsantrag lehnen wir ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Ines Springer, CDU – Gunter Wild, fraktionslos, steht am Mikrofon.)

Das war Herr Kollege Baum für die SPD-Fraktion. Es folgt eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Wild; bitte.

Da keine Frage zugelassen wurde, mache ich es auf diesem Weg. Herr Kollege Baum, allgemein ist es ja bekannt, und hoffentlich ist es

Ihnen auch bekannt: Versicherungen reagieren sehr sensibel auf Risikoeinschätzungen, wenn sie irgendwo eine Prämie verlangen. Ich gebe Ihnen einen Tipp, auch allen anderen:

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Lottozahlen!)

Prüfen Sie einfach mal, und Sie werden feststellen, dass mittlerweile Inhaltsversicherungen im grenznahen Raum in kleineren Orten deutlich höher sind als in den großen Städten. Das widerlegt alles, was Sie hier gesagt haben. Die Versicherungen schert es überhaupt nicht, was Sie hier in diesem Raum sagen. Die haben ihre eigenen Hochrechnungen, Statistiken und Schadensfälle. Mittlerweile ist es so, dass man Inhalt direkt am Grenzgebiet kaum mehr bezahlbar versichern kann. Oder es werden Auflagen erteilt, dass Sicherungen, Zäune gebaut und andere Anlagen eingebaut werden müssen, damit Sie überhaupt eine bezahlbare Versicherung bekommen. Das ist ein ganz anderer Aspekt, jenseits von jeglicher Statistik. Das ist einfach die Realität hier in diesem Land.