Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

Deshalb werden wir uns bei dem Antrag auch enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Wild, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Die Abfallpolitik gehört wahrlich nicht zu den Leuchttürmen Sachsens. Das sieht man zum Beispiel am Umgang mit dem privaten Betreiber des Delitzscher Biomassekraftwerks oder bei der kommuna

len MBS in Oelsnitz im Vogtland. Neben dem miserablen Umgang der Behörden mit schwarzen Schafen kämpfen die sächsischen Zweckverbände auch mit strukturellen Problemen und mit den Folgen ehemaliger Fehlentscheidungen.

Wir müssen heute feststellen, dass in Sachsen nach wie vor viel Potenzial brachliegt. Die Frage ist jedoch: Hilft uns hierbei der vorgelegte Antrag? Ganz klar: Nein, er hilft uns nicht.

Im Kernpunkt Ihres Antrages „Abfallpolitik in Sachsen konsequent in Richtung Kreislaufwirtschaft umsteuern – Gemeinsame Landesstrategie ‚Null Müll‘ erarbeiten“ wollen Sie eine lokale Verordnung schaffen, mit der Sie nicht nur die öffentliche Hand, sondern auch sächsische privatwirtschaftliche Unternehmen verpflichten. Effektive Lösungen können aber nur länderübergreifend und auf Bundesebene gefunden werden.

Anstelle Vorschläge zur Verbesserung der bereits bewährten Systeme zu machen, ziehen Sie wieder einmal die Zwangsverpflichtung mit Quoten und bürokratischen Kontrollsystemen vor. Das ist typische grüne Politik.

Wir haben in Sachsen bereits den Abfallwirtschaftsplan – es wurde schon gesagt –, in dem die Grundlagen für die sächsische Abfallwirtschaftspolitik festgeschrieben sind. Sicherlich gibt es in der aktuellen Version noch ungelöste Probleme. Aber es braucht kein weiteres Papiermonster, um die Abfallpolitik in Sachsen in der Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln.

Nehmen wir als Beispiel die Entwicklung der Restabfallmengen in Kombination mit der in Sachsen verfügbaren Entsorgungskapazität. Bereits der Abfallwirtschaftsplan 2016 zeigt eine Differenz zwischen den verfügbaren Kapazitäten und dem tatsächlichen Restabfallaufkommen von circa 370 000 Tonnen, bis 2025 auf 410 000 Tonnen ansteigend. Besonders betroffen sind hier vor allem der Landkreis Bautzen und der Vogtlandkreis, die schon heute mit massiven Überkapazitäten kämpfen. Wirkliche Lösungen ergeben sich hier wahrscheinlich nur mit Hilfe der Landespolitik und vor allem landkreis- und bundesländerübergreifend.

Das alles ist mit einem überarbeiteten ambitionierten Abfallwirtschaftsplan zu lösen. Das macht deutlich, dass Ihr Antrag diese Probleme nicht lösen, sondern nur verschärfen würde. Der engstirnige Blick auf Bundesländergrenzen macht bei diesem Thema wirklich keinen Sinn.

Der Antrag fordert weitere kritische Initiativen wie die Verschiebung der Verantwortung über alle Siedlungsabfallströme auf die Kommunen. Für viele Abfälle ist dies bereits der Fall. Das System zur Finanzierung und Entsorgung von Verpackungsabfällen ist jedoch weiterhin in vielen Teilen privatwirtschaftlich organisiert. Ihr Irrglaube besteht darin, dass das System verbessert werden kann, indem lediglich die Verantwortung den Kommunen auferlegt wird. Das Problem liegt jedoch nicht in der Verteilung der Verantwortung, sondern am System selbst.

Kein Mensch versteht, dass über die Gelbe Tonne nur lizenzierte Verkaufsverpackungen entsorgt werden dürfen. Es ist eine Sache, das Inverkehrbringen von Verkaufsverpackungen zu kontrollieren und zu überprüfen, in welchem Maße die Unternehmen für die Kosten zur Entsorgung der Verpackungen aufkommen. Aber die Entsorgungskosten der Zusatzmengen, die entstehen, weil die Gelbe Tonne von vielen zur Entsorgung von Kunststoffabfällen genutzt wird, lassen sich kaum kontrollieren. Auch lässt sich kaum kontrollieren, welcher Anteil der gesamten Abfälle tatsächlich aus lizenzierten Verkaufsverpackungen bestand.

Bei der Verabschiedung des novellierten Verpackungsgesetzes im Jahr 2017 wurde leider die Chance vertan, an dem grundlegenden Problem etwas zu ändern. Hier muss man ansetzen. Ein Verschieben der Verantwortung hin zu einem kommunalen System ist deutlich zu kurz gegriffen und nicht durchdacht.

Vor dem Hintergrund all dieser Fehler in Ihrem Antrag können wir, die fraktionslosen Abgeordneten der blauen Partei, diesen nur ablehnen.

Zum Schluss – ich habe noch ein paar Sekunden – noch eine Bemerkung. Ausgerechnet der Abfallentsorgung von Italien und Neapel eine Vorreiterrolle zuzusprechen, grenzt an absolute Verblendung. Letzter Satz: Ich erinnere mich noch an die Müllberge, die vor einigen Jahren dort auf den unmöglichsten Flächen lagerten oder direkt im Mittelmeer versenkt wurden. Sie wurden von mafiösen Strukturen zusammengetragen –

Die Sekunden sind abgelaufen.

– und letztendlich zu erheblichen Anteilen in Deutschland entsorgt. Das kann wahrlich nicht zum Vorbild dienen!

Danke schön.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Gibt es jetzt zum Antrag noch weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich jetzt Herrn Staatsminister Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, wenn man ein Thema, das wir hier schon oft diskutiert haben, unter Nichtanerkennung dessen, was bereits im Lande erreicht wurde, erneut diskutieren will, dann greift man sich ein Schlagwort heraus – in diesem Fall ist es Zero Waste –, um die bestehenden Strukturen und Ansätze zu kritisieren. Ich finde das nicht ganz redlich, aber sei es drum.

Allerdings ist es gerade schiefgegangen, dass Sie ausgerechnet Neapel als Vorbild herausgegriffen haben. Das war sicher nicht besonders glücklich. Ich denke, Neapel wäre froh, wenn es die moderne Infrastruktur der sächsi

schen Kreislaufwirtschaft hätte und auf diese zurückgreifen könnte.

(Beifall des Abg. Gunter Wild, fraktionslos)

Auch die Ansätze von Cradle to Cradle sind durchaus positiv. Aber wenn man sich genauer damit auseinandersetzt, was Prof. Braungart damals auf den Weg gebracht hat und es bis zu Ende denkt, dann ist es nicht so praxisreif. Allerdings will ich nicht in Abrede stellen, dass darin einzelne Punkte enthalten sind, die durchaus überlegenswert sind. Aber eine Lösung ist Cradle to Cradle für das gesamte Abfallproblem mit Sicherheit auch nicht.

Es ist so, dass die Abfallvermeidungsstrategie hin zu Zero Waste genau das ist, was wir bereits seit vielen Jahren hier in Sachsen als Ziel haben: Abfallvermeidung, Wiedernutzung, Recycling, sonstige Verwertung und erst dann Beseitigung. Das ist nachzulesen im Kreislaufwirtschaftsgesetz, gültig seit 2012, sowie in unserem Abfallwirtschaftsplan. Unser Kabinett hat ihn im Jahr 2016 als Landesstrategie bestätigt.

Sachsens Abfallwirtschaft hat sich damit zu einem wichtigen Sekundärrohstoffproduzenten und damit zu einem Wirtschaftsfaktor entwickelt. Das ist eine Entwicklung, auf die wir durchaus stolz sein können. Herr Winkler hat das erwähnt. Das sollten wir nicht durch ständige Wiederholungen und das Weglassen dieser positiven Entwicklungen diffamieren.

Es gibt viele ganz konkrete positive Beispiele für das, was wir in den letzten Jahren erreicht haben. Jan Hippold hat Prozentzahlen genannt. In der Stahl-, der Papier- und der Behälterglasindustrie gelingt es uns bereits heute, die Stoffkreisläufe nahezu vollständig zu schließen.

Oder Beispiele aus der Wirtschaft: Ich habe erst neulich die Mülsener Rohstoff- und Handelsgesellschaft mbH besucht; ich weiß nicht, ob Sie sie kennen. Dort werden Altreifen zu Gummigranulaten und Gummimehlen sowie Emulsionen verarbeitet. Immer wieder neue Innovationen fließen dort hinein. Es ist einfach großartig, was in dieser Firma läuft. In der Nickelhütte in Aue werden aus Galvanikschlämmen – übrigens nicht nur aus Sachsen oder aus Deutschland, sondern aus der halben Welt – Nichteisenmetallkonzentrate hergestellt, die sie zu Nickel-, Kupfer-, Kobalt- und Vanadium-Chemikalien veredelt. Die Verwertung erfolgt auch hier ohne Reste, also ein positives Beispiel für die Ziele, die wir im Freistaat Sachsen verfolgen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Und Schlacke, aber die wird für den Straßenbau verwendet!)

Es ist schade, dass gerade solch positive Beispiele in dem Antrag ignoriert werden. Wir sprechen heute schon über eine Branche mit 160 Unternehmen und fast 9 000 Beschäftigten. Über viele Themen des Antrags diskutieren wir, wie gesagt, nicht zum ersten Mal, sondern da ist zum Beispiel der vom Landtag bereits als falsch bewertete Vorwurf überdimensionierter Anlagen; der Untersu

chungsausschuss wurde bereits angesprochen. Auch hierbei gibt es keinerlei Hinweise, dass gesetzliche Regelungen missachtet oder staatliche oder kommunale Fehler passiert wären.

Auch Ihre Forderung nach einer Autarkieverordnung ist nicht neu; aber stellen Sie sich einmal vor: Solange wir noch Reststoffe haben, müssen diese am Ende unter anderem verbrannt werden. Die sächsischen Anlagen reichen derzeit dafür nicht aus, und wir verbringen sie zum Teil nach Sachsen-Anhalt. Wenn wir Autarkie herstellen würden, würden wir in Sachsen neue bauen, und in Sachsen-Anhalt könnte man die Anlage nicht mehr ausnutzen. Ob das unter Umweltgesichtspunkten der richtige Weg ist, daran habe ich meine Zweifel.

Auch die Vertreter der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben keinen Bedarf an staatlicher Lenkung der anfallenden Restabfallmengen zu den in Sachsen betriebenen Abfallbehandlungsanlagen vorgetragen. Das

geforderte Gutachten ist, denke ich, nicht notwendig.

Die von den GRÜNEN gewünschten Inhalte decken sich in den Grundsätzen bzw. den Schlussfolgerungen durchaus mit unserem Abfallwirtschaftsplan, zum Beispiel bei der Optimierung von Bioabfällen. Die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger leiten inzwischen selbst die dafür notwendigen Schritte ein. Ein gutes Beispiel dafür ist der Zweckverband Abfallwirtschaft Oberes Elbtal, der es geschafft hat, den Zielwert von 100 Kilogramm getrennt erfasster Bioabfälle schon 2017 zu erreichen.

Der Freistaat Sachsen unterstützt die Entsorgungsträger mit fachlichen Grundlagen wie der Bioabfall-Potenzialstudie, mit gutachterlichen Untersuchungen zur Eigenverwertung und illegalen Beseitigung von Bioabfällen sowie der „Richtlinie zur einheitlichen Abfallanalytik in Sachsen“. Bedarf für weitergehende Gutachten erschließt sich mir auch hierbei nicht.

Noch etwas zur Abfallvermeidung: Unsere sächsischen Ziele der Abfallvermeidung finden Sie im Abfallwirtschaftsplan. Darin finden Sie auch den Beitrag des Freistaates Sachsen zum Abfallvermeidungsprogramm des Bundes und der Länder, das im nächsten Jahr ausgewertet wird. Aber Abfallvermeidung steht für uns nicht nur gesetzlich auf der höchsten Stufe. Auch im Rahmen unserer Umweltallianz und unserer Zukunftsinitiative simul+ widmen wir uns diesem Thema. Die Bergakademie Freiberg wurde beispielsweise angesprochen. Dort wurde unter der Leitung der TU Bergakademie Freiberg Phosphorsäure aus Sekundärrohstoffen, wie Klär

schlammasche, gewonnen. Dies wurde in einem Projekt untersucht – eine ganz tolle Sache!

Sie sprachen an, dass es sehr viele Start-ups gebe, die unterstützt werden sollten. Ich erinnere Sie an futureSAX, eine Initiative des Wirtschaftsministeriums, die diese Start-ups begleitet und am Ende zum Erfolg führt. Gerade wurde sie auf eine neue Rechtsform umgestellt. Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie startet gerade eine Studie zur Ressourceneffizienz durch Kreislaufwirtschaft in Sachsen. Damit wollen wir prüfen,

welche Beiträge zur Erhöhung der Ressourceneffizienz die Umweltallianz, unsere Zukunftsinitiative simul+ sowie die Digitalisierung leisten können und welche staatlichen Instrumente für die Erhöhung der Ressourceneffizienz geeignet sind. Auch die finanzielle Förderung ist Gegenstand dieser Untersuchung.

Meine Damen und Herren, der Aufbau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft ist ein langfristiger Prozess, den ich vielfältig unterstütze – ich habe die Initiativen genannt –, bei dem sich die Unternehmen mit Wissenschaftlern austauschen und ihre Ideen als Türöffner im In- und Ausland anbieten, damit unsere Unternehmen ihr Knowhow vermarkten können – mit der auf Freiwilligkeit und Eigenengagement zielenden Vereinbarung unserer Umweltallianz und mit Unternehmensbesuchen, um diese vielfältige Branche besser in der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Ich freue mich über jeden, der diese Ansätze unterstützt. Wie Sie bereits festgestellt haben, wird wahrscheinlich keine einzige Fraktion außer Ihrer eigenen GRÜNENFraktion den Antrag unterstützen, und das halte ich auch für richtig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Ich rufe nun zum Schlusswort auf. Herr Zschocke, bitte.

Vielen Dank. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf einige Diskussionsbeiträge eingehen. Herr Hippold, ich habe davon gesprochen, Potenziale zu entfalten. Ich habe davon gesprochen, innovative Geschäftsmodelle zu fördern. Mit Verlaub: Das ist kein Verbotsantrag, sondern ein Ermöglichungsantrag. Aber Sie können das natürlich auf den Kopf stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sprechen hier nicht von Müll, sondern von null Müll, weil es Wertstoffe sind, Herr Hippold. Es ist ein gezieltes Missverständnis, das Sie hier vortragen. Aber egal.