Ich persönlich schätze die Vielfalt und die Regionalität. Ich wünsche mir das auch für unsere nachfolgenden Generationen, damit diese gesunde Nahrungsmittel kaufen können.
Wir sollten immer daran denken, dass Umweltschutz ein Zukunftsthema ist. Die neue Bundesumweltstudie zeigt, dass 44 % der 14- bis 22-Jährigen sagen, dass für sie eine intakte und natürliche Umwelt immer zum guten Leben gehört und unabdingbar ist.
Sie sehen, Agrarpolitik hängt immer mit Umweltschutz und Verbraucherschutz zusammen. Ich bin mir sicher, dass beides zusammen gut funktionieren kann. Ich wünsche mir als umwelt- und gesundheitspolitische Sprecherin nicht nur das Bewusstsein um das verantwortungsvolle Handeln, sondern immer wieder auch, dass wir mit Verantwortung handeln.
Kollegin Lang sprach für die SPD-Fraktion. Jetzt ist Frau Kollegin Kagelmann wieder für DIE LINKE am Rednerpult. Sie hat das vorhin schon angekündigt.
Recht vielen Dank, Herr Präsident. In der zweiten Runde, meine Damen und Herren, habe ich erst einmal selbst meinen Papierberg etwas abgestaubt und zusammengestrichen. So hoffe ich, dass ich jetzt wenigstens zu einem Schluss komme. Ich will nun von der globalen Betrachtung der Umweltpolitik, die ich in meinem ersten Beitrag zu umreißen versucht habe, zum Konkreteren kommen.
Bleiben wir bei der zweiten Säule, genauer beim ELERRESET. Ich hatte das Bauchgefühl, dass Sie eigentlich dahin wollen. Ich möchte stärker auf das sächsische Papier zur Verwaltungsvereinfachung und zum Bürokratieabbau eingehen. Ich hatte ja schon am Anfang gesagt, dass Bürokratieabbau immer sehr gut ist und überall sehr gut ankommt.
Was wird konkret aus Sachsen gefordert? Es wird eine Entschlackung gefordert und insbesondere vor der Überfrachtung der Verordnungen und Programme mit sachfremden Nebenthemen gewarnt. Gemeint sind damit die umstrittenen Cross-Compliance-Regelungen. Ich will einmal übersetzen, was darunter ganz genau zu verstehen ist. Es geht bei den Cross-Compliance-Regelungen um die
Wir haben zwei Anträge der Opposition zum Insektensterben in der Pipeline, die wir demnächst anhören werden. Wir haben große Probleme in diesem Bereich, die im letzten Jahr mit großen Studien öffentlich geworden sind. 75 % der Biomasse der Insekten sind verschwunden. Das ist eine dramatische Entwicklung, der wir uns stellen müssen.
Wir haben in der Vergangenheit zum Glyphosateinsatz und generell zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln diskutiert. Wir haben immer wieder zur Wasserrahmenrichtlinie diskutiert. Da gibt es einen vorsichtigen Fingerzeig der EU, was den Gewässerschutz in Deutschland betrifft.
Was will man denn hier für „sachfremde Nebenthemen“ entschlacken? Das ist aus meiner Sicht erklärungsbedürftig. Aus meiner Sicht muss beides möglich sein. Wir müssen entbürokratisieren, was den Aufwand unten im Betrieb, das Ausfüllen der Formblätter betrifft. Aber wir dürfen das Erreichen der Ziele nicht aus dem Blick verlieren.
Im letzten Jahr hat mich stark beschäftigt, wie die Erfüllung von Cross-Compliance-Regelungen im konkreten Fall kontrolliert wird. Es gab Anzeigen aus meiner Heimatregion, aus den Landkreisen Bautzen und Görlitz, zur pflichtwidrigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Ich habe nachgefragt. Es sieht offensichtlich so aus, dass wir, wenn wir die Eigenverantwortung zu weit auf die untere Ebene verlagern, also vor Ort subsidiär gestalten, entschieden mehr Mittel geben müssen, damit die Kontrolldichte hoch bleibt und wir die Verstöße feststellen und ahnden können. Genau das – das haben meine Kleinen Anfragen hervorgebracht – ist nicht möglich. Verstöße im Pflanzenschutzmittelrecht zu eruieren und zu ahnden ist deshalb nicht möglich, weil die Kontrolldichte nicht stimmt. Nur 4 bis 7 % solcher Verstöße beim Glyphosateinsatz werden überhaupt aufgedeckt, meist aber erst hinterher, wenn es keine Wirkungen mehr hat.
Ich würde mir deshalb wünschen, dass wir nicht nur die Forderung in den Raum stellen, dass wir Bürokratie abbauen müssen, sondern dies auch untersetzen sollten. Wir müssen immer das Ziel im Auge behalten, dass Umwelt- und Tierschutz berücksichtigt werden. Das darf nicht in den Hintergrund geraten. In diese Richtung müssen wir die gemeinsame europäische Agrarpolitik ausgestalten.
Auf Frau Kollegin Kagelmann könnte erneut die AfD folgen – gibt es Redebedarf? – Das kann ich nicht feststellen. Herr Kollege Günther, Sie sprechen erneut für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Vorredner bereits ein wenig von GAP hin zur allgemeinen Landwirtschaft entfernt haben und auf einige Probleme zu sprechen kamen, möchte ich ebenfalls gern daran anknüpfen, da es miteinander zu tun hat. Welche sind denn unsere Herausforderungen?
Zunächst natürlich strukturelle Fragen. Wir wollen erreichen, dass möglichst viel erwirtschaftet wird. Das erwirtschaftete Geld soll in der ländlichen Region bleiben, und möglichst viel vom Verkaufspreis für landwirtschaftliche Produkte soll beim Landwirt herauskommen. Dazu soll GAP einen Beitrag leisten. Wir haben jedoch jetzt Tendenzen, dass es in die andere Richtung geht: dass sich Boden- und Landwirtschaftsflächen zur ganz normalen Anlage für Kapitalanleger entwickeln und das Geld wegfließt. Außerdem haben wir in Sachsen immer noch eine erschreckend geringe Wertschöpfung pro Hektar und pro Beschäftigtem im Vergleich zu anderen Bundesländern. Das heißt, es fehlen noch Wertschöpfungsketten, die daran hängen. Dort müssen wir dringend herangehen.
Ein weiteres Problem sind die Umweltauswirkungen. Die Landwirtschaft ist durchaus ein großer Hebel. Knapp zwei Drittel der Landesfläche von Sachsen werden landwirtschaftlich bearbeitet, und wenn wir große Probleme haben, etwa im Umweltschutz mit Insektensterben, dann liegt genau hier ein wesentlicher Ansatz.
Herr Kollege Günther, geben Sie mir recht, dass die Wertschöpfung, die Sie gerade beschrieben haben und die in anderen Regionen höher ist, vor allem an intensiveren Viehbeständen liegt, die die Einkommen der bäuerlichen Betriebe sichern, aber dass gerade die GRÜNEN alles tun, diese Viehbestände eher in Schwierigkeiten zu bringen?
Darin möchte ich Ihnen mehrfach widersprechen. Die höhere Wertschöpfung liegt daran, dass wir in Sachsen vor allem große Strukturen haben, die oft einfach nur Ausgangsprodukte produzieren, herstellen, anbauen, sie aber nicht in nennenswertem Umfang weiterverarbeiten. Dies beginnt bei fehlenden Schlachtbetrieben in Sachsen und setzt sich fort mit der Weiterverarbeitung von Molkereiprodukten und anderen Dingen. Es hat aber auch damit zu tun, was wir anbauen: ob es Gemüse ist oder andere Produkte, wovon wesentlich mehr produziert wird, was am Ende hier ankommt. Es hat also etwas mit den Strukturen zu tun. Dabei geht es nicht nur um Viehhaltung.
Gleichwohl – auch das weiß man – ist die Wertschöpfung bei kleineren Strukturen, etwa kleinen Familienbetrieben, oft sehr hoch, da man dort mehrere Standbeine hat. Dort konzentriert man sich auf landwirtschaftliche Produktion, auf Fremdenverkehr und sorgt selbst für Regionalproduk
te, die man vermarktet. Dies alles sind Dinge, die es auch in Sachsen gibt, aber rein statistisch in anderen Bundesländern mehr. Dorthin müssen wir kommen. Wenn wir das erreichen, bleibt auch mehr vom Geld vor Ort hängen. Das sollte eigentlich ein Ziel sein, das uns alle vereint.
Den anderen Aspekt hatte ich gerade angesprochen: die Umweltauswirkungen, das Insektensterben. Das ist eine Herausforderung für die gesamte Menschheit. Dort müssen wir ran, und die Landwirtschaft muss einen Beitrag dazu leisten. Aber die Strukturen sind so gewachsen, wie sie jetzt sind, auch durch den gesellschaftlichen Willen der Vergangenheit, und wenn die Gesellschaft jetzt etwas anderes will, dann muss sie investieren. Genau dafür kann man auch die Mittel vom GAP hervorragend verwenden.
Dasselbe gilt für die Frage der Tierhaltung und wie diese hier stattfindet. Was Verbraucher früher akzeptiert haben, akzeptieren sie heute aus sehr guten Gründen nicht mehr. Die Erfolgsmeldungen, die es dann immer gibt – etwa, wenn die Eier gekennzeichnet werden, und es funktioniert, oder wenn die Bürger gentechnikfreie Milch haben wollen –: Am Anfang geht es angeblich meist nicht, und auf einmal funktioniert es doch.
Es gibt noch ganz andere Bereiche, in die man investieren kann. Man muss die Landwirte unterstützen. Vor allem braucht Landwirtschaft, um vernünftig investieren zu können, langfristige Perspektiven und muss wissen, wohin es geht, damit sie sich mit ihren Investitionen daran ausrichten kann. Wir als Politik müssen dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen und die politischen Zielrichtungen klar sind. Sie heißen: Strukturen, die so viel Geld wie möglich in die Region spülen, Strukturen, die so umweltgerecht wie möglich sind, und Strukturen, die so tiergerecht wie möglich sind.
Dabei wollen wir die Landwirtschaft unterstützen, und dazu muss GAP den größtmöglichen Beitrag leisten.
Das war Kollege Günther. Wir sind am Ende der zweiten Rederunde angekommen, und ich frage: Eröffnen wir eine weitere? – Ich sehe eine Wortmeldung. Herr Kollege von Breitenbuch eröffnet die dritte Runde für die einbringende CDUFraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch ein Wort zu der Gerechtigkeitsdebatte, die wir bekommen: Wir haben unterschiedliche Förderhöhen in Europa, was die Flächenprämien pro Hektar betrifft. Das ist eine Diskussion, die in der EU geführt wird. Teilweise gibt es sogar in einzelnen Ländern, wie in Frankreich, unterschiedliche
Förderhöhen. Wir haben aber auch eine Ost-West-Debatte in Deutschland, und wenn wir nicht aufpassen, haben wir einen Kapitaltransfer mit Kappung und Degression von Ost nach West, weil unsere größeren Betriebsstrukturen beschnitten werden, um kleinere in Westdeutschland anders zu fördern.
Deshalb ist der Vorschlag richtig, dass wir in diesem Fall fordern, dass das Geld in Sachsen bleibt. Wenn hier gekürzt wird, soll es in Sachsen bleiben. Wir wollen in der zweiten Säule unsere Programme damit ausstatten und unsere spezifischen Themen, die in Sachsen wichtig sind, angehen. – Das ist der eine Punkt, den ich noch ansprechen wollte.
Der andere Punkt ist: Wir waren auf der Grünen Woche und haben die Nahrungsmittelverarbeiter gesehen, die dort mit ihren Produkten stehen. Wer in ihre stolzen Gesichter geschaut hat, der hat auch in diesem Jahr wieder erlebt, wie stolz sie auf ihre Produkte sind, auch auf die neuen. Ein herzliches Dankeschön an alle Verarbeiter in Sachsen, die uns mit guten Nahrungsmitteln versorgen! Es ist sehr wichtig, es von dieser Stelle zu betonen.
Ich möchte noch einmal kurz auf die anderen Redner eingehen und beginne mit Frau Kagelmann. Selbstverständlich gibt es zurzeit einen Konflikt zwischen Landwirtschaft und Verbraucher, Frau Kagelmann. Dieser wird zumindest in den Medien so dargestellt. Im Alltag erlebe ich das eigentlich nicht. Insofern müssen wir darauf achten, dass wir zu einem Miteinander kommen. Ich denke, es ist immer CDU-Politik gewesen, dass ein Miteinander im Land stattfindet und kein Gegeneinander. Dazu soll auch diese Diskussion dienen, die wir hier führen.
Herr Urban, dass hier nur kleine Betriebe schließen würden, stimmt nicht. Es sind bei der Milchkrise auch größere Betriebe zwar nicht geschlossen, aber verkauft worden. Auch dort gab es einen Strukturwandel. Es ist nicht so, wie Sie es hier darstellen, dass es nur in eine Richtung liefe. Das stimmt nicht. Es liegt immer an der spezifischen Unternehmensstruktur: Ist sie zukunftsfähig oder nicht? Kann sie bestehen? Das hat teilweise ganz unterschiedliche Gründe. Dies hier so zu verallgemeinern ist unredlich.
Wir haben auch garantiert keine Angst vor Brüssel. Ganz im Gegenteil: Wir haben eine ordentliche Landesvertretung in Brüssel. Der Minister ist ständig in Brüssel und in Berlin, um unsere Interessen zu vertreten. Dass wir Angst hätten – das Gegenteil ist der Fall: Wir versuchen, uns dort einzubringen, und gerade ELER-RESET ist doch ein gutes Zeichen, dass dies auch möglich ist und Sachsen Anerkennung erlangt hat. Insofern: Das ist dummes Zeug.
Die Aspekte, die Sie betonten – Investitionen, Stabilität und Strukturwandel –, sind genau die Themen, die wir ebenfalls die ganze Zeit in dem Rahmen, der uns in
Deutschland und in der EU zur Verfügung steht, bearbeiten und zum Ziel führen wollen. Ihr Ausstieg als Land Sachsen, ähnlich wie in der Schweiz, wird nicht möglich sein, und das wissen Sie auch. Das hier als Ziel an die Wand zu malen ist unredlich und geht an einer sachnahen Debatte vollkommen vorbei.
Einer der nächsten Punkte, die Sie angesprochen haben, ist die Regionalität. Wenn ich als Landwirt meine Wintergerste verkaufe, dann ist es wichtig zu wissen, ob Ägypten 100 Millionen Kilogramm Gerste kauft oder nicht. Das sind heute die Themen, die in den Betrieben eine Rolle spielen. Das hat selbstverständlich etwas mit Weltmärkten zu tun, und ich glaube nicht, dass Sie diese jetzt plötzlich aushebeln werden und nun zur Regionalität kommen. Ganz im Gegenteil: Es wird immer beides geben: die Regionalität wie auch den Großhandel. Insofern müssen wir beides im Blick haben, und dafür stehen wir auch als Koalition und lassen uns nicht in irgendwelche Ecken drängen. Das ganze Gegenteil ist der Fall.
Was Spekulationsfristen betrifft, Herr Urban: Wenn die Zinsen wieder steigen und die Anleger wieder herausgehen und Flächen oder Betriebe verkaufen, die sie gekauft haben, weil sie plötzlich neue Anlageformen haben, dann ist es doch eigentlich positiv für die Nachbarbauern, die dann zum Zuge kommen. Das heißt, Ihre Spekulationsfrist ist gerade in dieser Phase, in der wir mit steigenden Zinsen auf der Welt rechnen können, komplett kontraproduktiv und verstärkt eigentlich nur einen Effekt, den wir nicht wollen.