Protokoll der Sitzung vom 13.03.2019

Wir kommen jetzt zur Gesamtabstimmung. Wer möchte zustimmen? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Hier gleiches Abstimmungsverhalten: keine Gegenstimmen, einige Enthaltungen. Damit ist dem Gesetzentwurf zugestimmt worden. Ich beende den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz über die Bevorrechtigung von Carsharing im Freistaat Sachsen

(Sächsisches Carsharinggesetz – SächsCsgG)

Drucksache 6/13747, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 6/16810, Beschlussempfehlung des

Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Auch hierzu liegen Ihnen die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vor. Es erfolgt eine allgemeine Aussprache. Es beginnt die einreichende Fraktion, Frau Abg. Meier. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung.

Frau Meier, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diejenigen von Ihnen, die ein eigenes Auto haben, besitzen eher ein Stehzeug als ein Fahrzeug, weil jedes privat genutzte Auto durchschnittlich nur eine Stunde am Tag tatsächlich fährt, und 23 Stunden steht es einfach herum. Sie werden jetzt wahrscheinlich als Abgeordnete sagen: Ich fahre doch die ganze Zeit in meinem Wahlkreis herum oder bin auf dem Weg in den Landtag. Das mag sein. Damit kompensieren Sie vielleicht die Zeiten für fünf oder zehn Rentner, die nur einmal in der Woche mit ihrem Auto einkaufen fahren oder in die Apotheke oder zu ihren Enkeln.

Viele Menschen in diesem Land – insbesondere in den Großstädten – haben bereits erkannt, dass sie auf ein eigenes Auto überhaupt nicht mehr angewiesen sind und das sehr gut mit einem Carsharing-Angebot ersetzen können. Denn einerseits entfallen die Kosten für ein privates Auto, die ein privates Auto in der Regel mit sich bringt. Diese Kosten hat man nicht, wenn man die Carsharing-Angebote nutzt und dazu hat man noch ein breites Angebot an Fahrzeugen. Wenn ich zum Beispiel zum Großeinkauf in den Baumarkt will oder einen Umzug plane, dann nehme ich einen Transporter. Wenn ich zum Geburtstagskaffee zu meiner Oma aufs Land fahren will und dort nicht mit dem Bus hinfahren kann, weil ich nach der ersten Kaffeetasse wieder zurückfahren müsste, weil dann der letzte Bus fährt, dann nehme ich ein kleines Auto. Oder wenn ich in den Familienurlaub an die Ostsee fahre oder, Herr Meyer, in die Lausitz oder ins Erzgebirge, dann nehme ich einen großen Mittelklassewagen oder – je nachdem, wie groß die Familie ist – auch gern einmal einen Kleinbus.

Sie sehen: Es gibt ein großes Portfolio an CarsharingAngeboten. Der Marktführer in Sachsen hat immerhin 27 000 Kundinnen und Kunden. Insbesondere in den Großstädten Leipzig und Dresden ist die Nachfrage sehr groß. Aber auch in Chemnitz, in Freiberg oder in Pirna kann man Autos auf Zeit nutzen. Die überwiegende

Anzahl der Fahrzeuge steht dabei als sogenanntes stationsgebundenes Angebot zur Verfügung.

Die Schwierigkeit, die die Carsharing-Autos allerdings haben, ist, dass sie nicht im öffentlichen Straßenraum auf Straßen, wo sie sonst immer stehen, abgestellt werden dürfen, sondern sie müssen auf privaten Grundstücken ihre Stationen betreiben. Das hat der Bund erkannt, und deshalb hat die Bundesregierung hier bereits im Jahr 2017 ein entsprechendes Bundescarsharinggesetz beschlossen. Der Bund kann natürlich aber nur das regeln, wofür er zuständig ist, nämlich für Bundesstraßen und Autobahnen. Dort sind eher weniger Carsharing-Autostellplätze zu suchen, sondern das macht natürlich nur Sinn auf Gemeindestraßen, auf Kommunalstraßen. Aber dafür ist der Landesgesetzgeber zuständig; bei uns in Sachsen geregelt im Landesstraßengesetz.

Genau deswegen haben wir ein Carsharing-Gesetz vorgelegt, um Rechtssicherheit für die Kommunen zu schaffen, damit entsprechende Stellplätze für Carsharing-Autos zur Verfügung gestellt werden können.

Wir haben den Gesetzentwurf vorgestellt. Wir haben das im Ausschuss breit diskutiert. Wir haben auch eine Anhörung dazu gemacht. Alle Sachverständigen, einschließlich der Mitglieder der Fraktionen, waren darüber einig, dass Carsharing eine gute Sache ist und auf alle Fälle ein Bestandteil der Mobilität in Sachsen sein sollte.

Leider – das können Sie dem Ausschussvotum entnehmen – wurde unser Gesetzentwurf von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Aber er wurde nicht deswegen abgelehnt, weil man der Meinung war, dass es nicht notwendig wäre, sondern der Gesetzentwurf wurde deshalb abgelehnt, weil seinerzeit noch gesagt wurde, dass das Sächsische Straßengesetz kurz vor der Novellierung stehe und es in den Landtag eingebracht werden solle.

Zwischenzeitlich liegt der Entwurf des Sächsischen Straßengesetzes der Staatsregierung vor. Herr Dulig ist heute leider nicht anwesend; ich bin gespannt, wer hier in die Bütt gehen wird.

(Albrecht Pallas, SPD: Doch, er ist da!)

Aber wenn ich mir dazu die Regelungen zum Carsharing anschaue, dann ist es wirklich ziemlich lapidar. Es stehen nur zwei Sätze drin, in denen auf das Bundescarsharinggesetz verwiesen wird. Das greift einfach viel zu kurz. Das haben damals auch die Sachverständigen in der

Anhörung gesagt, denen der Referentenentwurf bereits vorgelegen hat.

Deswegen von meiner Seite noch einmal die Aufforderung: Kommen Sie unserem Gesetzentwurf nach. Stimmen Sie dem zu, dann können Sie sich sozusagen die Debatte zu Ihrem Entwurf sparen, denn unser Gesetzentwurf ist deutlich besser als das, was jetzt aktuell vorliegt. Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum man diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDUFraktion Herr Hippold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor allen Dingen liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN!

(Katja Meier, GRÜNE, ist im Gespräch mit Dr. Stephan Meyer, CDU)

Frau Meier, vielleicht würden Sie sich darauf konzentrieren, zu hören, welche Argumente wir haben, Ihren Antrag abzulehnen, auch wenn Sie sich das nicht wünschen.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Sie haben Argumente?)

Ja, ich denke schon, dass wir das eine oder andere Argument haben. – Mit Ihrem Gesetzentwurf haben Sie wieder einmal gezeigt – wir hatten vorhin schon so einen Gesetzentwurf Ihrer Fraktion –, was typisch für Ihren Politikstil ist. In der Ausschussbefassung – Sie haben es gerade angesprochen – haben wir sehr intensiv dieses Thema besprochen. Es gab nach meiner Einschätzung gute Argumente, den Gesetzentwurf noch weitergehend anzupassen. Sie haben ihn trotzdem fast eins zu eins eingebracht. Wir brauchen uns dann nicht zu wundern, wenn dieser dann abgelehnt wird.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Den Änderungsantrag haben Sie zur Kenntnis genommen?)

Ja, ja, der ist ja dann aber so – – Also, ich weiß nicht, ob er den Namen „Änderungsantrag“ verdient hat, Herr Kollege.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Oberflächlich betrachtet – da haben Sie total recht, Frau Meier –, spricht der Gesetzentwurf der GRÜNEN ein in der Tat sehr wichtiges Thema an. Carsharing wird zweifellos eine bedeutende Rolle bei der Mobilität der Zukunft spielen. Besonders in den Städten und in den Ballungsräumen setzen schon heute immer mehr Menschen auf diese neuen Mobilitätskonzepte: ohne ein eigenes Fahrzeug. Deswegen wächst der Carsharing-Markt seit vielen Jahren stark an. Diese Entwicklung ist auch im Freistaat Sachsen, besonders in den drei kreisfreien Städten, gut zu beobachten.

Neben den vielfach stationsabhängigen Angeboten erleben wir derzeit deutschlandweit besonders einen Zuwachs bei den sogenannten Free-Floating-Angeboten. Schaut man sich Ihren Gesetzentwurf aber im Detail an, finden sich bei Ihrem Vorschlag viele unlogische und meines Erachtens teilweise sogar problematische Formulierungen und Implikationen, die im Übrigen an vielen Stellen nicht nur von der CDU-Fraktion, sondern auch von den angehörten Sachverständigen kritisch betrachtet wurden.

Der Gesetzentwurf der GRÜNEN verfolgt das Ziel, Rechtssicherheit für Städte und Gemeinden bei der Bereitstellung von Sondernutzungsflächen auf Staats-, Kreis- und Gemeindestraßen zu schaffen, auf denen Carsharing-Dienstleister dann ihre stationsgebundenen Fahrzeuge abstellen können. Damit möchten Sie die Kommunen und die Carsharing-Anbieter zu einer Ausweitung der Angebote motivieren. Nach unserer Einschätzung wird die Rechnung leider nicht aufgehen. Statt die Städte und Gemeinden zu entlasten, bauen Sie, wie so oft, zusätzliche administrative Hürden auf.

In Ihrem Gesetzentwurf bringen Sie es schon selbst auf den Punkt. Sie schreiben darin nämlich: Zwar werden in den sächsischen Kommunen auch nach derzeitiger Rechtslage schon Sondernutzungen in Form von Stellplätzen für Carsharing-Fahrzeuge erlaubt, jedoch fehlt es an Regelungen zum Erlaubnisverfahren und zu den Kriterien, nach denen Bewerberinnen und Bewerber für Carsharing-Stellplätze zu beurteilen sind.

Ich würde das mit meinen Worten so formulieren: Zwar können unsere Städte und Gemeinden auch heute schon Regelungen treffen, um Carsharing-Parkplätze auszuweisen, weil sie aber zu frei in ihrer Entscheidung sind, tun sie das nicht. Erst mit weiteren Regulierungen, Vorgaben und Vorschriften wird sich das ändern.

(Katja Meier, GRÜNE: Sie haben es nicht verstanden! – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ist das wirklich Ihr Bild von unseren Kommunen? Glauben Sie wirklich, dass unsere Städte und Gemeinden nur in ihre Zukunft investieren, wenn wir ihnen jedes kleinste Detail vorschreiben? Ich bin dazu anderer Auffassung.

(Zuruf der Abg. Franziska Schubert, GRÜNE)

Bevormundung hat nach meiner Einschätzung noch nie zu guten Ergebnissen geführt.

(Zuruf der Abg. Franziska Schubert, GRÜNE)

Das gilt für unsere Bürger genauso wie für unsere Verwaltung.

(Zuruf der Abg. Franziska Schubert, GRÜNE)

Wir haben das schon zwei Punkte vorher sehr intensiv diskutiert.

Tatsächlich können unsere Städte und Gemeinden nach § 21 Sächsisches Straßengesetz schon heute Sondernutzungsrechte einräumen und Nutzungsgebühren minimie

ren. Bereits im Zuge der Novellierung des Sächsischen Straßengesetzes sind entsprechende Regelungen eingeflossen. Sie haben es gerade angesprochen.

Mit Blick auf Ihren Gesetzentwurf halte ich es allerdings für schädlich, wenn wir bis ins kleinste Detail vorschreiben, erstens, welche Kriterien bei der Auswahl von Carsharing-Dienstleistern angeboten werden müssen,

(Zurufe der Abg. Franziska Schubert und Katja Meier, GRÜNE)