Wer zuerst über Mindestlohn und Monitoring gesprochen hat, das wäre erst noch zu klären und zu beweisen.
Ich kann Sie so schlecht verstehen, Herr Patt. Sie können ans Mikrofon gehen und mir eine Frage stellen; bei Ihnen bin ich immer bereit dafür.
Herr Homann, zu dem, was Sie gesagt haben: Wenn Sie hier gegen unseren Antrag sprechen oder wenn Sie sagen, wir sollen doch einmal abwarten – was sagt denn das über die Installation Ihres Monitorings aus? Das bedeutet doch,
Sie hätten schon zum 31.12. anfangen müssen. Es wäre schön gewesen, wenn Sie nicht weggelassen hätten, was in unserem Antrag steht; und zwar den ersten Satz „… im Zusammenwirken mit den Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Kammern in Sachsen unter Hinzuziehung eines ausgewiesenen Institutes …“ Dieser Antrag soll ja auch dazu dienen, über Inhalte zu sprechen und das Verfahren transparent zu gestalten. Warum haben Sie denn dazu nichts gesagt, wie Sie es vorhaben? Dann würden wir sofort den Antrag zurückziehen und es für null und nichtig erklären. Bevor ich in den Landtag kam, habe ich immer gedacht, dieses Parlament dient einer politischen Willensbildung.
Ehrlich? – Ich will in der zweiten Runde zu unserem Antrag noch auf einige Probleme und Vorbehalte eingehen, die in den letzten Wochen an meine Fraktion herangetragen wurden und die zum Teil in der heutigen Debatte eine Rolle gespielt haben. Vorausschicken möchte ich, dass viele der vorgetragenen Probleme größtenteils voraussehbar waren und mitunter auch selbstverschuldet sind. Leider haben die Kritiker des Mindestlohnes in Politik und Wirtschaft im vorhergehenden Jahr die meiste Energie dafür verwendet, die Einführung im Januar dieses Jahres noch abwenden zu wollen.
Besser wäre gewesen, wenn sich die Kritiker mit den Lösungsvorschlägen beschäftigt hätten, wie die öffentlich postulierten Probleme tatsächlich gelöst werden können. Manche Gegner des Mindestlohnes aus Wirtschaft und Politik haben wohl schon den Einsturz der Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft vorhergesehen – wie auch die Kollegen der AfD. Das ist jedoch in der Praxis schon lange widerlegt.
(Sebastian Fischer, CDU: Schauen Sie sich mal die Zustände in der Gastronomie an! – Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)
Wir als LINKE, Herr Krauß, haben bereits vor zehn Jahren im Landtag zur Notwendigkeit der Einführung eines Mindestlohnes gesprochen.
Ja, genau. Mir müssen Sie nach 19 Jahren in einer Berufsgruppe, der der Mindestlohn nicht zugute kam mit dem „Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal“ nichts von Berufsgruppen erzählen, die keinen Mindestlohn bezahlt haben, und was Sie 1996 eingeführt haben. Das ist eine Frechheit!
Meine Damen und Herren! Wir wollen doch der Rednerin die Möglichkeit geben, ihre Ausführungen zu machen.
In 21 von 28 EUStaaten ist der gesetzliche Mindestlohn gelebte Realität. Horrorszenarien, wie sie in den zurückliegenden Wochen von einigen dargestellt wurden, sind in diesen Ländern nicht eingetreten. Lediglich in den EU-Ländern Dänemark, Finnland, Italien, Österreich, Schweden und Zypern ist das Prinzip Mindestlohn noch nicht umgesetzt. Aber in fast allen Ländern gibt es eine wesentliche höhere Bindung durch Tarifverträge, als es in Deutschland bisher der Fall ist. Hier hat die ganze Diskussion schon erste Erfolge gebracht. Es gab in den letzten Monaten eine spürbare Bewegung von Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen, ihre Tarifflucht endlich zu beenden und sich Tarifgemeinschaften der Arbeitgeber anzuschließen.
Arbeitgeberverbänden müssen endlich wieder der Normalfall in Deutschland werden. Das gilt insbesondere für den Freistaat Sachsen.
In den vergangenen Wochen habe ich mich als Mitglied der Gewerkschaft an Vor-Ort-Aktionen und Gesprächsrunden zur Einführung des Mindestlohns beteiligt und mich auch durchaus kritischen Diskussionen gestellt. Unbestritten: Es ist noch vieles im Ungewissen. Es gibt auch noch keine belastbaren statistischen Zahlen. Die sicherste Datenbank, um sich der Thematik Mindestlohn zu nähern, liefert zurzeit wohl die jährliche Statistik der Bundesagentur für Arbeit über Vollzeitbeschäftigte in Sachsen. Nimmt man die vom 31.12.2014 zur Grundlage, ergibt sich, dass bei einer – durchschnittlichen – 39Stunden-Woche ungefähr 1 482 Euro brutto verdient werden müssen, um 8,50 Euro pro Stunde zu erreichen. Das ist also die Bemessungsgrundlage, die man ansetzen könnte. In Sachsen liegen demnach circa 200 000 Vollzeitbeschäftigte unter dieser Grenze.
Hinzuzählen muss man jedoch die unbekannte Zahl von Minijobbern und Teilzeitbeschäftigten. Wenn ich eingangs darauf hingewiesen habe, dass vor allem die Bundesrepublik in den letzten Jahren einen Grundstein für die heutigen Probleme gelegt hat, möchte ich das am Beispiel des Minijobs genauer aufzeigen: Eingeführt wurde das Instrument Minijob ursprünglich mit einer klaren Beschränkung der Höchststundenzahl auf wöchentlich 15 Arbeitsstunden. Diese Beschränkung wurde im
Jahr 2003 aus dem Gesetz wieder herausgenommen. Das heißt, es gibt seitdem keinerlei Obergrenze der verhandelbaren Arbeitszeit bei Entlohnung in gleicher Höhe. Auch
aus Sachsen gab es damals für diese Verschlechterung Zustimmung von der Staatsregierung. Jetzt gilt der Mindestlohn auch für den Minijob. Das bedeutet: Bei 8,50 Euro Stundenlohn ist die Arbeitszeit auf knapp 53 Stunden im Monat begrenzt.
Arbeitgeber regen sich nun auf, dass die Dokumentationspflicht für Minijobber völlig überflüssig bzw. überzogen sei. Auch Herr Krauß hat das vorhin angesprochen. Gutwillig könnte ich Ihnen zustimmen. Ich kenne dazu aber auch andere Aussagen. Die Zeit von 2 bis 3 Euro Stundenlohn im Minijob ist endgültig vorbei. Und das ist auch gut so!
Wenn man sich der Klage über angeblich überzogene Dokumentationspflichten anschließt, gibt es eine einfache Lösung, dem abzuhelfen: Kümmern wir uns darum, dass die Höchststundenzahl für Minijobber wieder in das Gesetz aufgenommen wird! Die häufigste Form der Umgehung des Mindestlohns ist offensichtlich die Arbeitszeit. Dabei werden zum einen die Stunden, die Beschäftigte mit ihren Aufgaben verbringen, erhöht, oder das Arbeitsvolumen wird ausgeweitet.
Häufig hören wir von Fällen, dass Vorbereitungsarbeiten – das Umziehen in Arbeitskleidung, das Vorbereiten eines Verkaufsraumes – nicht mehr Bestandteil bezahlter Arbeit sein sollen.
Ja, ich musste selbst lachen. – Gleiches gilt für Nachbereitungsarbeiten wie Reinigung des Arbeitsplatzes und Einhaltung vorgeschriebener Dokumentationspflichten.
Eine weitere Form, die offensichtlich angewendet wird, ist es, den Beschäftigten Zusatzvereinbarungen zu den Arbeitsverträgen zu überreichen, die Veränderungen der Zuschläge beinhalten. Da geht es um Feiertagszuschläge, Schichtzuschläge, Nachtschichtzuschläge, Weihnachtsgeld und besonders um Gratifikationen, die gekürzt oder sogar gestrichen werden.
DIE LINKE vermutet, dass die Einführung des Mindestlohns von manchen dazu genutzt wird, Verschlechterungen der Bezahlung der Beschäftigten absichtlich durchzusetzen. Entgegen den veröffentlichten Zahlen des ifo Dresden, wonach angeblich Tausende Arbeitsplätze wegfallen, vermelden die regionalen Brancheneinschät
zungen der Agentur für Arbeit in Sachsen keinen Massenabbau von Arbeitsplätzen. Diese Brancheneinschätzungen werden bekanntlich bei der Arbeitgeberseite, den Kammern und den Sozialpartnern erhoben.
Mit dem von uns vorgeschlagenen Monitoring zur Begleitung der Einführung des Mindestlohns in Sachsen wollen wir zur Versachlichung der Diskussion beitragen und die weitere politische Durchsetzung unterstützen – nicht mehr und auch nicht weniger, aber nicht erst irgendwann, sondern ab sofort!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir schreiben heute den 29. Januar. Es ist gerade einmal 25 Werktage her, seit das Mindestlohngesetz in Kraft ist. Herr Stange, ich bleibe nach wie vor bei meiner Aussage: Sie machen eine schlechte Oppositionspolitik. Ich habe sehr aufmerksam zugehört, was Sie in Ihren beiden Redebeiträgen gesagt haben. Ich möchte auf den ersten Redebeitrag zurückkommen.