Dabei soll es mitnichten darum gehen, Förderprogramme abzubrechen. Vielmehr sollte es darum gehen, Probleme oder Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Meine Damen und Herren! Bei diesem Antrag geht es um Transparenz, und bei der Verwendung von Steuergeldern ist diese die oberste Pflicht. Das kostet Zeit – das ist klar –, aber jeder Unternehmer in diesem Land schreibt sich mittlerweile wegen aufgezwungener Statistiken und Pflichtbefragungen die Finger wund. Können sich die Unternehmer künftig auch mit dem Verweis auf den hohen zeitlichen Aufwand solcher Datenerfassung entziehen? Wenn ja, wunderbar! Wenn nein, kann es nicht sein, dass ausgerechnet die SAB, die Förderbank des Freistaates, die selbst der größte Produzent umfangreicher Dokumentationspflichten ist, sich diesem Aufwand entziehen kann.
Das Entscheidende an diesem Antrag ist aber nicht die Offenlegung der Statistik, das Entscheidende ist letztendlich deren Interpretation, und diese obliegt – zumindest steht es so im Antrag – zunächst der Staatsregierung
selbst; denn sie ist gemäß Punkt 1 dazu aufgefordert. Die AfD mag möglicherweise die Zahlen ganz anders interpretieren, aber der erste Schritt liegt ja bei der Staatsregierung.
Punkt 3 des Antrages ist unsererseits nicht zustimmungswürdig. Mit einer sofortigen Aussetzung der Sprachkurse wird in einer Art Vorwegnahme der Ergebnisse den Projekten der Misserfolg unterstellt. Dafür gibt es aus unserer Sicht aktuell keinen Grund. Von daher insistieren die fraktionslosen Abgeordneten dieses Hohen Hauses, die nebenbei auch Mitglieder der blauen Partei sind,
Meine Damen und Herren! Wird eine zweite Runde gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die Staatsministerin, das Wort zu nehmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bleibe dabei: Die Richtlinie Integrative Maßnahmen ist der Grundstein der sächsischen Integrationspolitik, und sie ist eine Erfolgsgeschichte.
Seit dem Jahr 2015 haben wir 446 Projekte im Teil 1 in Höhe von circa 25 Millionen Euro gefördert und damit sachsenweit die Grundlagen für gesellschaftlichen Zusammenhalt gelegt. Wir haben die Landkreise und kreisfreien Städte mit Teil 2 nicht im Stich gelassen. Mit Teil 2 haben wir pro Jahr annähernd 9 Millionen Euro in die Hand genommen, um zu unterstützen. Mit Teil 4 haben wir unsere Erstorientierungskurse in Erstaufnahmeeinrichtungen abgesichert. Hier werden direkt nach der Ankunft die wichtigsten Grundlagen unseres Zusammenlebens vermittelt. In Kürze werden wir auch die Förderung der nachholenden Bildung für die über 18-jähringen Geflüchteten in dieser Richtlinie verankern. Das wird der sogenannte Teil 5 sein.
Sie sehen, diese Richtlinie wächst und wird größer. Sie wurde und wird von uns regelmäßig überarbeitet und verbessert. Worauf haben wir dabei immer geachtet? Wir wollten immer nur dann etwas Neues erfinden, wenn Bestehendes nicht funktioniert oder wenn es Lücken gibt, die geschlossen werden sollten.
Diesbezüglich gleich ein Hinweis an die Mitglieder der AfD-Fraktion: Ich lade zu meiner Integrationstour regelmäßig ein, im Übrigen auch die Mitglieder der AfDFraktion. Leider waren Sie noch nie dabei.
Kommen Sie einfach, schauen Sie sich Sprachkurse an und überzeugen Sie sich von dem, was dabei passiert!
Damit komme ich zum Herzstück unserer Richtlinie: unser Landessprachprogramm. Eine Zeit lang kann man sich mit Händen und Füßen verständigen, auch einmal mit Dolmetschern, Sprachmittlern oder sprachgewandten Bekannten. Für ernsthafte Kommunikation, für wirklichen Austausch mit Behörden, Ämtern, Nachbarn, Lehrerinnen und Lehrern, Ausbildern und Vorgesetzten gibt es allerdings nur einen Schlüssel: den Spracherwerb. Ohne eine gemeinsame Sprache kann das Gemeinwesen nicht funktionieren. Um möglichst konfliktfrei zu leben, muss man sich verständigen können. Deshalb ist das Erlernen der deutschen Sprache so wichtig, auch wenn es manchmal für den einen oder anderen zur Qual wird.
Deshalb haben wir auf der Grundlage des Koalitionsvertrages 2016 ein Landessprachprogramm eingeführt für diejenigen, die länger hier leben, genauer: für die Personen – das sage ich noch einmal ganz deutlich, weil das von Ihnen, werte AfD-Fraktion, immer wieder vermischt wird –, die mindestens einen nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, aber kein Anrecht auf andere Kurse, vor allem auf die Integrationskurse des Bundes.
Klar ist auch: Die Vorbildung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist sehr unterschiedlich. Daher haben wir differenzierte Angebote geschaffen. Das eine ist „Deutsch sofort“ und Alphabetisierungskurse für die Anfänger, über „Deutsch qualifiziert“ zum Erreichen des Sprachniveaus B1 bis zu „Deutsch Beruf“ mit dem anvisierten Ziel B2. Wir haben die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zwar nicht in ihrer Muttersprache lesen und schreiben können, aber dafür auf Deutsch, und das ist gut so.
Insgesamt wurden seit Beginn der Landessprachförderung im Sommer 2016 – länger ist es noch nicht her; das will ich noch einmal für die Begründung sagen, warum wir noch nicht so weit sind, dass wir alles im Einzelnen nachweisen können – 618 Sprachkurse durchgeführt. Daran haben mehr als 13 000 Menschen teilgenommen. Schon das allein ist ein Erfolg!
Jetzt komme ich wieder zum Leitsatz von gerade eben: Es ist nicht unbedingt etwas Neues zu erfinden, sondern lieber mit der bestehenden Erfahrung bestehende Lücken sind zu schließen. Im Bereich der Sprache ist das der Integrationskurs des Bundes. Herr Kiesewetter hat es bereits ausgeführt, aber ich habe schon in der Diskussion gemerkt, dass ich es noch einmal bringen sollte, damit es jeder hier im Raum versteht. In diesem vom BAMF organisierten Kurssystem werden der Inhalt der Kurse – sprich: das bundeseinheitliche Curriculum – festgelegt, Träger zertifiziert, die Dozenten geprüft und zugelassen sowie die Finanzierung einheitlich geregelt.
Es gibt also erst einmal keine inhaltliche Lücke, sondern eine Lücke beim Zugang, also bei den Teilnehmenden.
Wir wollen eben nicht in Konkurrenz zum BAMF stehen, deshalb haben wir die fachlichen und inhaltlichen Rahmenbedingungen und selbst die Vergütungsregelung weitestgehend übernommen.
Erstes Fazit: Wir reden bei den Landessprachkursen über sächsisches Geld, aber über ein bundeseinheitliches Know-how. Gleichzeitig ist mir klar: 13 403 Teilnehmer bedeuten leider nicht 13 403 Teilnahmebestätigungen oder Abschlusszertifikate. Auch ich habe Interesse an der Spurensuche, ganz klar.
Liegt das an den Wegzügen? Und wenn ich von den Wegzügen spreche, vielleicht einmal eine Zahl, die man sich ins Gedächtnis rufen sollte: Vom Jahr 2015 bis zum Jahr 2018 sind über 100 000 Asylsuchende nach Sachsen gekommen, davon sind nur noch 50 000 in Sachsen – das könnte ein Grund sein.
Gleichzeitig könnten es aber auch Arbeitsaufnahmen sein – auch das ist ein Grund, einen Sprachkurs abzubrechen – oder Krankheiten oder Schwangerschaften oder Abschiebungen oder freiwillige Rückkehr.
Richtig, eine systematische Auswertung der Ergebnisse bezüglich der Sprachkurse kann innerhalb der kurzen Antwortfrist einer Kleinen Anfrage nicht vorgenommen werden. Aber mich interessiert das auch, und wir werden die SAB diese Daten nicht nur sammeln, sondern auch auswerten lassen.
Aber jetzt lassen Sie uns zum eigentlichen Punkt Ihrer Anfrage kommen. Ich sage Ihnen: Wie auch immer das Ergebnis aussieht, damit stellt sich ja nicht das Programm als solches infrage, sondern nur, wie ich es noch besser machen kann, also die Qualität.
Die Notwendigkeit bleibt unbenommen. Auch eine Person, die einen Sprachkurs nicht erfolgreich absolviert hat, also kein Zertifikat erreicht, lernt ja dennoch die deutsche Sprache. Erfolgloses Abschneiden heißt also nicht, im Sprachkurs dümmer zu werden. Es heißt einfach nur, die Zielsetzung nicht erreicht zu haben.
Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, weiß ich, dass mir die überwiegende Mehrheit zustimmt, wenn ich sage: Das politisch relevante Ziel heißt Sprache lernen. Das fachlich notwendige Ziel heißt: gute, ausreichende Sprache lernen. Wir brauchen also ein Landessprachprogramm, und das muss stetig besser werden.
Deshalb stehen wir im engsten Kontakt mit dem BAMF, und auch ich stehe im direkten Kontakt mit Frau Cordt, der Präsidentin des BAMF, um die vom Bund gegebenen und für unsere sächsischen Sprachkurse relevanten Vorhaben immer besser zu machen; und das BAMF arbeitet daran – zugegebenermaßen so schnell, wie eben eine Bundesbehörde wichtige Integrationsmaßnahmen verändern kann. Das BAMF hat in Sachsen in mehreren Pilotprojekten – auch das sollten Sie wissen – eine verbesserte Zuweisung in die Sprachkurse getestet, und das sehr erfolgreich. Damit geht der Start eines Kurses schneller und die Gruppen werden homogener. Wir haben heute oft über die unterschiedlichen Teilnehmer in den Gruppen sprechen müssen.
Eine Begründung des Antrags, die mich sehr verwundert hat, will ich an dieser Stelle trotzdem noch ansprechen: Die Kritik des Bundesrechnungshofes an den sogenannten Einstiegskursen, mit denen die Bundesagentur für Arbeit zum Jahreswechsel 2015/2016 versucht hat, zusätzliche Sprachkurse anzubieten, war vor allem Kritik an der Abrechnungsmethode. Diese war damals auch aus meiner Sicht viel zu hoch, zumal sie unterschiedlich zu den Sprachkursen war, die das BAMF oder wir angeboten haben.
Wir haben in Sachsen – wenn ich solche Unterstellungen lese, werde ich deutlich – kein Abrechnungsproblem. Die Richtlinie ist deutlich: Geld für den Sprachkursträger gibt es nur für Teilnahmetage und entschuldigte Fehltage. Das wird klar und penibel durch die SAB geprüft.
Das zweite Fazit lautet also: Teilnahmebedingungen und Abrechnungsmodalitäten sind klar definiert und werden eingehalten. Woran wir arbeiten müssen, das ist die Form der Dokumentation. Aber wenn Sie die Arbeit meines Geschäftsbereiches verfolgen, dann wissen Sie, dass das Integrationsmonitoring angelaufen ist und derzeit ein Wirkungsmonitoring der gesamten Richtlinie stattfindet.
Ich schließe den Bogen mit meinem dritten Fazit: 50 % erfolgreiches Bestehen des Abschlusstests – das sind die Zahlen des Integrationskurses des BAMF – heißt nicht, dass die anderen 50 % nichts gelernt hätten oder im Kurs ihre Sprache gänzlich verloren hätten. Sie haben auch Deutsch gelernt, und ich bin erst einmal froh über jedes Wort, das jemand lernt. Nein, die 50 % hauen mich nicht vom Hocker, aber gemeinsam mit dem Bund – das heißt, das BAMF mit den Trägern in Sachsen – wollen wir hier besser werden, und das wollen alle. Wissen Sie, warum? Weil gute Integrationspolitik auch immer gute Sicherheitspolitik ist. Sprache, Verständigung, Wertevermittlung minimieren das Konfliktpotenzial.
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – Beifall der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE)
Und, ja, das kostet Geld. Gute Integrationspolitik kostet nun einmal Geld, aber das ist immer noch weniger als keine Integrationspolitik mit der Gefahr der oben beschriebenen negativen Auswirkungen.