Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

Dringlich scheint der Antrag nach einer dekadenübergreifenden Beobachtungsphase schon einmal nicht zu sein. Der Weg zur Stärkung führt durch die Tore Brüssels, und der Schlüssel zum Erfolg soll dabei der Ausschuss der Regionen sein, also ein Gremium, das aus 350 Mitgliedern besteht, obligatorisch oder fakultativ angehört werden muss oder kann und Stellungnahmen zu europäischen Rechtsvorschriften abgeben darf.

(Zuruf der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE)

Es finden also Anhörungen statt und es dürfen Stellungnahmen abgegeben werden. Wie dabei insbesondere die Europäische Kommission auf Vorschläge aus den Ländern reagiert, veranschaulicht besonders bemerkenswert die Antwort der Staatsregierung auf meine Kleine Anfrage, Drucksache 6/12143. Gefragt wurde von mir, ob die Europäische Kommission zum Gesetzentwurf der Staatsregierung vom 31. März 2017 Stellung bezogen hat, in dem der Freistaat Sachsen die Schaffung eines neuen Freistellungstatbestandes in der AGVO für kleine Kommunen fordert.

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Die Antwort lautete: Es gibt, der üblichen Praxis entsprechend, bislang keine Stellungnahme der Kommission zu dem deutschen Vorschlag. – So viel zum Thema Kommunikation der Organe untereinander bzw. zur Relevanz einer Anhörung.

Meine Damen und Herren, wir wären wohl allesamt mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir uns gegen einen

stärkeren Einfluss Sachsens auf europäischer Ebene wehren würden. Was der Antrag will – nämlich mehr Beteiligung der Staatsregierung und mehr Information für das Parlament –, ist grundsätzlich nicht falsch; aber der Einfluss im Sinne einer echten Entscheidungsbefugnis bleibt davon gänzlich unberührt.

Insoweit der Antrag nunmehr Informationen über die Arbeit der Staatsregierung im Ausschuss der Regionen oder über laufende Debatten in diesem Ausschuss fordert, möchte ich gern einmal auf die Homepage des Ausschusses verweisen. Dort werden über einen Newsletter, wahlweise auch in Echtzeit, folgende Angebote unterbreitet: Informationen zu Pressemitteilungen des Ausschusses, Veranstaltungen, Veröffentlichungen zum Wachstum, zur Landwirtschaft, zum Klimawandel, zu Energie, Umwelt, Migration etc. pp.

Meine Damen und Herren, wer sich informieren will, kann dies bereits jetzt tun. Zusammenfassend liefert der Antrag nicht das, was er verspricht. Er liefert nämlich keine Stärkung Sachsens, und er liefert keine Informationen, die nicht heute schon abrufbar wären. Daher werden wir den Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Dr. Maicher; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich der Fraktion DIE LINKE für den Antrag danken und die Gelegenheit, hier über den Ausschuss der Regionen zu sprechen. Ich habe nicht so viel Redezeit, um das ganz große Fass aufzumachen: Halbjahresbericht, EU-Bashing aus den Kreisen der Koalition

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Von welchem Bashing reden Sie?)

und das ganze Thema: Wie arbeitet eigentlich der Europaausschuss und welche Verbesserungen gibt es? Ich kann auch nicht darauf eingehen, was Sie, Herr Schiemann, hier alles ausgebreitet haben; aber ich habe mir eine Frage gestellt. In dieser Lobpreishymne auf Ihren Kollegen habe ich mich schon gefragt, warum eigentlich Herr Lehmann nicht Vorsitzender dieses wichtigen Europaausschusses werden durfte. – Das nur am Rande.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN – Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Ja!)

Ich möchte nun zum Ausschuss der Regionen sprechen und mich auf den Antrag beziehen. Im Ausschuss der Regionen hat der Freistaat ein förmliches Mitspracherecht bei der Gesetzgebung in der Europäischen Union. So kann Sachsen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger direkt in Stellungnahmen des Ausschusses zu EURechtsvorschriften einbringen, die Auswirkungen auf Sachsen, auf die Region haben. Dies betrifft sehr viele Bereiche: Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Sozialpo

litik, wirtschaftlicher Zusammenhalt, Energie, Klimawandel usw. Der Ausschuss der Regionen kann auch selbst initiativ werden und Themen setzen, indem er selbstinitiativ Stellungnahmen abgibt.

Warum erzähle ich das hier noch einmal? Zum Ersten, da ich weiß, dass auch viele von Ihnen dies nicht wissen, weil nicht klar ist, was der Ausschuss der Regionen eigentlich macht; und ohne den vorliegenden Antrag könnten wir darüber hier auch nicht sprechen. Zum Zweiten, weil Sachsen zwar Mitglied im Ausschuss der Regionen ist, aber wir im Parlament und vor allem die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen davon nicht viel mitbekommen. Wir müssen Sachsens Beteiligung stärken, um unser Mitspracherecht bei der Gesetzgebung Europas durch die Region zu nutzen. Dazu gehört viel mehr Transparenz, mehr Information, mehr Wissen darüber, welche Beteiligungsmöglichkeiten der Regionen es gibt, sowie über die Arbeit im Ausschuss der Regionen. Vielleicht würden wir, wenn wir darüber mehr Informationen hätten, die Arbeit des Ausschusses stärker schätzen können, wie Sie, Herr Baumann-Hasske, sagten. Ja, Sachsen hat im Ausschuss der Regionen die Chance, die europäische Region in Frieden, Freiheit und Solidarität zu stärken. Dies nützt den Menschen hier und hilft dem Freistaat, da wir mitten in Europa liegen, und es schafft Akzeptanz und Verständnis bei den Sächsinnen und Sachsen für die Europäische Union.

Aber die bisherige Praxis der Staatsregierung zur Besetzung des sächsischen Platzes ist leider nur eine kleine und unsaubere Lösung. Die momentane Vertretung Sachsens im Ausschuss der Regionen wird nicht aktiv durch die Staatsregierung wahrgenommen, sondern sie wird vielmehr an die parlamentarische Vertretung delegiert. Auch meine Fraktion sieht darin Interessenkonflikte. Hier werden Exekutive und Legislative nicht sauber getrennt. Die Praxis im Europaausschuss zeigt dies ebenfalls. Den monatlichen Berichten, die bereits angesprochen wurden, folgt nichts. Es folgt keine Aussprache, keine Rechenschaft und keine Kontrolle der Staatsregierung, weil sie selbst ihre Verantwortung nicht wahrnimmt und der Landtag keine Handhabe hat.

Deshalb schlagen wir GRÜNEN vor, dass der Landtag zur Lösung des Interessenkonfliktes eine Vertreterin oder einen Vertreter aus seinen Reihen für den Ausschuss der Regionen wählt. So findet eine demokratische Legitimation dieser Vertretung statt; denn eine Wahl stärkt aus unserer Sicht deutlicher als eine Benennung allein durch die Staatsregierung innerhalb der Staatskanzlei. Dies unterscheidet unsere Ansicht auch von dem Vorschlag der LINKEN.

Wir begrüßen aber ausdrücklich die Forderung des Antrags nach aktiver Vernetzung und Kommunikation mit dem Landtag und Interessenvertretern in Sachsen und gehen darüber hinaus im besten Falle mit den Bürgerinnen und Bürgern, weil Sachsen ein Teil von Europa ist, weil die Europäische Union in Sachsen sehr viel Positives bewirkt und wir im Sächsischen Landtag die Verantwor

tung übernommen haben, auch die Interessen Sachsens auf europäischer Ebene einzubringen.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass meine Fraktion der Aussage der Antragsbegründung klar widerspricht, dass wir eine Dauerkrise der Europäischen Union hätten. Ja, wir GRÜNEN sehen ebenfalls dringenden Reformbedarf, besonders, was die demokratische Ausgestaltung betrifft. Aber das Problem der EU ist nicht, dass sich nationale Sonderinteressen über regionale Lebensinteressen hinwegsetzen. Nein, nationale Sonderinteressen stehen vielmehr gegen europäische Interessen beim gemeinsamen Vorangehen beim Klimaschutz, bei einer gemeinsamen humanitären Flüchtlingspolitik und bei der Gestaltung eines sozialen Europas.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns die Beteiligung Sachsens im Ausschuss der Regionen neu gestalten! Lassen Sie uns als Parlament aktiv daran teilnehmen und vor allem sicherstellen, dass Sächsinnen und Sachsen in Europa eine Stimme haben!

Der Antrag ist ein Anfang, auch wenn wir die Entsendung in den AdR anders gestalten würden. Deshalb beantragen wir die punktweise Abstimmung. Wir würden uns bei Punkt 1 der Stimme enthalten und dem Punkt 2 zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Stange, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Schiemann, à la bonne heure, es war eine tolle Vorstellung. Nur müssen Sie von dem Zwilling von Herrn Lehmann sprechen und nicht von Herrn Lehmann selbst. Das ist mein Problem bei der Geschichte.

Wissen Sie, wenn Herr Lehmann jemals so wie Sie mit Feuer und Flamme – nicht mit Schwert, sondern mit Feuer – über seine Tätigkeit im AdR und so umfassend wie Sie berichtet hätte, dann hätten wir uns einen Teil des Antrags sparen können – das hat er aber nicht. Das ist das Problem.

Auch der nun vorliegende Bericht über das 131. Plenum des Ausschusses der Regionen lässt genau das vermissen, was Sie hier sonderbarerweise vorgetragen haben.

Zu der Art und Weise der Berichterstattung gibt der gestern übergebene Bericht über die 131. Plenartagung des Ausschusses der Regionen vom 08.10. bis 10.10.2018 in Brüssel einen Eindruck.

(Zuruf des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Jetzt räumen wir mit dem zweiten Mythos auf, lieber Kollege Schiemann. Kollege Heinz Lehmann ist im Ausschuss der Regionen der Vertreter

(Marko Schiemann, CDU: Des Freistaates Sachsen!)

der Staatsregierung! Das muss man ganz klar sagen. Oder sehe ich das falsch?

(Zuruf von der CDU)

Er ist der Vertreter der Staatsregierung. Damit wird die Widersinnigkeit komplett,

(Zuruf von der CDU: Nö!)

weil er sich als Abgeordneter des Sächsischen Landtags theoretisch selbst als Beauftragter der Staatsregierung im Ausschuss der Regionen zu kontrollieren hat.

(Zuruf des Abg. Martin Modschiedler, CDU)

Wie schizophren muss man denn sein, um das hinzukriegen, Kollege Schiemann?

(Zuruf des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Das ist widersinnig, das ist nicht mal entsprechend der Aufgabenverteilung zwischen den Verfassungsorganen Parlament und Regierung.

(Andreas Nowak, CDU: Die Bundesregierung beauftragt auch....! Selbst das Land Thüringen macht das!)

Meine Damen und Herren! Der im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung im AdR tätige Abg. Heinz Lehmann wird im vorliegenden Bericht über die Plenartagung des AdR an vier Stellen erwähnt: zweimal wegen seiner Teilnahme an Sitzungen verschiedener Kommissionen, bei denen dann wiedergegeben wird, womit sich diese Kommissionen befasst haben, und einmal wegen seiner Teilnahme an der 131. Plenartagung des AdR – wieder mit kurzen Angaben zu den dort behandelten Tagesordnungspunkten.

Um einen Eindruck von der Inhaltstiefe der Berichterstattung der Mitwirkung Sachsens im AdR zu geben, möchte ich aus dem jüngsten Bericht zu Tagesordnungspunkt 6 – Das Paket für den mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 – zitieren: „Herr Lehmann konnte drei Änderungsanträge (31, 34, 49 zu Ziffern 23, 24, 29) ins Plenum einbringen. Der Änderungsantrag 31 zu Ziffer 23 wurde abgelehnt“. – Aha. – „Änderungsantrag 34 zu Ziffer 24 wurde angenommen. Änderungsantrag 49 zu Ziffer 29 entfiel, da einem Änderungsantrag des Berichterstatters zugestimmt wurde.“

Sie sind jetzt schlauer als ich. Sie wissen mit Sicherheit, worum es sich hierbei handelt.

(Zurufe von der CDU)

Kennen Sie die Änderungsanträge? – Ich kenne sie nicht. Kollege Lehmann hatte vor Monaten zugesagt, diesen Berichten die Änderungsanträge beizufügen, sodass sich in gewisser Weise erschließen konnte, was er denn da treibt oder nicht treibt, wobei er zustimmt oder nicht zustimmt. Das ist alles nichts geworden – interessant! Die geneigten Leserinnen und Leser werden mit den Erfolgen des Helden der Geschichte konfrontiert, allerdings erhalten sie keinerlei Erläuterungen oder einen Quellennach