Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

Qualitätsentwicklung an Schulen voranbringen –

Unterstützungssystem Schulentwicklung (USYS) neu ausrichten

Drucksache 6/13896, Antrag der Fraktionen CDU und SPD,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die miteinbringende CDU-Fraktion spricht als Erste Frau Kollegin Firmenich.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sachsen liegt bei fast allen Bildungsvergleichen seit Jahren an der Spitze der Bundesländer. Das ist das Ergebnis der hervorragenden Arbeit, die in den Schulen geleistet wird. Dafür danken wir unseren vielen engagierten Pädagogen ganz herzlich.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Es ist aber auch ein Beweis dafür, dass es sich auszahlt, wenn man ein Schulsystem in seiner Grundstruktur stabil hält, es innerhalb der bewährten Strukturen weiterentwickelt und sich kontinuierlich um hohe Qualität bemüht.

Gegenwärtig müssen wir uns allerdings mit aller Kraft und Anstrengung darauf konzentrieren, ausreichend gute und qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer zu finden, um den Unterricht abzusichern. Diese Situation war heute Morgen schon Thema in diesem Haus.

Trotzdem darf Schulentwicklung nicht aus dem Blick geraten und die Qualität der schulischen Ausbildung nicht leiden. Die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen leisten viel. Sie müssen Unterricht erteilen, Lehramtsstudenten, Referendare und Seiteneinsteiger betreuen, Kinder mit Förderbedarf inklusiv unterrichten, sich

fortbilden, ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen und mit den Eltern arbeiten. Das ist eine enorme Herausforderung; manchmal vielleicht auch eine Zumutung. Sie stellen sich diesen Aufgaben Tag für Tag, und dafür danken wir Ihnen ausdrücklich.

Doch die Welt um uns herum verändert sich, und zwar mit einer derart hohen Dynamik, dass es immer schwerer wird – besonders bei der Ausbildung junger Menschen –, mit den Anforderungen der digitalisierten Welt Schritt zu halten. Mit dem Übergang vom analogen zum digitalen Zeitalter ändern sich die Anforderungen an die Fachkräfte von morgen. Darauf müssen wir unsere Jugend rechtzeitig und gut vorbereiten.

Auch für den gesellschaftlichen Frieden und den Zusammenhalt ist es wichtiger als je zuvor, Bildung zu vermitteln, die mehr ist als angehäuftes Wissen. Schule muss sich diesen Veränderungen stellen. Dafür brauchen die Lehrkräfte in den Schulen Unterstützung in vielerlei Hinsicht.

Mit unserem Antrag wollen wir reflektieren, welche Unterstützungsangebote es für die Schulentwicklung derzeit gibt, wie sie angenommen werden und welche Ressourcen dafür zur Verfügung stehen. Das Kultusministerium hat in seiner Stellungnahme zu unserem Antrag sehr ausführlich darauf geantwortet, wofür ich herzlich danke.

Es war für mich erstaunlich, welch umfangreiches und wichtiges Aufgabenfeld die fünf Unterstützungsangebote für Schulentwicklung ausfüllen sollen und wofür sie in Anspruch genommen werden: Berater für Demokratiepädagogik, pädagogische Supervisoren, Prozessmoderatoren, regionale Schulmediatoren und Trainer für Unterrichtsentwicklung. Sie kümmern sich um solche Themen wie Kommunikation, Arbeitsklima, Teamkultur, Umgang mit Heterogenität, ganzheitliche individuelle Förderung, hirngerechtes Lernen, kompetenzorientierter Unterricht und vieles andere mehr.

Zum Unterstützungssystem zählen auch schuleigene, überschulische sowie externe Beratungs- und Koordinierungsleistungen, zu denen zum Beispiel die Beratungslehrer gehören, aber auch Schulpsychologen oder Experten für Gesundheitsförderung und Prävention. Das ganze System beruht jedoch im Wesentlichen darauf, dass sich Pädagogen für die eine oder andere genannte Aufgabe extra qualifizieren und für ihre Tätigkeit in der Regel bis zu vier Unterrichtsanrechnungsstunden erhalten.

Beim Blick auf die Statistik wird sehr schnell klar, dass wir zwar viele Köpfe in diesem System haben, aber dass in Summe nur 9,06 VZÄ für Unterstützungsleistungen für ganz Sachsen zur Verfügung stehen, und das ist in Anbetracht des wachsenden Bedarfs eindeutig zu wenig.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Nach dem bisherigen System funktioniert das zukünftig nicht mehr. Mit Unterstützungsleistungen, die nur auf dem Papier existieren und mangels Personal nicht umgesetzt werden können, ist niemandem geholfen. Wir

können es uns aber auch nicht mehr leisten, noch mehr Lehrerinnen und Lehrer zur Weiterbildung für Unterstützungsfunktionen zu schicken. Die Anrechnungsstunden für die Arbeit als Prozessmoderatoren oder Ähnliches schaffen Probleme, denn während diese Lehrerinnen und Lehrer in anderen Schulen helfen, fehlen sie an ihrer Stammschule. Dort fallen dann Unterrichtsstunden aus, und das ergibt am Ende keinen Sinn.

Deshalb ersuchen wir in unserem Antrag unter Punkt II. die Staatsregierung, bis zum 31. Dezember 2018 ein Konzept zur zukünftigen Ausgestaltung des Unterstützungssystems Schulentwicklung zu erarbeiten, das den aktuellen inhaltlichen und personellen Anforderungen sowie den Bedarfslagen gerecht wird. Darauf, wie wir uns das vorstellen, werde ich in der zweiten Runde näher eingehen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die ebenfalls einbringende SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Kollegin Friedel.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da meine Vorrednerin schon alles gesagt hat, will ich es kurz machen und zwei andere Worte für denselben Sachverhalt verwenden.

Wir haben heute Vormittag über den Lehrermangel gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, dass Bildungserfolg vor allem von gutem Unterricht abhängt und guter Unterricht vor allem vom Lehrer. Wir haben auch darüber gesprochen – ein wenig später beim Weiterbildungsgesetz –, dass lebenslanges Lernen ein sehr wichtiger Ansatz ist, dem sich alle stellen müssen. Natürlich gilt das auch für Lehrkräfte.

Wir reden immer so schön von der ersten Phase der Lehrerbildung, dem Studium, und von der zweiten Phase der Lehrerbildung, dem Referendariat, und sagen dann, dass es noch eine dritte Phase der Lehrerbildung gibt, nämlich das Lernen während des Ausübens der Tätigkeit. Ich muss sagen: Dann erfüllt das schulische Unterstützungssystem USYS genau das. Das ist die dritte Phase der Lehrerbildung. Das ist der Punkt, an dem sich Lehrerinnen und Lehrer weiterentwickeln, bei dem sie versuchen, neue Wege zu gehen, bei dem sie Unterstützung dafür erhalten, um mit all den Herausforderungen, die wir gerade gehört haben, umzugehen.

Weil die Decke, wie wir heute Vormittag festgestellt haben, an vielen Enden zu kurz ist, bereitet uns der Lehrermangel besonders in diesem System große Probleme. Deshalb ist es absolut richtig, auf der einen Seite neue Wege zu gehen und zu sagen: Lasst uns überlegen, wie wir die Schulen noch besser dazu befähigen können, sich Unterstützung zu holen; nicht nur aus unseren eigenen Laden, sondern auch mithilfe externer Partner.

Das ist natürlich etwas Zusätzliches. Die neun VZÄ, die hier ausgewiesen sind – diese neun Personen, die für einen Personalkörper von 32 000 Unterstützungsleistungen geben sollen –, können auf Dauer nicht ausreichen. Es gibt bestimmte Themen, die wir uns nicht extern einkaufen können.

Ich nehme einmal das Beispiel Unterrichtsentwicklung. Wie Unterricht funktioniert, können nur Pädagogen und Lehrende wissen, und sie können es auch am besten vermitteln. Wir haben im Bereich der Erwachsenenbildung keine externen Anbieter, denen wir diese Aufgabe übertragen können.

Insofern ist das Anliegen dieses Antrages tatsächlich zweigeteilt. Unterstützung ist wichtig. Das ist der Kern der dritten Phase der Lehrerbildung, lebenslanges Lernen auch für Lehrerinnen und Lehrer. Wir brauchen dafür erstens mehr Freiheiten (und auch ein finanzielles Budget), damit sich Schulen externe Unterstützung holen können, und wir wollen zweitens – obgleich die Decke zu kurz ist – trotzdem weiter daran arbeiten, dass wir die neun Personen, die sich derzeit um dieses Thema in unserem Personalkörper kümmern können, erhöhen und in den nächsten Jahren hoffentlich dort etwas aufsatteln können.

Dafür der Antrag. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Als Nächste ergreift jetzt Frau Kollegin Falken für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz auf den Antrag eingehen. Wir werden diesem Antrag zustimmen. Der erste Teil des Antrags ist ein Berichtsantrag. Insofern war es wirklich spannend und interessant, sich anzuschauen, welche Zahlen und Daten – statistisch gesehen – aus dem Kultusministerium zu dieser Problematik kommen.

Frau Firmenich, ich habe das auch so gewertet und gesehen, dass wir für die Anzahl der Schulen und für die Anzahl der Schüler und Lehrer – rein statistisch gesehen – noch nicht genügend tun. Es ist noch viel zu wenig. Das ist mit den Daten eindeutig belegt. Sie haben es schon dargestellt.

Der zweite Teil des Antrages beinhaltet die Erarbeitung eines Konzeptes. An diesem Punkt habe ich das erste Mal gestutzt, als ich den Antrag gelesen habe. Ich habe mir gedacht: Mhm, hat doch der Kultusminister uns zugesagt, dass das Handlungskonzept „W wie Werte“ umgesetzt wird; zumindest hat er das schon mehrfach gesagt. Wieso ist es jetzt notwendig, dazu noch einmal einen Antrag vorzulegen?

(Staatsminister Christian Piwarz: Es schadet ja nicht!)

Macht das Kultusministerium das nicht sowieso, wenn der Minister das zusagt?

(Zuruf des Staatsministers Christian Piwarz)

Na klar kann man das machen, es schadet nichts. Aber es macht mich schon ein wenig nachdenklich.

Wir sind dafür, das zu machen – keine Frage. Das kann man tun. Wenn man die Stellungnahme des Kultusministeriums liest, stellt man fest, dass am Ende steht, dass sie es sowieso vorgehabt haben. Insofern schadet es nichts. Aber es ist schon ein bisschen... Na gut, lassen wir das mal an der Stelle.

Hinweisen möchten wir noch darauf, dass Schulentwicklung ein sehr wichtiges Thema ist, egal in welchen Schulformen und welchen Schularten.

Im Antrag wird sehr stark nochmal die Problematik der Eigenverantwortung betont. Wir als LINKE sind sehr für Eigenverantwortung von Schule, das heißt, selbst entscheiden zu können. Ich habe das heute früh in meinem Beitrag bereits dargestellt. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass Eigenverantwortung als Selbstzweck natürlich nicht funktioniert. Eigenverantwortung funktioniert nur dann, wenn ich die sächlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen habe, an Schulen wirklich Eigenverantwortung zu übernehmen. Mir geht es darum, dass wir Eigenverantwortung im Freistaat Sachsen nicht so gestalten – insbesondere durch die Staatsregierung –, dass die Schulen das zwar machen könnten, aber nicht wirklich tun können, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Darauf möchte ich noch einmal sehr ausdrücklich hinweisen.

Ansonsten werden wir dem Antrag zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Als Nächste hat Frau Kollegin Wilke für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag hat zum Ziel, die Qualität an den Schulen voranzubringen. Dazu soll nach dem Willen der Koalition das sogenannte Unterstützungssystem Schule – kurz: USYS – neu ausgerichtet werden, welches zusätzliche externe Honorarkräfte als Berater bereitstellt. Die AfD-Fraktion wird den Antrag ablehnen.

Unter Punkt I des Antrages wird die Staatsregierung aufgefordert, über die aktuellen Gegebenheiten des USYS zu berichten. Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, die gestellten Fragen hätten Sie sich mit einer kurzen Recherche im Internet ganz einfach selbst beantworten können. Unter www.bildung.sachsen.de werden hierzu umfangreiche Materialien zur Verfügung gestellt. Dort können insbesondere auch die Jahresberichte des USYS für die Schuljahre ab 2013/2014 eingesehen werden.

Kern des Antrages ist die Forderung unter II: die Erstellung eines Konzepts zur Entwicklung und Anpassung des Unterstützungssystems. Ich zitiere hierzu die Stellungnahme der Staatsregierung: „Die Erarbeitung eines