Protokoll der Sitzung vom 07.11.2018

Sie beziehen sich jetzt auf den Gesetzentwurf. Eine Debatte dazu gab es hier schon vor ein paar Monaten. Das haben wir damals schon ausdiskutiert. Ich verstehe nicht, warum Sie jetzt noch einmal darauf eingehen.

(Zuruf von der CDU: Weil Sie es gesagt haben!)

Erstens. Wir zwingen niemanden dazu, sich irgendwo zu beteiligen, ob das nun an einem Windrad oder an einer Dampflok oder sonst etwas ist. Wir wollen lediglich die Möglichkeit dazu schaffen.

Zweitens heißt finanzielle Beteiligung auch, dass automatisch Gewinne von einem solchen Windrad – unabhängig davon, ob ich Anteilseigner bin oder nicht – an die Bevölkerung vor Ort ausgezahlt werden sollen, ebenso an die Orte, die es betrifft. Das passiert bei einigen Windenergiebetreibern heute schon – genau diese könnte man durch ein solches Siegel auszeichnen; das fordern jetzt die GRÜNEN, und das unterstützen wir –, indem dann halt

vor Ort der Kinderspielplatz oder Straßen oder sonst irgend etwas gebaut werden. Das finden wir gut, und diese guten Investoren sollte man auszeichnen können. Deswegen verstehe ich Ihre Ablehnung dahingehend auch nicht.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPDFraktion sprich Herr Vieweg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon viel über Kernenergie gelernt, leidenschaftlich über Braunkohle diskutiert, und jetzt, liebe Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, reden wir über Ihren Antrag zur Windenergie, mit dem Sie Ihrer Auffassung nach die Beteiligungsmöglichkeiten und die Akzeptanz beim Ausbau der erneuerbaren Energien verbessern möchten. Das kann ich zunächst erst einmal nachvollziehen, lieber Kollege Lippold, denn wir in Sachsen sind beim Ausbau sich erneuernder Energien im Bereich der Windenergie nun nicht gerade ein Musterknabe. Das gilt in vollem Umfang und insbesondere auch für alle Fragen von Akzeptanz.

Für uns ist klar: Wir wollen als Koalition die Energiewende zum Erfolg führen, und für uns ist auch klar: Windenergie ist die effektivste Form der Erzeugung von Energie aus sich erneuernden Quellen. Darum, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist mir eines noch einmal ganz wichtig: Energiepolitik und Klimaschutzpolitik ist nicht einfach so ein Politikfeld, was man nebenbei mal mit so macht und aus dem Ärmel schüttelt. Wenn wir das 1,5-Grad-Ziel nicht schaffen, Kolleginnen und Kollegen, werden weite Teile unseres Planeten unbewohnbar sein. Die Klimakrise in Sachsen und weltweit läuft. Darum, Herr Kollege Urban und auch noch einmal an die Kollegen hier rechts außen: Klimaschutz ist nicht verhandelbar, Herr Kollege Urban. Das war mir noch einmal wichtig zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, weil wir uns sowieso immer nur wieder im Kreis drehen, Herr Kollege Urban.

(Carsten Hütter, AfD: Das ist wohl wahr!)

Uns geht es heute um das Thema Akzeptanz. Wir brauchen Akzeptanz vor Ort, gerade auch in Sachsen, und wir setzen in der Koalition gemeinsam mit der Staatsregierung bei der Fortschreibung unseres Energie- und Klimaprogramms auf einen möglichst frühzeitigen Prozess von Einbeziehung und Bürgerbeteiligung, so wie er jetzt im Moment läuft.

Bei dem, was mein Kollege Rohwer gesagt hat, was die aktuellen Anstrengungen auf Bundesebene anbelangt, halte ich mich an Peter Altmaier fest. Die Ausschreibung

von 4 Gigawatt Wind ist aus meiner Sicht der richtige Weg, und insoweit werden wir über kluge Vorschläge – auch die kommen von Peter Altmaier – zur weiteren Steigerung der Akzeptanz bei der Windenergie in den nächsten Wochen sprechen. Wir wissen, wir haben in Sachsen ein gutes Potenzial im Bereich der sich erneuernden Energien. Wir wissen, Sachsen ist in der Lage, seinen Energiebedarf aus sich erneuernden Energien abzudecken, und wir wissen, Sachsen ist in der Lage, mit etwa 525 modernen Windenergieanlagen 7,5 Gigawatt Strom zu erzeugen.

Aus diesem Grund, sehr geehrter Herr Kollege Lippold, bin ich frohen Mutes, dass wir es schaffen werden, bei der Fortschreibung unserer Regionalplanung unsere Ausbauziele zu erreichen. Genau aus diesem Grund haben wir die Potenzialstudie der SAENA vorliegen. Die hat eine ganz klare Botschaft: Wir sind in der Lage, unseren Energiebedarf aus sich erneuernden Energien abzudecken.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir über neue Windsiegel, über neue Label sprechen, bevor wir über eine neue Kompetenzstelle in Sachsen reden, haben wir ganz andere Probleme. Wir haben andere Prioritäten in unserer Regionalplanung. Für uns als Koalition gilt unser Regionalplanungsprinzip, die kommunale Ebene soll entscheiden.

(Gunter Wild, fraktionslos, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, Herr Wild, bitte.

Danke, Herr Kollege Vieweg. Sie haben eben ausgeführt, dass der Ausbau der Windkraft unverhandelbar ist. Halten Sie auch weiterhin daran fest, wenn sich die Wissenschaftler mittlerweile weltweit darin einig sind, dass der Körperschall und der Infraschall bis zu 20 Kilometer von den Windkraftanlagen noch messbar sind und dass in mehreren Kilometern Entfernung durch die Windkraftanlage gesundheitliche Schäden entstehen können? Würden Sie an Ihrer Aussage noch festhalten, wenn sich das am Ende bewahrheitet? Es gibt eine Kommentierung von verschiedenen Studien und wissenschaftlichen Berichten. Die sind technisch und faktisch vom Sachverständigenzentrum für Umweltmessung überprüft worden. Die besagen eindeutig, dass Körper- und Infraschall, der von Windkrafträdern ausgeht, –

Bitte nur eine Frage stellen und nicht so lange Sätze machen.

– gesundheitsschädlich ist. Wenn sich das am Ende bewahrheitet, halten Sie dann an Ihrer Aussage von eben noch fest? Das ist meine Frage.

Sehr geehrter Herr Kollege Wild, ich möchte Ihnen sagen, was anerkannte Wissenschaft ist. Anerkannte Wissenschaft ist, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel

nicht schaffen, wenn wir den Klimaschutz auf unserem Planeten nicht ernst nehmen, fahren wir unseren Planeten an die Wand.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Das ist anerkannte Wissenschaft.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich will an dieser Stelle auf einen Konflikt in unserer Regionalplanung hinweisen. Das sind aus meiner Sicht die Prioritäten. Wir haben im Moment im Freistaat etwa 900 Windmühlen am Markt, 320 Windmühlen stehen außerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten, etwa 500 Windmühlen stehen innerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten.

(Jörg Urban, AfD: Was mahlen die denn?)

Wir wissen gleichzeitig, dass wir in der Lage sind, mit 500 modernen Anlagen unseren Energiebedarf zu decken. Insoweit sage ich: Bevor wir über neue Wege reden, lassen Sie uns Ordnung in unsere Regionalplanung bringen, Herr Kollege Lippold. Das ist aus meiner Sicht genau der richtige Weg: eine geordnete Regionalplanung im Freistaat Sachsen, Windenergie in Vorrang- und Eignungsgebieten und nicht auf der grünen Wiese, Herr Kollege Lippold.

(Silke Grimm, AfD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Frau Grimm, bitte.

Herr Vieweg, können Sie uns sagen, warum sich das mit der Regionalplanung immer weiter hinzieht? Es geht jetzt schon mehrere Jahre, bevor irgendetwas richtig einzusehen ist. Müssen wir erst die Landtagswahl nächstes Jahr abwarten?

Bitte nur die Frage.

Sprechen Sie mit Ihrem Landrat, Frau Grimm, der wird Ihnen die Frage beantworten.

Wir haben Bautzen auch noch mit drin.

Bitte nur eine Frage stellen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Ich sage, bevor wir das Thüringer Modell einführen, sollten wir Ordnung in unsere Regionalplanung bringen. Ich sage auch, liebe Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wir sind uns einig, dass wir den Ausbau erneuerbarer Energien voranbringen müssen. Insoweit sage ich, Sie haben gute Vor

schläge auf den Tisch gelegt. Meine Fraktion wird diese Vorschläge vorerst ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herr Urban, eine Kurzintervention.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Vieweg, Sie haben uns gerade eindrücklich vorgemacht, was Klimahysterie ist. Sie haben gerade Schreckensszenarien an die Wand gemalt, falls wir es nicht schaffen, dieses 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Das Pariser Klimaschutzabkommen enthält keine Vorgabe, ab welcher Temperatur das überhaupt startet. Wir wissen gar nicht von welcher Temperatur an

(Marco Böhme, DIE LINKE: Wir sind schon bei 0,8!)

wir diese 1,5 Grad messen sollen. Es gibt eine weiche Angabe auf die vorindustrielle Zeit. Was ist das? Wir wissen nicht, von wo aus wir messen. Aber wenn wir es nicht schaffen, diesem unbekannten Wert aus 1,5 Grad einzuhalten, dann geht die Welt unter. Das ist Klimahysterie vom Feinsten.

Vielen Dank.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Mit Hysterie kennen Sie sich doch aus!)

Herr Vieweg, möchten Sie darauf antworten? – Nein. Herr Dr. Weigand von der AfD-Fraktion, bitte.