Protokoll der Sitzung vom 01.02.2018

Ein weiterer Punkt: Wir haben uns in den letzten Jahren hier häufig über Marktpreiskrisen und Milchpreiskrisen unterhalten. Auch dafür ist Abhilfe möglich; denn es gibt eine Krisenreserve, möglich über die erste Säule. Sie müssen wir auch anpacken, um etwa für Milchmengenreduktionen strukturell voranzukommen.

Wir haben gestern hier über die Afrikanische Schweinepest gesprochen. Wir können Probleme auch in der Schweinehaltung bekommen. Vielleicht kommen wir auch dort zu einer Reduktion und zu gesünderen Strukturen in jeglicher Hinsicht für die Tiere und für die Umwelt im ländlichen Raum. Dafür könnten wir Geld einsetzen. Das müssen wir dringend machen.

In dieser Hinsicht sind wir GRÜNEN sehr dafür, dass GAP weiter funktioniert und dort auch viele Zahlungen enthalten sind. Denn wenn wir wollen, dass Landwirte auch ihre Betriebe dauerhaft auf mehr Ökologie, Umweltbewusstsein und Tiergerechtigkeit umstellen, dann kostet das einfach Geld. Kollege Heinz hat es bereits dargelegt. Das hat eine ganze Historie.

Die Förderung haben wir, weil wir die Ernährungssicherheit sicherstellen wollten, seit den Fünfzigerjahren. Das war auch sehr sinnvoll. Nur haben wir gemerkt, und die Verbraucher sind da weiter, dass nur satt und viel nicht alles ist, sondern die Qualität eben auch eine Rolle spielt. Da sind heute die Anforderungen einfach höher. Wir haben gemerkt, dass mit den Tendenzen einer Industrialisierung der Landwirtschaft eben auch neue Probleme entstehen, an die man in den Fünfzigerjahren noch gar nicht denken konnte. Genau die müssen wir jetzt angehen. Wenn so viel Geld dort hineinfließt, dann muss das auch für die Lösung der Probleme, die wir im Landwirtschaftsbereich haben, verwendet werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Günther sprach für die Fraktion GRÜNE, und jetzt schließt Herr Wild, fraktionsloser Abgeordneter, die erste Rederunde ab.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Wir sprechen heute über die notwendigen Reformen in der Agrarförderung und, ja, wir brauchen diese Reformen. Aber dennoch, die Landwirtschaft in Sachsen braucht auch mit Beginn der Förderperiode 2020 weiterhin diese Unterstützung. Ich habe es gestern bereits gesagt: ein ELER-RESET, wie es Staatsminister Schmidt dankenswerterweise aus Sachsen vorangetrieben hat, ist wichtig, kann aber nur einer von vielen Schritten sein. Aktuell sind unsere Landwirte auf diese Direktzahlungen und diese Gelder angewiesen. Leider! Auf diese Abhängigkeit würden viele gern verzichten, wenn wir einen anderen Weg hätten.

Zielführend wäre es, die Betriebe regional so zu stärken, dass sie die Abhängigkeit von diesen Zahlungen verlieren, das heißt, dass sie davon wegkommen. Nationale Förderung statt EU-Förderung, Individualität statt Gleichma

cherei ist der richtige Weg. Denn die Probleme sind sehr vielfältig. Wir haben eine Marktkonzentration im Einzelhandel, wir haben fehlende Verbraucherkennzeichnung und unzählige Auflagen, die trotz EU-Binnenmarkt allein deutsche Landwirte umsetzen müssen. Wir haben die EUweit strengste Umsetzung des Düngemittelrechts und ständige Diskussionen zur Einschränkung von Pflanzenschutzmitteln – –

Herr Kollege Wild, die Redezeit ist abgelaufen.

Es gibt nur zwei Wege: entweder Quoten mit Lebensmittelpreisen. Das wäre Planwirtschaft und das wollen wir nicht.

Die Redezeit ist zu Ende.

Wir wollen einen funktionierenden Markt. Das wollen wir. Genau dafür stehen wir als Abgeordnete der blauen Partei.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten – Zuruf von der CDU: Es gibt keine blaue Partei!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir eröffnen eine weitere Rederunde. Die einbringende CDU-Fraktion ist erneut am Zuge. Wie angekündigt, spricht Herr Kollege von Breitenbuch.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Ministerpräsident Michael Kretschmer hat seine Regierungserklärung gestern unter anderem unter das Motto gesetzt: „Neue Wege gehen“. Auch dazu dient diese Debatte: dass wir uns Gedanken machen, wie es weitergehen soll.

Ich möchte noch einmal Hintergründe liefern, in welchem Prozess wir uns gerade befinden. Wir haben eine Agrarförderperiode, die bis 2020 vereinbart ist. Es gab eine Halbzeitbilanz, in der diskutiert wurde, ob man das Ganze bis 2024 verlängern könnte. Das ist aber abgelehnt worden. Insofern sind wir jetzt in einem Verfahren, in dem der Kommissar einen Vorschlag gemacht hat. Insofern war die Grüne Woche ein interessanter Austausch der Agrarminister, insbesondere der ostdeutschen, mit dem Kommissar Phil Hogan, um letztendlich für unsere Interessen zu streiten und unsere Interessen auch aus Sachsen anzubringen.

Davor gab es – und ich möchte ausdrücklich in diesem Parlament darauf hinweisen – ein Bürgerbeteiligungsverfahren, woran sich auch viele Landwirte beteiligt haben, um neue Ideen in dieser Diskussion aufzugreifen, wie man die Dinge besser machen und verändern kann. Ich möchte ausdrücklich sagen, das ist sehr gut angekommen. Es hat Zehntausende Zuschriften gegeben. Es wurde auch bei den NGOs gefiltert – das möchte ich als Landwirt auch sagen –, die einfach vorgefertigte Texte in Massen über ihre Mitglieder hineingeschrieben haben. Letztend

lich ist eine vernünftige sachliche Auswahl in dieser Diskussion und in diesem Vorschlag von Herrn Hogan vorhanden. Es gibt immer den Vorwurf, die EU funktioniere nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Ich finde, das ist ein vorbildliches Verfahren, wie das in diesem Ansatz vorgenommen worden ist.

Wir haben die Europawahl 2019. Bis dahin soll alles beschlossen sein, um dann 2020 in der neuen Periode ordentlich starten zu können. Selbstverständlich ist der Brexit mit minus 8 % Volumen – Großbritannien ist ein Geberland – eine Unsicherheit, die voll in die Politik hineinschlägt. Wie viel Geld wird ankommen? Wie viel Geld wird in diesem Agrarbereich zur Verfügung stehen, der mit 40 % ein großes Volumen hat. Welche Begehrlichkeiten gibt es? Was ist für Sachsen wichtig?

Wir wollen selbstverständlich Thomas Schmidt den Rücken stärken für die Verhandlungen, in denen er für die Regierung und damit auch für Sachsen steckt. Das möchte ich noch einmal ausdrücklich erwähnen und danke für den bisherigen Einsatz und das konstruktive Herangehen, letztendlich gerade mit ELER-RESET zu sehen, wo man Probleme aus der Praxis angehen und lösen kann. Thomas Schmidt, herzlichen Dank für diesen Einsatz.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich möchte noch einmal ausdrücklich die Wichtigkeit dieser Förderung betonen, dass sie zurzeit strukturbildend ist. Wenn wir zurzeit 50, 100 Euro oder 150 Euro kürzen, und die bei dem Bauer nicht mehr ankommen, dann hat das Konsequenzen in den großen und in den kleinen Betrieben. Das möchte ich hier ausdrücklich sagen, dass diese Förderung letztendlich dann auch zu Strukturwandel führt, wenn wir diese kürzen. Es geht kein Weg daran vorbei, dass diese Diskussion geführt werden muss.

Welche Auswirkungen hat das auf Sachsen? Jeder kann in seiner Umgebung schauen – die großen Betriebe, die kleinen Betriebe –, welcher Betrieb verträgt 100 000 Euro oder 10 000 Euro weniger in seinem Portemonnaie und was macht das mit den Familien, die dort in diesen Bereichen beschäftigt sind? Darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen. Es gibt eine uralte Grafik: Investition und Kapital ersetzt die Arbeitskraft. Je mehr wir in diesen Strukturwandel hineingehen, desto eher wird diese Entwicklung zu weniger Arbeit im ländlichen Raum kommen.

Selbstverständlich ist: öffentliches Geld für öffentliche Leistung. Das ist klar. Aber die Rechtfertigung der öffentlichen Leistung ist auch, dass wir in Deutschland ganz andere Standards fahren, nicht nur bei den Anforderungen, sondern auch bei den Kontrollen, als in anderen Ländern und auf dem Weltmarkt. Bisher war die Argumentation immer, dass das genau der Unterschied ist zu dem, was wir von unseren Bauern mehr verlangen, und dass sie damit auch alimentiert werden für das, was sie mehr und besser machen, als es letztendlich der Weltmarkt machen würde.

Wo soll es hinlaufen? Ich halte es für ganz wichtig, dass diese Investitionstätigkeit weiter unterstützt wird. Das, denke ich, muss ein wichtiger Beitrag sein. Es gibt große Forderungen aus der Gesellschaft, hier zu verbessern etc. Man muss da konkret werden: nicht nur plakativ die Dinge diskutieren, sondern letztendlich auch schauen, wie die Situation für die Tiere bei uns in den Ställen wirklich ist. Wir gehen davon aus: Die Bauern gehen gut damit um, sie haben jahrhundertelange Erfahrungen im Umgang mit Tieren. Warum sollten sie es schlecht machen? Also erst einmal ein Grundvertrauen, dass es gut ist. Dann kommen selbstverständlich die Dinge, was man besser machen kann und wie man der Landwirtschaft helfen muss, um diese Anforderungen dann auch investiv umsetzen zu können. Das ist eine wichtige Diskussion. Daran wollen wir uns intensiv beteiligen.

Die Redezeit ist zu Ende.

Dann mache ich nachher weiter.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Kollege von Breitenbuch hat für die einbringende CDU-Fraktion die zweite Runde eröffnet. Ich sehe eine Kurzintervention an Mikrofon 7. Herr Urban. Bitte.

Herr Kollege von Breitenbuch, Sie haben mit Ihrem Redebeitrag damit begonnen, dass wir neue Wege gehen wollen. Ich habe mir angehört, was Sie beschrieben haben. Ich muss sagen, das ist aus meiner Sicht wieder nur Symptombekämpfung. Sie machen nichts Neues. Der Bürokratieabbau heißt doch eigentlich nur, dass Sie in dieser Struktur weitermachen möchten, aber bitte mit etwas weniger bürokratischem Aufwand. Das ist doch kein neuer Weg. Dass man sagt, man wolle die erste Säule beibehalten, weil die wichtig für die Familien sei, die die Betriebe führen, ist richtig. Aber etwas wirklich Neues ist das auch nicht.

Ich bin gespannt, was zur zweiten Säule kommt. Wahrscheinlich wollen Sie den Irrsinn, den wir mittlerweile mit der Landwirtschaft, dem Naturschutz, dem Klimaschutz und was weiß ich alles machen, auch beibehalten. Da bin ich gespannt, ob es etwas richtig Neues gibt. Was ich jetzt gehört habe, waren wie so oft „alte Kartoffeln in neuen Säcken“.

(Beifall bei der AfD)

Das war die Kurzintervention von Herrn Urban. Darauf reagiert jetzt der angesprochene Kollege von Breitenbuch.

Wir brauchen Veränderungen, selbstverständlich, aber wir müssen doch erst einmal das bewahren, was wir haben. Ich glaube, auf dieser Gratwanderung sind wir. Ich habe auf die Brems

wirkung hingewiesen, die natürlich der Strukturwandel bieten würde, wenn wir dabei zu weit nach vorn gingen. Wir sind ganz klar dabei, sehr vorsichtige Schritte zu tun, weil wir um die Sensibilität des Ganzen wissen.

Das System wird sich verändern. Ich wäre im zweiten Redebeitrag noch dazu gekommen, aber ich kann schon jetzt vorwegnehmen, dass letztendlich die Zielvorgabe von Herrn Hogan eine andere sein wird. Die EU plant, allgemeinere Ziele zu setzen, die letztendlich von der EU nicht direkt in den Betrieben kontrolliert werden – es gab früher sogar EU-Kontrollen direkt in den Betrieben. Vielmehr sollen wir in Sachsen die Eigenständigkeit bekommen, diese Ziele zusammen mit unseren Landwirten durch die Programme zu erreichen. Das wird eine spannende Phase sein, in der wir uns natürlich einbringen. Wir werden prüfen, was den Betrieben und der Struktur hilft. Wir hätten dann mehr Kompetenzen in Sachsen, mit dieser Agrarpolitik eigene Zeichen zu setzen.

Insofern wird sich die Zielvorgabe und unser Umgang damit verändern. Das habe ich jetzt als Antwort auf Ihre Frage vorweggenommen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das waren Kurzintervention und Reaktion. Wir fahren jetzt in der Rednerliste fort. Es spricht für die einbringende SPD-Fraktion Frau Kollegin Lang.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Volkmar Winkler ist mit der Grünen Woche schon in das Thema eingestiegen. In der Grünen Woche in Berlin gab es ein schönes Themenforum; es hieß „Wie schmeckt die Zukunft?“.

Ich möchte in diesem Zusammenhang den Moment nutzen, um auf zwei Themen aufmerksam zu machen: Das eine ist die Ernährung und das andere der Umweltschutz.

Das Thema „Gesunde Ernährung“ ist immer diskussionswürdig. Es geht hier nicht um generelle Verbote bei Produkten. Aber wer sich einmal Gedanken macht, in den Supermarkt geht und sich dort die Rückseite mancher Produkte durchliest, der wird überrascht und vielleicht auch erschrocken sein. Deshalb denke ich, dass dieses Thema durchaus Öffentlichkeit verdient.

Es geht nicht darum, irgendetwas wegzubeißen oder gar zu verbieten. Es geht vielmehr um Gesundheit, und bei Gesundheit geht es nicht ohne gesunde Ernährung. Eine gesunde Ernährung gibt es nicht ohne gesunde Produkte. Wenn wir über gute Produkte reden, reden wir auch über gute Agrarprodukte.

Jetzt komme ich zum Teil zwei, dem Umweltschutz. Das meistdiskutierte Thema in den letzten Tagen, Monaten und Jahren war immer wieder das Thema Pflanzenschutzmittel und dabei speziell Glyphosat. Das tangiert

die Bereiche Ernährung und Umwelt. Es ist eine Gefahr für die biologische Vielfalt. Es kann natürlich unter Umständen auch eine Gefahr für die Gesundheit sein. Man sollte die Bauern beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sensibilisieren. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass unsere Bauern sehr bewusst damit umgehen und diese Mittel nur dann einsetzen, wenn es dringend notwendig ist. Damit fördert man natürlich auch den Absatz regionaler Produkte.

Ich persönlich schätze die Vielfalt und die Regionalität. Ich wünsche mir das auch für unsere nachfolgenden Generationen, damit diese gesunde Nahrungsmittel kaufen können.