Eltern sind weitestgehend zufrieden und dankbar, dass es im Freistaat Sachsen ein flächendeckendes Angebot an Kindertageseinrichtungen in dieser Größenordnung gibt. Tatsächlich haben wir hier im Freistaat Sachsen Betreuungsquoten, von denen westliche Bundesländer nur träumen können.
Gespräche mit Elternvertretern zeigen aber auch ein Mitdenken, zeigen Empathie mit den Fachkräften. Wenn wir an die Aktuelle Debatte über Elternbeiträge denken, zeigt sich, dass Eltern eben nicht vordergründig die Familienhaushaltskasse zur Diskussionsgrundlage machen. Sie wollen, ja, sie fordern sogar gute Qualität der Angebote. Sie möchten, dass ihr Kind individuell begleitet wird und vielfältige Anregungen bekommt.
Leiterinnen und Leiter der Einrichtungen, Erzieherinnen und Erzieher sind stolz auf ihre Arbeit. Sie haben auch allen Grund dazu. Ich glaube, das hat heute noch niemand getan: Ich möchte an dieser Stelle allen Erzieherinnen und Erziehern, allen Einrichtungsleiterinnen und -leitern ganz herzlichen Dank sagen für die verantwortungsvolle Tätigkeit, die sie leisten.
Bei allem Stolz, den die Erzieherinnen und Erzieher zu Recht für ihre Arbeit empfinden, berichten sie aber auch sehr offen und nüchtern über die Belastungen des Alltags in ihren Einrichtungen. Vieles davon ist heute schon angesprochen worden. Die Fachkräfte übernehmen eine große Verantwortung. Sie fühlen sich den Eltern und vor allem den Kindern gegenüber verpflichtet.
Die Perspektive der Kinder schließlich kommt bei den Debatten über die Rahmenbedingungen bisweilen zu kurz. Wohlbefinden als Bildungsvoraussetzung ist ein Credo unseres Bildungsplans. Wohlbefinden stellt sich ein, wenn das Verhältnis zur Erzieherin, zum Erzieher stimmt, wenn das Kind Geborgenheit und Spielraum für seine Interessen findet und wenn es auch Anregungen dazu findet, seine Interessen weiterzuentwickeln.
Für mich als Minister und für mein Haus – ich denke, das sollte auch für alle hier im Hohen Hause gelten – spielen alle genannten Punkte eine große Rolle.
Es gibt eine weitere Perspektive: Die öffentliche Kindertagesbetreuung in der Qualität, die hier in Sachsen Standard ist, und die soziale Abfederung für die Eltern sind ohne Zweifel Belange, die wir uns – aus guten Gründen – eine ganze Menge Geld kosten lassen. Die Gesamtkosten des Systems haben sich von 860 Millionen Euro vor zehn Jahren auf rund 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2017 erhöht. Im Jahr 2018 wird das Land die Kindertagesbetreuung mit rund 630 Millionen Euro unterstützen.
Dies hängt im Übrigen auch mit Qualitätsentwicklung zusammen. An dieser Stelle ist natürlich auch die Perspektive der Kommunen zu beachten, für die das eine der teuersten Pflichtaufgaben ist. Die frühkindliche Bildung in den Kindertageseinrichtungen ist ein bedeutender Grundstein für die Bildungsbiografie eines jeden Kindes;
darin sind sich alle Betroffenen und sicher auch alle hier im Hohen Hause einig. Genau deshalb wollen wir im Rahmen des Qualitätspakts für frühkindliche Bildung den nächsten Qualitätsschritt gehen und dafür 75 Millionen Euro aufwenden.
Die Kita-Umfrage läuft noch bis zum 1. Mai 2018. Es bleibt noch Zeit und es besteht noch die Möglichkeit, Einfluss auf Regierungshandeln zu nehmen, auch auf die Entscheidung des Sächsischen Landtags, wenn es um den nächsten Doppelhaushalt geht. Ich bitte alle Leiterinnen und Leiter von Kinderkrippen, Kindergärten und Horten, alle pädagogischen Fachkräfte in diesen Einrichtungen und vor allem die Eltern aller dort betreuten Kinder: Nutzen Sie die Zeit bis zum 1. Mai. Sagen Sie uns Ihre Meinung. Entscheiden Sie, welche Maßnahmen besonders geeignet sind, eine Verbesserung der Qualität der pädagogischen Arbeit in den sächsischen Kindertageseinrichtungen zu erreichen.
Bis zum heutigen Tag – es wurde schon erwartet, dass ich dazu etwas sage; Ergebnisse sind mir noch nicht bekannt, ich kann nur Zahlen nennen – haben bereits über 20 000 Personen an der Umfrage teilgenommen. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schon sehr erfreulich, aber ich sage dennoch: Sachsen, da geht noch etwas. Ich sage ganz bewusst in Richtung der Eltern, der Erzieherinnen und Erzieher sowie der Leiterinnen und Leiter: Ihre Meinung, Ihre Wünsche und Interessen sind mir wichtig, sind uns wichtig und werden der Entscheidung zum nächsten Doppelhaushalt 2019/2020 zugrunde gelegt.
Es wäre schön, wenn Eltern und pädagogische Fachkräfte diese Umfrage zum Anlass nähmen, diese Fragen vor Ort in den Kitas zu diskutieren. Ich weiß, dass das vielfach schon geschieht. Umso größer wird die Chance, dass sich am Ende ein wohlüberlegtes Meinungsbild ergibt, insbesondere und vor allem zum Wohle der Kinder.
Ich sage auch ganz deutlich – weil Sie das angesprochen haben, Frau Junge –: Ja, ich erwarte von jenen, die mit dem System Kita betraut sind, von den Fachkräften, aber auch den Eltern, dass sie sich informieren. Wir haben umfangreiche Informationsmöglichkeiten auf unserer Homepage und in den entsprechenden Umfragetools zur Verfügung gestellt, um sich über Vor- und möglicherweise auch Nachteile einzelner Maßnahmen zu informieren, sich wohlfundiert ein Meinungsbild zu schaffen und dann entsprechend abzustimmen. Wir vertrauen an dieser Stelle auf den mündigen Bürger. Wir halten es aus, wenn er uns klar und deutlich seine Meinung sagt.
Es ist schon angesprochen worden, und auch ich möchte das noch einmal deutlich machen: Mit den rund 75 Millionen Euro können wir natürlich nicht alle vier vorgeschlagenen Maßnahmen auf einmal umsetzen, obwohl sie es sicher – jede einzelne für sich gesehen – wert wären. Die Teilnehmer können aber Prioritäten setzen und damit Ziele für die weitere Entwicklung in der
frühkindlichen Bildung formulieren – auch, dass wir uns miteinander auf den Weg machen, die frühkindliche Bildung im Freistaat Sachsen Stück für Stück nach vorn zu bringen.
Ich möchte noch einige wenige Worte zur Auswertung sagen, die Frau Zais angemahnt hat. Wir werden mit den Ergebnissen dieser Umfrage sehr transparent umgehen. Wir werden auch deutlich machen, welche Unterschiede es möglicherweise gibt. Wir wissen jetzt nicht, ob es Unterschiede zwischen der offenen Umfrage und der Umfrage mit Teilnehmercodes gibt, bei der sogenannten Vergleichsgruppe. Es ist ja auch Aufgabe des Beirats, für die Beratungen meines Hauses und im Hinblick auf die Entscheidung der Staatsregierung genau abzuschichten, wie wir dieses Ergebnis zu werten haben und welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen.
Sehen Sie es mir nach: In Bezug auf die offene Frage hat auch Herr Prof. Hagen schon deutlich gemacht, dass es eine ganze Weile länger dauern wird, bis die dort geäußerten Wünsche – die ja sehr bunt sein können – tatsächlich ausgewertet werden. Aber wir werden das so gut es geht transparent auch gegenüber dem Hohen Hause tun, weil es – über den Doppelhaushalt 2019/2020 hinaus – auch für uns ein wichtiges Meinungsbild dafür ist, was wir in der frühkindlichen Bildung tun möchten.
Ganz zum Schluss möchte ich auf eine Mutter von vier Kindern zurückkommen, die mir folgende Sätze geschrieben hat: „Die Kinder, die jetzt die Betreuungseinrichtun
gen besuchen, werden später unser Land regieren, die Fachkräfte stellen, die Wirtschaft dominieren, kurzum: die Pfeiler unserer Gesellschaft sein. Daher sollte hier nicht am falschen Ende gespart werden.“
Dieser Mutter möchte ich stellvertretend für alle Eltern, die dieses Thema bewegt, versichern: Genau das werden wir nicht tun. Wir sparen nicht – ganz im Gegenteil. Wir gehen den nächsten Schritt und nehmen dafür Geld in die Hand.
Mit den Ergebnissen der Umfrage bekommt die Regierung Richtungen aufgezeigt, in die wir in den nächsten Jahren zum Wohle unserer Jüngsten gehen sollten. Einen Schritt werden wir mit dem nächsten Doppelhaushalt gehen, weitere werden folgen – zum Wohle unserer Kinder und im Sinne der Stärkung der frühkindlichen Bildung. So habe ich auch die Debatte hier im Hohen Hause verstanden.
Herr Staatsminister Piwarz sprach für die Staatsregierung. Damit ist die erste Aktuelle Debatte abgeschlossen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wann folgt in Sachsen in Bezug auf das Artensterben auf Wissen endlich auch Handeln? Der Prozess des Artensterbens beschleunigt sich und schafft es mittlerweile relativ regelmäßig, in der Presse zu erscheinen. Diesem Thema kann sich also keiner mehr verschließen.
Es ist ein weltweites Thema. Der Weltbiodiversitätsrat, bei der UN angesiedelt, geht davon aus, dass bis zum Jahr 2100 etwa die Hälfte aller Vogel- und Säugetierarten verschwunden sein wird.
Es ist aber nicht nur ein weltweites Thema, sondern eben auch eines bei uns in Deutschland. Mittlerweile haben laut den in Deutschland geführten Roten Listen nur noch 45 %, also weniger als die Hälfte unserer Arten, keinen Gefährdungsstatus mehr. Das sind auch die Zahlen für Sachsen – ich will sie gar nicht einzeln vorlesen. Es gibt
unterschiedliche Schwerpunkte. Nur ein Beispiel: Die Brutvogelarten, die Offenlandarten haben zu knapp 90 % einen Gefährdungsstatus.
Was wir auch feststellen: Wir haben zwar punktuelle Verbesserungen bei bestimmten Highlightarten, wie eben beim Seeadler oder beim Kranich, um die wir uns ganz intensiv kümmern, aber gleichzeitig beginnen wir, langsam unsere Allerweltsarten zu verlieren. Lange haben wir uns immer nur die Anzahl bei einzelnen Arten angesehen. Jetzt gibt es eben auch einmal neuere Untersuchungen, die sich mit der Anzahl der Individuen auseinandersetzen. Da hat man festgestellt, dass in Deutschland zwischen 1998 und 2009 knapp 13 Millionen Brutpaare von Vögeln verschwunden sind. Das sind ungefähr 15 % des Bestandes in so kurzer Zeit. Darunter sind Allerweltsarten wie der Star, der 20 % davon ausmacht. Bei ihm gibt es in dieser Zeit einen Rückgang von 2,6 Millionen Brutpaaren. Das sind ungefähr 42 % seines Bestandes. Auf den Listen folgen Sperlingsarten, Feldlerchen, Goldammer. Das sind
Artensterben ist aber nicht nur Vogelsterben. Man kann das zum Beispiel auch bei den Amphibien zeigen. Ich will aber zu einer besonders wichtigen Gruppe kommen, zu den Insekten. Diese machen circa 70 % aller Arten aus. Man kann sagen, dass sie das Fundament unserer Tierwelt sind. Auch hier haben wir die Roten Listen deutschland- und sachsenweit für Ameisen, Wildbienen, Schmetterlings- und Falterarten. Das sind immer etwa 50 %, mal ist es mehr, mal ist es weniger dramatisch. Aber die Aussage ist ganz klar: Auch in Sachsen sind 98 heimische Arten längst ausgestorben.
Der Rückgang betrifft nicht nur die Anzahl einzelner Arten. In der viel diskutierten Krefelder Studie vom letzten Jahr gab es endlich einmal Angaben zu Massen. Da wurde festgestellt, dass in knapp 30 Jahren in Deutschland circa drei Viertel der Insektenmasse verschwunden sind. Bei dieser Studie gibt es viel Kritik dazu, was und wie da ermittelt wurde. Am Anfang der Studie kam noch niemand auf die Idee, dass man solche dramatischen Ergebnisse haben würde. Es ist festzustellen, dass die Messungen in Naturschutzgebieten und nicht außerhalb erfolgten. Wenn der Untersuchungsbeginn nicht 1989, sondern vielleicht schon in den Fünfzigerjahren gewesen und im normalen Offenland gemessen worden wäre, würden wir zu noch ganz anderen Zahlen kommen.
Im Umweltausschuss hatten wir eine Sachverständigenanhörung. Da berichtete ein Leipziger Forscher, der hier in Sachsen seine Untersuchungen anstellt, dass er festgestellt hat, dass zwischen 2002 und 2016 ein Rückgang bei den Wildbienen um 90 % und bei Hummeln um 86 % sowie bei der Artenanzahl um 58 % erfolgte. Das sind sächsische Zahlen.
Ein anderer Sachverständiger, Herr Prof. Schmid-Egger, hat berichtet, dass vor 20 oder 30 Jahren verschiedene Arten an vielleicht 100 Plätzen im Land gefunden wurden, während sie heute vielleicht noch an zwei oder drei Plätzen gefunden werden. Das bedeutet: Wenn jetzt noch etwas schiefgeht, werden manche Arten dauerhaft verschwunden sein.
Wir können uns fragen, ob das nur die Insekten betrifft. Nein, das betrifft natürlich auch Pflanzenarten und Biotoptypen. Auch dort sind nur noch 40 % ungefährdet.
Wir müssen einmal überlegen, was das für uns bedeutet. Die Insekten sind das Fundament unseres Lebens, das Fundament der Tierwelt. Sie erbringen unverzichtbare Ökosystemdienstleistungen. 75 bis 80 % unserer Kulturpflanzen werden bestäubt. Die Insekten lockern den Boden und werden für die Humusbildung gebraucht. Sie sind ein essenzieller Bestandteil. Bei allem Nutzen haben sie aber einen Selbstzweck. Wir Menschen haben sie nicht geschaffen. Wieso sollte uns zustehen, dabei zuzusehen, wie sie verschwinden, und vor allem – wir kommen gleich noch dazu – maßgeblich daran mitzuwirken?
Wir dürfen es nicht vergessen: Die Insekten als Fundament des Lebens stehen am Beginn der Nahrungskette. Wo stehen wir Menschen? Wir stehen am Ende der Nahrungskette. Ich glaube, wenn das Fundament unseres Lebens zusammenbricht – und das ist nicht dramatisiert –, wenn drei Viertel oder sogar mehr davon verschwinden, dann ist das nicht nur ein leichter Riss, sondern wir sollten beunruhigt sein.
Deswegen wundere ich mich, dass angesichts einer solchen Situation wir als kleinste Oppositionsfraktion dieses Thema in den Landtag bringen, und frage mich, wieso das nicht von der Koalition oder von der Staatsregierung kommt.
Die Antragstellerin ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das Wort hatte gerade Kollege Günther. Jetzt spricht in der Weiterführung der Rederunde die CDU-Fraktion. Es geht dann weiter mit der LINKEN, der SPD, der AfD und der Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Heinz.