Protokoll der Sitzung vom 30.01.2019

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das regelt die Geschäftsordnung, das haben wir geklärt! – Weitere Zurufe)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Wir müssen uns jetzt verständigen. Es gibt eine Stellungnahme zum Änderungsantrag; Herr Modschiedler, bitte.

Genau, eine einheitliche Stellungnahme, dann werden wir uns nicht mehr dazu äußern.

Deswegen fasse ich es in drei Punkten zusammen, die Sie, Herr Bartl, mit eingebracht haben. Im Wesentlichen haben wir uns vorab, weil wir wussten, dass die Änderungsanträge kommen, in der Einführungsstellungnahme schon einmal geäußert.

Zum einen möchte ich auf das Trennungsgebot eingehen. Wir müssen uns Gedanken machen – es ist kein Jugendhotel. Der Arrest in freien Formen, den wir haben, steht unabhängig davon im Raum; das Seehaus-Beispiel, das auch wieder kritisiert worden ist. Aber das hier ist kein Wochenendhotel, sondern es ist die Frage des Jugendvollzugsarrests, und den muss man auch sehen.

Deswegen ist es richtig, dass wir das Trennungsgebot haben, und dieses soll es auch geben, aber es ist eine räumliche Trennung. Eines müssen wir sehen – das hatten wir mehrfach angesprochen –: Es ist nicht immer so, dass jemand dort da ist, dass der Jugendarrestvollzug genutzt wird. Man hat dann leere Räume, aber für diese alle möglichen Psychologen, die dann vorhanden sind. Das nenne ich ineffektiv, und da stellt sich nicht mehr die Frage, ob eigenständig sinnvoll ist oder nicht.

Zweitens, Durchsuchung von Jugendarrestanten. Wenn ich Aussagen höre wie „das darf man doch nicht tun“, sage ich dazu: Wir haben es unter Richtervorbehalt. Wollen wir jetzt noch den lieben Gott befragen, ist Ihnen das wichtiger? Das würde mich wundern. Der Richtervorbehalt ist schon ein schwerwiegender Vorbehalt, der hier getroffen wird, und einzig dieser ist einzuholen.

Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Modschiedler, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Bartl, bitte.

Herr Modschiedler, geben Sie mir recht, dass wir nicht durchgängig Richtervorbehalt haben, sondern nur dann, wenn bei jemandem angeordnet werden soll, dass er praktisch regelmäßig nach jedem Besuch und Ähnlichem mehr durchsucht werden soll? Ansonsten entscheidet das die Anstalt.

Der Oberste der Anstalt ist der Richter, der das zu machen hat. Das ist ein Irrtum. Sie haben im Jugendarrest die Möglichkeit, dass ein Konsilium gemacht werden kann, und das kann der Chef des Jugendvollzugs machen. Hier macht es der Richter – so verstehe ich es.

Amt. Präsident Thomas Colditz: Es gibt eine weitere Zwischenfrage von Herrn Bartl.

Vorläufig kann das jederzeit von jedem Bediensteten angeordnet werden. Dann ist die Maßnahme ja auch vollzogen, bis zur Entkleidung. Der Richter kann es bestenfalls im Nachhinein – –

Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Bartl, bitte eine Frage stellen!

Meine Frage ist, ob es richtig ist, dass – –

Ich habe mich dazu geäußert, dass Sie sagen, wir haben den Obersten-RichterVorbehalt, und der ist der Chef, der es anordnen kann. Vorübergehend kann das nur der Richter tun.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Zur Durchsuchung von Jugendarrestanten. Für mich ist die Frage: Schmuggeln die denn Ihrer Ansicht nach nicht – weil Sie immer sagen, sie sind gut, sie haben gar keine schädlichen Neigungen etc., die gibt es nicht?! Man sagt, nein, sie dürfen kommen, da wird nichts passieren – und man wundert sich dann, dass Sachen hineingeschmuggelt worden sind. Das ist der Hintergrund dafür, dass wir gesagt haben, eine Durchsuchung muss zumindest möglich sein; aber sie muss an hohe Voraussetzungen geknüpft sein. Deswegen ist es eine besondere Behandlung, weil sie hier zugunsten des Arrestanten vom Gesetz abweicht.

Dann haben wir noch das Kernproblem Speicherung bei der Videoüberwachung. Dort wird immer gesagt, das ist das Damoklesschwert, das gegen den Arrestanten geht. Nein, es ist zu dessen Wohl. Das ist auch eine Lehre aus al-Bakr, wo wir gesagt haben, erstens, Ultima Ratio, absolut, und zweitens, es sollen sich Fachleute ansehen. Als wir es im Ausschuss besprochen haben, haben wir gefragt: Was ist, wenn es Auffälligkeiten gibt? Derjenige, der dort sitzt und es sich anschaut, kann es nicht erkennen

das kann nur Fachpersonal erkennen, und das kann ich nicht die ganze Zeit an die Videoüberwachung setzen.

Im Umkehrschluss wäre das Schlimmste, dass sich die Leute – wie Sie es am liebsten hätten, weil Sie gar keine Videoüberwachung wollen – nur noch dort hinsetzen. Dann müssten Sie die ganze Nacht Fachpsychologen und andere vor die Tür setzen.

Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Modschiedler, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Amt. Präsident Thomas Colditz: Bitte, Herr Bartl.

Danke, Herr Präsident. Herr Kollege, noch eine Frage: Warum beschränken Sie dann nicht die Möglichkeit der Videoüberwachung wirklich nur auf Fälle, wo Suizidgefährdung – auf valide Tatsachen gestützt – besteht? Warum machen Sie es auch bei anderen Gefährdungslagen? Warum berufen Sie sich immer auf al-Bakr? Dort ging es um Suizidfragen. Warum machen Sie es auch als Anwendungsinstrumentarium in anderen Fällen, bei Gefährdungen gegen Personen oder Sachen?

Wenn ich die Suizidgefahr feststelle – das hat al-Bakr gezeigt –, dann ist es auch zu spät, denn dann ist ein Suizid passiert. Aber wenn ich Auffälligkeiten feststelle, die sich zu einem Suizid verfestigen können, muss ich doch schauen, dass ich einschätzen kann, ob er Auffälligkeiten aufweist oder nicht, und das können Sie nicht mittels einer Person tun, die draußen entweder vor der Tür sitzt – wie es von den GRÜNEN gewünscht ist, weil überhaupt keine Videoaufzeichnung gewünscht ist –, oder wenn eine Videoaufzeichnung vorhanden ist, die sofort wieder gelöscht wird. Dazu brauche ich Fachleute, und das kann ich doch nicht beschränken, denn dann ist es weg und kann nicht gesehen werden.

Es wird ausschließlich zum Wohl des Arrestanten genutzt, dass dieser eingeschätzt werden kann, ob er suizidgefährdet ist oder nicht.

Amt. Präsident Thomas Colditz: Es sind noch 25 Sekunden Zeit und es wird schwierig mit einer weiteren Zwischenfrage – bitte.

Wenn die besondere Sicherungsmaßnahme nur bei Suizidgefährdungen infrage kommt, warum schreiben wir es dann nicht ins Gesetz? Warum machen wir sie auch bei drohender Gewalt gegen Personen oder Sachen?

Herr Bartl, das war doch die Intention. Sie haben gesagt, ich möchte es im Grunde überhaupt nicht – und wenn, dann nur bei nachweislich suizidgefährdeten Personen. Und wir haben gesagt, nein, es sollte dort weitergehen. Wenn die Gefahr besteht, dass sich etwas daraus entwickelt, soll die Videoüberwachung

auch für diese Fälle gegeben sein, und dazu brauchen wir die Aufzeichnung, weil wir die Fachleute brauchen, die es bewerten können.

Herr Bartl, wir sprechen von zwei verschiedenen Ebenen – Sie gehen von einer anderen Seite heran. Sie wollen es prinzipiell nicht, und das ist das Problem.

Herzlichen Dank.

(Ganz vereinzelt Beifall bei der CDU)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Baumann-Hasske, bitte, für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Punkte will ich aufgreifen. Der eine ist im Änderungsantrag I.2 die Frage, ob weibliche Jugendarrestanten, die schwanger sind oder entbunden haben, auch in den Jugendarrest hinein sollen. Das ist bereits geregelt: Es gibt im § 65 eine Verweisungsnorm auf die Bundesebene, und dort ist der Schutz von schwangeren oder entbundenen Mädchen oder jungen Frauen geregelt. Das Thema hatten wir im Ausschuss auch schon besprochen und ich denke, diese Regelung reicht aus.

Einen zweiten Punkt will ich ansprechen: Artikel 1 Ziffer 7. Darin geht es um § 41 Abs. 1, um die Maßnahmen gegen Jugendliche und dass Sie wollen, dass die Überweisung in die Psychiatrie der Videoüberwachung vorgezogen wird. Hier möchte ich anmerken: In § 42 Abs. 2 des Gesetzentwurfs ist geregelt, dass ohnehin, bevor derartige Maßnahmen angeordnet werden, ein ärztliches Gutachten einzuholen ist. Wenn der Arzt zu dem Ergebnis kommt, dass eine Überwachung nicht in Betracht kommt, sondern der oder die Jugendliche so beeinträchtigt ist, dass eine Überweisung in die Psychiatrie stattfinden muss, dann geschieht dies natürlich. Wenn der Arzt aber sagt, eine Überwachung ist erforderlich und sinnvoll, dann sollte man dem auch Folge leisten.

Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Es liegt noch eine dritte Wortmeldung von Frau Meier von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Bitte schön, Frau Meier.

Vielen Dank, Herr Präsident! Wir stimmen – wie schon im Ausschuss – dem Änderungsantrag der LINKEN zu. Ich möchte noch einmal auf den einen Aspekt eingehen, den Herr Baumann-Hasske jetzt gerade mit den schwangeren Frauen, mit den weiblichen Jugendarrestanten angesprochen hat: Es ist richtig, dass das auf Bundesebene geregelt ist, aber die Regelungen, die die LINKEN hier eingeführt haben, sind weitergehend und deswegen finde ich sie besser, und deswegen sollte das hier auch beschlossen werden.

Was ich sehr gut finde, ist, dass hier ein Personalschlüssel verankert werden soll, weil es eben gerade um erzieheri

sche Maßnahmen geht, und es muss sichergestellt sein, dass das entsprechende Personal vorhanden ist.

Zur Videoüberwachung und zum Arrest habe ich vorhin ausführlich gesprochen – die LINKEN haben das hier aufgegriffen –, deswegen stimmen wir dem auch zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Meine Damen und Herren, ich denke, damit haben wir über den Änderungsantrag noch einmal umfangreich diskutiert. Wir treten in die Abstimmung über diesen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 6/16509 ein. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überschrift. Wer der Überschrift dieses Gesetzentwurfes zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überschrift mehrheitlich zugestimmt worden.

Wer der Inhaltsübersicht zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist auch der Inhaltsübersicht zugestimmt worden.

Wir müssen jetzt über zehn Artikel abstimmen. Ich möchte zunächst fragen, ob wir über diese Artikel 1 bis 10 im Block abstimmen können oder ob dazu Einzelabstimmung gewünscht ist. – Keine Einzelabstimmung; im Block.

Ich lese die Artikel noch einmal einzeln vor; danach stimmen wir im Block darüber ab: