Protokoll der Sitzung vom 31.05.2018

Die freien Träger der Jugendhilfe bestätigten mir in vielen Gesprächen, dass ausgeschriebene Stellen lange offenbleiben, besonders dann, wenn die Arbeitsstelle dezentral gelegen ist. Die Fluktuation im Bereich der Hilfen zur Erziehung ist hoch. Fachkräfte sind oft noch jung, sie sind in der Familienphase und fallen aufgrund von Elternzeit aus – eigentlich für uns ein sehr schöner Umstand, aber in der Fachkräftesituation durchaus herausfordernd.

Im Landesjugendhilfeausschuss steht das Thema der Personalentwicklung im Bereich der erzieherischen Hilfen deshalb ganz oben auf der Agenda. So hat die Verwaltung des Landesjugendamtes einen Bericht zur Situation des Personalbedarfs bei den Hilfen zur Erziehung im Freistaat Sachsen erstellt und diesen dem Ausschuss im März dieses Jahres vorgelegt. Der Ausschuss hat ihn zur Kenntnis genommen.

Im Ergebnis regt der Landesjugendhilfeausschuss an, eine Absolventenbefragung an den einschlägigen sächsischen Hochschulen durchzuführen. Sie wissen es vielleicht: Es ist eine Unterarbeitsgruppe eingerichtet worden. Dieser Unterausschuss ist gegenwärtig mit meinem Haus in enger Abstimmung, um genau diese Befragung vorzubereiten.

Denn man hat Folgendes festgestellt: Insgesamt trägt der Freistaat Sachsen hinreichend dafür Sorge, qualifiziertes Fach- oder Betreuungspersonal auszubilden. Der Freistaat kommt seiner Verpflichtung nach und bildet genug Sozialpädagogen, Erzieher und Heilpädagogen aus. Den Ausschuss beschäftigt daher vielmehr die Frage, warum im Verhältnis zu den Abgängen an den Hochschulen nur so wenig Absolventen in den sächsischen Einrichtungen der Erziehungshilfe ankommen. Hier gilt es herauszufinden, ob Abwanderungen in andere Bundesländer oder berufliche Orientierung in andere Einsatzgebiete eine mögliche Rolle spielen. Ferner ist die Frage zu beantworten: Warum entscheiden sich junge Menschen, die wir im Freistaat Sachsen gut und solide ausbilden, am Ende doch gegen das Arbeitsgebiet der Hilfen zur Erziehung?

Dieses Wissen über die Bleibe- und Berufsorientierung dieser jungen Menschen ist für die Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendhilfe wichtig, um künftig die Einmündung von Absolventen in das Arbeitsgebiet der Hilfe zur Erziehung zielgerichtet befördern und damit auch den Herausforderungen in der Kinder- und Jugendhilfe weiter gerecht werden zu können.

Die sächsische Jugendpolitik stellt sich diesen Herausforderungen, wir stellen uns diesen Herausforderungen, und eines können Sie sich sicher sein: Wir gehen diese Herausforderungen auch mit ganzer Kraft an.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wollen Sie noch zur Aussprache sprechen? – Gut, dann beende ich erst einmal die Aussprache zur Großen Anfrage und rufe jetzt den Entschließungsantrag auf, und den wollen Sie einbringen. Bitte, Frau Pfau.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dierks, sicher ist es wichtig, dass der Jugendhilfeausschuss analysiert, was die Bedingungen sein werden. Aber diese brauchen auch eine Datengrundlage und diese Datengrundlage haben wir nicht. Sie können nicht den Mitgliedern des Landesjugendhilfeausschusses auch noch aufbürden, dass sie diese Daten sammeln sollen. Das funktioniert so nicht. Auch wenn immer die Rede davon ist, kommunale Probleme solle man dann im Landesjugendhilfeausschuss ansprechen – man hat ja gesehen, wenn wirklich mal ein kommunales Problem kommt, dann kommt als Antwort: Das ist kommunale Aufgabe, damit haben wir nichts zu tun.

Herr Homann, ja, Sie haben den überörtlichen Bedarf überall erhöht, das stimmt schon, aber Sie müssen auch mal aufpassen, wie die Auszahlung ist. Ich habe vorhin erklärt, was für Probleme beim überörtlichen Bedarf waren, und genauso hatten wir die Probleme. Wenn Sie geschaut haben, was im April schon in den Förderrichtlinien ausgezahlt worden ist, das war ja erschreckend. Also, schön ist es, wenn man – –

Frau Pfau, ich habe eine Bitte an Sie: Sie müssen jetzt den Entschließungsantrag einbringen, sonst hätten Sie im Rahmen Ihrer Redezeit noch reden müssen.

Ja, ich komme jetzt dazu; ich wollte das nur noch einmal feststellen.

Was wollen wir im Entschließungsantrag? Dass der Landtag erst einmal feststellt, dass keine Statistiken im Land oder der Staatsregierung vorliegen, die die Situation der Kinder und Jugendhilfe im Ganzen widerspiegeln. Die Zahl der Beschäftigten in der Schulsozialarbeit bzw. den Kindertagesstätten hat zwar zugenommen, bleibt aber im gesamten Niveau hinter dem Jahr 2002 zurück.

Der Staatsregierung liegen keine Daten über die Arbeitsbelastung und die Krankenstände im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe vor. Um sich einen genauen Überblick über die aktuelle Situation machen zu können, fordern wir im Entschließungsantrag, eine Studie in Auftrag zu geben, die Aufschluss über die Einkommensstruktur und -entwicklung gibt.

Zusätzlich fordern wir, dass die vorbeugende Jugendarbeit nicht auf Kosten des Ausbaus der Kindertagesstätten und anderer Bereiche der Jugendhilfe passiert, sondern dass genügend getan wird, dass zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sowie zur Sicherung des Ausbaus der Jugendhilfestrukturen im ländlichen Raum ein Konzept für die Ermittlung des Personal-, Ausbildungs- und Qualifikationsbedarfes erstellt wird und eine Ausweitung der Fort- und Weiterbildungsangebote erfolgt.

Da sich die Welt der Kinder und Jugendlichen schnell verändert, soll die Kinder- und Jugendhilfestatistik nicht mehr alle vier Jahre erarbeitet, sondern auf den Zeitraum von zwei Jahren verkürzt werden.

Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei den LINKEN)

Wer spricht zum Entschließungsantrag? – Herr Abg. Zschocke, bitte.

Danke, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines vorweg: Wir unterstützen die Forderung im Entschließungsantrag. Die Probleme haben wir diskutiert und ich habe sie auch aufgezählt.

Die Feststellungen und Forderungen, die Sie jetzt im Entschließungsantrag formulieren, belegen aber auch ein Stück weit die Schwäche der Großen Anfrage, weil die Fragen der LINKEN eben nicht sauber trennen zwischen Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflege und den anderen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe. Das wäre aber sinnvoll gewesen, denn für den Kita-Bereich gibt es ungleich mehr und bessere Daten als für andere Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe. Es bringt uns politisch nicht unbedingt weiter, wenn alle Antworten mehr oder weniger in einen Topf geworfen werden, und einige Feststellungen im Entschließungsantrag stimmen im Allgemeinen so auch nicht.

Es gibt zum Beispiel vereinzelt Daten zu den gesundheitlichen Belastungen, aber daraus ergibt sich noch lange kein umfassendes Bild für die verschiedenen Berufsgruppen.

Ich möchte noch ein Bild geraderücken, das beim Lesen entstehen kann: Kindertageseinrichtungen und andere Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden nach dem Motto: Weil das eine ausgebaut wurde, fehlt es an anderer Stelle. Unter II. 2 besteht also die Gefahr von Missverständnissen. Die Angebote der Sucht- und Drogenprävention der mobilen Kinder- und Jugendarbeit müssen weiter ausgebaut werden, aber dann, bitte, formulieren und sagen Sie, wie und in welchem Umfang Sie das machen wollen.

Im selben Atemzug fordern Sie zudem, die Schulsozialarbeit besonders zu fördern und zu unterstützen. Was Sie aber damit konkret meinen – zumal derzeit gerade ein millionenschweres Landesprogramm anläuft –, bleibt etwas vage.

Insgesamt kommt von uns trotzdem Unterstützung. Unsere Botschaft lautet ganz klar: Die Kinder- und Jugendhilfe braucht qualifizierte Fachkräfte, mehr Wertschätzung und bessere Arbeitsbedingungen, und dafür ist dieser Entschließungsantrag eine Unterstützung.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Gibt es weiteren Redebedarf zum Entschließungsantrag? – Das ist nicht

der Fall. Somit lasse ich jetzt darüber abstimmen, und zwar geht es um die Drucksache 6/13579, Entschließungsantrag der Linksfraktion. Wer gibt seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag abgelehnt worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 8

Männer, Frauen und Gesundheit – Versorgung,

Forschung und Lehre in Sachsen stärken

Drucksache 6/12499, Antrag der Fraktionen CDU und SPD,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Wir gehen in die erste Runde. Es beginnen die einreichenden Fraktionen. Danach folgen DIE LINKE, AfD, GRÜNE und Frau Abg. Dr. Muster. Es beginnt Frau Abg. Kuge für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Oft heißt es ja, dass wir Frauen das schwache Geschlecht sind. Die MeToo-Debatte hat wichtige Impulse für die Gleichberechtigung geliefert. Allerdings hat sie einen nicht unerheblichen Teil unserer Gesellschaft beinahe pauschal zu Tätern stilisiert: Männer. Dabei genießen Männer nicht nur Privilegien oder sind in Positionen, um die wir sie beneiden; nein, sie sterben früher, werden häufiger Opfer von Gewaltdelikten und sind öfter krank.

Aufgrund der biologisch-genetischen Unterschiede

zwischen Mann und Frau ist es also nur natürlich, dass Medikamente anders wirken, die Krankheitsbilder anders verlaufen, und es macht hier einfach Sinn, diese Unterschiede zu benennen. Um dies mit entsprechenden Zahlen für den Freistaat Sachsen zu untermauern und einen Handlungsplan entwickeln zu können, haben wir den vorliegenden Antrag eingereicht. Eine gute Grundlage kann hier der Männer-Gesundheitsbericht des Robert Koch-Instituts sein. In diesem wurde bereits 2014 auf die Unterschiede hingewiesen. Ich empfehle diesen Bericht nicht nur unseren männlichen Kollegen.

Im Gleichstellungsbeirat des Freistaates Sachsen wird dieses Thema bereits aufgearbeitet und daher empfehle ich eine noch engere Zusammenarbeit zwischen den Experten. Gleichstellungsarbeit muss die relevanten Themen aufgreifen und darf nicht immer nur in eine Richtung gehen. Es gilt daher Konzepte neu zu denken und mögliche Hürden abzubauen.

Die Antwort der Staatsregierung zeigt: Es gibt gewaltigen Spielraum nach oben. Geschlechterspezifische Gesundheitsangebote sind kein „Gender-Gaga“, sondern eine ernst zu nehmende Angelegenheit – für alle Sachsen.

Derzeit existiert kein Präventionsprogramm, das exklusiv auf die Bedürfnisse von Männern zugeschnitten ist. Die Präventionsangebote sprechen viel zu oft nur Frauen an. Dabei ist hinlänglich bekannt, dass Männer wesentlich seltener Präventionsangebote annehmen.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Sie haben eine andere Compliance!)

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Nicht, weil sie darauf ausgerichtet sind!)

Sie dürfen dann reden, Frau Schaper.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Ich kann auch gleich antworten!)

Liebe männliche Kollegen über 40, waren Sie schon zur Prostatauntersuchung?

(Heiterkeit)

Sie müssen nicht antworten. Aber genau da liegt das Problem. Sie sehen, es ist wichtig, die Zielgruppen direkt anzusprechen und mögliche Barrieren abzubauen.