Protokoll der Sitzung vom 31.01.2019

Zurück zum AfD-Antrag. Der Antrag wäre ein wirklich positiver Beitrag gewesen, wenn er sich auch damit beschäftigt hätte, welchen Beitrag wir als Politiker leisten können, um ein besseres, respektvolleres Miteinander zu fördern.

(Zuruf von der AfD)

Ein Stück weit Selbstreflexion, ein Bekenntnis zu einer maßvollen und sachlichen Kommunikation – all das wäre wertvoll gewesen. Herr Hütter, Sie haben am Anfang von einem Umdenken gesprochen. Ich konnte dieses Umdenken aber weder in der Antragbegründung noch in Ihrem Redebeitrag erkennen. Somit bleibt es halt ein Schaufensterantrag, der nichts anderes leistet, als ein bekanntes Problem oberflächlich zu beschreiben.

(Carsten Hütter, AfD: Wo bleibt denn Ihr Änderungsantrag?)

Aber für Ihre Zwecke reicht das auch; denn die Absicht, die hinter diesem Antrag steht, ist offensichtlich: Sie legen uns einen Antrag vor, in dem etwas von einem fairen Wettbewerb der Parteien und vom respektvollen Miteinander steht, und das nur mit einem Ziel: die Ablehnung dieses Antrages wieder unsachlich und hetzerisch zu vermarkten.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Deshalb ist nach meiner Kenntnis zu diesem Antrag im Anschluss eine namentliche Abstimmung angekündigt. Sie verwenden den Antrag entgegen der vorgeblichen Zielrichtung des Antrages. Dieses Maß an Schamlosigkeit und Scheinheiligkeit, das hier mitschwingt, ist kaum noch zu überbieten.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir werden jedenfalls über das Stöckchen, das Sie uns hinhalten, nicht springen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Urban.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Anton, ich bin nicht überrascht, aber einmal mehr enttäuscht von der CDU-Fraktion.

(Oh-Rufe! von der CDU – Patrick Schreiber, CDU: Dann haben wir ja alles richtig gemacht! – Weitere Zurufe von der CDU, den LINKEN und der SPD)

Sie hätten heute die Gelegenheit gehabt, einen ganz einfachen und schlichten Antrag zur Ablehnung von Gewalt in der politischen Debatte abzulehnen. Sie haben diesen Antrag einmal mehr benutzt,

(Daniela Kuge, CDU: Herr Urban, die Kamera ist da oben!)

um sich billig im politischen Feld zu bewegen, Sie haben einmal mehr Dinge vermischt, die man nicht vermischen sollte. Eine scharfe politische Auseinandersetzung findet auch von Ihnen und Ihren Abgeordneten statt. Das ist auch nicht das Anliegen des Antrages. Es geht darum, dass wir unterscheiden zwischen einer scharfen politischen Debatte und echter Gewalt gegen Sachen und gegen Menschen. Sie vermischen das, um nicht zustimmen zu müssen. Das ist das eigentlich Schlimme, was ich der CDU vorhalte.

(Zurufe der Abg. Patrick Schreiber und Marko Schiemann, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

Sie sind nicht bereit, ein klares Bekenntnis gegen Gewalt abzugeben, nur um einem AfD-Antrag nicht zustimmen zu müssen.

(Zurufe von der CDU)

Das ist armselig – einmal mehr.

(Beifall bei der AfD)

Das war die Kurzintervention von Herrn Kollegen Urban. Jetzt reagiert Herr Kollege Anton.

Herr Urban, Ihr Antrag ist billig. Es geht um nichts anderes, als um ein paar wenige Floskeln, die Sie hier formulieren, auch um Selbstverständlichkeiten. Ich glaube, es zweifelt niemand daran, dass die CDUFraktion ein deutliches Bekenntnis abgibt – das nicht nur hier im Plenum, sondern zu jeder Zeit – zu einem friedlichen Miteinander und zur Gewaltfreiheit im politischen Umgang. Ich glaube, das wird nicht einmal von Ihnen

bezweifelt. Um das klarzustellen, brauchen wir Ihren Antrag wahrlich nicht.

(Starker Beifall bei der CDU und Beifall bei der SPD)

Der Antrag enthält nicht nur das Bekenntnis zur Gewaltfreiheit, sondern er enthält – das habe ich sogar gelobt – auch den Punkt, wie man im politischen Geschehen miteinander umgeht. Dabei geht es um Anstand und um Respekt voreinander. Das greift der Antrag – zumindest in den Beschlusspunkten – durchaus auf. Dabei ist es wirklich enttäuschend, dass Sie sich dazu – gerade weil die Defizite bei der AfD-Fraktion offensichtlich sind – nicht durchringen können, hier einmal ein Bekenntnis abzugeben, dass vielleicht einiges in die falsche Richtung läuft und dass es an der Zeit wäre, gerade im Angesicht solcher Gewalttaten auch einmal umzudenken, vielleicht auch einmal den Schulterschluss aller Parteien zu suchen, dass wir anders miteinander umgehen wollen, dass wir respektvoll miteinander umgehen wollen. Es wäre gut gewesen, wenn Sie das getan hätten. Aber genau das haben Sie sich wieder einmal erspart. Kein einziger Satz ist dazu gefallen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das waren Kurzintervention und Reaktion. Jetzt geht es weiter mit der Fraktion DIE LINKE und Herrn Kollegen Richter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die AfDFraktion will über Gewalt sprechen. Sie will die anwesenden Fraktionen dazu bringen, ihrem Antrag zuzustimmen, gerade so, als wäre dieses Bekenntnis hier und heute auch vonseiten der anderen Fraktionen notwendig, so, als müsste man sich hier und heute gegenseitig Mäßigung in der politischen Auseinandersetzung zusichern.

Ich sage es einmal klar und deutlich für DIE LINKE: Wir werben in der inhaltlichen Auseinandersetzung um unsere Positionen, um politische und gesellschaftliche Mehrheiten, wir wollen manche überzeugen mit den besten Ideen – und nur darum geht es.

Das unterscheidet uns von der AfD-Fraktion. Unser Konzept heißt eben nicht: Abschottung, Ausgrenzung und Angst, sondern unser Konzept heißt: Solidarität, Demokratie und Humanismus.

(Beifall bei den LINKEN – Sebastian Wippel, AfD, steht am Mikrofon.)

Gewalt – das ist auch schon gesagt worden – beginnt immer mit der Sprache. Darum gehört es zwangsläufig dazu, wenn man eine solche Debatte führen will, sich selbst zu überprüfen, welche Rolle einem selbst bei diesem Thema zukommt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Ich habe ja noch nicht einmal eine Minute geredet. Es ist vielleicht besser, Sie hören erst einmal zu und machen sich Gedanken.

(Beifall bei den LINKEN – Sebastian Wippel, AfD: Ich warte noch eine Minute, dann komme ich noch mal!)

Es ist wichtig, dass man, bevor man einen solchen Antrag einreicht, sich selbst erst einmal darüber Gedanken macht, welche Rolle einem dabei zukommt. Das haben Sie nicht getan. Sie haben bei der Einbringung die Chance verpasst, sich mit Ihren Reden und Ihrer Verantwortung auseinanderzusetzen und mit den permanenten hetz- und relativierenden Reden, sich davon zu distanzieren. Das wäre eine Chance gewesen. Diese haben Sie hier nicht ergriffen. Das lässt sich nur damit erklären, dass Sie im Grunde damit einverstanden sind und noch viel mehr: dass es zu Ihrer Methode gehört.

(Zuruf von der CDU: Das ist Strategie!)

Bevor wieder behauptet wird, wie Sie es zuweilen tun, dass irgendwelche Abspaltungen von Ihrer Fraktion bzw. von Ihrer Partei in gewisser Weise Selbstreinigung seien, kann man dem nur widersprechen. Diese Abspaltungen sind ausschließlich persönlich und machttaktisch begründet. Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Diskriminierung und eine abgrundtiefe Verachtung für politisch Andersdenkende bleiben immer noch bei Ihnen verhaftet.

Deswegen sind Sie auch nicht in der Lage, dies aufzugeben. Ich wiederhole: Gewalt beginnt immer mit Sprache. Das wissen Sie ganz genau und setzen für die öffentliche Kommunikation auf Reizworte, auf Aufreger, auf den permanenten Tabubruch.

(Zuruf des Abg. André Barth, AfD)

Sie können nicht einerseits Politikerinnen und Politiker anderer Parteien als Volksverräter abqualifizieren, als Altparteien-Kartell bezeichnen und was Sie nicht noch alles in petto haben.

(Zuruf des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Dann tun Sie so, als hätten Sie sonst mit der Verrohung im politischen Diskurs bis hin zu körperlichen Attacken überhaupt nichts zu tun.

Kollege Panter hat es vorhin in der Aktuellen Debatte richtig gesagt: Erst das Streichholz dran halten und dann wundern, wenn es brennt. Das lassen wir Ihnen ganz sicherlich nicht durchgehen.

(Beifall bei den LINKEN – Carsten Hütter, AfD: Das sagen genau die Richtigen!)

Wir alle erinnern uns noch an die Ausfälle des Abg. Wippel, der gerade eine Zwischenfrage stellen wollte. Vielleicht überlegt er sich, am Ende eher eine Kurzintervention zu machen,

(Sebastian Wippel, AfD: Nee!)

um uns zu sagen, wie weit er mit seinem Denken vorangekommen ist,

(Sebastian Wippel, AfD: Ich wollte Ihnen Redezeit schenken!)

als er damals vor uns stand und allen bundesdeutschen Politikerinnen und Politikern den Terrortot gewünscht hat.