Protokoll der Sitzung vom 31.05.2018

Was im Rahmen des ESF-Programms stattgefunden hat, war meiner Meinung nach nicht vertretbar gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, weil Arbeitsverträge nur für drei bzw. sechs Monate abgeschlossen werden konnten und teilweise Sozialarbeiter vor der Sommerpause entlassen wurden, um sie nach der Sommerpause wieder einzustellen. Das waren aus meiner Sicht unhaltbare Zustände. Das ESF-Programm war auch für die Träger unhaltbar, weil es mit sehr viel Bürokratie verbunden war, und so ein schlecht aufgestelltes Programm hat auch Konsequenzen für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern. Das müssen wir doch im Blick haben.

Deshalb haben wir es mit diesem neuen Landesprogramm geschafft, die Situation für die freien Träger, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit die Arbeitsgrundlage für die Arbeit mit den jungen Menschen zu verbessern. Das ist der erste große Fortschritt dieses Programms.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Jetzt gehen wir einen zweiten Schritt. Auf Basis des Schulgesetzes schaffen wir mit dem nächsten Schuljahresbeginn an jeder Oberschule eine zusätzliche Stelle für einen Schulsozialarbeiter. Wir machen das nicht auf Kosten des bisherigen Landesprogramms. Nein, das bisherige Landesprogramm bleibt in ungekürzter Höhe bestehen. Das bedeutet, dass es in Zukunft mehr Schulsozialarbeit für alle Schulen in Sachsen geben kann, insgesamt in Höhe von 30,5 Millionen Euro. Das ist eines der größten sozialpolitischen Programme dieser Koalition. Das ist gut investiertes Geld, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Daran zeigt sich der rote Faden. Die Stärkung der Oberschulen, da kann ich für beide Koalitionspartner sprechen, ist uns wichtig, weil wir glauben, dass hier junge Men

schen sind, die in diesen Jahren besondere Aufmerksamkeit brauchen. Wir haben das beim Lehrerpaket I bewiesen, wo es um die gleichen Löhne ging. Wir haben es mit dem Lehrerpaket II bewiesen und wir beweisen es jetzt mit diesem Landesprogramm Schulsozialarbeit. Das heißt, wir haben, um es zu quantifizieren, über 500 Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter ab diesem Sommer im System. Ich möchte sagen, dass wir damit, Frau Sozialministerin, lieber Alexander Dierks, lieber Patrick Schreiber, gemeinsam etwas Tolles im Sinne dieses Landes auf den Weg gebracht haben und jetzt auch den Schulsozialarbeitern danken, die dieses Programm in die Praxis umsetzen.

In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Herr Kollege Homann hatte gerade das Wort für die SPD-Fraktion. Jetzt spricht für DIE LINKE Frau Kollegin Pfau.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns darüber einig, dass Schulsozialarbeit wichtig und nötig ist. Dass durch dieses Landesprogramm viele Stellen geschaffen wurden, ist gut, auch wenn es am Anfang etwas sehr holprig zuging. Auch dass im Schulgesetz für die Oberschulen Schulsozialarbeit verpflichtend eingeführt wurde, ist sehr erfreulich für uns. Das darf aber nicht bedeuten, dass andere Schulen aufgrund der Finanzierung das Nachsehen haben.

In dem einen Jahr, wo wir die Schulsozialarbeit haben, tauchen – das ist am Anfang ganz klar – auch Probleme auf, die wir definitiv beheben müssen. Viele Träger haben mir aus der Praxis berichtet, dass es sinnvoll sei, noch eine Springerstelle einzurichten. Viele Träger haben ihre Stelle geteilt und dann kommt es immer wieder zu Ausfällen bei Krankheiten oder Urlaub. Um die Kontinuität zu sichern und für die Schülerinnen und Schüler einen kompetenten Ansprechpartner zu haben, sei es wichtig, einen Springer einzusetzen. Das würde den Schulsozialarbeitern auch die Möglichkeit geben, an Weiterbildungen teilzunehmen.

Sehr lobenswert ist – und das hat Kollege Homann gerade schon gesagt –, dass ein großes Problem behoben wurde, nämlich, dass die Schulsozialarbeiter während der Ferienzeit arbeitslos waren. Nun ist es so, dass nicht alle Stellen besetzt werden können. Man hört immer wieder, es finde sich nicht genügend Personal. Auf die ausgeschriebenen Stellen gebe es nicht die nötigen Bewerber. Die Staatsregierung hat aber komischerweise keine Informationen über dieses Problem. Auf die Kleine Anfrage von Kollegen Zschocke gab die Staatsregierung beispielsweise die Auskunft: „Aussagen im Einzelnen können nicht getroffen werden. Gegenwärtig laufen noch Ausschreibungen der Landkreise und kreisfreien Städte, um Träger zur Umsetzung der Projekte zu finden.“ Auf meine Kleine Anfrage vor ein paar Wochen gab es die Antwort: „Inwie

fern die Landkreise und kreisfreien Städte eigenverantwortlich zum Einsatz kommunaler Mittel Vergabeverfahren für Angebote der Schulsozialarbeit durchführen, ist der Staatsregierung nicht bekannt.“ Das Problem ist, dass wir gar nicht wissen, ob alle Stellen, die die Kreise ausgeschrieben haben, überhaupt besetzt werden können bzw. wie viel mehr Personal wir brauchen.

Zusammenhängend mit der psychischen Belastung von Schülerinnen und Schülern und der Zunahme von Mobbing in den verschiedenen Lebenssituationen ist es auch an der Grundschule ganz, ganz wichtig, dass Schulsozialarbeit angeboten wird. Das ist momentan nur für einen kleinen Teil gegeben. Unser Antrag in der Drucksache 6/898, den wir Anfang 2015 eingebracht haben, forderte eine flächendeckende Schulsozialarbeit, um sozialräumliche Benachteiligungen von Kindern und Jugendlichen beim Bildungserwerb in Sachsen auszuräumen. Bei dieser Forderung bleiben wir immer noch. Das heißt aber auch: Wir brauchen viel mehr Geld in der Schulsozialarbeit, um eine langfristige Finanzierung zu sichern. Schulsozialarbeit ist eine Beziehungsangelegenheit zwischen Jugendlichen, Lehrern und Eltern und es braucht Zeit, diese Beziehung aufzubauen. Deswegen muss diese Förderung langfristig angesetzt werden.

Zusätzlich ist es noch sehr wichtig, dass wir eine langfristige Finanzierung haben, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Perspektive haben und nicht in andere Bereiche abwandern. Gleichfalls wiederhole ich an dieser Stelle noch einmal unsere Forderung, dass wir Schulsozialarbeit gern im Kultusministerium angesiedelt hätten, weil Schule und Schulsozialarbeit sinnvoll aus einem Topf finanziert werden können und nicht bei der Jugendhilfe angesiedelt sein sollten.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Auf Frau Kollegin Pfau, Fraktion DIE LINKE, folgt jetzt Frau Kollegin Wilke für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der kommende Wahltermin wirft seine Schatten voraus. Die CDU zieht mit jeder Banalität über die Dörfer, und die SPD sammelt ihre letzten Kräfte und verschafft ihren treuesten Parteigängern aus dem Bereich des betreuten Lebens neue und zusätzliche Pfründe.

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Man macht sich Mut und klatscht sich gegenseitig ab.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Wir lösen Probleme, Frau Wilke!)

Meine Damen und Herren! Schulsozialarbeit heißt die neue Wunderdroge.

(Alexander Dierks, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, im Augenblick nicht.

(Oh-Rufe von der CDU – Zuruf von der CDU: Freie Rede!)

Sie soll das bis zum Zerreißen angespannte Klima und die Nerven der verantwortlichen Akteure an unseren Schulen entlasten. Zerrüttete Familienverhältnisse und moralische und geistige Verwahrlosung gehören dazu, ebenso wie konkrete ökonomische Schieflagen.

(Zuruf von der CDU: Freie Rede!)

Schulsozialarbeit ist heute Krisenintervention, weil Ihre Sozialpolitik seit Jahren versagt. An unserem Brennpunkt Schulen herrscht Notstand. Der Kampf der Kulturen überfordert alle – Kinder, Eltern und Lehrer.

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Abgesehen von dem neuen Trend in der Hartz-IVGenerationenfolge und dem Kampf der Kulturen hatten wir solche Probleme aber schon immer, leider.

(Zuruf von den LINKEN – Abg. Jörg Urban, AfD: Richtig!)

Trotzdem konnten Schülergeneration um Schülergeneration die Schule erfolgreich beenden, ganz ohne Schulsozialarbeit.

(Unruhe)

Neu ist der brisante Mix von Problemen, die wir bisher nicht kannten und auch mit immer mehr Sozialarbeitern an unseren Schulen nicht beherrschen werden. Ist also Schulsozialarbeit ein Zeichen des Fortschritts oder des Verfalls? Weder – noch. Die Sozialarbeiter sind die Trümmerfrauen einer verfehlten Politik, ein Pflaster, eine Notlösung.

(Oh-Rufe von der CDU – Zuruf der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, LINKE)

Drei Viertel unserer Schüler brauchen keine Schulsozialarbeit. Das ist der Maßstab, der uns leiten muss. Wir wollen intakte Familien, denn so kommt man zu Zielen, zu Strukturen und zu Vorbildern.

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Erst dann und nur so kann man Flüchtlinge integrieren, wenn sie integriert werden können und das auch wollen.

Oberste Priorität der Politik muss sein, Normalität zu gewährleisten. Erst auf diesem gesicherten Fundament kann man Leistungen abfordern und Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern unterstützen.

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Diese Normalität haben CDU/SPD bisher nicht erreicht. Stattdessen werden die Anforderungen mehr und mehr heruntergeschraubt:

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Was?)

eine Bildungsempfehlung, die ihren Namen nicht mehr verdient, absehbar kein Unterricht mehr in Kunst, Musik und Sport und Seiteneinsteiger, die in einem Crash-Kurs zu Lehrern ausgebildet werden.

(Zurufe von der CDU und SPD – Zuruf von der CDU: Das ist alarmierend, Frau Kollegin!)

Die CDU/SPD-Koalition ist keine Problemlöser-Koalition, wie sie sich selbst gerne adelt, sie ist eine Problemauslöser-Koalition. Ohne sie hätten wir die Probleme doch erst gar nicht.

(Beifall bei der AfD – Lachen bei der CDU und der SPD)

Das können wirklich nur die Duracell-Klatschhäschen hier im Landtag feiern.

(Zuruf von der CDU – Heiterkeit bei den LINKEN)