Protokoll der Sitzung vom 07.11.2018

Wenn ich vorhin die Angst der Menschen angesprochen habe, müssen wir uns als Erstes fragen, was wir im Land selbst tun können, was wir auf Landesebene selbst regeln können. Deshalb ist es richtig, diese Verordnung auf den Weg zu bringen. Mit einer Verordnung kann das schon etablierte sächsische Wolfsmanagement – wir waren die Ersten in der Bundesrepublik – weiterentwickelt und vor allem rechtlich abgesichert werden; denn wenn ich von Ängsten spreche, dann meine ich nicht nur die Angst der Nutztierhalter und der Menschen, die in der Region leben, sondern auch die Angst, wenn jemand eine Entscheidung treffen und ständig davor Angst haben muss, weil es nicht rechtssicher geregelt ist, am Ende vor dem Staatsanwalt zu landen. Auch für solche Entscheidungen brauchen wir klare, rechtssichere Regelungen.

Es müssen verbindliche Definitionen des Herdenschutzes und ein landesweites Programm zur Besenderung von Wölfen festgeschrieben werden. Auch die Voraussetzungen für die Durchführung von Vergrämungsmaßnahmen und Entnahmen sind in der Verordnung klar zu konkretisieren. Zur effektiven Umsetzung der Managementmaß

nahmen soll die Zuständigkeit beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie gebündelt werden. Die Rissbegutachtung, die Tierhalterberatung, was ebenfalls eine wichtige Maßnahme ist, die Förderung präventiver Maßnahmen sowie die Öffentlichkeitsarbeit können dann sachsenweit und aus einer Hand umgesetzt werden.

Die Entscheidung über die Vergrämung oder die Entnahme selbst, also die Durchführung der Vergrämung oder der Entnahme sowie die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten muss aber auf der Ebene der Landkreise und der kreisfreien Städte bleiben. Sie besitzen die notwendige Ortskenntnis und können die wirtschaftlichen oder sozialen Folgen von Konfliktsituationen mit Wölfen am besten einschätzen. Wir wissen – ich glaube, Herr Kollege Winkler hat es angesprochen –, es gab öfter Kritik, dass durch die Befassung mehrerer Ebenen die Prozesse viel zu lange dauern. Das kann man deutlich beschleunigen. Ich denke, damit werden wir der Kritik aus einzelnen Landkreisen gerecht und können diese ausräumen.

Die unteren Naturschutzbehörden brauchen mehr Sicherheit bei der Entscheidung durch konkretisierte Rechtsbegriffe. Das habe ich bereits erwähnt, und das ist eine ganz wichtige Sache der sächsischen Verordnung und zukünftig hoffentlich auch in einer Bundesverordnung.

Zusätzlich benötigen wir eine Reglung zum Umgang mit schwer verletzten Wölfen. Auch hier sollen bestehende Rechtsunsicherheiten ausgeräumt werden.

Meine Damen und Herren! Die Initiative auf Bundesebene und die angestrebte Wolfsverordnung sollen zur Konfliktminimierung beitragen, sollen die Menschen in der Region unterstützen, sollen Ängste nehmen. Deshalb werbe ich für die Zustimmung zu diesem Antrag.

Meinen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wir gehen jetzt in die Abstimmung. Ach nein, erst das Schlusswort. Herr von Breitenbuch, das Schlusswort noch? Oder verzichten Sie? – Gut.

Dann kommen wir jetzt zu den Änderungsanträgen. Ich beginne mit dem Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 6/15327, und bitte um Einbringung. Frau Grimm, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe schon angekündigt, dass einiges in Ihrem Antrag nicht der hundertprozentigen Wahrheit entspricht.

(Zuruf des Abg. Volkmar Winkler, SPD)

Deshalb haben wir eine Änderung eingefügt. Wir wollen drei Änderungen vornehmen. Erstens, dass es sich bei den Wölfen in Deutschland und Sachsen nicht um eine eigenständige zentraleuropäische Flachlandpopulation handelt. Das haben neue Forschungen ergeben. Deshalb wollen wir den Punkt 1a unter Ziffer II neu fassen. Dort muss es

heißen: der Erhaltungszustand des Wolfes (Canis lupus) in Deutschland als Teil der Eurasischen-baltischen Metapopulation korrekterweise als „günstig“ im Sinne der FFHRichtlinie 92/43/EWG eingestuft wird. Diese Population ist nicht mehr gefährdet. Es werden nur 250 Wölfe in elf von 47 Wolfsländern gefordert. Es sind schon über 1 000 Wölfe in dieser Population vorhanden, und 250 sind nur notwendig.

Der zweite Punkt ist die Rissbegutachtung. Dort fordern wir, dass es eine unabhängige Rissbegutachtung werden muss, streng vom LUPUS Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland getrennt. Es ist zu begrüßen, es in das Landesinstitut zu übergeben. Aber dort sollte man Wert darauf legen, dass es nicht an LUPUS übertragen wird; denn das Vertrauen zu LUPUS wird mittlerweile sogar von vielen Landräten angezweifelt, dass die Gutachten unabhängig sind. Da soll der Punkt 2 geändert werden.

Den dritten Punkt hat Frau Dr. Petry schon angesprochen, dass der Hybridisierungsgrad im Senckenberg-Institut nicht eingehend untersucht wird. Dort fordern wir zusätzliche Untersuchungen zu den DNS-Untersuchungen. Es muss eine Speichelprobe gemacht werden. Es müssen offizielle B- und C-Proben übernommen werden und auch eine kraniologische Schädelüberprüfung. Wenn die Hybridisierung bei den Wölfen festgestellt wird, sind diese zu entnehmen; denn das ist sogar von der EU gewünscht.

Vielen Dank, und ich bitte um Zustimmung. Wir würden dann auch dem Antrag der CDU zustimmen, wenn unser Änderungsantrag angenommen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – André Barth, AfD: Aber nur dann!)

Wer möchte zu dem Antrag sprechen? – Herr von Breitenbuch, bitte.

Ich werde das gleich von hier machen. – Zu Ihrem ersten Punkt: Den lehnen wir ab. Der Sächsische Landtag ist nicht berechtigt, eine solche Feststellung zu treffen, zumal ein solcher Beschluss keinerlei Rechte noch Pflichten für den Freistaat Sachsen nach sich ziehen würde. Die AfD verkennt die Gesetzeslage, nach der Deutschland im Rahmen der FFH-Berichtspflichten gegenüber der Kommission zur regelmäßigen Meldung – alle sechs Jahre – des Erhaltungszustandes der Tierart Wolf in Deutschland verpflichtet ist. In diesem Zusammenhang haben wir von hier aus die Staatsregierung in unserem Antrag „Deutschlandweit abgestimmtes Wolfsmanagement“ im März – hört, hört! – dieses Jahres aufgefordert, sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass zusammen mit der Republik Polen eine entsprechende Populationsbewertung vorgenommen wird. – Das zu Ihrem ersten Punkt.

Zum zweiten Punkt: Den lehnen wir auch ab. Der Antrag der AfD zeugt von Unkenntnis des derzeitigen Verfah

rens; denn derzeit wird die Rissbegutachtung durch die geschulten Mitarbeiter des jeweiligen Landratsamtes durchgeführt. Das Institut LUPUS begutachtet seit dem Jahr 2008 keine Nutztierrisse mehr. Es ist auch nicht vorgesehen, das Institut LUPUS wieder mit den Nutztierrissbegutachtungen zu beauftragen. Insofern ist der AfDZusatz entbehrlich.

Zum letzten Punkt: Der ist wirklich erstaunlich ähnlich wie die Aussagen von Frau Dr. Petry. Auch den lehnen wir ab. Sie hatten als AfD schon einmal eine Große Anfrage gestellt. Deshalb haben Sie in dem, was Sie jetzt fordern, Ihren Änderungsantrag wissentlich falsch formuliert. Es gibt einen Widerspruch. Der Kollege Heinz hat in der Drucksache 6/13131 in einer Kleinen Anfrage bei der Staatsregierung abgefragt, dass die Wolfsschädel wie auch das weitere Sammlungsmaterial des Senckenberg

Museums für Naturkunde Görlitz der allgemeinen wissenschaftlichen Bearbeitung zur Verfügung stehen. Wissenschaftler aus anderen Einrichtungen stimmen sich dazu mit dem Kustos der Säugetiersammlung ab.

Darüber hinaus ist es auch interessierten Laien möglich, die Schädel nach Absprache mit dem Kustos in Augenschein zu nehmen. Dass das Senckenberg-Museum auch das deutsche Referenzlabor ist, habe ich schon ausgeführt. Deshalb lehnen wir alle drei Punkte von Ihnen ab.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Herr Winkler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich bin in meinem letzten Redebeitrag schon auf den Antrag der AfD eingegangen und habe deutlich gemacht, dass wir ihn als Fraktion der SPD ablehnen werden. Ich schließe mich – das mache ich mir jetzt einfach – den Begründungen des Kollegen von Breitenbuch an und signalisiere unsere Ablehnung des Änderungsantrages.

Gibt es noch weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag der AfD? – Wenn das nicht der Fall ist – –

(Gunter Wild, fraktionslos: Ja!)

Ach, Herr Wild. Okay. Sie wollen nach vorn kommen? – Gut.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Der AfD-Änderungsantrag zum sachlichen Umgang mit dem Wolf, zu Punkt I: Der Feststellung, dass es sich bei der mitteleuropäischen Flachlandpopulation um keine eigenständige Population handelt, könnte man ja noch zustimmen. Das ist richtig. Das war aber leider schon alles, was in dem Antrag richtig ist – sorry.

(Zuruf von den LINKEN: So ein Theater! – Zurufe von der AfD)

Frau Grimm und die AfD, Sie haben augenscheinlich wenig Ahnung, wie das Wolfsmonitoring in Sachsen tatsächlich strukturiert ist und welche konkreten Untersuchungen im Bereich der Gentechnik/Kraniologie bereits jetzt durchgeführt werden.

Ich komme jetzt zu Punkt II Ihres Antrages. Außer der Forderung der Unabhängigkeit der Rissbegutachtung von LUPUS sind die Inhalte des AfD-Antrages mit der CDUForderung identisch. Problem: Spätestens beim Lesen der Begründung wird der Antrag komplett abwegig. Das LUPUS Institut – Herr Breitenbuch hat es bereits gesagt – ist nicht für die Rissbegutachtung zuständig, auch wenn Mitarbeiter gerade bei größeren Rissen wie im Bereich Görlitz oder Bautzen häufig zusätzlich zugegen sind. LUPUS ist als Subunternehmer des Senckenberg-Instituts in das Wolfsmonitoring eingebunden.

Das Senckenberg-Institut wurde durch das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie mit der Durchführung der wissenschaftlichen Begleituntersuchung beauftragt. Eine Trennung zwischen LfULG und LUPUS ist damit jetzt schon gegeben. Allein, die wissenschaftlichen Ergebnisse werden nicht kritisch genug hinterfragt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön, da habe ich mehr Zeit.

Herr Wild, vielleicht hätten Sie mal unsere letzte öffentliche Kreistagssitzung besuchen sollen. Wissen Sie, dass dort von unserem Landrat geäußert wurde, dass er dem Büro LUPUS nicht mehr traut? Wahrscheinlich ziehen doch einige das LUPUS-Büro mit in die Rissbegutachtung. Das können Sie im Protokoll nachlesen, Herr Wild.

Bitte nur die Frage stellen.

Frau Grimm, zwischen dem Trauen des LUPUS Institutes und dem, was LUPUS tut, und Ihrer Behauptung, dass LUPUS Rissgutachten macht, stehen zwei Welten. LUPUS macht keine Rissbegutachtung. Sie haben einfach eine falsche Behauptung in Ihrem Antrag stehen. Darauf habe ich hingewiesen. Danke schön.

In der Begründung wird zusätzlich von einem Vertrauensverlust gegenüber dem IZW Berlin bei Gutachten gesprochen. Sowohl LUPUS als auch IZW sind in erster Linie für die Untersuchung tot aufgefundener und verletzter Wölfe zuständig. Das IZW Berlin hat mit Rissbegutachtung rein gar nichts zu tun. Hierbei verweise ich auf meine eigene Kleine Anfrage 6/13493 – Befugnisse des LUPUS Institutes im Rahmen des Wolfsmonitoring. Dort können Sie alles nachlesen.

Nun zu Punkt III: Das Senckenberg-Institut Gelnhausen untersucht nicht nur mitochondriale DNS, sondern auch die Kern-DNA und macht SNP-Analysen. Die Aussage,

dass nur MT-DNA untersucht wird, ist also auch grundlegend falsch. Das Problem liegt in der Qualität der Referenzdatenbank im Senckenberg-Institut. Auch kraniologische Schädeluntersuchungen werden von den toten Wölfen schon gemacht. Die Untersuchungsergebnisse zu den einzelnen Tieren, wie dem sogenannten Meißner Hybridwolf, können Sie auch in meinen Kleinen Anfragen nachlesen. Die Frage ist nicht, ob kraniologische Untersuchungen durchgeführt werden, sondern welche Merkmale dort untersucht werden. Herr Prof. Ansorge verwendet nur acht Merkmale, wohingegen andere internationale Experten über 40 Merkmale untersuchen können.

Bitte zum Ende kommen.

Dort liegt der Unterschied zu dem allen. Der Änderungsantrag ist abzulehnen.

Danke.

Gibt es weiteren Redebedarf? – Dann lasse ich jetzt über den Änderungsantrag der AfD abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, wenige Stimmen dafür. So ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.