Die Mehrausgaben von etwas mehr als 3 Millionen Euro sind dabei auch für 2018 haushalterisch abgesichert. Ich weiß, dass diese Tatsache für manche nicht wirklich bedeutend ist. Für mich kann aber ein gesundes Staatswesen auf Dauer nur so funktionieren.
Die erhöhten Nachteilsausgleiche werden bei Zustimmung zum oben genannten Gesetzentwurf, um die ich Sie ganz herzlich bitte, bereits ab dem 01.01.2018 gewährt.
Lassen Sie mich an dieser Stelle aber sagen, dass es in erster Linie das Verdienst der vielen jeden Tag tätigen Menschen in unserem Land ist, dass wir als Parlament eine solche Unterstützung gewähren können. Sie erarbeiten das Geld, das wir verteilen dürfen,
auch wenn wir für die angesprochene Erhöhung sicher ein sehr hohes Maß an Zustimmung erhalten würden.
Das ursprüngliche Gesetz stammt aus dem Jahr 1992. Dieses Zweite Änderungsgesetz wurde nötig, weil eine Anpassung an das neue Pflegekraftstärkungsgesetz, das seit dem 01.01.2017 gilt, erforderlich ist.
Für die betroffenen Menschen ist es besonders wichtig, was sich tatsächlich ändert. Lassen Sie mich zum besseren Verständnis hinzufügen, dass der Änderungsantrag der CDU- und SPD-Fraktion, der im zuständigen Ausschuss die nötige Mehrheit fand, schon inbegriffen ist und dass es sich um freiwillige Leistungen des Freistaates handelt.
Das Landesblindengeld wird auf monatlich 350 Euro angehoben. Für hochgradig sehbehinderte Menschen wird es zukünftig einen Nachteilsausgleich von 80 Euro geben. Auch für gehörlose Menschen, deren Benachteiligung im Leben häufig unterschätzt wird, wird der Nachteilsausgleich um 30 % auf 130 Euro im Monat angehoben. Für besonders wichtig halte ich die Verbesserung für schwerstbehinderte Kinder. Sie erhalten zukünftig monatlich 100 Euro.
In ganz besonderer Weise benachteiligt sind Menschen, bei denen gleich zwei auf Ferne und Kommunikation ausgerichtete Sinnesorgane ihre eigentliche Aufgabe nicht erfüllen. Es sind Menschen, die weder sehen noch hören können. Für uns im Plenum, die wir beides können, ist das wirklich nicht nachvollziehbar. Für so extrem von Nachteilen Betroffene wird neben dem Blindengeld von 350 Euro im Monat zusätzlich ein Betrag von 300 Euro ab dem 01.01.2018 gewährt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, damit die betroffenen Menschen schnell in den Genuss der erhöhten Nachteilsausgleiche kommen können; denn es ist vieles an benötig
Vielen Dank, Herr Krasselt. Nun die Fraktion DIE LINKE. Für die Fraktion spricht Frau Abg. Buddeberg. – Bitte sehr, Frau Buddeberg, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen Gebärdensprache beherrschen. Ich vermute, dass es hier im Haus nicht viele sind. Ich selbst gehöre auch nicht dazu.
Wenn es Ihnen so geht wie mir, dann kennen Sie vielleicht die folgende Situation: Ich sitze in der Straßenbahn und bemerke, dass sich mir gegenüber Menschen mit Gebärdensprache verständigen. Das hat mich schon immer sehr beeindruckt, wahrscheinlich auch, weil für mich rätselhaft bleibt, worüber sie sich unterhalten, vielleicht über Fußball, einen neuen Kinofilm, über Kinder oder vielleicht auch über Politik, wahrscheinlich allerdings nicht über die heutige Regierungserklärung und die anschließende Debatte, weil unsere Plenardebatten leider nicht standardmäßig übersetzt werden. Umso wichtiger ist es, dass dieser Tagesordnungspunkt übersetzt wird. Ich möchte mich ganz herzlich bei den Dolmetschern bedanken, die das heute für uns tun.
Interessant ist bei der beschriebenen Situation in der Straßenbahn, dass mir die Kommunikation verschlossen bleibt. Ich kann an dem Gespräch nicht teilhaben. Das ist ein Moment von „verkehrter Welt“, der erahnen lässt, was es für Menschen mit Behinderungen bedeutet, für die das eine ganz alltägliche Erfahrung ist. Für die Menschen, die sich miteinander in Gebärdensprache unterhalten, gibt es in dem Moment keine Barriere. Sie fühlen sich untereinander nicht als Menschen mit Behinderungen. Was sie behindert, ist die mangelnde Bereitschaft unserer Gesellschaft, sie zu einem Teil der hörenden Gesellschaft werden zu lassen.
Wenn wir heute über das Landesblindengesetz sprechen, sollte genau das im Mittelpunkt stehen. Es geht um die Frage, wer am gesellschaftlichen Leben teilhat und was es braucht, daran teilhaben zu können. Das gilt für Gehörlose ebenso wie für Blinde. Das Gesetz sieht Nachteilsausgleiche für beide vor. Deshalb ist der Kurztitel tatsächlich irreführend, weil hier noch weitere Nachteilsausgleiche behandelt werden.
Der dargestellte Änderungsbedarf war offensichtlich und seine Behebung längst überfällig. Mehr als 20 Jahre gab es keine Veränderung beim Landesblindengeld. Mit der vorliegenden Änderung werden nach der Erhöhung des Landesblindengeldes ab 01.01.2017 nun auch andere
Nachteilsausgleiche erhöht. Erstmals wird der Nachteilsausgleich für die Gruppe der Menschen, die blind und gehörlos sind, eingeführt. Das begrüßen wir ganz ausdrücklich.
Dennoch bleibt das Gesetz hinter den berechtigten Erwartungen der Betroffenen und der Vereine und Verbände zurück. Das wurde besonders deutlich in der Anhörung vom 27.11.2017. Der Nachbesserungsbedarf war offensichtlich. Die Koalition hat reagiert und einen Änderungsantrag gestellt. Das ist gerade gesagt worden. Nun liegt die Beschlussempfehlung vor, die diese Nachbesserung beinhaltet.
Uns ist aber unverständlich, warum sich CDU und SPD nicht an den Ausführungen bei der Anhörung orientiert haben. Letztlich haben offensichtlich haushalterische Überlegungen den Ausschlag für die Festsetzung der Beträge gegeben. Besonders kritikwürdig ist der gravierende Unterschied zwischen der Höhe des Nachteilsausgleichs für Blinde einerseits und für Gehörlose andererseits. Die blinden Menschen sollen 350 Euro erhalten, die Gehörlosen 130 Euro. Es gibt keinen Grund, gehörlosen Menschen einen niedrigeren Ausgleich zu zahlen.
Wichtig ist es, sich zu vergegenwärtigen, was eine solche Beeinträchtigung ganz lebenspraktisch bedeutet. Oft kommt das nämlich den Menschen, die diese Beeinträchtigung nicht haben, gar nicht in den Sinn. Wir haben deshalb in der Anhörung extra nach Beispielen dafür gefragt. Natürlich kommt man auf Gebärdendolmetscher. Das haben wir schon gesagt. Aber es gibt ein anderes lebenspraktisches Beispiel: Hörende Menschen unterhalten sich gern einmal bei Kerzenschein miteinander, besonders in der Winterzeit. Aber gehörlose Menschen sind Augenmenschen. Sie brauchen Licht und Helligkeit für die Kommunikation. Dementsprechend haben sie höhere Stromrechnungen. Das war ein Beispiel aus der Anhörung, und es ist nur eines von sehr vielen alltäglichen Beispielen.
Ebenfalls nicht in die Beschlussvorlage eingegangen ist die Forderung, die Kriterien für das Merkzeichen TBl, also Taubblindheit, einzuführen, wie sie durch das Bundesteilhabegesetz festgelegt wurden. Das wurde in der Anhörung von mehreren Sachverständigen gefordert. Dabei geht es nicht um Wortklauberei, sondern um die Einsicht, dass Menschen, die von zwei Sinneseinschränkungen betroffen sind, selbstverständlich andere Bedarfe haben, zumal das Merkzeichen Taubblindheit im Schwerbehindertenrecht eben die Verbindung beider Einschränkungen beachtet. Deshalb ist Taubblindheit bereits bei einem Grad der Behinderung von 70 im Falle einer Hörbehinderung gegeben, nicht erst bei 100, wie im vorliegenden Gesetz.
Taubblind zu sein bringt in unserer Gesellschaft dramatische Beeinträchtigungen mit sich. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ohne Hilfe nur in außerordentlich reduzierter Weise möglich. Die Forderung des Taubblindendienstes der EKD, der wir uns als LINKE vollumfänglich anschließen, ist die Verdoppelung des
Landesblindengeldes. Es gibt nicht einmal einen haushalterischen Grund, diese Forderung abzulehnen, da die Zahl der Betroffenen wirklich außerordentlich gering ist.
Ein Punkt, den wir aus unserer Sicht weiterdiskutieren sollten, ist die Regelung für Betroffene, die nicht von Geburt an oder bis zum siebten Lebensjahr gehörlos sind. Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum hier ein geringerer Mehraufwand angenommen wird; denn es unterscheidet sich ja maximal die Sprachkompetenz, die erworben sein kann. Aber diese hilft ja auch nicht weiter, wenn das Gegenüber keine Gebärdensprache beherrscht und folglich ohne Dolmetscher bzw. Dolmetscherin nicht zu verstehen ist.
Ein weiterer Kritikpunkt, den ich für sehr zentral halte, ist die fehlende Dynamisierung. Ich habe bereits erwähnt, dass das Blindengeld seit über 20 Jahren nicht erhöht worden ist. Gleiches trifft für hochgradig sehbehinderte Menschen und schwerstbehinderte Kinder zu. Über 15 Jahre wurde der Nachteilsausgleich für gehörlose Menschen nicht angepasst. Die jetzt vorgesehene Erhöhung – dies wurde auch noch einmal in der Anhörung gesagt – gleicht den Kaufkraftverlust nicht einmal annähernd aus, und es ist naiv anzunehmen, dass die Verantwortlichen in der Politik nun regelmäßig die Bedarfe prüfen und Anpassungen vornehmen. Sollten sie dies aber tun, dann besteht ja der Wille. Dann ist aber auch gegen eine im Gesetz festgelegte Dynamisierung überhaupt nichts mehr einzuwenden.
In unserem Änderungsantrag orientieren wir uns bewusst am Abgeordnetengesetz; denn es zeigt, dass eine solche Regelung möglich und bereits geltendes Recht in Sachsen ist; und warum sollte das, was für uns privilegierte Abgeordnete gilt, nicht auch für Menschen mit Beeinträchtigungen gelten?
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal einen grundsätzlichen Blick auf das Anliegen werfen, über das wir heute debattieren. Zentral ist die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es geht um die Stärkung von Selbstbestimmungsrecht und um Autonomie. Einerseits sprechen wir deshalb über Mehraufwendungen, die für den Alltag erforderlich sind. Dazu möchte ich noch einmal klarstellen: Wir sprechen nicht über Luxusartikel, sondern über Hilfsmittel, die ein Leben ermöglichen, das für Menschen ohne Beeinträchtigung selbstverständlich ist.
Außerdem sprechen wir über Nachteilsausgleiche. Dazu stelle ich noch einmal die Frage: Welcher Nachteil wird denn ausgeglichen? Der Nachteil besteht darin, dass die Gesellschaft keine Rücksicht auf die besonderen Erfordernisse der Menschen mit ihrer jeweiligen Behinderung nimmt. In der Anhörung wurde das wie folgt formuliert: „Ziel einer Inklusiven Gesellschaft ist es, dass es eines solchen Gesetzes wie des Landesblindengeldgesetzes nicht mehr bedarf, weil alle Betroffenen keine Mehraus
Bis wir an diesem Punkt sind, ist ein gutes Landesblindengeldgesetz das Mindeste, und es muss sich an der UNBehindertenrechtskonvention messen lassen. Es muss an den tatsächlichen Bedarfen orientiert sein und nicht an haushalterischen Erwägungen. Das ist logisch; denn Menschenrechte sind universell und damit nicht nur auf finanzielle Vorbehalte zu beschränken.
Noch dazu ist Deutschland ein hoch entwickeltes Industrieland, und angesichts des relativen Reichtums im Vergleich zu anderen Ländern sind solche finanziellen Erwägungen kein haltbares Argument. Hierzulande ist und bleibt es eine Frage des politischen Willens. Stellen Sie diesen politischen Willen unter Beweis und machen Sie dieses Gesetz zu einem guten Gesetz!
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion ist an der Reihe. Frau Abg. Kliese, bitte sehr; Sie haben das Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wem eigene Schmerzen erspart bleiben, der muss sich aufgerufen fühlen, die Schmerzen anderer zu lindern“, so hat es der Mediziner Albert Schweitzer einmal formuliert, und er hat es auch selbst so gelebt. Schmerzen lindern oder Nachteile ausgleichen – darüber sprechen wir heute –, das kann man nur begrenzt durch materielle Leistungen. Es ist auch relativ schwer, diese materiellen Leistungen zu beziffern. Was ist ein angemessener Nachteilsausgleich? Dennoch sind die Zahlen, mit denen wir heute zu tun haben, nicht völlig aus der Luft gegriffen. Es gibt Gründe und Faktoren, mit denen diese Nachteilsausgleiche berechnet und gemessen werden.
Wir sind bei den Erhöhungen immer vom Ausgangsbetrag ausgegangen und haben versucht, die Erhöhungen, wie sie im Gesetzentwurf vorgesehen waren, ausgehend vom Ausgangsbetrag, noch weiter anzuheben, und das proportional. Frau Buddeberg, wenn Sie es nicht in absoluten Zahlen rechnen, sondern prozentual, dann ist das absolut gerecht. Dann gibt es diese Spanne zwischen dem Geld für die Gehörlosen und die Blinden, die Sie beklagen, nicht. Prozentual gerechnet befindet sich die Erhöhung auf demselben Niveau.
Was kann Geld befördern? Die gesellschaftliche Teilhabe kann es befördern. Was bedeutet Teilhabe konkret für die
betroffenen Menschen? Teilhabe bedeutet für einen gehörlosen Menschen, sich einen Dolmetscher leisten zu können, um beispielsweise eine Wohnungsbesichtigung durchführen zu können, bei der man Fragen stellen kann und Antworten versteht, so wie es für uns völlig normal ist, eine Wohnungsbesichtigung durchzuführen. Teilhabe bedeutet für die Eltern eines sehbehinderten Kindes, ihrem Kind im Sommer eine Sonnenbrille zu kaufen mit speziell geschliffenen Gläsern, mit der es sowohl gut sehen kann als auch vor der Sonne geschützt ist. Diese Sonnenbrillen kosten viel, viel Geld. Teilhabe bedeutet auch, sich die „Buddenbrooks“ von Thomas Mann zu kaufen, die in so vielen deutschen Bücherschränken stehen und auch in der DZB in Leipzig in Brailleschrift zu finden sind. Für uns ist das normal, für blinde Menschen ist das ein großer finanzieller Aufwand. Teilhabe bedeutet für taubblinde Menschen, dass sie die Dolmetscher, die in Sachsen eigens für sie und ihre Art zu kommunizieren ausgebildet werden, nutzen können, weil sie sie sich leisten können.
An den Ausführungen merken Sie – das hat auch schon Frau Buddeberg angesprochen –, dass Teilhabe eben kein Luxus ist. Teilhabe ist Menschenrecht, und wir versuchen mit der Erhöhung, diesem näherzukommen. Natürlich könnte es immer mehr sein, und es ist das gute Recht der Opposition, noch mehr zu fordern. Dinge, die für Menschen, über die wir gerade gesprochen haben, ermöglicht werden müssen, sind Hilfsmittel: Bücher in Brailleschrift, speziell geschliffene Gläser für Brillen oder Dolmetscher. Sie ermöglichen Teilhabe, aber sie sind oftmals sehr kostspielig; denn sie sind hoch spezialisiert.