Der Änderungsantrag ist bereits eingebracht, aber ich hätte gern noch eine Erläuterung zu der Ablehnung.
Der Antrag ist eingebracht, aber es ist noch nicht darüber diskutiert worden. Deshalb frage ich, wer zu diesem Änderungsantrag sprechen möchte. – Herr Nowak, bitte.
Wir halten ihn für einen klassischen Schaufensterantrag. Sie wollen uns glauben machen, dass über Ihren Buchstaben e) das Problem in irgendeiner Konstellation gelöst werden kann. Die sächsische Autobahnpolizei ist zusammen mit der Bundespolizei, dem BAG und dem Zoll unterwegs. Das Wirksamste an der Stelle ist eine Bestreifung. Das, was Sie dort vorhaben, wird das Problem nicht lösen. Deshalb werden wir den Änderungsantrag ablehnen.
Die Ergänzung des Änderungsantrages zum Hauptantrag ist sehr sinnvoll. Hierbei erkenne ich natürlich dasselbe Schauspiel, wie es bei meinem Änderungsantrag der Fall war. Ich beziehe mich aber jetzt auf diesen Änderungsantrag. Sie interpretieren in Ihrem Antrag irgendetwas hinein, was darin enthalten sein soll, was Sie sowieso schon tun, und sagen, die Änderungsanträge seien obsolet.
Ich sage: Nichts von dem steht in Ihrem Antrag. Das ist reine populistische Ablehnung von Änderungsanträgen der Opposition.
Gibt es noch weiteren Diskussionsbedarf zum Änderungsantrag? – Wenn das nicht der Fall ist, lasse ich jetzt über diesen Änderungsantrag abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltun
gen? – Keine Stimmenthaltungen, Stimmen dafür, dennoch ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Ich komme jetzt zum Ursprungsantrag, Drucksache 6/14432. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen und keinen Gegenstimmen ist der Antrag mit Mehrheit angenommen worden. Damit ist auch der Tagesordnungspunkt beendet.
Wir gehen in die Diskussion. In der ersten Runde spricht: DIE LINKE, CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Frau Dr. Muster. Ich erteile nun Herrn Abg. Bartl von der Fraktion DIE LINKE das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor beinahe 70 Jahren, am 10. Dezember 1948, verkündete Eleanor Roosevelt, die damalige Vorsitzende der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, an der zwei Jahre lang acht Männer und Frauen aus Australien, aus Chile, aus China, aus Frankreich, dem Libanon, der Sowjetunion, aus Großbritannien und den USA gearbeitet haben.
Niedergelegt wurde sie in der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen 217 A (III). Die Erklärung hat ihren Vorläufer in der Gedankenwelt der Aufklärung und der großen bürgerlichen Revolutionen, namentlich der amerikanischen und französischen. Eben jene sich daraus etablierende bürgerliche Gesellschaft trug in ihrer Widersprüchlichkeit Elemente und Entwicklungstendenzen in sich, die in den Dreißiger- und Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts, ausgehend von deutschem Boden – wie wir uns das immer wieder ins Gedächtnis rufen müssen –, in noch nie dagewesener Barbarei, in totalem Krieg, in beinahe absoluter Zerstörung nicht nur materieller, sondern aller menschlichen Werte mündeten.
„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Diese Erneuerung der humanistischen Werte der internationalen Gemeinschaft aller Menschen in Artikel 1 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ war nötig geworden, weil, wie es in der Präambel der Erklärung heißt – ich zitiere –: „die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barba
Schon in einer relativ frühen Phase des Zweiten Weltkrieges erklärten die Mächte der Anti-Hitler-Koalition 1942 – allen voran die Sowjetunion, die USA, Großbritannien und Frankreich –, dass ihr Kriegsziel eine friedliche Nachkriegsordnung sein werde, in der alle Menschen in allen Ländern der Welt frei von Not und bei Achtung ihrer elementaren Rechte würden leben können.
Ein Novum war diese Erklärung auch insofern, als sie nicht nur Bürger sogenannter zivilisierter Staaten der nördlichen Hemisphäre, sondern wirklich alle Menschen aller Erdteile und erstmals auch deren soziale Rechte einschloss.
Dies war auch ein Resultat jener Erkenntnis, das aus der bürgerlichen Gesellschaft selbst mit ihren ungehemmten kapitalistischen und imperialistischen Tendenzen dieser Zivilisationsbruch hervorgegangen war.
Der historische Kontext, aus dem die Notwendigkeit der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ vor 70 Jahren hervorgegangen war, ist den wenigsten heute noch lebenden Menschen aus dem persönlichen Erleben bekannt. Umso wichtiger ist es, dass sich jeder Einzelne von uns – angefangen in diesem Hohen Haus und beim Ministerpräsidenten und den Mitgliedern des Kabinetts bis hin zu den Bürgerinnen und Bürgern auf der Straße – diesen Kontext und den Wertekanon dieser Erklärung wieder einmal ins Gedächtnis ruft. Gerade die jüngste Gegenwart ruft danach.
Jeder einzelne Artikel ist Programm, ist Prüfstein praktischen Alltagshandelns eines demokratisch verfassten
Staatswesens. So Artikel 1, der vollständig lautet: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.“
Was sich im Umgang mit Migration und von Flucht Betroffenen in diesen Zeiten in Chemnitz, in Kandel, in Köthen ereignete, verletzt diese Handlungs- und Verhaltensnormen um Längen.
Zwei Drittel Ihrer Reden in diesem Haus und Ihres Handeln selbst auf der Straße, meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, tun dies ebenso, haben mit menschlicher Vernunft und menschlichem Gewissen nicht mehr allzu viel zu tun.
Man muss aber nicht bei der AfD stehen bleiben. Nehmen wir Artikel 8: „Jeder hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden.“
Jeder hat dieses Recht, meine Damen und Herren, nicht nur die in Deutschland lebenden Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, sondern alle Menschen – auch Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die mit uns gemeinsam leben. Warum ein nordrhein-westfälischer Innenminister davon fabuliert, dass die Gerichte bei ihren Entscheidungen das Rechtsempfinden der einheimischen Bevölkerung mehr in den Mittelpunkt rücken müssen, wenn Asylbewerber vollkommen legal einen rechtlichen Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt einlegen, bleibt einfach unerklärlich.
Richtschnur für die Rechtsprechung ist nicht irgendein diffuses Rechtsempfinden, mag es auch von einer Mehrheit geteilt werden, sondern unsere verfassungsmäßige Ordnung und die geltenden Gesetze, die maßgeblich auf ebendieser Erklärung der Menschenrechte fußen und sich daran orientieren.
Da wäre Artikel 9 der Allgemeinen Erklärung – Zitat –: „Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden.“ Weiter Artikel 15: „Jeder hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit.“
Herr Staatsminister Wöller, wie kommen Sie, davon ausgehend, auf die Idee, Menschen, nämlich abgelehnte Asylbewerber, allein deshalb inhaftieren zu wollen, weil ihr Herkunftsland bzw. ihre Identität ungeklärt ist? Das haben Sie Anfang dieser Woche gegenüber den Medien kolportiert. Auf welcher verfassungsmäßigen oder völkerrechtlichen oder sonstigen Grundlage wollen Sie das denn bewerkstelligen?