Hören Sie doch bitte endlich auf zu behaupten, Sie würden Ihre gesetzlichen Kompetenzen überschreiten, wenn Sie die Verantwortlichen aller Bereiche, aller staatlichen Ebenen und aller ansonsten mit dem Thema Befassten in verbindlichen Arbeitsstrukturen zusammenholen, um die Probleme zu diskutieren und gemeinsam Lösungen anzugehen. Damit versuchen Sie nichts weiter, als sich billig aus der Verantwortung zu stehlen. Der Staat ist und bleibt in der Verantwortung für die medizinische Versorgung, auch wenn er die Leistungen dafür selbst nicht vorhält. Der Staat hat die Koordinierungs- und Steuerungsaufgabe bis hin zur Bedarfsplanung. Dass es hier klemmt, ist ja wohl unumstritten.
Zahlreiche Körperschaften wie die Krankenhausgesellschaft, die Ärztekammer, die Kassenärztliche Vereinigung und nicht zuletzt auch die Pflegeverbände und die gesunden und erst recht die erkrankten Menschen stellen das
jetzt schon immer wieder fest. Die Zukunft verheißt eher noch mehr Probleme als weniger. Allerdings glaube ich, dass das dem Kabinett Kretschmer noch weniger bewusst ist als der Regierung Tillich. So ist in den Eckpunkten „Vielfalt leben, Zukunft sichern – Strategie der Sächsischen Staatsregierung für den ländlichen Raum“ vom 27. März 2018 wieder eine fein säuberliche Trennung in stationäre und ambulante medizinische bzw. ärztliche Versorgung zu finden. Dort ist dies auch als Aufgabe des SMS vermerkt. Das fällt sogar weit hinter die Aussagen der Koalitionsvereinbarung zurück. Dort tauchen auf Seite 60 die Begriffe „Integrierte Versorgungskonzepte“ oder „Interdisziplinäre und fachübergreifende intersektorale Leistungen“ wenigstens auf. Hier will die Regierung die Uhr rückwärts drehen.
Dann sind wir schon bei Punkt 2 unseres Antrages. Ja, auch wir sehen die starre sektorale Trennung, die sich durch das Fünfte Sozialgesetzbuch ergibt, durch die Kreativität der Selbstverwaltung. Ärzte und Krankenhäuser weichen das zunehmend auf. Das ist gut, verursacht aber enormen bürokratischen Aufwand. Das ist nicht im Sinne der Patientinnen und Patienten und der medizinischen Versorgung. Wenn ein Fünftel des Verwaltungspersonals eines Krankenhauses nur damit beschäftigt ist, Dokumentationen zu vervollständigen und sich mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen darüber zu streiten, ob eine stationäre Versorgung sinnvoll war oder nicht, kann man nicht mehr von einem effizienten wirtschaftlichen System sprechen. Da muss man als Gesetzgeber doch erkennen, dass man über Neuregelungen nachdenken muss.
In der Stellungnahme schreiben Sie aber, dass eine allumfassende Bedarfsermittlung und eine vorausschauende Gesamtplanung, die alle Bereiche der gesundheitlichen, medizinischen und pflegerischen Versorgung erfasst, noch keinen zusätzlichen Nutzen für die Durchführung der Versorgung erbringen. Ganz ehrlich, da weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. Aber wahrscheinlich ist dieser Satz nur Ausdruck der bei der Staatsregierung vorherrschenden Phobie vor dem Wort „Planung“. Sie wiederholen ständig, dass man die Planwirtschaft der DDR nicht zurück will. Da kann ich Sie beruhigen. Das wollen wir auch nicht. Aber im Gegensatz zu Ihnen sind wir lernfähig.
Dennoch kann man die Daseinsvorsorge nicht den freien Kräften des Marktes überlassen und schon gar nicht, wenn es um Gesundheit geht. Das ist in Sachsen schon viel zu lange passiert, und das rächt sich jetzt. Auch das zeigt, wie notwendig eine landesweite Bedarfsplanung ist, die im Austausch mit überregionalen und regionalen Akteuren entsteht. Auch das fordern wir in unserem Antrag. Aber vielleicht haben Sie es einfach nicht verstehen können, weil das Wort „Planung“ Ihren Verstand gelähmt hat.
Kommen wir zum dritten Punkt, dem Ausbau der Medizinerausbildung. Hier verweisen Sie wieder komplett auf die Universitäten, als ob Sie als Staatsregierung nicht die Rahmenbedingungen ändern könnten. Wenn Großstädte, Krankenhäuser und Gesundheitsdienste die wenigen Absolventen des Medizinstudiums absaugen, muss man eben zu der Einsicht kommen, dass man mehr Studenten im System braucht. Wenn Sie mir schon nicht glauben, Frau Dr. Stange, dann vielleicht Ihrem Parteikollegen – in dem Fall der Parteikollege von Frau Klepsch – Erwin Rüddel, dem Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses des Bundestages. Der forderte auf dem 11. Gesundheitsforum Sachsen/Thüringen am 18. Juni 2018 zusätzliche Medizinstudienplätze und verweist hier auf die Gestaltungskompetenz der Länder.
Zum Abschluss möchte ich noch Teile des Strategiepapiers der Sächsischen Landesärztekammer loben, das Forderungen enthält, die wir mit unserem Antrag umsetzen könnten. So wird unter anderem die Stärkung des öffentlichen Dienstes sowie eine ausgewogene Balance zwischen Ökonomie und Medizin und ein verantwortungsvoller Umgang mit den finanziellen und materiellen Ressourcen gefordert. Das zeigt, dass die Sächsische Landesärztekammer hier Defizite sieht – leider im Gegensatz zu Ihnen.
Zudem fordert man die Entwicklung neuer Versorgungsstrukturen und Konzepte unter einem Dach, die Weiterentwicklung von Krankenhausstrukturen sowie die Schaffung einer sektorenübergreifenden Notfallversorgung. Vielleicht unterhalten Sie sich, meine Damen und Herren, mit den Vertretern der Selbstverwaltung und diskutieren gemeinsam sinnvolle Lösungen. Dafür sitzen Sie schließlich in der Regierung.
Es wäre an der Zeit, Scheuklappen abzulegen, neue Wege zu gehen und Visionen zu entwickeln. Die Zustimmung zu unserem Antrag würde sich dafür sehr gut eignen; „denn wer keine Visionen hat, vermag weder große Hoffnungen zu erfüllen noch große Vorhaben zu verwirklichen“ – Zitat Wilson.
Frau Schaper, Sie haben beim letzten Plenum Ihre Anträge als besonders gut unterstrichen. Aber zur Ehrlichkeit gehört auch, dass der Antrag heute eher mangelhaft ist; denn Sie werfen alles – –
Bevor ich meine Rede zu Protokoll gebe, will ich zumindest kurz noch darauf eingehen, dass Sie in diesem Antrag alles, was Ihnen irgendwie in den letzten Jahren einmal an Formulierungen oder Fachbegriffen über den Weg gelaufen ist, in einen Topf geworfen,
kräftig umgerührt haben und dann sagen, was Sie gern wollen. Vor allen Dingen, wenn Sie das wirklich wollen, dann müssten Sie den Kassen den Sicherstellungsauftrag wegnehmen. Was die Auflösung der Selbstverwaltung der Ärzte bedeutet, können Sie gern einmal mit der Kassenärztlichen Vereinigung besprechen.
Ansonsten gebe ich zu später Stunde meine Rede zu Protokoll, weil ich mir sicher bin, dass wir beim nächsten Plenum wieder über das Thema sprechen; denn Sie nehmen überhaupt nicht zur Kenntnis, dass es in den letzten Jahren auch große Fortschritte in dem Bereich gab.
Herr Wehner, ich weiß nicht, wer hier irgendetwas nicht zur Kenntnis nimmt. Wenn Sie mit Fortschritten meinen, dass mittlerweile Wege zum Facharzt weit über 170 Kilometer in Ostsachsen und im Vogtland Standard sind – –
Wir haben einen Fachkräftemangel. Wir haben zu wenige Ärzte. Wir haben eine Unterbesetzung. Meinen Sie das mit großem Fortschritt? Wir haben immer noch eine sektorale Trennung zwischen ambulant und stationär. Wir
Ja, das werde ich sehr gerne tun. Die Frage war, was überhaupt für die Ärzte im ländlichen Raum getan wird.
Wenn Sie sich die Stipendien anschauen, wenn Sie sich die Förderungsmöglichkeiten anschauen – – Natürlich haben Sie gesagt, dass es zu wenige Ärzte gibt. Die Frage ist doch, wie die Ärzte gesteuert werden. Es ist nicht richtig, dass es zu wenige Ärzte gibt, sondern die Frage ist, wo die Ärzte sind. Die sind in den Städten, und sie müssen in den ländlichen Raum.
Wenn Sie sich die Zahlen anschauen – 2017 sind 46 Ärzte durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gefördert worden, was die Mindestumsätze betrifft, was Investitionen bei Praxisübernahmen betrifft. Das sind alles Dinge, die Sie einfach weglassen. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass die Steuerung schon längst stattfindet.
Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion ist an der Reihe. Frau Abg. Lang. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Argumente und Fakten wurden schon zahlreich ausgetauscht. Man hat darüber gesprochen, dass Gremien, die vorhanden sind, angeblich nicht arbeiten. Ich sehe das etwas anders und würde deshalb meine Argumentation dazu und meine Rede zu Protokoll geben.