Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

(Widerspruch des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Die AfD wendet sich entschieden gegen jegliche häusliche Gewalt und verurteilt diese aufs Schärfste. Jedoch sehen wir im Gegensatz zu Ihnen, dass ein nicht unerheblicher Anteil der von Gewalt Betroffenen Männer sind, nämlich circa 23 %. Es gibt in Sachsen aber nur zwei Schutzeinrichtungen für Männer mit insgesamt nur sechs Plätzen. Dass die Gewalt auch Männer trifft, blenden Sie in Ihrem Antrag aber komplett aus. Doch in Ihrem Redebeitrag, Frau Buddeberg, haben Sie es so mit angesprochen,

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

so wie es meistens bei Ihnen der Fall ist. Ebenso sind die Probleme bei Opfern häuslicher und sexueller Gewalt seit Jahren bekannt, auch ohne dass es dafür einer solchen Konvention bedurfte. Die bestehenden Mängel sind längst aufgezeigt worden, beispielsweise im Bericht der Bundesregierung zur Situation der Frauenhäuser, der Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder aus dem Jahre 2012. Ebenso wurde im Aktionsplan der Bundesregierung aus demselben Jahr darauf hingewiesen.

Herr Hütter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, bitte nicht. – Viel passiert ist seither nicht. Es wurde weder ein flächendeckendes Netz an Schutzeinrichtungen geschaffen, noch besteht ein flächendeckendes Hilfsangebot. Weder der Erzgebirgskreis noch der Landkreis Nordsachsen hat Frauen- oder Männerschutzeinrichtungen. Es fehlt weiterhin an bundesweit geltenden Standards für die Schutz- und Hilfsangebote. Bis heute wird keine Bedarfsplanung für die Schutzeinrichtungen durchgeführt. Bedarfe werden nur aus der Inanspruchnahme der vorhandenen Angebote abgeleitet.

Es fehlt an barrierefreien Angeboten. Es mangelt an Hilfsmöglichkeiten für Kinder der Gewaltbetroffenen und an Angeboten für Personen mit vielfältigen Problemlagen. Das ist aber seit Jahren bekannt und kann ohne diese Istanbul-Konvention verbessert werden. Aber wer weiß, vielleicht wird diese ja in Zukunft noch viel relevanter für Deutschland, nämlich dann, wenn der Zustrom von Scharia-ergebenen Muslimen weiter anhält. In diesem Kulturkreis ist leider die Unterdrückung der Frau System und nicht bei uns. Ich weiß, Sie wollen die Wahrheiten über Ihre bunte Multikulti-Gesellschaft nicht hören. Fakt ist aber, dass heute schon circa 40 % der Plätze in Schutzeinrichtungen durch Migranten belegt sind, und das bei einem Migrationsanteil in Sachsen von 6,5 %. Das ist die Realität, die Sie gerne ausblenden wollen. Sie geben vor, Probleme lösen zu wollen, und in Wirklichkeit verursachen Sie diese Probleme zum größten Teil mit. Wir lehnen daher Ihren Antrag ab.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. – Außerdem gibt es mittlerweile im Bundesfamilienministerium eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema, die Gleiches erreichen will. Sie, liebe LINKE, braucht es hier wirklich nicht. Sie sind Problemschaffer, nicht Problemlöser. Wenn Sie wirklich etwas ändern wollen, dann fangen Sie endlich an, über die Ursachen zu sprechen und nicht über die Symptome.

Vielen Dank.

Frau Buddeberg, Sie wünschen?

Eine Kurzintervention bitte, Herr Präsident.

Bitte sehr.

Herr Hütter, es war vorhersehbar, dass Sie hier weiter Hass schüren und so tun, als ginge die Gewalt vor allem von Menschen mit Migrationshintergrund aus. Das war so vorhersehbar, dass ich gleich eine Kurzintervention vorbereitet habe. Es ist ja auch nicht neu, dass Sie sich auf die Marktplätze stellen und den Leuten sagen, besonders den Frauen, dass sie jetzt Angst haben müssen, allein nach Hause zu gehen. Ich habe übrigens keine Angst, allein nach Hause zu gehen, auch wenn ich immer mal über die Alaunstraße gehen muss, die einer der gefährlichsten Orte in Sachsen ist.

Aber die Gewalt gegen Frauen – das muss man ganz klar sagen – ist kein importiertes Problem. Wer das behauptet, der verharmlost das, was tagtäglich in deutschen Familien brutale Realität ist. Schauen Sie sich einmal die Berichte darüber an. Sie müssen sich die Zahlen wirklich einmal anschauen. Das ist ein Problem, das wir seit Jahren in diesem Land haben. Da können Sie sich jetzt nicht hinstellen und sagen, das sei ein importiertes Problem.

Ich möchte noch ein Beispiel nennen, weil Sie ja immer über verschiedene Kulturen reden. Wenn wir über Leitkulturen reden, ob das jetzt mit „d“ oder „t“ geschrieben werden muss, dann möchte ich Sie bitten, sich die Berichte zum diesjährigen Oktoberfest anzuschauen, die ja erst ein paar Tage alt und noch nicht abgeschlossen sind. Wir haben jetzt schon Berichte über versuchte Vergewaltigungen von Männern ohne Migrationshintergrund. Wir haben Berichte über sexuelle Nötigung. Einer Frau wird unter den Rock gefasst, sie wehrt sich und bekommt einen Maßkrug ins Gesicht geschlagen. Das alles sind Beispiele aus unserer Kultur. Das ist dann eine Selbstverständlichkeit. Da brauchen wir nicht so tun, als wäre das Problem importiert. Wir stellen uns Rassismus entgegen, wie wir uns auch Sexismus und sexualisierter Gewalt entgegenstellen, egal, von wem sie ausgehen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Hütter, Sie möchten erwidern?

Sehr geehrte Frau Buddeberg, ich weiß nicht, ob Sie meinem Redebeitrag folgen konnten. Definitiv ist es so, dass wir die häusliche Gewalt erkennen wie Sie auch. Wir erkennen aber auch, dass es durch die Zuwanderungspolitik zu einer Verschärfung dieser Situation kommt. Das hat mit Hass nichts zu tun. Das ist einfach eine Benennung von Fakten, die Ihnen auch nicht verborgen geblieben sein dürften.

Frau Abg. Kliese.

Vielen Dank. Frau Buddeberg hat schon viel zum Thema „Häusliche Gewalt geht alle an“ gesagt und dass es genauso von Deutschen wie von anderen Männern ausgeht. Trotzdem ist es sehr interessant, Herr Hütter, dass die Antwort auf alle Themen in diesem Hause, die Ihnen nicht gefallen, immer etwas mit Flüchtlingen ist. Es ist auch in diesem Fall wieder so gewesen. Besonders bemerkenswert fand ich, dass Sie an dieser Stelle Ihre Doppelmoral deutlich offengelegt haben.

Wir hören sehr oft aus Ihrer Ecke, dass man gern die Familien und die armen Frauen aus Syrien und den anderen Ländern, denen es so schlecht geht, herholen und gern unterstützen würde, aber die gewalttätigen Männer usw. möchte man nicht haben. Wenn Ihre These stimmen würde, dass wir besondere Probleme mit diesem Kulturkreis haben werden und es besonders viele Frauen gibt, die unterstützt werden müssten, dann frage ich mich, wo Ihre Solidarität mit diesen Frauen bleibt. Sie ist offensichtlich nicht vorhanden.

Meine These ist: Es gibt genauso in diesem Kulturkreis wie in unserem Probleme mit Gewalt gegen Frauen, und diese Frauen verdienen genauso Unterstützung. Sie hätten zeigen können, dass für Sie alle Menschen und alle Frauen gleich viel wert sind, indem Sie sich klar positioniert hätten. In dem Moment haben Sie aber eine Abstufung aufgemacht, dass es für diese Frauen nicht so wichtig ist, vor Gewalt geschützt zu werden. Das finde ich schon bemerkenswert.

(Beifall bei der SPD, der CDU und den LINKEN)

Herr Hütter.

Frau Kollegin! Erstens habe ich die Begrifflichkeit Flüchtlinge in meinem Redebeitrag nicht einmal in den Mund genommen. Das ist einfach nicht richtig, wie Sie das behaupten. Zweitens habe ich überhaupt keine Wertigkeit von ausländischen oder deutschen Frauen in meinem Redebeitrag herbeigeführt. Sie können sich das im Protokoll gern noch einmal durchlesen. Des Weiteren sind bis zu 40 % in den Frauenhäusern wegen häuslicher Gewalt aufgrund des Systems, aus dem sie kommen, und auch die Vorgehensweise, wie die Männer in diesen Systemen mit den Frauen umgehen, hat mit unserem System der Vorgehensweise und der Gleichberechtigung von Frauen in Deutschland überhaupt nichts zu tun. Ich weiß gar nicht, woher Sie diese Dinge

zwischen den Zeilen in meinem Redebeitrag erkennen können; das ist mir völlig unerklärlich.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Es geht in der Aussprache weiter. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Meier. Sie haben das Wort, Frau Meier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Jeden Tag erleben Frauen und Mädchen Gewalt überall auf der Welt: in Europa, in Deutschland, in Sachsen – mitten in unserer Gesellschaft. Betroffen sind Frauen jedes Alters, aus jeder sozialen Schicht und – ja – auch jeder Nationalität. Vor diesem Hintergrund und im Bestreben, ein Europa zu schaffen, das frei von Gewalt gegen Frauen und frei von häuslicher Gewalt ist, hat der Europarat bereits 2011 die Istanbul-Konvention verabschiedet. Im Februar dieses Jahres ist dann auch endlich hier in Deutschland die Konvention in Kraft getreten.

Das war und ist ein wichtiges Signal und zeigt, dass die Erfahrungen sexualisierter Gewalt eben kein individuelles Problem sind, sondern dass es hier struktureller Abhilfe bedarf. Das heißt auch, wir hier in Sachsen müssen konkret handeln. Deswegen haben sowohl Frau Buddeberg als auch ich die Staatsregierung nach Inkrafttreten der Konvention gefragt, was denn konkret geplant sei. Aber die Antworten auf unsere beiden Kleinen Anfragen warfen leider mehr Fragen auf, als dass sie Antworten gegeben hätten. Denn wenn wir über Schutzmaßnahmen für Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind, reden, sind entsprechende Schutzeinrichtungen, Interventions- und Beratungsstellen der Dreh- und Angelpunkt. Wir haben es schon gehört: Weder im Erzgebirge noch in Nordsachsen gibt es überhaupt eine Einrichtung.

Da erwarte ich von Ihnen, Frau Klepsch, als Sozialministerin und ehemalige Oberbürgermeisterin im Erzgebirge, dass Sie sich auch vor Ort dafür einsetzen, dass endlich im Erzgebirge eine entsprechende Einrichtung vor Ort eingerichtet wird. Wir als Landtag sind auch hier gefordert – wir sind jetzt mitten in den Haushaltsverhandlungen – und ich erwarte von uns als Haushaltsgesetzgeber, dass wir die entsprechenden Änderungsanträge einbringen. Wir als GRÜNE und sicher auch DIE LINKEN werden das tun, damit die entsprechenden Mittel zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, um im Erzgebirge eine entsprechende Einrichtung vorhalten zu können.

Ein Aspekt – Frau Buddeberg hat es in ihrer Rede angesprochen – ist im Antrag ein wenig heruntergefallen, doch auch in der Istanbul-Konvention ist es ein wichtiger Punkt, Frauen mit Behinderungen, die überdurchschnittlich von häuslicher Gewalt betroffen sind, einzubeziehen. Für sie – wir haben es gehört – gibt es in Sachsen kaum barrierefrei zugängliche Einrichtungen, die entsprechend ausgestattet sind. Hierauf muss beim umfänglichen Ausbau der Kapazitäten ein besonderes Augenmerk gelegt werden.

Einen weiteren Aspekt möchte ich ansprechen. Schwerwiegendste Gewalt bis hin zu Tötungsversuchen erleben Frauen sehr oft von ihrem aktuellen Partner oder ihrem ehemaligen Lebens- bzw. Ehepartner. Diese Art der geschlechtsspezifischen Gewalt wird in der Gesellschaft, aber auch in den Medien immer noch verharmlost. Wenn eine Frau eine Trennung von ihrem Mann mit dem Leben bezahlen muss, dann hat das nichts mit einem Familiendrama oder mit Ehekrach zu tun. Das ist ein Tötungsdelikt, das genauso zu verurteilen, zu verfolgen und zu bestrafen ist wie jedes andere Tötungsdelikt auch.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN, der SPD und vereinzelt der CDU)

Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen angemessen auf die Opfer sexualisierter Gewalt reagieren können. Wenn sich ein Mensch angesichts einer Bedrohungslage im häuslichen Bereich an die Polizei wendet, muss er ernst genommen werden. Diese Person braucht sofort Hilfe. Das ist auch in der Aus- und Weiterbildung der Polizei als Pflicht entsprechend zu verankern. Das ist bisher noch nicht so. Gerade Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte müssen aber lernen, wie man mit Betroffenen in einer akuten Notlage empathisch umgeht, welche psychischen Prozesse bei ihnen ablaufen und wie darauf zu reagieren ist. Da gibt es bei der sächsischen Polizei dringenden Nachholbedarf.

Im weiteren Verlauf müssen die Betroffenen auf Gerichte treffen, die den Sachverhalt angemessen würdigen. Gewaltschutz-, Sorge- und Umgangsrecht treffen in den Familiengerichten aufeinander und müssen auch aufeinander abgestimmt behandelt werden.

Die Rechtsprechung der Strafgerichte geht bei sogenannten Familiendramen aktuell noch regelmäßig von einem minder schweren Fall des Totschlags aus, weil vor dem Übergriff einmal eine Intimbeziehung zwischen Opfer und Täter bestanden hat. Das heißt also: Auch im Justizbereich, in den Gerichten brauchen wir eine Sensibilisierung, brauchen wir eine Weiterbildung der Richterinnen und Richter.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Istanbul

Konvention fordert schon seit 2011 die europäischen Staaten auf, zu handeln. Dafür schreibt sie eine politischgesellschaftliche Gesamtstrategie auf. Hierzulande haben wir viele Einzelmaßnahmen, geförderte Projekte und Einrichtungen, aber eine Strategie, bei der sich Bund, Länder und Kommunen in puncto Prävention und Intervention abstimmen würden, gibt es nicht.

Deswegen ist der Antrag, den die Fraktion DIE LINKE hier stellt, genau richtig, weil er fordert, diesbezüglich aktiv zu werden. Viele Frauen haben schlicht nicht die Zeit, länger zu warten. Wir haben es gehört: Alle drei Tage stirbt in Deutschland eine von ihnen. Wir dürfen das nicht länger zulassen, sondern müssen in Sachsen jetzt schnell aktiv werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN – Beifall der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Nun Frau Abg. Dr. Muster. Frau Dr. Muster, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle haben erst vor ein paar Tagen die unvorstellbare Nachricht vernommen, dass in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wird. Frau Buddeberg hat darauf hingewiesen, dass im Jahr 2016 circa 110 000 Frauen Opfer von Mord, Totschlag, Körperverletzung, Bedrohung, sexueller Nötigung oder Vergewaltigung im häuslichen Umfeld wurden.

Zweifellos ist es ein wichtiges Anliegen, Mädchen und Frauen vor jeglicher Form von Gewalt zu schützen. Bundesfamilienministerin Giffey hat bei ihrem Amtsantritt völlig zu Recht einen Aktionsplan gegen Gewalt gegen Frauen angekündigt. Der Berliner Koalitionsvertrag sieht ausdrücklich den Ausbau und die finanzielle Absicherung der Arbeit von Frauenhäusern und ambulanten Hilfs- und Betreuungseinrichtungen vor. Der Runde Tisch von Bund, Ländern und Kommunen unter Vorsitz von Frau Giffey hat bereits getagt. Es wäre sinnvoll, erst einmal einen einheitlichen Plan für alle Bundesländer auszuarbeiten. Sächsische Alleingänge sind aus meiner Sicht kontraproduktiv. Wir brauchen nicht nur in Sachsen mehr Frauenhäuser, sondern in allen Bundesländern.

In Ihrem Antrag fehlen ferner Maßnahmen zum ausreichenden Schutz bedrohter Männer, denn wir brauchen in Sachsen auch mehr Männerschutzhäuser. Sie haben es in Ihrem Redebeitrag erwähnt; in Ihrem Antrag konnte ich es nicht finden.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: In der Begründung steht es!)

Ja, einmal, im Antrag selbst aber gar nicht.

Ich wundere mich auch darüber, wie selektiv Sie die Istanbul-Konvention hier präsentieren. Konkrete Schritte zur Umsetzung des Verbots von Zwangsheirat, Verstümmelung weiblicher Genitalien und Zwangsabtreibung fehlen in Ihrem Antrag vollständig.

Nun möchte ich noch einige Worte zur IstanbulKonvention generell sagen. Das Abkommen stammt aus dem Jahr 2011, wurde aber erst Ende 2017 vom Bundestag ratifiziert, also erst in dieser Legislaturperiode. Die Istanbul-Konvention ist seit Februar 2018 geltendes Recht in Deutschland.