Protokoll der Sitzung vom 14.03.2018

Das war eine Kurzintervention. Herr Günther, bitte.

Ich verstehe gar nicht, warum Sie jetzt ein Problem haben. Erstens, dass es Vorgänger gibt, habe ich an keiner Stelle ausgeschlossen, zweitens die Notwendigkeit, genau zwei Weltkriege, davon habe ich gesprochen. Man hat schon nach dem Ersten Weltkrieg gemerkt, dass es so nicht weitergehen kann und dass man viel mehr Verbindendes und Gemeinsames hat als das, was einen trennt. Es ist ziemlich idiotisch, sich den Kopf gegenseitig einzuschlagen. Es hängt auch mit den Strukturen zusammen, warum es so weit gekommen ist. Das ist nämlich eine Art Fehleranalyse gewesen, warum es den europäischen Bürgerkrieg gegeben hat, der das gewesen ist.

Und natürlich Frieden: Es ging um die Montanunion, genau das zu sagen, was den Schwerpunkt ausgemacht hat. Wo findet Montanindustrie statt? Saarland, unser Ruhrgebiet, das waren alles Fragen, bei denen man sagt: Das klären wir jetzt einmal anders, damit man deshalb keinen Krieg mehr führen muss, und es waren gute Überlegungen.

Versetzen Sie sich doch einmal in die Zeit zurück und lesen Dokumente von damals. Schlagen Sie einmal eine Zeitung auf, und dann stellen Sie fest, wenn Sie eine Zeitung von etwa 1937 aufschlagen, wie da übereinander geredet wurde und wie heute miteinander geredet wird.

(André Barth, AfD: Habe ich keine zu Hause!)

Das sind alles Entwicklungen. Das haben Menschen – Frauen und Männer – in die Hand genommen. Sie haben gesagt: Wir lernen aus der Vergangenheit. Wenn Sie nicht lernen wollen, dann kann man Sie nicht dazu zwingen. Aber wir haben daraus gelernt, wie man merkt. Deshalb werden wir die EU auch weiterentwickeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kersten bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Herr Günther, trotz Ihres vehementen Einsatzes für die EU ist aber auch für mich nicht zu glauben, dass sich CDU und SPD hinstellen und eine Betteldebatte Richtung Brüssel führen. Sie betteln darum, dass wir von dem Geld, das Deutschland jedes Jahr nach Brüssel überweist, ein ganz klein wenig zurückbekommen. 2,8 Milliarden Euro sollen es sein, die Sachsen über die EU-Strukturfonds in der aktuellen Förderperiode, also für sieben Jahre, erhält.

Laut Staatskanzlei hätte Sachsen damit in erheblichem Maße von der EU-Förderpolitik profitiert. Zum Vergleich einmal: Zwischen den Jahren 2010 und 2015 erhielt Griechenland 256 Milliarden Euro. Herr Minister Schenk, wie würden Sie denn dieses Maß des Profitierens definieren?

Erstaunlich finde ich, dass es beim Thema EUFörderpolitik immer nur darum geht, wer im Bundesland,

in einer Gemeinde oder einer Region davon profitiert hat. In den seltensten Fällen hören wir Zahlen darüber, wie viel Geld letztlich Deutschland nach Brüssel transferiert. In den seltensten Fällen hören wir darüber, dass ein nicht unbeträchtlicher Anteil in die Finanzierung der bürokratischen Institutionen fließt. Und in den seltensten Fällen hören wir darüber, dass zum Beispiel allein der monatliche Wanderzirkus des EU-Parlaments zwischen Brüssel und Straßburg den Steuerzahler jährlich mit 200 Millionen Euro belastet. Bevor Sie also betteln gehen, fordern Sie erst einmal Effizienz und Sparsamkeit von Brüssel, fordern Sie die Einhaltung von Verträgen und die Konzentration auf die Kernaufgaben. Dann können wir vielleicht unsere Strukturförderung selbst zahlen.

Bitte kommen Sie zum Ende.

Danke.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Herr Wild, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zum Thema Regionalpolitik der EU hat meine Vorrednerin schon vieles auf den Punkt gebracht. Es ist aber nicht hinnehmbar, dass wir von der Summe her immer mehr einzahlen und immer weniger zurückbekommen.

Zur Erinnerung: Sachsen war damals das einzige Bundesland, welches im Bundesrat gegen die Europäische Währungsunion gestimmt hat. Wo sind die mutigen Sachsen von heute? Heute debattieren und betteln Sie um Geld, welches Sie künftig von der EU haben möchten.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Nun plant die EU, dass alles anders verteilt werden soll. Wo ist jetzt die Skepsis von damals. Alle Befürchtungen sind doch eingetroffen. Dennoch: Das Projekt EU wird weiter bejubelt. Wir müssen endlich auch einmal die Finanzplanungen hinterfragen. Welche Pläne sind denn gegenwärtig bekannt? Emmanuel Macron möchte einen selbstständigen EU-Haushalt, verbunden mit einem europäischen Finanzminister, der aus eigener Kraft agieren kann. Dafür wird er gefeiert. Das europäische Projekt gewinnt angeblich an Fahrt, doch niemand redet darüber, wer das am Ende alles bezahlt, vor allem nach dem Brexit.

(Zurufe von den LINKEN)

Fest steht doch Folgendes: Die Europäische Union wird auf keinen Fall demokratischer und transparenter durch die Veränderungen, die angekündigt sind.

Bitte kommen Sie zum Ende.

Letzter Satz. Das bereitet mir große Sorgen und die eine Feststellung bleibt: Ich wün

sche mir heute ebenso mutige Regierungspolitiker aus Sachsen wie damals 1999.

Danke schön.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Wir beginnen wieder mit der CDU-Fraktion, Herr Abg. Schiemann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde einmal so sagen: Man muss bei strategischen Fragen auch lernen, strategisch zu denken, und hier geht es um die Wurst. Wir haben einen Aufholprozess begonnen, der niemandem, der vielleicht das erste Mal in der Legislaturperiode ist, verloren gegangen sein kann. Wir haben einen sehr langen Aufholprozess hinter uns, in den sich viele Menschen in diesem Land eingebracht haben.

Die Europäische Union hat diesen Aufholprozess sehr stark unterstützt, und wir stellen fest, dass er jetzt nicht abgebrochen werden darf, dass wir auch für die nächste Förderperiode eine Unterstützung in diesem Aufholprozess brauchen und es für uns existenziell notwendig ist, ihn fortzuführen.

(Beifall bei der CDU)

Man kann sich doch hier nicht kleingeistig hinstellen und irgendetwas erzählen, was man hätte... Sagen Sie mir: Woher würden Sie das Geld holen, wenn wir es nicht von der Europäischen Union bekommen? Wir stehen jetzt vor der nächsten Förderperiode. Morgen wird mit der Ministerpräsidentenkonferenz eingeläutet, was unser Ministerpräsident für den Freistaat Sachsen in Brüssel artikulieren wird. Jetzt müssen wir die Staatsregierung unterstützen. Im Mai wird die EU-Kommission ihren Vorschlag unterbreiten, und damit müssen wir uns auseinandersetzen.

Nun möchte ich eines deutlich sagen: Es geht nicht allein nur um Geld, es geht um die Menschen, die in diesem Land wohnen und sich hier engagieren.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt Menschen, die gutes Geld verdienen, und Menschen, die mit sehr wenig Geld auskommen müssen. Jeder, der Lust hat, in die Grenzregionen zu gehen, wird sehen, wie hoch der Nachholbedarf besonders dort ist.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Wenn es um die Menschen geht, dann geht es auch darum, dass wir in den Grenzregionen Frieden zwischen den Völkern haben wollen. Wir wollen nicht abwarten, dass Menschen aufgrund von sozialen Verwerfungen aufeinandergehetzt werden und sich auseinandersetzen. Wir wollen eine Befriedung in den Grenzregionen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Regionalpolitik – um noch einmal zum Kernthema zu kommen – – Entschuldigung, dass ich so emotional bin; aber mich piept es einfach an, dass man nicht erkennen

will, dass es hier wirklich um die Wurst geht. Wir haben strukturelle Defizite.

(Beifall bei der CDU – Carsten Hütter, AfD: Unsinn!)

Natürlich haben wir strukturelle Defizite. Wir haben kein einziges DAX-Unternehmen mit Hauptsitz in den ostdeutschen Ländern. Das ist ein Problem für uns.

(Carsten Hütter, AfD: Warum denn nicht?)

Wir müssen uns auf die kleinteilige Wirtschaftsstruktur in unserem Land konzentrieren, und wir müssen dort unterstützen, wo wir die Chance haben; und das werden wir auch in Zukunft tun.

In den Grenzregionen sieht man es am deutlichsten: Wir dürfen nicht zulassen, dass es zu einem großen Förderunterschied zwischen den unterschiedlichen Nationen kommt, denn in den Grenzregionen begegnen sich die Menschen ganz besonders. Dort müssen wir darauf drängen, dass der Förderunterschied nicht zu groß wird, dass es den Abstand nicht gibt, der die Menschen mehr oder weniger aufeinanderhetzt.

Wir brauchen eine Sichtbarkeit auch in Projekten. Es ist wichtig, dass wir Kleinprojekte haben, bei denen sich Menschen begegnen und auch die Nachbarn kennenlernen. Das ist so wichtig. Es ist keine Frage des Geldes, sondern eine Frage des Menschseins in unserem Land. Menschsein ist mehr, als nur über Moneten zu sprechen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE)

Ich möchte noch einmal deutlich sagen, weil es um unser Land geht und wir unterschiedliche Situationen haben: Wir haben starke urbane Zentren mit Leipzig, Dresden und Chemnitz mit einer starken Wissenschaftslandschaft und einer starken Industrie. Das ist eine große Stärke unseres Landes. Aber wir haben in den ländlichen Regionen mehr Nachholbedarf.

(Uwe Wurlitzer, fraktionslos, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Starke Regionen sind das Beste, was wir für Europa haben können. Wir brauchen starke Regionen in Europa. Wir brauchen einen starken ländlichen Raum und mehr Unterstützung für die Grenzregionen. In vielen Grenzregionen Europas leben auch nationale Minderheiten, Kleinvölker und Volksgruppen. Aus diesem Grund ist es wichtig, innerhalb der Regionalförderung nachzudenken: Wie kann man auch diese Kleinvölker, Volksgruppen und kleinen Völker unterstützen? In unserem Land leben die Sorben auch in einer Grenzregion; damit haben wir sie auch umfasst.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Schiemann?

Der Schutz der Rechte von Minderheiten innerhalb der Europäischen Union – –