Der Familienpass ist einfach nicht attraktiv und kommt offenbar nicht an. Die Mittel werden nicht ausgeschöpft. Meine Kollegin hat das schon gesagt.
Ich musste aber auch feststellen, dass selbst Personen, die in der Familienhilfe arbeiten, nicht wussten, dass es diesen Pass überhaupt gibt. Für viele der betroffenen Familien gäbe es aber in der jetzigen Form ohnehin keine Möglichkeit, diesen Familienpass zu nutzen.
In unserer Großen Anfrage zu „Kinderarmut in Sachsen – Herausforderungen und Initiativen“ wurde keine unserer Fragen zum Komplex Freizeitverhalten und gesellschaftliche Teilhabe beantwortet. Anscheinend ist der Staatsregierung noch nicht klar, wie wichtig dieser Bereich für Kinder und Jugendliche ist.
Wir können es nur unterstreichen: Arme Kinder in Sachsen haben nicht die gleichen Möglichkeiten bei der Freizeitgestaltung wie Kinder aus anderen Familien. Das wird durch das Bildungs- und Teilhabepaket nicht grundlegend geändert.
Auch wenn Sie jetzt alle schon mitgeteilt haben, dass Sie unseren Antrag ablehnen werden, sage ich: Springen Sie über Ihren Schatten. Stimmen Sie unserem Antrag zu, um einen kleinen Beitrag gegen Kinderarmut zu leisten. Zusätzlich würden Sie damit die kulturellen Einrichtungen unterstützen.
Meine Damen und Herren! Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen zu diesem Antrag in der Aussprache? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Das Wort wird gewünscht. Frau Staatsministerin Klepsch, bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der sächsische Familienpass wurde 1994 zum Internationalen Jahr der Familie eingeführt. Mit der Einführung des Familienpasses rückt der Freistaat Sachsen Leistungen und Bedürfnisse der Familien stärker in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit.
Es wurde schon angesprochen: Wir unterstützen mit dem sächsischen Familienpass Mehrkindfamilien mit drei Kindern, alleinerziehende Elternteile mit mindestens zwei Kindern oder Eltern und Alleinerziehende mit einem schwerbehinderten Kind. Unser Ziel ist es, auch jenen Familien das gemeinsame Erleben sächsischer Kulturgüter zu ermöglichen, die das sonst einfach nicht können. Damit wollen wir ihnen eine gemeinsame Freizeitgestaltung ermöglichen.
Die Ausgabe des Familienpasses erfolgt bei unseren Städten und Gemeinden des Freistaates Sachsen. Ich glaube, gerade für den ländlichen Raum bedeutet das nicht nur Bürgerfreundlichkeit zum einen, sondern vor allen Dingen auch Familienfreundlichkeit. Wenn wir die Ausgabe des Familienpasses zentralisieren, wie das von Ihnen gefordert wurde, würde es für unsere Familien
schwerer, niedrigschwellig den Familienpass zu bekommen. Daher lehne ich an dieser Stelle Ihren Vorschlag ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Familienpass gibt es, wie bereits angeführt, in zahlreichen Bundesländern, und zwar in ganz unterschiedlichen Varianten. Das Angebot ist vielfältig. Es reicht von rabattierten Angeboten für Familien bis hin zur Ausgabe von Gutscheinen für unterschiedlichste Leistungen.
Im Freistaat Sachsen erfolgt die Abgabe des Familienpasses kostenlos. Hieran wollen und müssen wir festhalten. Wenn Sie in andere Bundesländer schauen, dann sind dort teilweise Kosten zu verzeichnen.
Der sächsische Familienpass galt und gilt teilweise als Vorbild für Kommunen und private Institutionen, selbst beim Thema Familienfreundlichkeit aktiv zu werden und sächsische Familien bei gemeinsamen Erlebnissen zu unterstützen. Wenn Sie ins Internet schauen, dann sehen Sie, dass die Stadt Freiberg unseren sächsischen Familienpass mit ihren Angeboten erweitert hat. In AnnabergBuchholz ist das auch der Fall. Selbst die kleine Gemeinde Lossatal – damit will ich nicht sagen, dass sie zu klein ist – unterstützt die Angebote des sächsischen Familienpasses.
Wir begrüßen es sehr, wenn sich Dritte – seien es die Kommunen oder private Anbieter – entscheiden, bei Vorlage des sächsischen Familienpasses eine weitere Vergünstigung zu gewähren. Ich denke, jede Kommune kann wohl am besten einschätzen, welche weiteren Vergünstigungen ihren Familien zukommen sollen und welche sie ihnen zukommen lassen kann; denn vor Ort, wo unsere Familien leben, soll Kinder- und Familienfreundlichkeit erlebbar und wirksam werden.
Der Familienpass besteht seit über 20 Jahren. Er ist in seiner Form gut, und für weitere gute und umsetzbare Ideen, um die Wirksamkeit vielfältiger werden zu lassen, sind wir jederzeit offen und gern bereit, ihn weiter auszubauen.
Wir kommen zum Schlusswort. Für die Fraktion DIE LINKE hält dieses Frau Abg. Lauterbach. Bitte sehr.
Danke, Herr Präsident! Werte Frau Kuge, dass Sie Thüringen anführen, war natürlich zu erwarten. Aber das ist kein Argument, es in Sachsen nicht besser zu machen.
Ich wiederhole es: 14 000 Familienpässe in Sachsen-Anhalt ausgegeben – ist das kein Argument, Frau Kersten? 650 Angebote stehen in Brandenburg zur Verfügung – bei uns 30, auch wenn mal ein kleines Angebot dabei ist.
Ein Familienpass, der viele Familien in Sachsen ganz einfach erreicht, wäre attraktiv, und genau das brauchen Sie. Ich kann doch nicht noch Ihre Wahlkampfstrategie durchführen. Das geht doch nicht!
Ein Familienpass, der, einmal beantragt, bis zur Selbstständigkeit des letzten Kindes gültig ist, das ist ein Familienpass. Ein Familienpass, bei dem auch Großeltern zur Familie gehören, das ist ein Familienpass. Einen Familienpass, der flexibel Eltern mit einem Kind und Großeltern einbezieht, den kann man Familienpass nennen. Das, was Sie hier anbieten, steht im Flyer, und wir können alle lesen. Das müssen Sie nicht noch einmal vortragen. Es ist spät genug.
Enger mit den Gemeindeverwaltungen zusammenarbeiten, den ÖPNV einbinden, bei anderen Bundesländern abschreiben, auf Bundesebene aktiv werden – das könnten Schritte sein, die Sie brauchen. Sachsen vergibt den Familienpass. Auch wenn Sie nicht zustimmen wollen – tun Sie es einfach!
Herr Präsident, ich bitte um punktweise Abstimmung. Dann kann vielleicht die SPD zumindest dem Punkt 1 zustimmen.
Na, dann schauen wir mal. Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über die Drucksache 6/8851. Punktweise Abstimmung wird begehrt. Wer möchte dem Punkt 1 seine Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür ist Punkt 1 dennoch nicht zugestimmt worden.
Frau Lauterbach, soll ich die anderen Punkte auch alle einzeln aufrufen, oder war das Manöver nur auf Punkt 1 gerichtet? – Meine Damen und Herren, wer den Punkten 2, 3, 4 und 5 seine Zustimmung geben möchte, zeige dies bitte an. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dennoch nicht die erforderliche Mehrheit erreicht worden. Da die einzelnen Punkte keine Zustimmung erhalten haben, erübrigt sich eine Schlussabstimmung, es sei denn, dies wird ausdrücklich gewünscht. Frau Parlamentarische Geschäftsführerin? – Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist nicht beschlossen worden und ich kann diesen Tagesordnungspunkt schließen.
Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: die AfDFraktion als Einreicherin, danach die CDU, DIE LINKE, die SPD, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die AfD-Fraktion Frau Abg. Wilke. Sie haben das Wort.
Karin Wilke‚ AfD: Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich spreche jetzt zu unserem AfD-Antrag „Schutz ungeborenen Lebens sichern, Schwangerschaftskonfliktberatung auf den Prüfstand stellen“.
(Valentin Lippmann, GRÜNE: Sie müssen aber nicht! – Susanne Schaper, DIE LINKE: Davon sind wir fast ausgegangen!)
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“, und in unserem Grundgesetz heißt es: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Dies gilt auch für ungeborenes Leben. Von der Zeugung an steht es unter dem Schutz unserer Rechtsordnung. Also ist jeder Schwangerschaftsabbruch – manche sprechen auch von vorgeburtlicher Kindstötung – nur unter klar definierten Bedingungen und Voraussetzungen toleriert. Dies gebietet nicht nur unser christlich-ethischer Humanismus, sondern auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil aus dem Jahr 1993. Es gibt also kein Recht auf Abtreibung, denn dies wäre ein Recht zu töten. Ein Rechtsstaat, der seine zivilisatorischen Grundlagen ernst nimmt, kann das nicht zulassen.
Aber beim Bekanntwerden einer Schwangerschaft kommt es mitunter zu Konfliktsituationen, in denen es zunächst ausweglos erscheint, das neue Leben anzunehmen. Das kann eine medizinische Gefährdung für die Mutter und das betroffene Kind sein. Auch ist nach einer Vergewaltigung keiner Frau zuzumuten, die Frucht des Verbrechens auszutragen und zu versorgen. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs; denn die Masse der Abtreibungen in Sachsen wird aufgrund der sogenannten sozialen Indikation vorgenommen. Dabei geht es oft um ein subjektives Gefühl der Überforderung, sich um ein Kind kümmern zu müssen, es zu behüten, zu versorgen und zu erziehen. Vielleicht hat sich der Vater gerade von der Schwangeren getrennt, und familiäre Unterstützung ist wegen räumlicher oder emotionaler Distanz unmöglich.
In solchen Ausnahmesituationen ist es oft nicht leicht, einen klaren Gedanken zu fassen und rational und emotional vernünftige Entscheidungen zu fällen. Die werdende Mutter bleibt damit oft allein, zumal, wenn staatliche
Unterstützungsangebote wenig oder überhaupt nicht bekannt sind. Das ist der tiefere Grund, weshalb die rechtswidrige Tötung ungeborenen Lebens gleichwohl unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen straffrei ist.
Hier setzt unser Antrag an. Wir möchten erreichen, dass – erstens – die Schwangerschaftskonfliktberatung gemäß Bundesverfassungsgericht regelmäßig in ihrer Wirksamkeit überprüft wird und – zweitens – dass bei Feststellung unzureichender Wirksamkeit die bestehenden Gesetze zur Verbesserung des Schutzes ungeborenen Lebens geändert werden. Unsere Achtung vor dem Wert menschlichen Lebens und unsere Auffassung von einem Rechtsstaatsverständnis gebieten dies.
Auch ist unserer Ansicht nach der Schutzauftrag nur unzureichend in der Ausgestaltung der Beratungslösungen berücksichtigt. Dies belegen einige Zahlen aus Sachsen sehr deutlich: Nach einer durchgeführten Beratung trieben 5 400 von 8 000 Frauen dennoch das Kind ab. 70 % der Schwangerschaftskonfliktberatungen waren also nicht erfolgreich, und: Die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche liegt im Freistaat Sachsen um 20 % über dem Bundesdurchschnitt.
Vermuten lassen sich vor allem finanzielle Gründe für die Abtreibungen. Bei 83 % wurden die Kosten aus Steuermitteln getragen; es lag also eine Bedürftigkeit vor. Daher möchte ich deutlich herausstellen: Armut tötet, tötet ungeborenes Leben, weil junge Frauen oft nicht genügend Geld haben. Aus finanziellen Gründen sollte aber nun wirklich keine Frau zu einem Schwangerschaftsabbruch gezwungen sein. Die Wege aus der Lebenskrise muss die Schwangerschaftskonfliktberatung aufzeigen und sie darf nicht nach wirtschaftlichen Interessen handeln.