Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

Da ausgehend vom Einigungsvertrag und von den Verfassungen Sachsens und Brandenburgs die Pflege und Entwicklung der sorbischen Sprache, Kultur und Überlieferung eine Daueraufgabe ist, stehen wir in der gemeinsamen Pflicht, die Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk in regelmäßigen Abständen neu zu justieren.

Lieber Herr Kosel: Ja, es ist nicht möglich, eine Dynamisierung aufzunehmen, genauso wie es uns bisher ja nie gelungen ist, auch in sächsischen Gesetzen eine Dynamisierung zu verankern. Wir sind uns aber einig – genau deshalb kommt der Antrag zur richtigen Zeit –, dass wir in regelmäßigen Abständen überprüfen müssen, ob die Stiftung für das sorbische Volk noch auskömmlich finanziert ist. Genau das soll mit diesem Antrag bezweckt werden.

Über die Stiftung wird ein Großteil der unikaten sorbischen Einrichtungen gefördert. Natürlich steigen die Betriebs- und Personalkosten. Deshalb müssen die Tarifentwicklungen und die allgemeine Teuerung bei der weiteren Finanzierung berücksichtigt werden. Zudem hat

sich die Stiftung mit den von ihr geförderten Institutionen und Projekten der Digitalisierung eine Daueraufgabe gestellt. Auch dies muss beachtet werden.

Bereits in ihrer gemeinsamen Sitzung am 13. Juni 2017 haben die Landesregierung Brandenburg und die Sächsische Staatsregierung das dritte Abkommen von 2016 begrüßt und in diesem Zusammenhang Bereitschaft bekundet, gemeinsam mit dem Bund rechtzeitig Verhandlungen für den Abschluss eines weiteren Finanzierungsabkommens mit einer Laufzeit ab 2021 aufzunehmen, um eine kontinuierliche und verlässliche Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk fortzuführen.

Ich begrüße deshalb den vorliegenden Antrag, der aus der Mitte des Parlaments kommt, und bin zuversichtlich, dass wir auf dieser Grundlage mit der zeitnahen Aufnahme von Verhandlungen ein neues, viertes Finanzierungsabkommen rechtzeitig erreichen können. Hinsichtlich der Ermittlung des erforderlichen Bedarfs stützen sich die Zuwendungsgeber auf die Bedarfsermittlungen des Direktors der Stiftung für das sorbische Volk.

Der Sächsischen Staatsregierung ist bewusst, dass die Verhandlungen zu einem Ergebnis geführt werden müssen, das auch künftig eine auskömmliche Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk sicherstellt. Dafür werden sich die Vertreter der Staatsregierung, dafür werde ich mich persönlich in den Verhandlungen mit Nachdruck einsetzen, sodass wir diesmal rechtzeitig vor dem Auslaufen des dritten Abkommens eine Anschlussfinanzierung erhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das war die Staatsregierung. Wir kommen jetzt zum Schlusswort, das die einbringenden Fraktionen CDU und SPD halten können. Kein Schlusswort? – Doch. Herr Kollege Mikwauschk, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich ganz herzlich für die sachorientierte Diskussion.

Es ist ein gutes Zeichen, dass das Hohe Haus die Staatsregierung bei diesem Vorhaben einvernehmlich unterstützt. Ich glaube, das wird gerade auch vom sorbischen Volk als großartiges Signal positiv zur Kenntnis genommen. Ganz herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das war Kollege Mikwauschk. Meine Damen und Herren! Ich stelle nun Drucksache 6/15469 zur Abstimmung. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Ebenfalls keine. Damit ist Drucksache 6/15469 einstimmig beschlossen und Tagesordnungspunkt 9 beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

Beteiligung und Einfluss Sachsens als Region auf

europäischer Ebene stärken – Vertretung des Freistaates Sachsen

im Europäischen Ausschuss der Regionen neu ausgestalten!

Drucksache 6/14460, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: DIE LINKE, CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Als Einbringerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Es wird ergriffen von Herrn Kollegen Stange.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Krise der Europäischen Union ist nicht nur nicht vorüber. Trotz Brexit und bevorstehender Europawahl lassen sich keine ernsthaften Lösungen grundlegender Konstruktionsdefizite der

Europäischen Union erkennen. Weißbuch-Debatte, vage Versuche der Errichtung einer Säule sozialer Rechte, eine Taskforce der EU-Kommission und des Europäischen Ausschusses der Regionen lassen zwar Bemühen erkennen, nicht aber einen Durchbruch zu einer neuen Entwicklung, welcher den Menschen in der EU die Erfahrung einer sicheren Zukunft glaubhaft vermitteln würde.

Gleichzeitig zeigen Umfragen beispielsweise von

Eurostat, dass die Bürgerinnen und Bürger der EU nach wie vor große Erwartungen und durchaus überwiegend positive Einstellungen gegenüber der EU hegen. Insbesondere die weitgehende Bewahrung des Friedens und die Freiheit der Freizügigkeit werden – von einigen Ewiggestrigen abgesehen – inzwischen als eine Selbstverständlichkeit angesehen, die nicht angetastet werden sollte.

Aber wie kann die Diskrepanz zwischen Erfahrungen tiefer Unsicherheit und mangelndem Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit der EU einerseits und der nach wie vor bestehenden Hoffnung auf europäische Integration andererseits erklärt werden? Warum können die politischen Eliten auch in Sachsen diesem Vertrauensvorschuss bislang nicht gerecht werden?

Ein zentrales Problem der Europäischen Union, aus dem sich dieser Gegensatz erklärt, besteht in der nach wie vor fehlenden oder zumindest mangelhaften bzw. begrenzten Einbeziehung der EU-Bürgerinnen und -Bürger in demokratische Entscheidungsprozesse der Europäischen Union auf der einen Seite und dem nicht enden wollenden EUBashing von Teilen nationaler Kräfte – nicht selten auch aus Regierungskreisen – auf der anderen Seite.

Um es einmal plastisch zu machen: Soweit ich weiß, war der Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft in Baschkortostan.

(Vereinzelt Heiterkeit bei den LINKEN)

Dort sind in einem Fernsehinterview auch Vertreter des Ausschusses – nein, Herr Staatsminister: Vertreter des Ausschusses – über ihre Haltung zu den Sanktionen befragt worden. Nun kann ich ja nachvollziehen, dass man, wenn man fünfmal am Tag zu Sanktionen befragt wird, irgendwann nicht mehr so recht will. Wenn sich aber die sächsische CDU zwar deutlich gegen Sanktionen ausspricht, sich dann jedoch mit einem deutlichen Fingerzeig auf Bund und EU aus der Affäre zieht, ist das natürlich seltsam. Hier könnte man auch beispielgebend wirken und zeigen, dass man sich aus Sachsen heraus an europäischer Politik beteiligt und wie man Interessen ganz dezidiert vertritt, nämlich, dass wir eben keine Sanktionen in dieser Form wollen.

Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um zwei Seiten einer Medaille, die bewusst und unbewusst zur Aufrechterhaltung von Distanz und Abneigung der EUBürgerinnen und -Bürger gegenüber der EU benutzt werden.

Als Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der EUKommission, die Vertreterinnen und Vertreter der Regionen und Kommunen zur Arbeit der Taskforce Subsidiarität befragte – Kollege Baumann-Hasske, wir waren dort – und darum bat, einmal zu bekunden, bei welchen Themen und Politikfeldern die EU Kompetenzen an die Mitgliedstaaten zurückgeben sollte, hörte er nur ohrenbetäubendes Schweigen. Das muss im Sinne des europäischen Projekts auch aus den Regionen heraus überwunden werden, also auch aus Sachsen heraus.

Eine pro-europäische Politik benennt, was in der EU zu kritisieren ist, und eröffnet gleichzeitig Möglichkeiten einer aktiven Beteiligung aus den Mitgliedstaaten und Regionen im Rahmen der Multilevel Governance. Leider dominieren derzeit eher populistische Gegenbewegungen.

Nach unserer Ansicht bestätigt der gerade vorgelegte Fünfzehnte Halbjahresbericht zu wesentlichen Entwicklungen der sächsischen Europapolitik diesen Befund.

Zwar listet der Halbjahresbericht eine ganze Reihe von Themen auf, die von der Staatsregierung aktiv bearbeitet werden und die im Interesse Sachsens vorteilhaft und gewinnbringend gestaltet werden müssen, und auch die Qualität des Halbjahresberichts hat sich seit der ersten Auflage in der 5. Legislaturperiode, insbesondere unter dem früheren Europaminister Dr. Jaeckel und nun durch Staatsminister Dr. Schenk, deutlich verbessert – das gehört der Fairness halber dazu – und an mehreren Stellen ist auch plakativ von Demokratie die Rede, doch die Themen Mitwirkung und Mitgestaltung oder gar Multile

vel Governance und deren Ausgestaltung als europapolitischer Schwerpunkt der Staatsregierung sucht man hingegen vergeblich.

Und unter Punkt 2. Zukunftsfragen der EU dieses Halbjahresberichts werden mehrseitig alle möglichen Aktivitäten auf EU-Ebene gelistet, von der Taskforce über die Aneinanderreihung von Statements verschiedener Staatschefs, nur keine eigene Konzeption zur Rolle Sachsens bei der Gestaltung der Zukunft Europas. Für die Eingeweihten im Europaausschuss verwundert das auch nicht, das ist sächsische europapolitische Staatsdoktrin seit vielen Jahren. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die klare Aussage von Dr. Jaeckel während des Plenums zum Antrag unserer Fraktion am 16. Dezember 2015 – im Protokoll nachlesbar auf Seite 1994. Da sagte Dr. Jaeckel: „Dabei geht die Staatsregierung nach folgendem Modell vor: Wir suchen Themenfelder, die für Sachsen hinreichend große Bedeutung haben und die nicht bereits durch den Bund, die Länder insgesamt oder andere Mitgliedsstaaten in ausreichendem Maße vertreten werden. Hierbei ging es vor allem um Themen, die natürlich für Sachsen wichtig sind, meine Damen und Herren.“

Dieses Kaufmannsprinzip des eigenen finanziellen und wirtschaftlichen Vorteils ist und war europapolitisch nie wirklich zeitgemäß. Der Gegensatz in den Ansichten, wie regionale Europapolitik betrieben werden sollte, zeigt sich bei der Anwendung des Subsidiaritätsverfahrens. Dabei stellt sich die Frage, ob es eher ein Abwehrinstrumentarium ist oder ein Mechanismus der Gestaltung und Beteiligung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen am EU-Gesetzgebungszyklus. Seit dem Besuch der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Brüssel, wissen wir zumindest um eine Vielzahl sächsischer Beteiligungen an Entscheidungs- und Gesetzgebungsprojekten in Brüssel. Warum werden diese nicht transparent und vor allem im Wege eines offenen Konsultationsverfahrens auch dem Landtag und interessierten Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden in Sachsen gegenüber kommuniziert? Hier böten sich erlebbare Gelegenheiten für die von den späteren Entscheidungen Betroffenen, selbst bei deren Entstehung gehört zu werden. Nach Erlass von EUGesetzen stünden sie nicht einer völlig fremden Materie gegenüber. Auch für das sächsische Verbindungsbüro gilt es, den Informationsfluss und gegebenenfalls die Einbeziehung effektiver zu gestalten.

Nun zum Europäischen Ausschuss der Regionen.

Lassen Sie mich mit einem Eindruck des AdR im Juli 2018 beginnen. Uns wurde vermittelt, dass es zwischen den Ländervertretern im AdR insofern große Unterschiede gäbe, dass sich die einen auf die Vertretung ihrer regionalen Interessen und Vorteile beschränken, während die anderen daneben auch die Beteiligung an grundsätzlichen EU-Fragen zu ihrem wesentlichen Arbeitsgegenstand machen. Sachsen würde – so hat man uns berichtet – eher zur ersten Gruppe gehören.

Im Rahmen der Ausschussevaluation „Erfahrungen bei der Befassung mit europapolitischen Fragestellungen“

nach dem Ausschussbeschluss vom 29. September 2015 und dessen praktischer Durchführung hat unsere Fraktion zu dieser Situation bereits Stellung genommen und angemerkt, dass die Vertretung im AdR und die Berichterstattung des Vertreters im Landtag dringend überdacht werden sollte. Dazu, meine Damen und Herren, werde ich in der zweiten Runde ausführen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Schiemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sehr wichtig, auch hier im Sächsischen Landtag immer wieder auf die Arbeit der europäischen Gremien hinzuweisen. Dabei bleibt der Ausschuss der Regionen eine bedeutende Vertretung der Regionen Europas in einem Europa nationaler Staaten. Damit wird die Stimme und Vielfalt der Völker Europas besonders repräsentiert.

Für uns gilt natürlich an allererster Stelle immer wieder das Subsidiaritätsprinzip, das oft in der Diskussion zu europäischen Themen verloren geht und nur noch als ein Wandbild im Zimmer hängt. Subsidiarität bedeutet, dass die Fragen, die vor Ort zu klären sind, auch vor Ort geklärt werden und nicht an einem zentralen Ort. Deshalb ist und bleibt Subsidiarität die Grundlage für ein zukunftsfähiges Europa.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Natürlich ist für uns auch wichtig, wie sich Europa und die Europäische Union in den nächsten Jahren entwickeln werden. Da richten wir auch den Blick auf die mittelfristige Finanzierbarkeit dieser Europäischen Union und ihrer Nationalstaaten, auf die Entwicklung der Völker, die in Europa wohnen. Der mittelfristige Finanzrahmen ist dabei für uns eine existenzielle Frage, die die Entwicklung in vielen Teilen Europas, aber auch die Entwicklung im Freistaat Sachsen entscheidend beeinflussen wird. Deshalb bleibt das Thema Europa nach dem Jahr 2020 ein zentrales Thema.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist nicht nur ein Finanzproblem!)

Für uns ist auch wichtig, dass wir wissen, was geschehen wird, wenn das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitglied der Europäischen Union sein wird. Wie werden sich die Finanzbeziehungen ändern? Welche Bedrückung wird es für die wirtschaftlichen Beziehungen vieler sächsischer Unternehmen geben? Das Vereinigte Königreich steht in unserer Außenhandelsbilanz an dritter Stelle. Vorn stehen die Vereinigten Staaten und China. Dann kommt das Vereinigte Königreich.