Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Drittens: Sie haben in Ihrer Stellungnahme erwähnt, dass es in diesem Bereich Ausgründungen gibt. Ja, Sie nehmen da zwei an, aus den Jahren 2003 und 2008, aber seitdem ist nichts mehr gelaufen. Jetzt frage ich Sie einmal als Gründer: Welche Ausgründungen haben wir denn in Sachsen in diesen Hochtechnologiebereichen? Wie wollen wir denn Unternehmertum wecken, wenn wir den CO2Ausstoß immer wieder verteufeln und damit dieses Potenzial in Sachsen zerstören? Welche Förderinstrumentarien haben wir denn, um Gründern und jungen Wissenschaftlern an Universitäten die Möglichkeit zu geben, sich auszugründen?

(Zurufe von der CDU)

Kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit dem Gründerstipendium, welches ein Jahr lang läuft! Sie brauchen hier Instrumentarien, die drei bis fünf Jahre dauern, um wirklich den Aufbau eines Unternehmens zu schaffen. Welche Investoren würden wir denn hier finden, die in ein solches Unternehmen investieren? Meine Damen und Herren, mit Verlaub gesagt: Eine recht einfache App wird jeder verstehen, aber bei technischen Details wird es leider etwas eng.

Es ist viel Schatten, aber auch ein kleines Licht in diesem Antrag. Möge dieses Licht zu einem Feuer für den sächsischen Leichtbau werden und den Wirtschaftsstandort Sachsen voranbringen. Wir werden dem Antrag deswegen zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Abg. Dr. Lippold, meine Damen und Herren. Bitte, Herr Dr. Lippold, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es Ihnen darum geht, sächsische Leichtbauschlüsseltechnologien voranzubringen, so verstehe ich nicht, warum Sie damit ausgerechnet mit diesem Antrag anfangen, denn diesen haben Sie in Leichtbauweise ausgeführt. Damit meine ich nicht schlank, sondern dünn.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN sowie der Abg. Dr. Kirsten Muster, fraktionslos)

Warum schreiben Sie nicht einfach, worin das Problem besteht, für das wir hier Lösungen diskutieren und eventuell beschließen müssen? Gesagt haben Sie es in der Debatte ja.

Das Problem stellt sich doch so dar: Im Herbst 2017 wurde klar, dass das Bundesexzellenzcluster MERGE an der TU Chemnitz bis auf die Auslauffinanzierung keine weitere Bundesförderung erhalten wird. Dorthin waren bis zu diesem Zeitpunkt 34 Millionen Euro geflossen, drei Viertel davon vom Bund plus weitere Mittel für Forschungsinfrastruktur. Viele Projekte wurden begonnen, Netzwerke geknüpft, Industriekooperationen angeschoben. Jetzt steht angesichts der entfallenden Exzellenzförderung vieles davon im Regen.

Zugleich ist aber die Leichtbaukompetenz wirtschafts- und technologiepolitisch ganz sicher eines der sächsischen Kernthemen, weil sie ein Hebel für die Wettbewerbsvorteile vieler sächsischer Unternehmen werden kann. Nun muss dringend nach Finanzierungslösungen gesucht werden, damit hier nicht Kompetenz und Arbeitsfähigkeit wegbrechen.

Also möchten Sie etwas tun, was man immer zuerst tut, wenn das Geld nicht reicht, um alle Aktivitäten wie bisher zu bezahlen: Zunächst sucht man nach Möglichkeiten, durch Bündelung ähnlicher Aktivitäten an verschiedenen sächsischen Forschungsstandorten das Gesamtvolumen einzudampfen, um dann mit einer Summe von Einzelprojektmaßnahmen und anderen Fördertöpfen möglichst viel fortführen zu können.

Dieser Ansatz klingt logisch, man kann ihn kommunizieren. Dennoch ist er zu hinterfragen. So halte ich den Denkansatz „Koordinierung und Verzahnung“ im Antrag zwar für verständlich, aber für kritikwürdig. Es geht hier nämlich nicht um Verwaltungsaußenstellen, bei denen man durch Vermeidung von Doppelungen und durch Zusammenlegungen bei vorab bekannten Aufgabenstellungen und Prozessen die Effizienz erhöhen und Geld einsparen könnte. Vielmehr geht es um Forschung und Entwicklung.

Leichtbau ermöglicht einen ganzen Blumenstrauß an völlig neuen Anwendungen und Lösungen. Es geht um

Wissenschaft an vorderster Front. Dabei entsteht der Weg vielfach erst beim Gehen. Wer da meint, Themen und Aufgaben schon vorab zuteilen zu können, der muss für sich in Anspruch nehmen, vorab zu wissen, was herauskommen soll. Er müsste vorab wissen, welcher Forschungsansatz am Ende zu einem Erfolg führt und welcher nicht. Wenn man das vorab weiß, meine Damen und Herren, dann ist es nicht wirklich Forschung, zumindest nicht an der Innovationsfront.

Forschung ist dann gut und effektiv, wenn sie in einem kompetitiven Umfeld stattfindet. Da macht es überhaupt keinen Sinn, Geld dadurch sparen zu wollen, dass jedes Themenfeld an nur einer Labortür steht. Die Zeiten, in denen Staatsplanthemen von einem Politbüro zugeteilt wurden, sind eben vorbei, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Ich kann ja noch irgendwie nachvollziehen, dass man als Hüter öffentlicher Finanzen unzufrieden werden kann, wenn sich an benachbarten Hochschulen Professoren mit großem Ego ihre kleinen oder großen, meist aber ziemlich teuren Reiche aufbauen, aus der Sicht von Außenstehenden Doppelstrukturen bilden und ihre Arbeit so gar nicht koordinieren, sondern hart konkurrieren. Doch wissen Sie, was ein Unternehmen tut, wenn ein Entwicklungsziel im Wettbewerb wirklich überlebenswichtig ist? Es setzt parallel auf mehrere Wege zum Ziel und schafft eine wettbewerbliche Atmosphäre dazu. Zwar wäre es billiger, sich zu fokussieren, doch kämen die Konsequenzen viel zu teuer, wenn man dabei den falschen Ansatz auswählt – und das kann passieren.

Deshalb, meine Damen und Herren von der Koalition: Wenn Sie das Thema Leichtbaukompetenz in Sachsen wirklich als besonders wichtig erkannt haben, dann müssen Sie auch konsequent handeln. Das funktioniert nicht durch Eindampfen und Aussortieren. Fordern Sie die Staatsregierung auf, bei der Aufstellung des Doppelhaushalts entsprechende Vorschläge zu machen. Wenn Sie mehr Kooperation der Beteiligten möchten, dann fördern Sie speziell Verbundprojekte. Die Wissenschaftler wissen selbst am besten, wo Entwicklungen durch Verzahnung verstärkt werden.

Unterstützen Sie die Leichtbauforschung dabei, Kriterien für andere Fördertöpfe zu erfüllen. Die Bridge Conference in Chemnitz, auf der Ministerpräsident Kretschmer erst letzte Woche war, unterstützt auf dem Wege der länderübergreifenden Clusterbildung etwa Zugänge zu EUFördermaßnahmen. Das ist doch schon einmal ein guter Schritt.

Mit dem Fraunhofer-Kunststoffzentrum Oberlausitz, mit Leichtbauthemen an den Hochschulen und angesichts hoher Kompetenz im Fahrzeugbau gäbe es auch in der Lausitz einen Kristallisationskeim, um die überall diskutierten Bundesmittel für Strukturwandelförderung in den Kohleregionen auch und vor allem in dieses aussichtsreiche sächsische Forschungsgebiet zu lenken. Das haben

wir mit unseren Schlüsselprojekten für die Lausitz vor fast einem Jahr vorgeschlagen.

In Ihrem Antrag jedoch spiegelt sich eine vorwärtsgewandte Lösungssuche nicht wider. Nur für den Berichtsteil ist uns dieser Antrag keine Zustimmung wert. Wir werden uns deshalb enthalten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die erste Runde beschließt Frau Abg. Dr. Muster, fraktionslos. Bitte, Sie haben das Wort, Frau Dr. Muster.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor uns liegt ein typischer Antrag der Koalitionsfraktionen. Die Staatsregierung wird wieder einmal ganz unverfänglich zum bekannten Dreiklang Prüfen – Darstellen – Berichten aufgefordert.

(Zuruf von der CDU: Das ist nicht schlimm!)

Das war alles. Liebe Abgeordnete von der CDU und der SPD, allein mit Prüfen und Berichten werden Sie in diesem Land nichts verändern. Oppositionsparteien erfragen diese Informationen artig durch Große und Kleine Anfragen.

(Zuruf von der SPD)

Selbstverständlich sind Forschungen zur Schlüsseltechnologie Leichtbau in Sachsen großartig und Vorzeigeprojekte. Das ist in diesem Hause unstreitig.

Ganz ehrlich, wir haben in diesem Plenum von Ihnen etwas mehr Problemlösungswillen erwartet, beispielsweise in der Debatte über Ihren Antrag zu Wölfen, im Hinblick auf Programme für mehr Lehrer oder mehr Ärzte im ländlichen Raum oder andere Großbaustellen Ihres Koalitionsvertrags, die Sie bis jetzt noch nicht angegangen sind.

In der „Freien Presse“ vom 20. April habe ich gelesen, dass der Bundesexzellenzcluster für Leichtbauforschung an der TU Chemnitz seine Kooperation mit den polnischen Universitäten Oppeln und Breslau ausweiten möchte. Schwerpunkt ist die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit. Selbstverständlich nahm der Ministerpräsident an den Verhandlungen teil. Er verwies auf exzellente Bedingungen und vielversprechende Forschungsprojekte an den drei großen Technischen Universitäten in Chemnitz, Dresden und Freiberg und an vielen außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Noch einmal: Auch wir, die Abgeordneten in der blauen Partei, sind stolz auf die hervorragenden Forschungsergebnisse in der Leichtbautechnik. Erst am 26. Februar dieses Jahres hat die Universität Chemnitz wieder zu einem Parlamentarischen Abend geladen, an dem sie uns über neueste Forschungsschwerpunkte informierte.

Auf dem Forschungsgebiet Leichtbau hat sich Sachsen einen Namen gemacht. An dieser wachsenden Branche hängen allein in Sachsen über 60 000 Arbeitsplätze. Sachsen muss auch künftig führende Kompetenzregion im Leichtbau bleiben und von dieser Technologie maximal profitieren.

Dass sich gleich alle drei Technischen Universitäten in Sachsen und mehrere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit Leichtbau beschäftigen, zeigt, wie bedeutend und zukunftweisend diese Technologie ist. Diese Querschnittstechnologie muss nach unserer Ansicht konsequent weiterentwickelt werden, auch nach dem Auslaufen der Förderung des Bundesexzellenzclusters an der TU Chemnitz. Daher begrüßen auch wir die Forschungszusammenarbeit mit unseren Nachbarländern.

Aber – und jetzt kommt unser „Aber“ als Opposition –: Die Forschung steht auf der einen Seite, die Lehre auf der anderen. Forschung und Lehre gehören nach Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes aber zusammen. Beide Bereiche müssen auskömmlich finanziert werden. Die FAZ titelte: „Die Lehre bleibt auf der Strecke“. Die Finanzierung der außeruniversitären Forschung steigt kontinuierlich, teilweise kann das Budget nicht ausgeschöpft werden. Universitäten jedoch müssen um jeden Euro bangen.

Eine Studie des Deutschen Hochschulverbandes kommt zum gleichen Ergebnis. Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen operieren mit einer hohen Planungssicherheit. Universitäten hingegen haben immer kürzere Planungsperspektiven, und der Drittmitteleinsatz birgt einen hohen Verwaltungsaufwand sowie eine Zweckmittelbindung. Der Deutsche Hochschulverband fordert vom Bund

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Wir sind in Sachsen!)

und von den Ländern eine bedarfsgerechte Grundfinanzierung der Universitäten. Dem können wir uns nur anschließen. – Es geht um Grundfinanzierung, Frau Ministerin Stange.

Die auskömmliche Hochschulfinanzierung ist also ein sehr drängendes und wichtiges Thema, das auch hier im Plenum – gerade in Vorbereitung auf die anstehenden Haushaltsverhandlungen – einmal diskutiert werden muss.

(Zuruf von der SPD: Es geht hier um einen Antrag!)

Unser Ministerpräsident hat sich bereits im Dezember letzten Jahres gegen eine Verlängerung des Hochschulpakts ausgesprochen. Er wünscht sich „ein neues Modell mit dem vorhandenen Geld“. Wir werden trotzdem Ihrem Antrag zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Bevor ich zur zweiten Runde aufrufe: Frau Abg. Dr. Muster. Sie sind vom Fach Juristin. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie hier eine fraktionslose Abgeordnete sind. Sie waren zuvor

Angehörige der Fraktion AfD. Sie sind nicht Abgeordnete der blauen Partei. Wenn ich derartige Formulierungen hier in dieser Runde noch einmal höre, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei Abg. der CDU,der LINKEN, der SPD, der GRÜNEN und der AfD)