Protokoll der Sitzung vom 15.03.2018

(Jörg Urban, AfD: Bla, bla, bla, AfD! – Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Den Eindruck haben wir auch, Herr Urban! – Valentin Lippmann, GRÜNE: Führen Sie Selbstgespräche?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dokumentieren 930 Tafeln in Deutschland tatsächlich staatliches Versagen? Ich meine, nein. 930 Tafeln dokumentieren in erster Linie ein großes zivilgesellschaftliches, ehrenamtliches Engagement in Deutschland, ein Engagement, das seinesgleichen sucht. Bei den Tafeln engagieren sich Menschen für Menschen und das sollten wir bei aller politischen Diskussion und Wertung schätzen und würdigen.

Das wirft für mich die Frage auf, ob es uns überhaupt zusteht oder angemessen ist, uns wertend oder gar moralisierend über das Tun und Entscheiden von Tafeln zu äußern. Denn hier geht es nicht um staatliches Handeln, sondern um privates Engagement. Seien wir froh, dass die Tafeln dies tun. Für wen sie es tun, ist letztlich zweitrangig und sollte in deren Ermessen stehen.

Neben dem ehrenamtlichen Engagement der Tafeln dokumentieren diese in zweiter Linie aber auch eine gewisse Überflussgesellschaft. Die hohe Anzahl an Tafeln belegt ja nicht nur, dass es immer mehr Menschen gibt, die dieses Angebot annehmen müssen oder wollen, sondern eben auch, dass es offensichtlich immer mehr überschüssige Lebensmittel gibt. Da ist es eben klug, diese Lebensmittel nicht wegzuwerfen. Daher nochmals vielen Dank an alle Tafeln.

(Beifall bei des Abg. Uwe Wurlitzer, fraktionslos)

Frau Dr. Muster, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Tafeln verteilen Lebensmittel an bedürftige Menschen in Deutschland. Das ist gut so.

Tafeln sind keine staatlichen Stellen, meine Kollegin hat darauf hingewiesen. Sie sind auch keine staatliche Zusatzleistung zu Hartz IV. Sie sind ein Beispiel für bürgerschaftliches Engagement und gute ehrenamtliche Tätigkeit in Deutschland.

Die Tafeln verteilen freiwillige Leistungen. Es sind fast Geschenke an die Bedürftigen.

(Zuruf der Abg. Janina Pfau, DIE LINKE)

Die Konsequenz: Es gibt keinen Anspruch auf die Leistungen der Tafel. Wenn ich in Deutschland etwas erhalte, dann drängle ich nicht. Dies gilt unabhängig von Herkunft und Hautfarbe; das gehört zu den Regeln bei uns. Die Regeln müssen aber bekannt sein und sie müssen erklärt werden.

(Zuruf der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Regelverstöße müssen sanktioniert werden. Abhilfe schaffen können eine gute Hausordnung oder unterschiedliche Öffnungszeiten für verschiedene Gruppen.

Aber ein staatliches Versagen kann ich auf keinen Fall feststellen.

Ich bin sehr dankbar für die Existenz der Tafeln und möchte mich ausdrücklich bei den Mitarbeitern für ihr freiwilliges Engagement bedanken.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Andrea Kersten und Uwe Wurlitzer, fraktionslos)

Wir gehen in die zweite Runde. Für die AfD-Fraktion spricht Herr Abg. Hütter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Dierks, Ihr Redebeitrag war in Teilen völlig realitätsfremd.

(Zuruf des Abg. Alexander Dierks, CDU)

Hartz IV ist eigentlich eine Leistung zur kurzfristigen Überbrückung einer Notlage. Mittlerweile haben wir aber Familien, die Hartz IV in zweiter Generation beziehen. Das wird also vollkommen anders bewertet als für jenen Fall, für den es eigentlich einmal gedacht war. Das stellt sich mittlerweile ganz anders dar, auch hier bei uns im Freistaat – in aller Deutlichkeit.

Milliardenüberschüsse auf Bundesebene, Millionenüberschüsse auf Landesebene – wie geht das zusammen? Die Existenz der Tafeln passt so gar nicht in das Bild von einem Land, in dem wir gut und gerne leben.

Lassen Sie uns gemeinsam fraktionsübergreifend an Lösungen arbeiten. Die AfD-Fraktion steht jederzeit dafür bereit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Dierks für die CDU-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Hütter, ich weiß nicht: Vielleicht passt das nicht in Ihr Weltbild. Natürlich ist uns bewusst, dass wir zum Teil verfestigte Strukturen bei sozialen Transfers und staatlichen Transferleistungen haben – ohne Frage.

(Carsten Hütter, AfD: Dann sagen Sie es doch!)

Aber ich habe darauf hingewiesen, dass wir präventiv handeln, dass wir etwas tun, damit Chancen entstehen und damit Menschen Chancen ergreifen können. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass wir über das Gesetz der großen Zahl irgendeines dieser Probleme lösen.

(Carsten Hütter, AfD: Das ist doch nur die halbe Wahrheit, Herr Dierks!)

Wer wettert denn bei jeder Gelegenheit über Schulsozialarbeit? Wenn wir darüber reden, heißt es bei Ihnen, das solle die Familie machen. Das kommt aus Ihrer Fraktion.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Wenn die Familie das aber nicht tut, dann muss doch der Staat eingreifen und muss zumindest versuchen, den Kindern eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das kann doch nicht so schwer zu verstehen sein.

(Beifall bei der CDU – Carsten Hütter, AfD: Die Lösung für Sie heißt „Tafel“!)

Von ehemaligen Kolleginnen aus Ihrer Fraktion ist gerade ausgeführt worden, dass die Tafeln eben keine staatlichen Institutionen sind, sondern zunächst einmal ehrenamtliches, bürgerschaftliches und bewundernswertes gesellschaftliches Engagement. Das sind Menschen, die nicht – wie Sie – nur über Armut reden, sondern die versuchen, Leuten tatsächlich zu helfen.

(Carsten Hütter, AfD: Das ist doch mittlerweile eine der Stützen des überlasteten Sozialsystems! Sagen Sie doch einfach mal die Wahrheit, Herr Kollege Dierks!)

Ach, das ist doch völliger Blödsinn. Wenn Sie eine Frage stellen möchten, können Sie aufstehen und mir diese stellen, aber nicht einfach dazwischenbrüllen.

Ich möchte vielleicht trotzdem noch einmal kurz auf die Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN eingehen. Diese monstranzartige Diskussion über den Militäretat ist so etwas von verantwortungslos

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Nein!)

und politisch blödsinnig, dass ich wirklich sagen muss, dass mir dazu nichts mehr einfällt. Ein Land wie Deutschland, eine Zentralmacht in der Mitte Europas, eine der Stützen innerhalb der NATO wird sich nun einmal eine Bundeswehr leisten müssen, die auch vernünftig ausgestattet ist.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Ist sie ja nicht mal!)

Die Armut in den Ländern mit dem Militäretat zu vergleichen bzw. dies gegeneinander auszuspielen ist wirklich politische Idiotie in absoluter Reinkultur.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte diese Debatte jetzt auch nicht unnötig in die Länge ziehen, weil ich glaube, dass tatsächlich alles gesagt ist. Wir wollen uns an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei denjenigen Männern und Frauen im Freistaat bedanken, die sich in bewundernswerter Art und Weise ehrenamtlich für die Tafeln engagieren.

Wir arbeiten an Lösungen, soziale Schieflagen zu bekämpfen. Wir haben gerade in den letzten Haushalten sehr, sehr viel in diesem Bereich getan, um präventiv gegen Armut und für Chancengerechtigkeit in diesem Land zu arbeiten. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg. Wir laden Sie natürlich alle zur Mitarbeit ein.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wird von der Fraktion DIE LINKE noch einmal das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich für die SPDFraktion Herrn Pallas das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Diese Aktuelle Debatte geht dank einiger Kollegen nicht völlig ins Leere. Normalerweise lässt die AfD ja keinen Anlass aus, um gegen Andersartiges, gegen Fremde Stimmung zu machen. Hier präsentiert sie sich mit einem scheinbar sozialen Anspruch. Aber eine Lösung – da muss ich die Worte des Kollegen Dierks wiederholen – präsentieren Sie auch nach der zweiten Runde nicht, im Gegenteil. Ich finde, Sie vertiefen mit Ihrem Agieren auch hier permanent die Risse in unserer Gesellschaft.

Interessant finde ich allerdings – und das nicht nur heute, sondern schon eine Weile so –, wie die AfD unter dem Deckmantel eines solchen Debattentitels versucht, ihrer Ausgrenzungstaktik einen sozialen Anstrich zu geben. Ich finde, das passt zu den unglaubwürdigen und hilflosen Versuchen einiger Ihrer Vertreterinnen und Vertreter, sozusagen dem Wolf einen Schafspelz anzuziehen.

Aber das steht eben in krassem Gegensatz zu den programmatischen Zielen Ihrer Partei. Ich finde, das gehört genau hierher. Volkmar Zschocke hat vorhin davon gesprochen, dass Sie ein sozialpolitischer Totalausfall seien. Das finde ich eigentlich nicht, denn das entspricht