Protokoll der Sitzung vom 05.09.2018

Den Unsinn, dass unsere Kultur vom Grundgesetz festgelegt werde, kommentiere ich nicht weiter; das spricht für sich.

(Beifall bei der AfD)

Das war die Kurzintervention. – Jetzt kann der Angesprochene, Herr Günther, reagieren.

Ich beginne hinten: Unser Grundgesetz ist nicht synonym mit dem, was unsere Kultur ist. Aber im Grundgesetz zeigen sich die Werte, die unsere Gesellschaft trägt. Darin zeigt sich auch, was wir uns in unserer Geschichte an Werten erarbeitet haben. Deswegen kann man schon sagen: Es spiegelt uns wider. Aber es ist nicht alles.

(Jörg Urban, AfD: Dann formulieren Sie es auch so! – Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Er hat es so formuliert!)

So habe ich es auch formuliert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben mir vorgeworfen, ich würde Sie wiederholt in die Nähe des Nationalsozialismus rücken.

(Mario Pecher, SPD: Nähe? Die sind schon mittendrin!)

Das haut sowieso nicht hin. Denn wenn Sie auf meine Reden achten würden, dann wüssten Sie, dass das nicht gerade regelmäßig vorkommt.

Ich muss Ihnen auch ganz klar sagen: Als sich Ihre AfD gegründet hat, gehörte ich nicht zu den Ersten, die gesagt haben, das seien Rechte. Aber Ihre Partei hat sich in diese Richtung entwickelt. Wenn Sie hier mit Äußerungen kommen wie der, dass der Staat die Beute von Parteien, von Bonzen geworden sei, dann ist das genau die Sprache, die in den 1930er-Jahren gepflegt wurde. Diese Äußerungen dienten damals als Begründung, dass jetzt der Führerstaat gebraucht werde und der Parteienpopanz hinweggefegt werden müsse. Diese Sprache nehmen Sie in den Mund. Das ist die Sprache der 1930er-Jahre.

Ich habe nicht gesagt, dass Sie Nationalsozialisten sind. Ich habe gesagt: Sie bedienen diese Sprache, die als Begründung dafür diente, dass wir jetzt den Führerstaat brauchten und diesen Parteienpopanz hinwegfegen müssten. Diese Sprache nehmen Sie in den Mund. Das ist die Sprache der 1930er-Jahre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe nicht gesagt, dass Sie Nationalsozialisten sind. Ich habe gesagt, Sie bedienen sich dieser Sprache. Wir haben erlebt, wohin es führt, wenn im Prinzip der Bevölkerung gegenüber das Grundvertrauen in die Demokratie weggenommen wird. Wir hatten damals noch das Problem, dass es viele noch nicht kannten – vor dem Ersten Weltkrieg. Wir mussten erst noch vieles lernen. Mittlerweile haben wir eine große Historie in Deutschland. Wir haben das Grundgesetz. Wir wissen, für welche Werte wir hier einstehen. Das macht mich im Übrigen auch sehr zuversichtlich, dass Sie mit Ihrer Geschichte hier nicht durchkommen, sondern dass dieses „Wir sind mehr“ tatsächlich wirkt. Wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen.

Wir werden weiterhin eine repräsentative Demokratie haben; denn so schön, wie es Churchill gesagt hat, kann es keiner: Es gibt keine schlechtere Gesellschaftsform als die Demokratie mit Ausnahme aller anderen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, den LINKEN und der SPD)

Wir fahren in unserer Rednerreihe fort. Jetzt ergreift Frau Kollegin Dr. Petry das Wort.

(Zuruf von der SPD: Herr Urban kann nur betroffen weggucken!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident

Kretschmer! Sehr geehrte Abgeordnete! Herr Kretschmer,

Sie hatten heute die Chance, ein staatsmännisches Signal an die Sachsen zu senden,

(Ines Springer, CDU: Hat er getan!)

zum Dialog zwischen den verhärteten Fronten aufzurufen und dafür zu werben, dass sich alle gesellschaftlichen Gruppen und Parteien an einen Tisch setzen; aber, es tut mir leid, Sie haben es leider vergeigt.

(Widerspruch von der CDU – Zuruf von der CDU: Ohren waschen! – Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Sie machen es sich aber einfach!)

Ohne Vorurteile, differenziert und sachlich streiten, möchten Sie, und dann verwechseln Sie Ursache und Wirkung und tun in Ihrer Rede so, als hätte die Spaltung erst im Jahr 2015 begonnen und als wäre der Rechtsextremismus das schlimmste Problem in Sachsen. Noch schlimmer: Sie liefern der AfD all die Stichworte, die diese Partei braucht, um sich weiter in den Augen der Bürger als Opfer einzurichten,

(Lachen des Abg. Carsten Hütter, AfD – Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Sie kennen sich ja aus!)

weil Sie, ein Großteil der CDU und die weiteren Parteien links der Mitte, längst unter Realitätsverlust leiden und immer noch versuchen, die Schuld für die aktuellen Zustände auf alle anderen abzuwälzen.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Hat er doch gar nicht getan! – Dirk Panter, SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Aus Ihrer Rede spricht vor allem eines, das ist Angst – Angst vor Machtverlust,

(Dirk Panter, SPD: Schneller lesen, die Zeit ist gleich um!)

Angst vor dem Koalitionspartner, Angst vor der AfD und ihren Umfragewerten und vor allem Angst davor, politische Verantwortung für die folgenschweren Fehler der CDU und der Kanzlerin übernehmen zu müssen. Sie saßen dabei als stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

Was wir jetzt brauchen sind mutige Bürger und Politiker, egal mit welchem Hintergrund, die die Probleme endlich klar benennen.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Na, hoffentlich nicht Sie!)

Grenzenlose Migration, ein grenzenloser Sozialstaat, grenzenlose Toleranz für Menschen, die unsere Hilfsbereitschaft missbrauchen, und die längst als Regel empfundenen Doppelstandards müssen ein Ende haben. Nur so kann es wieder sozialen Frieden geben.

Wenn das Nulltoleranzpolitik für Sie ist, –

Bitte zum Ende kommen.

– dann sind wir bei Ihnen, aber den konservativen Kompass vermisse ich weiterhin.

(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten)

Frau Dr. Muster, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat vorgestern erklärt: „Nach allem uns vorliegenden Material hat es in Chemnitz keine Hetzjagd gegeben.“

Das war eine wohltuende Entwarnung nach der Hysterie in Presse und Fernsehen, aber auch bei der Kanzlerin und bei einigen Bundesministern, auch bei Ihnen, liebe LINKE.

Von Anfang an haben der Chefredakteur der „Freien Presse“ Torsten Kleditzsch und der Journalist vom ZDF Thomas Bärsch deutlich darauf hingewiesen, dass es wohl Rempeleien, aber keine Hetzjagden gegeben habe. Leider drang diese nüchterne und klare Berichterstattung nicht durch. Verkauft sich Wahrheit schlechter als Hetze und Fake News?

Die Berichterstattung über Hetzjagden ist unverantwortlich und ein Tiefpunkt journalistischer Sorgfaltspflicht. Dieser Fall muss vor den Presserat. Hierbei sind die Grundsätze journalistischer Arbeit mit Füßen getreten worden. Wir erinnern uns auch noch an die verlogene Berichterstattung über Sebnitz aus dem Jahr 1997. Ich bin tief enttäuscht und erschrocken über diese Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Ich ende mit einem Zitat von Klaus Kelle: „Die ARDTagesschau ist ein Musterbeispiel dafür, wie Fake News geht und warum die Öffentlich-Rechtlichen nichts mit Journalismus zu tun haben.“

Vielen Dank.

(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten)

Herr Wurlitzer, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Bürger dieses Landes, ich bin Sachse und das mit ganzem Herzen. Ich bin heute vor allen Dingen Chemnitzer.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Nein! Niemals! Das wüsste ich! – Dr. Frauke Petry, fraktionslos: Das entscheiden Sie? – Susanne Schaper, DIE LINKE: Er ist Chemnitzer? Das weiß ich wohl als Chemnitzerin!)

Unabhängig davon, was wirklich am letzten AugustWochenende nach dem mutmaßlichen Mord an einem Chemnitzer Fußballfan geschehen ist, stellen wir fest: Auf Demonstrationen der verschiedenen politischen Lager gab

es in den letzten Tagen 10 % gewaltbereite Krawalltouristen aus verschiedenen Bundesländern, die dort jeweils polizeibekannt sind. Diese Randalierer auf beiden Seiten sind aber nicht repräsentativ für 246 000 Chemnitzer und schon gleich gar nicht für 4,1 Millionen Sachsen. Die öffentliche Reaktion aus der sächsischen Politik und aus Berlin und die Überzahl der Medienberichte suggerieren aber genau das.