Protokoll der Sitzung vom 13.03.2019

Nun kann man sagen, man hat sich auf Bundesebene verständigt, also lasst uns in Sachsen eine eigene Ausstiegsstrategie entwickeln, wie es die Fraktion der GRÜNEN in ihrem Antrag tut. So einfach ist es aber nicht. Das zeigt Thüringen. In Thüringen hat man vor zwei Jahren im Rahmen eines Projektes eine Minimierungsstrategie gestartet. In den dort vorgenommenen Feldversuchen wurde klar, dass alternative Verfahren von sehr vielen Faktoren abhängig sind – es ist schon teilweise genannt worden. Ich denke unter anderem an die Witterung, an die Standorte, also an die Lage der Grundstücke und Betriebe, und an den Einsatz der richtigen Technik.

Solche Modellversuche sind hilfreich. Vielleicht ist die Broschüre, die dabei entstanden ist und herausgegeben wurde, auch eine Anregung für Sachsen. Damit könnte das LfULG seine fachliche Begleitung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ergänzen.

In Thüringen wurde aber auch deutlich, es geht nicht so einfach. Deshalb halte ich es schon für sachgerecht, wenn man sich auf Bundesebene auf einheitliche Regelungen und Vorgaben sowohl gesetzlich als auch im Rahmen der praktischen Bewirtschaftung verständigt.

Dafür liegen derzeit der Vorschlag der Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner und der im November des letzten Jahres vorgelegte Vorschlag der Bundesumweltministerin Schulze vor. Auch und gerade als Landwirt

schaftspolitiker finde ich diese Vorschläge zur GlyphosatReduktion durchaus gut und halte sie für praktisch umsetzbar.

Nach dem Vorschlag des Umweltministeriums sollen zum Beispiel im Rahmen des Zulassungsverfahrens für jedes Pflanzenschutzmittel, das die Biodiversität schädigt, Naturschutzauflagen vorgeschrieben werden. Das bedeutet, Landwirte, die Pflanzenschutzmittel einsetzen, müssen künftig einen Teil ihrer Ackerfläche als Biodiversitätsfläche vorhalten. Darüber hinaus sieht der Vorschlag Beschränkungen vor, die in die PflanzenschutzmittelAnwendungsverordnung aufgenommen werden könnten, zum Beispiel ein Verbot des Pestizid- oder jetzt noch Glyphosat-Einsatzes in ökologisch sensiblen Gebieten und Wasserschutzgebieten, ein Verbot für die Vorrats- und Stoppelbehandlung und natürlich Sikkation im Ackerbau sowie bei Sonderkulturen.

Ich finde, hierin zeigt sich eine gute Balance zwischen dem Umweltschutz und den landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen, die umsetzbar sind. Letztlich müssen sich beide Ministerien auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigen. Dieser soll im Laufe des Jahres vorliegen. Darüber hinaus sollen im Zusammenhang mit der Ackerbaustrategie weitere Konzepte vorgelegt werden. Einen rein sächsischen Weg lehnen wir ab. Wir werden Ihrem Antrag daher nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Als nächste Rednerin bitte ich Frau Kollegin Grimm für die AfD-Fraktion an das Rednerpult.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir debattieren heute über den Antrag der BÜNDNISGRÜNEN „Glyphosat – Sachsens Landwirte jetzt beim Ausstieg unterstützen und Chance für eine generelle Pestizidreduktionsstrategie nutzen“.

Eigentlich ist das, was wir heute besprechen, kein großes Politikthema mehr. Der Ausstieg aus dem Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft steht ja längst fest. Man muss bis zum Jahr 2022 aber noch nach Alternativen forschen und diese erproben.

Wir haben Kontakt zu zahlreichen Landwirten in Sachsen. Genau wie beim Einsatz von Düngemitteln versichern uns unsere Landwirte immer wieder glaubhaft, schon aus Kostengründen werde kein Landwirt mehr davon einsetzen, als unbedingt erforderlich sei. Wir nehmen die Landwirte daher ganz ausdrücklich gegen die pauschalen Unterstellungen der BÜNDNISGRÜNEN in Schutz.

Ganz verzichten kann der Großteil der Landwirte heute noch nicht auf dieses Mittel, wenn er auf wirtschaftlich vertretbare Weise diese Produkte in der Qualität herstellen will, wie sie vom Verbraucher gefordert werden.

Wir haben auch vollstes Verständnis für die Unsicherheit und Skepsis vieler Menschen gegenüber Glyphosat. Verbraucherschutz ist also ein Stück weit ein zweischneidiges Schwert.

Nun hören sich die Forderungen in dem vorliegenden Antrag, Sachsens Landwirtschaftsbetriebe auf das bevorstehende Ende der Einsatzmöglichkeit von Glyphosat vorzubereiten und Alternativen aufzuzeigen, zunächst einmal gut an. Auch die Zielsetzung, den Pestizideinsatz insgesamt zu reduzieren, klingt attraktiv. Es gibt aber auch eine von den BÜNDNISGRÜNEN nicht durchdachte Kehrseite. Leider müssen wir den GRÜNEN den Vorwurf machen, dass sie wieder einmal mit gespaltener Zunge sprechen.

Gegen die derzeit bestehenden Alternativen zum Einsatz glyphosathaltiger Unkrautvernichtungsmittel wie etwa das Unterpflügen oder die sonstige mechanische Vernichtung unerwünschter Pflanzen gibt es heute ebenfalls weitreichende ökologisch motivierte Einwände, teilweise wegen Erosion durch Wind und Wasser – das haben wir jedes Jahr mehr; oder wir haben Trockenheit – und vor allem wegen eines sehr hohen Energieeinsatzes und wegen entstehender Emissionen. Es ist schwer, sich die Konsequenzen auszumalen, wenn ganze Felder etwa durch thermische Oberflächenbehandlung unkrautfrei gemacht werden würden.

Auch die den BÜNDNISGRÜNEN ureigene Ideologie einer bedingungslosen Förderung der sogenannten erneuerbaren Energien wirkt der Machbarkeit ihrer jetzt hier präsentierten Pestizidreduktionsstrategie zum jetzigen Zeitpunkt entgegen. Durch die starke indirekte Subventionierung des Energiepflanzenanbaus, vor allem von schnellwachsenden Pflanzen wie Mais und Raps, sind heute große landwirtschaftliche Flächen mit diesen besetzt. Dort kommt eine Reduzierung von Glyphosat derzeit nicht in Betracht, weil die natürliche Versorgungsmaßnahme der Fruchtfolge für diese Flächen weitestgehend ausfällt.

Die wichtigste Einzelmaßnahme wäre die Rückkehr zu einer ausgewogenen Fruchtfolge auf unseren Feldern. Das würde natürlich erfordern, dass die künstliche Förderung der Energiepflanzen beendet wird, womit den von den GRÜNEN so geliebten Biogasanlagen bald der Rohstoff ausginge.

Insgesamt glauben wir nicht, dass die GRÜNEN die Landwirte in ernstzunehmender Weise unterstützen wollen. Wie bereits gesagt, ergibt sich dies schon aus den Pauschalverurteilungen in der Begründung Ihres Antrags.

Der vorliegende Antrag ist jedenfalls nicht geeignet, um die Landwirtschaft in dieser schwierigen Phase zu unterstützen. Daher lehnt die AfD-Fraktion diesen Antrag auch ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Wir sind jetzt am Ende der ersten Rederunde angekommen. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht feststellen. Damit hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Das Wort wird ergriffen von Herrn Staatsminister Schmidt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren hier über ein Thema, das in der öffentlichen Diskussion sehr emotional diskutiert wird – ob immer fachlich richtig, das möchte ich infrage stellen. Es tut mir schon ein Stück weit weh, wenn hier immer davon gesprochen wird, wir wollen die Landwirte unterstützen, aber wenn man den Antrag liest, werden die Landwirte trotzdem wieder an den Pranger gestellt und wird alles negiert, was bereits unternommen wird, um nachhaltig zu produzieren. Diese pauschale Verurteilung haben unsere Landwirte einfach nicht verdient und es wird damit Politik auf dem Rücken einer ganz kleinen Gruppe von Menschen im Land gemacht, und das weise ich einfach entschieden zurück.

Wir haben, wenn man den Antrag liest, auf der einen Seite die Forderung und dann eine sehr, sehr lange Begründung. Da stehen Dinge drin, die nicht nur fachlich falsch sind; es sind auch Unterstellungen, die man losgelöst vom eigentlichen angeblichen Ziel des Antrags richtigstellen muss. Die Forderung an die Landwirtschaft besteht nicht nur in einer ausreichenden Erzeugung von Lebensmitteln, sondern auch in der Erzeugung von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln. Eine Belastung der landwirtschaftlichen Produkte mit Pestiziden ist darunter nicht zu verstehen. Wir haben in den Analysen der staatlichen Lebensmittel- und Futtermitteluntersuchung in den vergangenen fünf Jahren keine einzige Überschreitung eines gesetzlich festgelegten Grenzwertes finden können. Auch wenn Sie immer wieder unterstellen, wie stark belastet die Lebensmittel und Futtermittel wären – das ist einfach falsch.

Die Landwirte haben sich längst mit Strategien auf den Weg gemacht, unterstützt von staatlicher Seite von unserem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Pflanzenschutzmittel zu reduzieren. So ist die Anwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel in den letzten fünf Jahren bundesweit um ein Drittel zurückgegangen. Auch das negieren Sie leider.

Dann steht im Antrag oder in der Begründung, dass genau nachgewiesen wird, mit welcher Begründung auf welchen Schlag welches Pflanzenschutzmittel eingesetzt wird. Wo leben Sie eigentlich? Natürlich muss jede einzelne Pflanzenschutzmaßnahme vorher begründet werden und es muss genau aufgezeichnet werden, wo was eingesetzt wird. Von jeder einzelnen Fuhre Getreide oder Raps, die man abliefert, muss die Nachverfolgbarkeit gewährleistet werden. Ansonsten kommt es zu Strafen oder Verstöße führen zu Kürzungen von Direktzahlungen. All das ist längst Praxis in der Landwirtschaft.

Ich verstehe auch nicht, warum Sie immer Zweifel an den Bewertungen der zuständigen Institutionen haben. So eine

Zulassung wird nicht verlängert, weil es ein Politiker will. Dazu gibt es Grundlagen. Die Anwendung wurde verlängert, weil das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Benehmen mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung und dem Julius-Kühn-Institut sowie im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt zu der Einschätzung gekommen ist, dass keine Gefährdung vorliegt. Dieses Zulassungsprozedere, also die Trennung von Risikobewertung und Risikomanagement, geht übrigens auf die grüne Landwirtschaftsministerin Renate Künast zurück, weil sie eine unabhängige Bewertung wollte. Sie wollen politische Entscheidungen, Sie wollen weg von der Wissenschaft, und das ist eben der falsche Weg, zumindest nach meiner Einschätzung.

Es gibt die Forderung, dass wir die Landwirte endlich dabei unterstützen sollen, neue Strategien im Ackerbau zu entwickeln. Am Anfang ist die Aufforderung plakativ enthalten, aber dann schreiben Sie in Ihrer Begründung haarklein auf, wie sie am Ende aussehen soll. Sie fordern zwar dazu auf, so etwas zu entwickeln, aber schreiben gleich mit hinein, wie es gemacht werden soll, zum Teil mit abenteuerlichen fachlichen Herangehensweisen. Wir machen hier sehr, sehr viel in unserem Landesamt für Landwirtschaft und Geologie, um die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sachgerecht durchzuführen und auf ein begründetes Mindestmaß zu reduzieren. Jeder Landwirt, der Pflanzenschutzmittel anwendet, braucht dazu einen Sachkundenachweis. Es kann nicht jeder mit der Spritze übers Feld fahren. Das wird von den zuständigen Behörden kontrolliert.

Wir haben neben einzelnen Forschungsaktivitäten im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie unsere Zukunftsinitiative simul+ auf den Weg gebracht, wo wir intelligente Lösungen fördern wollen, um die Belange im Umwelt- und Naturschutz besser zu berücksichtigen. Viele Projekte wurden gestartet. Bereits jetzt erproben wir in unserem Lehr- und Versuchsgut in Köllitsch Verfahren zur Risikominderung im Pflanzenschutz und zeigen neue Verfahren des integrierten Pflanzenschutzes. Wir wollen innovative Spezialtechnik testen und den Landwirten vorführen, wie man Pflanzenschutzmittel reduzieren oder ganz ersetzen kann.

Die Initiativen auf Bundesebene zur Glyphosat

Minderungsstrategie unterstützen wir selbstverständlich und bringen sie in Sachsen zur Anwendung bzw. begleiten sie mit eigenen Untersuchungen. Wir sind aktiv an der Umsetzung des nationalen Aktionsplanes „Pflanzenschutz“ beteiligt. Vieles weitere wäre zu nennen, denn eine bundesweite Strategie zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird auch im Freistaat Sachsen umgesetzt. Wenn ich schon angesprochen habe, was Sie in Ihrem Antrag unter anderem vorschlagen, möchte ich noch zwei, drei Beispiele nennen. Sie sagen, durch die tiefgründige Wiederbelebung der Böden wird dem Klimawandel Rechnung getragen, indem Überschwemmungen durch eine höhere Wasserspeicherkapazität abgemildert und Trockenperioden durch tiefwurzelnde abwehrkräftige Pflanzen überstanden werden können.

Ich kann Ihnen versichern, dass konservierende Bodenbearbeitung, also die nichtwendende Bodenbearbeitung, zu deutlich größerer Reduzierung von Erosionen und zu einem deutlich höheren Wasserhaltevermögen führt. Wenn Sie schon eine tiefgründige Bodenbearbeitung fordern, wird eine Seite später in dem in Ihrer Begründung integrierten Brief flaches Pflügen empfohlen, um Gemeinschaften von Bodenlebewesen und Bodenstrukturen zu erhalten. Auf der einen Seite tiefgründig bearbeiten und auf der nächsten Seite bitte nur flach pflügen. Was soll das? Wenn Sie als Alternative zu einem nicht selektiven Pflanzenschutzmittel das Behandeln der Flächen mit Wasserdampf und Abflammen dieser Flächen sehen, dann bringen Sie alles an Lebewesen um, was in der oberen Bodenschicht vorhanden ist. Alle Insekten, die dort unterwegs sind, werden Sie mit diesen Verfahren, die Sie in Ihrem Antrag empfehlen, abtöten. Das geschieht in viel stärkerem Maße als mit der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.

(Beifall bei der CDU)

Fachlich ist das einfach falsch. Deshalb empfehle ich die Ablehnung dieses Antrags.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Kommen wir zum Schlusswort. Herr Günther, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Heinz, manchmal ist es ganz gut, die Rede abzuwarten. Ich habe Mühe gehabt, Bezüge zu unserem Antrag zu finden. Ich lasse es mal dabei bewenden.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Das war nicht so!)

Herr Staatsminister, bei aller Wertschätzung, Dinge so aus dem Zusammenhang zu reißen, so falsch darzustellen, das ist peinlich. Es gibt eine ganze Reihe von einzelnen Dingen, die in der Landwirtschaftspraxis gang und gäbe sind, um ohne Glyphosat auszukommen. Ich habe gesagt: Es geht darum, Wege zu finden, standortgerecht für einzelne Betriebe zu schauen, wann wo welche Instrumente funktionieren. Es ist eine Fülle von Instrumenten, die sehr unterschiedlich sind. Sich einzelne herauszupicken und zu sagen, das andere dazu ist doch ganz widersprüchlich – das kann man gerne tun, aber das ist nicht weiter sinnvoll.

Wenn Sie dann solche Aussagen machen wie „Die Zulassung von Glyphosat ist keine politische Entscheidung“, dann sollte man sich die Presseschau von 2017 anschauen, als das passiert ist. Das war eine hochpolitische Entscheidung. Da haben die EU-Mitgliedsstaaten entschieden. Ja, das ist Politik! Ich verstehe gar nicht, warum wir hier darüber diskutieren, ob man nun Glyphosat gut findet oder nicht. Die Frage ist schon beantwortet: Im Jahr 2022 ist Schluss damit. Das können Sie gut finden. Aber

wenn man Landwirtschaftsbetriebe dazu bringt, ihren gesamten Betrieb umzustellen, weil es – politisch gewollt – nur noch mit Glyphosat funktioniert und dann – wieder politisch gewollt – entschieden wird, dass das nicht mehr gehen soll, dann haben Landwirtschaftsbetriebe einen Anspruch darauf, dass sie auch wieder durch die Politik unterstützt werden, wie sie da herauskommen.

(Zuruf des Staatsministers Thomas Schmidt)

Wie man aus einem Antrag, Landwirtschaftsbetriebe auf diesem Weg zu unterstützen, herauslesen kann, dass grüne Landwirte an den Pranger gestellt würden, dass wir grüne Landwirte behindern wollen, das ist sehr abenteuerlich. Da fehlen mir schlichtweg die Worte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich schlage vor: Lesen Sie den Antrag noch einmal in Ruhe und schauen Sie auch, wo welche Punkte hingehören.

(Staatsminister Thomas Schmidt: Das habe ich auch!)

Solche Diskussionen sind nicht Ausdruck von Fachlichkeit. Das ist auch nicht das, was wir in diesem Hohen Haus zu erwarten haben.