Der Gesetzentwurf habe mit dem Paragrafen verhindern wollen, dass öffentlich über Abtreibung gesprochen würde, als wäre es normal.
Schwangerschaftsabbruch ist nicht vergleichbar mit einer ärztlichen Leistung wie einer Blindarmentnahme. Sie sehen, der Paragraf gehört unverzichtbar zum Schutzkonzept, mit dem das Grundrecht des ungeborenen Lebens gewahrt und die Konfliktlage betroffener Frauen berücksichtigt wird.
Ja, wir wollen Frauen helfen. Die Frauen erhalten in den Beratungsstellen alle notwendigen Informationen – auch über Ärzte, die Abbrüche vornehmen.
(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Ich habe gerade den Konflikt genannt, vielleicht beziehen Sie sich darauf!)
Kommt gleich. – Ja, es ist wichtig, dass sich Frauen ausführlich über einen Schwangerschaftsabbruch informieren lassen können, und das machen die Behörden. Man kann zum Gesundheitsamt kommen, den Beratungsstellen Caritas, Diakonie, Pro Familia – wen auch immer sie wollen. Ich habe mir mehrere Beratungsstellen angeschaut und eine Beraterin hat etwas sehr Gutes gesagt: Für eine Beratung sind fünf Dinge wichtig: Nächstenliebe leben, durch Zuhören wertschätzen oder einfühlen, ohne zu verurteilen, Probleme lösen, gemeinsam mit der Schwangeren Lösungen finden, um ein Ja zum Kind zu ermöglichen, Mut machen – den Schwangeren Mut machen, die Herausforderungen anzunehmen und zu meistern –, frei entscheiden – jede Frau entscheidet allein.
Aber jede Entscheidung braucht Wahlmöglichkeiten, Sicherheit und Information. Viele Schwangere erhalten erst durch die richtige Beratung eine faire und freie Wahl.
Leben schenken – wir dürfen keine Frau im Stich lassen, weil jeder fehlt, der nicht geboren wird. Es darf kein Recht auf Abtreibung geben, sondern das Recht auf Schutz des ungeborenen Lebens.
(Beifall bei der CDU und der Abg. André Barth, AfD, sowie Andrea Kersten und Gunter Wild, fraktionslos)
Frau Kollegin Kuge sprach für die CDU-Fraktion. Jetzt ergreift Frau RaetherLordieck für die SPD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eingangs einen kurzen Dialog aus einem DDR-Jugendfilm zitieren. Im Bild ein junges Paar. Sie: „Ich bin schwan
ger.“ – Er, nach reiflicher Überlegung: „Na gut, dann heiraten wir eben.“ – Sie: „Ich weiß gar nicht, ob ich das will.“
Die junge Frau wirkt zwar unentschlossen, aber nicht unsicher. Sie wirkt souverän, selbstbewusst und aufgeklärt. Überlegt sie nun, was sie mit dem mehr oder weniger gelungenen Heiratsantrag anfängt, oder macht sie sich Gedanken, ob sie wirklich schwanger sein will und dies ihrer Lebensplanung entspricht?
Seit 1972 galt in der DDR für einen Schwangerschaftsabbruch die Fristenregelung, nach der innerhalb der ersten zwölf Wochen eine Schwangerschaft legal abgebrochen werden konnte. 1990, während der Verhandlungen zum Einigungsvertrag, haben die Frauen für den Erhalt ihres Rechts auf Abtreibung gekämpft. Herausgekommen ist ein Kompromiss – die heutige Beratungsregelung, die der Frau nach einer Abtreibung zumindest Straffreiheit gewährt.
Damit wir uns richtig verstehen: Der Entschluss, eine Abtreibung vornehmen zu lassen, stellt ausnahmslos immer eine extreme Ausnahmesituation dar. Eine verantwortliche Entscheidung setzt voraus, dass sich die Betroffene unabhängig, eigenständig und umfassend über medizinische Möglichkeiten und Risiken informieren kann.
Prädestiniert, fundierte Informationen zu geben für jede Frau, jedermann – unabhängig davon, ob schwanger oder nicht –, sind die praktizierenden Ärztinnen und Ärzte, die über das entsprechende Fachwissen und praktische Erfahrungen verfügen.
Die Ärztin Kristina Hänel hat genau dies getan: Zeitgemäß über die sozialen Medien, niederschwellig verfügbar informiert sie darüber, dass ein Schwangerschaftsabbruch zum Leistungsspektrum ihrer Praxis gehört, und – Frau Buddeberg, Sie haben darauf hingewiesen – zusätzlich ist eine kostenlose Broschüre erhältlich, die – jetzt zitiere ich aus „Zeit online“ – „… über die gesetzlichen Regelungen für einen Schwangerschaftsabbruch aufklärt, den Unterschied zwischen medikamentöser und chirurgischer Behandlung klarmacht und mögliche Nebenwirkungen nennt.“
Frau Dr. Hänel hat sich auch nach mehrfachen Anzeigen durch selbst ernannte extreme Lebensschützerinnen und -schützer, die mit ihren kruden Positionen auch betroffene Frauen zu diffamieren und kriminalisieren suchen, nicht einschüchtern lassen.
Am 24. November 2017 – Frau Buddeberg, Sie haben auch darauf schon hingewiesen – hat das Amtsgericht Gießen diese Ärztin wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe von fast 6 000 Euro verurteilt.
Den § 219 a braucht es nicht. Das Gesetz in seiner Ursprungsversion, erlassen im Jahr 1933 – zur Nazizeit, die
das Bild von Hausfrau und Mutter idealisierte, deren größte Ehre darin bestand, dem Führer Kinder zu schenken –; dieses Gesetz atmet ein völlig überholtes patriarchalisches Weltbild.
Es widerspricht unserer heutigen Vorstellung von Selbstbestimmung und Gleichberechtigung und letztlich auch dem Recht – ja, Frau Kuge! – auf freie Arztwahl, und nicht nach einer Beratung durch Pro Familia oder wen auch immer mit Hinweis auf eine Ärztin, sondern freie Arztwahl.
und die Bundespolitik reagiert. Die SPD-Bundestagsfraktion formuliert einen Gesetzentwurf, der die ersatzlose Streichung des § 219 a fordert, und wirbt für eine parteiübergreifende Initiative zur Änderung des Abtreibungsrechts.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei der Linksfraktion für ihren Antrag an derart prominenter Stelle der sächsischen Landtags-Plenardebatte, der das thematisiert. Es wird höchste Zeit für eine sachliche Diskussion – auch und gerade hier bei uns in Sachsen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Frau Raether-Lordieck, ich habe ein Bild von heute, nämlich vom letzten Sonntag zur besten Sendezeit beim Dresdner Tatort. Am Ende und ganz nebenbei erfährt die Hauptkommissarin von ihrer Schwangerschaft. Kurz und knapp die Feststellung: „Ich will es nicht“ – der MDR also ganz am Puls der Zeit, denn DIE LINKE im Sächsischen Landtag möchte jetzt den Straftatbestand der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch § 219 a endlich abschaffen.
Das Thema zeigt einmal mehr die moralische Bigotterie der LINKEN: Auf der einen Seite ist man radikaler Menschenfreund, der sich für weltweite Solidarität mit den Schwachen und Benachteiligten einsetzt;
auf der anderen Seite spart man die Allerschwächsten dabei völlig aus, diejenigen, die ihren Widerstand noch nicht einmal im Ansatz artikulieren können: ungeborene Kinder in den ersten neun Lebensmonaten.
In jedem einzelnen Fall handelt es sich um die Tötung menschlichen Lebens. § 218 legt daher eindeutig fest: Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Die Strafbarkeit greift bereits ab dem Zeitpunkt, an dem sich die befruchtete Eizelle in die Gebärmutter einnistet – zu Recht; denn niemand, auch keine Linker, ist in der Lage, biologisch oder ethisch einen Zeitpunkt zu benennen, ab dem im linken Duktus Solidarität mit einem Menschen gefordert ist bzw. bis zu dem er nur ein Zellhaufen wäre.
Ausgenommen von der Strafbarkeit ist der Schwangerschaftsabbruch, den die Schwangere selbst verlangt und wenn sie dem Arzt mit einer Bescheinigung nach § 219 nachweist, dass ein Beratungsgespräch stattgefunden hat; außerdem auch Abtreibungen, die sich durch medizinische Indikation oder mit schweren seelischen Belastungen begründen lassen, etwa bei drohendem Tod der Mutter oder infolge einer Vergewaltigung.
Mit diesen Vorbemerkungen zur bestehenden Rechtslage ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Abschaffung des § 219 a aus mehreren Gründen verwerflich und daher abzulehnen.
Erstens. Die Legalisierung der Bewerbung von Abtreibung würde der ethischen Intention des § 219 widersprechen, der festlegt, dass die Schwangerschaftsberatung dem Schutz des ungeborenen Lebens dient. Die Beratung soll die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind eröffnen.
Zweitens. Aus gesetzgeberischer Sicht fordern die LINKEN die Straffreiheit der Werbung für eine Straftat. Der Grund ist durchsichtig: Es ist nur der erste Schritt zur generellen Abschaffung des Straftatbestandes des
(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Das fordern wir hier ganz offen schon lange! – Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Schon seit Jahren!)
ja –, weil sich folgerichtig die Frage stellt: Warum ist etwas strafbar, für das ich straffrei öffentlich werben darf?