Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

Dabei haben wir ein Hauptziel: Wir wollen Polizeiarbeit verbessern und die Transparenz polizeilicher Arbeit weiter erhöhen. Dazu haben wir mit der Beschwerdestelle ein niedrigschwelliges Angebot, Kritik an polizeilicher Arbeit vorzubringen. Wir haben auch die Möglichkeit vorgesehen, dass die Polizei darüber reflektieren kann und ihre

eigene Arbeit verbessern kann. Wir werden die Beschwerdestelle weiterentwickeln und damit die Transparenz und das Vertrauen in die Polizei stärken.

Den Gesetzentwurf der AfD brauchen wir dazu nun wirklich nicht, und er ist erst recht nicht – wie von Ihnen vorgetragen – der einzige Weg, um Vertrauen in die Polizei zu stärken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kommt jetzt Kollege

Lippmann hier vorn am Rednerpult zum Zuge.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sachsen braucht eine unabhängige und wirkmächtige Beschwerdestruktur bei der Polizei, die mit hinreichend Befugnissen ausgestattet ist, um sowohl die Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger anzunehmen als auch Beschwerden aus der Polizei selbst nachzugehen.

Dass es einen Bedarf an einer solchen Beschwerdestruktur gibt, ist mit Blick auf die polizeiliche Realität in Sachsen klar. Die GRÜNEN haben in den letzten Jahren viele Fälle polizeilichen Fehlverhaltens kritisiert, insbesondere den Umgang der Polizei damit. Ich verweise auf eine Reihe missglückter Polizeieinsätze oder polizeilicher Ermittlungen auch in letzter Zeit, bei denen wir erleben mussten, dass umfassende Aufklärung, Analyse und Auswertung polizeilichen Fehlverhaltens nicht stattgefunden hat.

Mit einer unabhängigen Beschwerdestelle, einem Polizeibeauftragten oder einer Polizeikommission verknüpfen wir GRÜNEN daher den Wunsch und die Hoffnung, für eine bessere Fehlerkultur innerhalb der Polizei zu sorgen. Unabhängige Ermittlungen und die Bearbeitung von Beschwerden können dazu beitragen, das Vertrauen in die Arbeit der Sächsischen Polizei erheblich zu stärken.

Das Einzige, was wir in Sachsen bisher bekommen haben, ist der zahnlose Tiger einer Beschwerdestelle im Innenministerium, die weder ausreichend Kompetenzen hat, Beschwerden wirklich zu verfolgen, noch unabhängig ist. Werte Koalition, da nützt es auch nichts, wenn Sie diesen Etikettenschwindel jetzt ins Gesetz schreiben und immer noch behaupten, diese Beschwerdestelle sei unabhängig. Sie wird es schlicht nicht sein. Eine solche Stelle gehört zum Landtag und nicht zu der Behörde, die sie schlussendlich kontrollieren soll.

Die AfD schlägt nun nach dem Vorbild des Wehrbeauftragten der Bundeswehr einen Polizeibeauftragten vor, der sowohl für Beschwerden aus der Polizei als auch aus der Bevölkerung zuständig sein soll. Chapeau – das hätte ich von der AfD nun wahrlich nicht erwartet, suggerieren Sie hier doch in fast jeder Sitzung, die Polizei mache nie Fehler.

(Beifall der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Aber vielleicht gibt es auch bei Ihnen so etwas wie Lernfähigkeit. Allerdings scheint sie nicht sonderlich ausgereift zu sein, denn das, was Sie hier vorschlagen, ist schlussendlich ein kümmerliches Placebo.

Wir haben in dieser Legislaturperiode im Hohen Hause einen Gesetzentwurf der LINKEN zu diesem Thema diskutiert. Wir haben in der letzten Legislaturperiode einen Gesetzentwurf der GRÜNEN zur Errichtung einer Polizeikommission vorgelegt und diskutiert. Wir GRÜNEN wissen, was wir als unabhängige Beschwerdestelle wollen: definitiv nicht das, was Sie heute vorlegen.

Zwar normiert der Gesetzentwurf einen frei zu wählenden Polizeibeauftragen, der unabhängig und weisungsfrei sein soll. Er gibt ihm aber nicht die erforderlichen Befugnisse, um seine Aufgaben wirklich ausüben zu können. So ist bei festgestellten rechtswidrigen polizeilichen Maßnahmen nur vorgesehen, dass diese dem fachlich zuständigen Staatsministerium mitgeteilt werden und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben sei. Wir sehen es für die Wirksamkeit einer Kontrollinstanz aber als dringend erforderlich an, dass der unabhängige Polizeibeauftragte, die Kommission oder die Beschwerdestelle den Innenminister auffordern kann, die Verstöße innerhalb einer begründeten Frist auch zu beheben. Denn ein Polizeibeauftragter, der, wie in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehen, für eine Sachverhaltsaufklärung lediglich die Möglichkeit hat, Auskunft vom Ministerium zu verlangen, wird seine Aufgaben nicht wahrnehmen können. Wer soll seiner unabhängigen Ermittlungsarbeit nachkommen, wenn er dabei vom Wohl und Wehe des Innenministeriums und dessen gefilterten Auskünften abhängig ist? Hier wären vielmehr Akteneinsichtsrechte, der Zutritt zu Diensträumen und die Möglichkeit einzuräumen, Polizeibedienstete oder Zeugen auch tatsächlich anhören zu können.

Nicht zuletzt fehlt uns GRÜNEN ein umfassendes Informationsrecht des Beauftragten, insbesondere über Verwaltungsanordnung, Rechtsverordnung und strukturelle

Planung. Ebenso fehlt jene Anbindung an den Landtag, die den Beauftragten oder die Kommission mit einer Prüfung von Verstößen beauftragen oder eben Bericht dazu verlangen kann.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen in Sachsen keinen weiteren zahnlosen Tiger, sondern eine wirkmächtige Beschwerdestruktur. Wir brauchen eine Institution, die das Vertrauen in die Polizei stärkt, statt bei noch mehr Menschen Frustration zu schaffen. Wir brauchen deshalb einen großen Schritt nach vorn und nicht diesen Schmalspurgesetzentwurf, den wir ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Heiko Kosel, DIE LINKE)

Als Letzter in der Rednerreihe spricht jetzt Herr Kollege Wurlitzer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgrund der Kürze der Redezeit, die mir noch bleibt, kann ich nur auf einen Aspekt des Antrages eingehen.

Sehr geehrte Kollegen der AfD, Sie gehen in Ihrem Gesetzentwurf mit keinem Wort auf die Zentrale Beschwerdestelle der sächsischen Polizei ein, die seit zwei Jahren tätig ist. Seit 2017 gingen dort, wie schon mehrfach gesagt worden ist, 199 Beschwerden von Bürgern, aber lediglich drei von Polizeibediensteten ein. Was soll mit der existierenden Beschwerdestelle passieren? Wollen Sie, dass beide Beschwerdestellen parallel arbeiten?

Es gibt keine Analyse dahin gehend, dass die Zentrale Beschwerdestelle ihre Aufgaben nicht richtig erfüllt. Aus welchem Grund sollten die Aufgaben der erst vor zwei Jahren geschaffenen Einrichtung auf eine neu zu schaffende Einrichtung übertragen werden?

Wir sehen keinen Bedarf an einem Beauftragten für den Polizeivollzugsdienst, weil diese Aufgaben von der Zentralen Beschwerdestelle bereits abgedeckt werden. Aus diesem Grund lehnen die Abgeordneten der blauen Partei diesen Gesetzentwurf ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Wir sind am Ende der Rednerreihe angelangt. Gibt es Bedarf aus den Fraktionen, eine weitere Rederunde zu eröffnen? – Das kann ich nicht erkennen. Damit hätte die Staatsregierung das Wort. Bitte, Herr Staatsminister Haß.

Ich möchte in Vertretung von Roland Wöller für die Staatsregierung sprechen.

Der Gesetzentwurf schlägt vor, einen weiteren weisungsunabhängigen Ansprechpartner zu schaffen. Die Einrichtung einer unabhängigen Zentralen Beschwerdestelle der sächsischen Polizei – es ist hier gesagt worden – ist ein wesentliches Vorhaben unseres Koalitionsvertrages

gewesen. Es ist ein Vorhaben, das im Innenministerium umgesetzt worden ist. Die Beschwerdestelle existiert seit Anfang 2016. In der Beschwerdestelle werden sowohl Bürgerbeschwerden als auch interne Beschwerden behandelt. Sie ist kraft gesetzlicher Definition – das ist in der Novelle vorgesehen – weisungsunabhängig. Ich würde sagen, das sollte man nicht kleinreden.

Wenn ich mir gestatten darf, auf einige der Beiträge einzugehen, so sollte nicht der Eindruck entstehen, dass es, weil die Zahl der Beschwerden vergleichsweise klein ist – wenn man sich die Bilanz anschaut –, für sich genommen ein pathologischer Befund ist. Es ist vielmehr ein Zeichen für unsere Grundvermutung, dass die Arbeit der sächsischen Polizistinnen und Polizisten ganz ordentlich ist. Die Beschwerdezahl ist im Hinblick auf die zahlreichen Polizeikontakte, die man in Sachsen und bei jeder Polizei in jedem Land hat, gering. Man kann sich anschauen, wie viele Beschwerden bearbeitet worden

sind. 2017 waren es 200 Beschwerden und 414 weitere Anliegen. Im Hinblick auf die gesamte Tätigkeit der Polizei ist das eine Zahl, die man aus meiner Sicht als normal einstufen kann. Das ist nicht für sich genommen ein pathologischer Befund, bei dem man sagen müsste, dass noch mehr Beschwerdestellen geschaffen werden sollen, damit es noch mehr Beschwerden gibt.

Es sind die drei Fälle genannt worden, die von innen aus der Polizei kamen. Das sind sicher etwas wenige. Da wird man vielleicht noch nach innen werben, um das Vertrauen zu erhöhen. Im Gesetzentwurf wurden gute Vorschläge gemacht, um die Zentrale Beschwerdestelle zu stärken.

Meine Damen und Herren! Die Beschwerdestelle in Sachsen existiert bereits. Sie arbeitet inhaltlich weisungsfrei. Sie wird im Zuge der Novellierung des Polizeigesetzes nunmehr rechtlich fest verankert.

Die Staatsregierung empfiehlt daher, den vorliegenden Gesetzentwurf abzulehnen, auch, weil allen Bürgern nicht nur die Beschwerdestelle der Polizei, sondern auch der Petitionsausschuss des Sächsischen Landtags offensteht und weil niemand ernstlich Parallelzuständigkeiten haben will, umso mehr, wenn es um unsere Polizei und damit um die Sicherheit in Sachsen geht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Haß.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Einführung eines Beauftragten für den Poli

zeivollzugsdienst im Freistaat Sachsen, Drucksa

che 6/13040, Gesetzentwurf der AfD-Fraktion. Wir stimmen über diesen Gesetzentwurf ab. Es liegen keine Änderungsanträge vor.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir könnten dieses Gesetz im Block abstimmen, so sich denn kein Widerspruch zum Beispiel von der einbringenden Fraktion erhebt. – Ich erkenne keinen Widerspruch. Wir können das also so machen.

Ich trage jetzt noch einmal vor: Überschrift, Artikel 1 Gesetz über den Beauftragten für den Polizeivollzugsdienst im Freistaat Sachsen, Artikel 2 Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes, Artikel 3 Änderung des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen, Artikel 4 Änderung des Sächsischen Verwaltungsorganisationsgesetzes, Artikel 5 Inkrafttreten.

Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist das Gesetz abgelehnt.

Nachdem somit sämtliche Teile des Gesetzentwurfs abgelehnt wurden, findet über diesen Entwurf gemäß § 47 der Geschäftsordnung eine Schlussabstimmung nur auf Antrag des Einbringers statt. Daher frage ich jetzt die AfD-Fraktion, ob eine Schlussabstimmung gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall.

Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Qualitätsentwicklung an Schulen voranbringen –