Herr Bartl, Ihre Einwendungen in allen Ehren, aber ich denke, im Ergebnis dieser Anhörung können wir sagen, dass die Einrichtung dieser verselbstständigten LIT gut vertretbar ist. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, die Leitstelle für Informationstechnologie der sächsischen Justiz – LIT – rechtlich zu verselbstständigen, indem sie als obere besondere Staatsbehörde etabliert wird.
Die organisatorische Verselbstständigung weist der LIT die Rolle eines justizinternen Dienstleisters zu. Vorausset
zung eines solchen Dienstleisterkonzeptes ist allerdings eine Konkurrenzsituation, das heißt die Möglichkeit, den Dienstleister wechseln zu können. Das ist in diesem Fall aber nicht möglich. Die Justiz ist auf die Leistungen der LIT angewiesen. Werden diese nicht oder schlecht erbracht, kann die Justiz nicht ausweichen und es würde sich damit grundsätzlich nichts ändern.
Alternativ wurde in der Anhörung ein Konzept der Vernetzung angeboten, dass die Mitarbeiter der Justiz-IT als vierte Personalgruppe neben den Richtern, Rechtspflegern und klassischen Mitarbeitern der Serviceeinheiten vorsieht. Das wäre ein durchaus diskutabler Ansatz gewesen, aber leider gab es darüber keine intensivere Diskussion.
Des Weiteren wird eine rechtliche Verselbstständigung meines Erachtens nicht das Problem des Personal- und Spezialistenmangels im Bereich der IT lösen.
Zudem bestehen – wie bereits angemerkt – verfassungs- und datenschutzrechtliche Bedenken, da Dritte in den Prozess der richterlichen Entscheidungsfindung Einblick nehmen können.
Hinzufügend möchte ich erwähnen, dass es durchaus auch zu Kompetenzrangeleien, längeren Informationswegen und zu derart starken Abhängigkeiten kommen könnte, dass die Arbeit der Richter erschwert werden könnte.
IT-Systeme werden heutzutage im Bereich der Justiz als Verwaltungsmittel verstanden. IT vermag aber bereits viel mehr. Es stehen nicht nur Daten zur Verfügung; Daten bedeuten auch eine ungeheure Berechnungsmacht. Software wird heute bereits in anderen Ländern für die allgemeine Gewaltprävention und für Entscheidungen über die Entlassung von Tätern genutzt. Damit konzentriert man sich aber nicht mehr nur auf die Unschuldsvermutung, sondern auch auf die Genauigkeit des digitalen Outputs.
Legt die Anklagebehörde ein elektronisches Belastungsbeweismittel vor, hat die Verteidigung wenig Möglichkeiten, diese anzugreifen. Man kann vom elektronischen Charakter des Beweismittels nicht automatisch auf dessen Zuverlässigkeit schließen. Dies kann man erst dann, wenn man den Quellcode kennt. Der Richter bleibt in der gleichen Situation, weil auch das Beweismittel mangels Kenntnis des Quellcodes nicht angemessen gewürdigt werden kann. Die Unabhängigkeit des Richters ist aber Grundvoraussetzung eines fairen Verfahrens.
Fazit: Die Auswirkungen der Digitalisierung im Justizwesen sind bislang noch nicht vollständig verstanden worden. Man muss sich bewusst machen, dass digitale Daten nicht grundsätzlich neutral sind. Digitalisierung meint bislang nur höhere Effizienz und Arbeitsleistung. Sie kann aber mehr, wie gerade von mir aufgezeigt worden ist.
Kurzum: Wir sehen den Gesetzentwurf und das Ansinnen in dieser Form kritisch. Die AfD-Fraktion wird den Gesetzentwurf ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Verselbstständigung der Leitstelle für Informationstechnologie in der Justiz ist wahrscheinlich unumgänglich. Wie alle anderen Lebens- und Verwaltungsbereiche wird auch die Justiz immer elektronischer, immer digitaler, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Staatsregierung krankt an so vielen Ecken und Enden, dass meine Fraktion ihm ebenfalls nicht zustimmen wird.
Die LIT soll sich zur Aufgabenerfüllung privater Dritter bedienen dürfen – also ein klassisches Outsourcing –; dabei scheint sie nach dem Gesetzeswortlaut aber keinerlei Beschränkungen zu unterliegen, zum Beispiel hinsichtlich der Befugnisse, die auf die Dritten übertragen werden können. Erhalten die Administratoren zum Beispiel von außen dieselben Zugriffsrechte wie die Beschäftigten der LIT? Wer erstellt die Quellcodes und darf sie bearbeiten? Wer kontrolliert wen? All das ist nicht geregelt in diesem Gesetzentwurf.
Die pauschale Anweisung, die Dritten zu Vertraulichkeit, Informationssicherheit und Datenschutz zu verpflichten, genügt meiner Meinung nach hier bei Weitem nicht. Wir bewegen uns aber wirklich in einem hochsensiblen Bereich der staatlichen Gewalt, nämlich der richterlichen Unabhängigkeit. Richterinnen und Richter dürfen bei der Arbeit mit IT-Programmen zur Verfahrens- und Aktenführung nie das Gefühl haben, dass jemand Unbefugtes in ihre Akten schauen kann und ihren Weg der Entscheidungsfindung einsieht. Schon allein die Möglichkeit kann genau diesen Weg beeinflussen und damit die richterliche Unabhängigkeit gefährden. Es braucht ganz klare Regelungen und konkrete Befugnisse für die Administratoren, um rechtssichere Gerichtsverfahren gewährleisten zu können.
Sie haben ja in Ihrem Gesetzentwurf eine IT-Kontrollkommission vorgesehen. Nach dem Regelungswortlaut ist die Kommission für die Kontrolle beauftragter Dritter aber nicht zuständig. Das ist höchst problematisch, und es ist auch ineffizient. Es ist auch nicht klar, anhand welcher Maßgaben die Kommission hier kontrollieren soll. Der Gesetzentwurf hätte der Kommission weitergehende Befugnisse einräumen sollen, zum Beispiel die Erstellung fachlicher Standards oder die Einräumung direkter Begehungs- und Kontrollrechte bei von der LIT beauftragten Dritten.
Besonders heikel erscheint uns die Zusammensetzung der Kommission. Einmal davon abgesehen, dass keinerlei informationstechnische Vorkenntnisse bei den Mitgliedern dieser Kommission erforderlich sind, wird auf die Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten verzichtet. Eine Kommission, die die elektronische Datenverarbeitung in der Justiz kontrollieren soll, aber keine datenschutzrechtlichen Kenntnisse hat, nimmt doch aber auch wirklich
Ich gehe trotzdem davon aus – das ist ja deutlich geworden –, dass die Koalition heute mit ihren Stimmen diesem Gesetzentwurf zustimmen wird. Deswegen fordere ich Sie von dieser Stelle noch einmal eindringlich auf, eine effiziente IT-Betreuung in der Justiz sicherzustellen, und dafür braucht es das entsprechende Personal, so auch in den Außenstellen der LIT an den verschiedenen Justizstandorten. Wenn ich mir den Haushaltsentwurf anschaue, dann sind dafür acht Stellen vorgesehen – ich glaube, das reicht bei Weitem nicht aus. Auf der anderen Seite braucht es bei den Anwenderinnen und Anwendern, den Beschäftigten in den Gerichten und Staatsanwaltschaften, umfassende Schulungen. Auch das ist bisher nicht vorgesehen. Sie sollten es im Haushalt mit verankern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Schwerpunkt des Gesetzentwurfes ist die Umwandlung des bislang an das Justizministerium angegliederten IT-Dienstleisters der sächsischen Justiz in eine eigenständige Staatsbehörde. Der Grund dafür ist im Kern, dass eine leistungsfähige und unabhängige Justiz das Rückgrat unseres Rechtsstaates ist und damit auch der Garant für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden in unserem Land. Die Justiz schützt die Bürger vor Willkür und ist wichtiger Faktor zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Sachsen. Deswegen muss ihre Funktionsfähigkeit dauerhaft gesichert werden, denn der Rechtsstaat kann nur so gut sein wie die Justiz, die seine Gesetze schützt und durchsetzt.
Die Bedeutung der IT in der Justiz ist in der jüngeren Vergangenheit massiv gewachsen. Schon heute hängt die Leistungs- und Funktionsfähigkeit der sächsischen Justiz ganz maßgeblich von einer Vielzahl von IT-Anwendungen und deren reibungslosem Zusammenspiel ab. Die IT ist innerhalb der sächsischen Justiz mittlerweile so systemrelevant geworden, dass sie einfach funktionieren muss. Wir sehen das an den – jedenfalls in der Vergangenheit – stattgefundenen Systemausfällen, die für mehrere Tage mehr als 1 500 Arbeitsplätze lahmgelegt haben.
Diese Entwicklung wird sich absehbar noch weiter verstärken; das heißt, es wird noch mehr IT dazukommen – noch mehr Software, noch mehr Verfahren –, und dafür brauchen wir die IT und unsere Leitstelle für Informationstechnologie.
Die Schnittstelle zwischen IT und der sächsischen Justiz ist die schon erwähnte Leistelle für Informationstechnologie – kurz: LIT –; sie ist Herz und Hirn unserer Justiz-IT.
Zur Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit muss sie auch organisatorisch stabilisiert und gestärkt werden, und darum geht es in diesem Gesetz.
Auf dem Papier ist die LIT bislang eine unselbstständige, unmittelbar an das Justizministerium angegliederte Organisationseinheit. Tatsächlich ist sie aber schon heute in Struktur, Arbeitsweise und Organisation völlig eigenständig. Sie hat eine eigene Leitung, eine eigene Geschäftsleitung und eigene Fachbereiche. Sie ist räumlich vom Justizministerium getrennt, sie verfügt über ein eigenes Haushaltskapitel und eine eigene Mittel- und Stellenbewirtschaftungsbefugnis. Ihre Prozess- und
Betriebsabläufe sind nicht die einer Landesjustizverwaltung, sondern schlichtweg die eines IT-Dienstleisters.
Die faktische Selbstständigkeit der LIT, aber auch ihre massiv gewachsene Bedeutung für die sächsische Justiz und ihre inzwischen erreichte Größe haben ein Maß erreicht, das ihre organisatorische Verselbstständigung als eigenständige Behörde dringend gebietet. Diese Verselbstständigung ist nötig, damit die LIT weiterhin ihre IT souverän beherrschen und für die Anwender zuverlässig vorhalten kann. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund der Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs und der bevorstehenden Einführung der elektronischen Gerichtsakte.
Mit dem Gesetzentwurf – das hat Kollege Anton schon gesagt – wird auch ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit durch eine unabhängige Justiz-IT gewährleistet.
Wir kommen zur Abstimmung über das Gesetz zur organisatorischen Verselbstständigung der Leitstelle für Informationstechnologie der sächsischen Justiz. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Verfassungs- und Rechtsausschusses in der Drucksache 6/14508.
Ich würde die Artikel wieder zusammenfassen, wenn es keinen Widerspruch gibt. – Überschrift, Artikel 1 – Änderung des Sächsischen Justizgesetzes –, Artikel 2 – Änderung des Sächsischen Verwaltungsorganisationsgesetzes –, Artikel 3 – Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes –, Artikel 4 – Inkrafttreten. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, aber Stimmen dagegen. Dennoch ist allen Artikeln und der Überschrift zugestimmt worden.
Jetzt kommen wir zu einer Gesamtabstimmung. Wer möchte dem Gesetzentwurf zustimmen? – Die Gegenstimmen noch einmal, bitte. – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten. Damit ist der Entwurf als Gesetz beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Die Fraktionen können wieder Stellung nehmen. Es beginnt die CDU. Danach folgen SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.