Sachsen ist kein armes Land. Das wird hier, glaube ich, auch niemand behaupten. Wir nehmen seit 2006 – ich darf sagen, wir haben damals zum ersten Mal mitregiert – keine neuen Schulden auf. Nur, wenn wir feststellen, dass wir kein armes Land sind und dass wir keine neuen Schulden aufnehmen, heißt das im Umkehrschluss nicht, dass wir ein reiches Land sind.
Wir sind weiterhin in ein solidarisches Finanzsystem eingebunden. Das Haushaltsvolumen beläuft sich in den beiden Jahren auf knapp über 17 Milliarden Euro. Von diesen 17 Milliarden Euro sind ungefähr 11 Milliarden Euro aus eigenen Einnahmen. 6 Milliarden Euro erhalten wir von anderen Bundesländern, vom Bund selbst oder von der EU. Das heißt, wir haben die Pflicht, solange unsere eigene Steuerkraft noch so schwach ist – so ehrlich müssen wir sein –, mit den Geldern, die wir haben, sorgsam umzugehen. Ehrlich gesagt, man muss das auch danach, selbst wenn wir genug eigene Steuerkraft haben. Aber für den Moment müssen wir auf jeden Fall sehr sorgsam damit umgehen. Das heißt, solide Finanzpolitik bedeutet, die notwendigen Investitionen in den Blick zu nehmen, um Zukunftsperspektiven zu ermöglichen, aber auch zu wissen, was machbar ist.
Ich habe vorhin bereits einige große Dinge genannt. Es gibt aber auch sehr viele vermeintlich kleine Dinge. Es gibt Dinge, die vielleicht nur 50 000 oder 100 000 Euro kosten. Das ist im Verhältnis zu 17 Milliarden Euro im Haushalt nicht viel. Aber wenn es um Dinge geht wie Übungsleiter beim Sport, um Existenzgründerberatung, um Sprachkurse für Asylbewerber, wenn es um die Erhöhung der Jugendpauschale geht, sind das aus unserer Sicht sehr wichtige Punkte. Bei diesen vermeintlich kleinen Dingen zu streichen kann Zukunftsperspektiven verloren gehen lassen, die wir so schnell mit Geld nicht wieder aufbauen können.
Deshalb haben wir im Wahlprogramm deutlich gemacht, dass wir auch auf diese vermeintlich kleinen Dingen ein klares Augenmerk setzen wollen. Ich bin sehr froh, dass wir das im Rahmen der Koalitionsverhandlungen geschafft haben; denn am Ende geht es uns immer um die Menschen in diesem Land, sowohl bei den kleinen als auch bei den großen Dingen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es eingangs bereits gesagt: Jetzt wird es konkret. Wir alle müssen jetzt liefern. Ich bin sicher, wir werden das so tun, wie wir es in den Koalitionsverhandlungen getan haben. Ich habe es vorhin gesagt: hart in der Sache, aber fair im Ton und in Gemeinsamkeit für diesen Freistaat. Dabei gilt auch der Leitspruch des von mir sehr geschätzten, leider viel zu früh verstorbenen Peter Struck: Nichts geht aus dem Parlament so heraus, wie es hineingegangen ist.
Das werden wir beherzigen. Wir sind auf die Alternativvorschläge gespannt. Ich bin mir sicher, dass wir als Koalitionsfraktionen auch den einen oder anderen Änderungsvorschlag in diesem Haushaltsentwurf haben werden. Eines dürfen wir dabei nicht aus den Augen verlieren: Wir reden hier über Zahlen auf Papier. Aber in Wirklichkeit geht es doch um die Menschen in unserem Land, um die Zukunftsperspektiven dieser Menschen. Das dürfen wir bei allen Diskussionen über diese Zahlen auf Papier nicht vergessen.
Deshalb lautet unsere Grundidee – ich darf es noch einmal wiederholen: „Unser Sachsen für morgen“. Daran wollen wir uns messen lassen. Wir werden mit viel Fleiß und Ehrgeiz daran arbeiten, auch mit der gehörigen Portion Demut, die nötig ist, aber immer ehrlich und mit offenem Herzen.
Herr Kollege Panter sprach für die SPD-Fraktion. Wir gehen weiter in der Rednerreihe und kommen zur AfD-Fraktion. Frau Petry, Sie haben das Wort.
und Herren! Im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern steht Sachsen in der Tat gut da. Im elften und zwölften Jahr in Folge wird der Freistaat vermutlich ohne Neuverschuldung auskommen. Damit ist nicht nur die verfassungsmäßig gebotene Schuldenbremse eingehalten worden, sondern die kontinuierliche Solidität in der Finanzierung sächsischer Vorhaben weiterhin gewährleistet. Diese sind für stabile Verhältnisse auch in der Zukunft zwingend notwendig.
Hierfür – und das sagen wir als Parlamentsneuling gern, Herr Unland – sind wir Ihnen und Ihren Kollegen im Ministerium dankbar.
Dieser Dank beschränkt sich allerdings ausdrücklich auf Sie als Minister und nicht als Angehöriger der CDU; denn leider ist es so – und hier werden mir die meisten sächsischen Kollegen auch stillschweigend zustimmen –, dass Ihre Bundespartei im Bundestag durch verheerende Entscheidungen im Zusammenhang mit der euphemistisch genannten Euro-Rettung ihre Bemühungen auf Landesebene direkt unterminiert.
Denn das, was Sie hier in Sachsen durch Einschnitte und Einschränkungen bei den Bürgern einsparen, wird durch Ihre Partei im Bundestag postwendend wieder an Pleitestaaten und -banken weitergegeben, wenn auch aktuell lediglich durch sogenannte Gewährleistungszusagen. Doch, liebe Staatsregierung, Sie können sich darauf verlassen: Auch wir in Sachsen werden schließlich dafür zahlen müssen.
Wir begrüßen also unter den derzeitigen Rahmenbedingungen den beschlossenen und vorgelegten ausgeglichenen Haushaltsentwurf. Bei aller Zuversicht darf jedoch der Umstand nicht vergessen werden, dass dieser Haushalt nur zustande kommen konnte durch Direktzahlungen des Bundes, die keinen Gegenwert in der eigenen Produktion nachweisen können. Ich spreche vom Länderfinanzausgleich und den im schönsten Behördendeutsch genannten Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen –
Zahlungen, deren Absolutwert in den vergangen Jahren sogar wieder gestiegen ist und nicht abgenommen hat.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern ist Sachsen auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch nicht in der Lage, seine notwendigen Einnahmen vollständig aus eigenen Steuermitteln zu erzielen. Wir sind uns bewusst, dass in einem – gottlob! – nicht mehr sozialistischen Land der Staat allein keine Jobs schaffen kann, sondern lediglich die Rahmenbedingungen setzen und ein Umfeld schaffen muss, sodass sich ein unternehmerfreundliches Klima entwickelt. Es geht also um Schlagworte wie Bildung, Investitionen und Sicherheit. Gerade hier, meine Damen und Herren, weist unserer Ansicht nach der Haushaltsentwurf immer noch entscheidende Schwächen auf.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben sich an gleicher Stelle vor zwei Jahren massiv darüber beschwert, dass unseren Kindern circa 1 Milliarde Euro vorenthalten werde. Zudem haben Sie Forderungen aufgestellt, in den nächsten zehn Jahren – ich glaube, Herr Dulig, Sie waren das – genauso viel Geld in Kinder oder – ich ergänze vielleicht – in noch mehr Kinder zu investieren wie für die Rettung der Sächsischen Landesbank, 2,75 Milliarden Euro. Darf ich Sie daher auch fragen, Herr Dulig, wo im aktuellen Haushaltsentwurf zwei Zehntel dieser 2,75 Milliarden Euro, also 550 Millionen Euro, versteckt sind, die Sie den Kindern zugutekommen lassen wollten? Ich habe sie gesucht, aber nicht gefunden.
Gehen wir einmal zu den Lehrern. Sie wollen bis 2017 600 neue Stellen schaffen. Wir wissen aber, dass durch den Schüleranstieg von circa 8 000 Schülern im gleichen Zeitraum bereits 320 der 600 Stellen gebunden sind. Es bleiben also nur 280 Stellen. Rechnet man ein bisschen genauer, bezieht die circa 400 langzeiterkrankten Lehrer oder die wiederholt erkrankten Lehrer und den sowieso vorhandenen Unterrichtsausfall, der regelmäßig zehnmal so hoch ist wie in der Haushaltsplanung vorgeschrieben, ein, dann brauchen wir zu den vorgeschlagenen weitere 500 zusätzliche Vollzeitlehrerstellen für das laufende Jahr.
Warum also das Verharren auf dem Status quo in der Bildung? Auf die kommenden zwei Jahre bis 2017 gerechnet braucht man nach unserer Meinung circa tausend zusätzliche Lehrerstellen, um ordnungsgemäßen Unterricht durchzuführen, ganz zu schweigen von den Zusatzauflagen, die das Bildungssystem zu bewältigen hat.
Bei dem jetzigen Haushalt mit der aktuellen Stellenplanung ist heute schon klar, dass in den nächsten zwei Jahren mehrere Hundert Lehrerstellen fehlen werden. Das heißt, wir werden weiterhin Unterrichtsausfall in Größenordnungen erleben und keine lehrplangemäße Beschulung, wie es die sächsischen Schulen eigentlich brauchen. Das ist keine Meinung; das kann man schlicht anhand der vorhandenen Zahlen ausrechnen.
Das heißt, dass die Regierung ihrem Anspruch, dem Schülerzahlenanstieg, der verstärkten Zuwanderung von Migranten und dem daraus folgenden erhöhten Bedarf für Deutsch als Zweitsprache, einer weiter steigenden Anzahl von integrativ beschulten Schülern und einer schrittweisen Umgestaltung des Schulwesens in Richtung Inklusion und auch der deutlich erhöhten Ausbildungsverpflichtung der Schulen, nicht gerecht werden und nicht in der Form nachkommen kann, wie es nötig wäre.
Kurz zur Inklusion, die gut gemeint ist, aber beileibe nicht gut gemacht. Die Kapazitäten und das Fachpersonal an
den Regelschulen reichen bekanntermaßen nicht aus. Erhöht sich daher die Zahl von integrativ beschulten Schülern zu schnell, wird sich die sowieso schon prekäre Situation in der Lehrerschaft deutlich zuspitzen und das Problem letztendlich auf dem Rücken der Schüler und unserer schon stark belasteten Lehrer ausgetragen. Die Lehrerschaft schlägt – und das wissen Sie im Ministerium sehr genau – schon jetzt Alarm.
Der gut gemeinte Vorsatz schlägt sich derzeit in sein Gegenteil um. Daher fordert die AfD, dass Sie erst einmal die Voraussetzungen für einen geordneten Regelunterricht schaffen und ein richtiges Konzept zur Integration vorlegen müssen, bevor diese planlos vorangetrieben wird.
Ein Wort noch zu den freien Schulen. 80 Millionen Euro mehr bis 2016 sind ein Symbol. In der Tat ist die Staatsregierung aufgefordert, die Beschlüsse des sächsischen Verfassungsgerichtes umzusetzen. Schauen wir uns aber an, wie die Neuregelungen tatsächlich aussehen, dann wird keine vergleichbare Förderung von staatlichen und freien Schulen erreicht. Dann erreichen wir gerade nicht das, was wir für eine vielfältige sächsische Schullandschaft brauchen, nämlich auch den Wettbewerb der Konzepte.
Wenn wir wie die Gerichte die Schulvielfalt verteidigen, meine Damen und Herren, dann ist der vorgelegte Gesetzentwurf zu den freien Schulen immer noch dringend verbesserungsbedürftig.
Nun zur Wirtschaft, zum Meisterbonus. Meine Damen und Herren, auch wenn Sie erkannt haben, dass wir deutlich dafür sorgen müssen, dass der Meister gestärkt wird, so erkennen wir auch hier ein starkes Defizit. Sie wollen den Meisterbonus einführen und ihn mit dem nächsten Doppelhaushalt das erste Mal ausbezahlen. Vor uns liegt eine große Zahl an Unternehmensübernahmen in Sachsen. Bis zum Jahr 2018 werden circa 5 300 kleine und mittelständische Unternehmen ihren Chef wechseln. Hierfür werden zum großen Teil Meistertitel notwendig sein.
Schauen wir über den Tellerrand, dann sehen wir, dass in Bayern diese Maßnahme bereits voll durchschlägt. Mit etwa 20 000 Berechtigten für den Meisterbonus pro Jahr rechnet das Wirtschaftsministerium im anderen Freistaat, und das bei circa 12,6 Millionen Einwohnern. In Sachsen wird lediglich 1 Million Euro veranschlagt. Das heißt, man geht von etwa 1 000 Berechtigten aus. Das entspricht rund zwei Drittel der vergebenen Meistertitel in Sachsen in den letzten Jahren. Sachsen hat mit einer Bevölkerung von etwas über 4 Millionen Einwohnern etwa ein Drittel der Einwohnerzahl des Freistaates Bayern. Die Zahl der vergebenen Meistertitel bewegt sich aber in einem Bereich von einem Zwanzigstel der bayerischen Zahlen. Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, bitte erklären Sie uns diese Diskrepanz.
Nun zur inneren Sicherheit. Sie werben unablässig mit der Einstellung von 400 Polizisten und 100 Experten. Gleichzeitig kürzen Sie im Landeskriminalamt 100 Stellen. Die Pläne zur Prävention sehen den Abbau von 17 Stellen pro Polizeidirektion auf nur acht Stellen pro Polizeidirektion vor. Das ist ein fatales Signal, das für uns nur eines dokumentiert: Perspektivlosigkeit an einer Stelle, bei der der Kosten-Nutzen-Effekt von Personalausgaben maximal ist.
Bei der Polizei ist schon jetzt klar, dass die geplanten 400 Stellen nicht ausreichen. Ob sie überhaupt erreicht werden, kann augenblicklich niemand sagen. Nach
Angaben der Polizeigewerkschaft fehlen eher 1 000 bis 1 500 Beamte. Hatte ein Polizist vor Jahren pro Tag zwischen 40 und 50 Ermittlungsverfahren auf dem Tisch, sind es heute 80 bis 100. Das ist schlicht nicht zu schaffen.
Es geht weiter: Die Bereitschaftspolizei stellt keine Unterkünfte mehr. Die Auszubildenden müssen sich selbst Zimmer suchen und diese selbst bezahlen. Der Markt ist dicht, weil sich Polizeischüler mit Studenten um preiswerte Unterkünfte in Leipzig, Chemnitz und Dresden streiten. Zudem muss auch der Führerschein nun mitgebracht werden. Die ehemals bezahlte Fahrausbildung ist ebenfalls gestrichen worden.
Ein ganz konkretes Beispiel: Wie in vielen Orten wird der Polizeiposten in Dippoldiswalde zukünftig ab 18 Uhr geschlossen. Werden also Beamte am Abend in der Grenzregion bei Altenberg benötigt, dann können die Beamten in Freital losfahren und kommen circa 45 Minuten später an. Herr Innenminister, ist das Ihre Art, die Sicherheit in Sachsen zu erhöhen?
Es ist Augenwischerei, die Sie betreiben. Wie können Sie behaupten, dass Sie 400 Polizisten einstellen und damit die Sicherheit Sachsens stärken, aber gleichzeitig die Stellen im Landeskriminalamt streichen? Wie passt das zusammen?
Das LKA ist dafür zuständig, eine Art von Kriminalität zu senken, die ein hohes Maß an Folgekriminalität erwarten lässt: organisierte Kriminalität, Menschenhandel, Menschenschmuggel, Drogenhandel, Schleuserbanden, Internetkriminalität, Grenzkriminalität usw.
Mit vereinfachten Worten: Wenn das LKA einen hochrangigen Drogenhändler schnappt, kann die Streifenpolizei mit entsprechend weniger Einsätzen wegen Beschaffungskriminalität und Drogenhandel auf der Straße rechnen. Dann können die 400 Polizisten andere, aber ebenso dringliche Aufgaben besser und mit höherer Mannstärke bearbeiten.
Meine Damen und Herren! Beim LKA zu sparen ist unserer Ansicht nach das Dümmste, was man machen kann!