Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Kathrin Kagelmann, DIE LINKE)

Für die CDUFraktion Herr von Breitenbuch, bitte.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gesetzentwurf von LINKEN und GRÜNEN liest man Folgendes – ich zitiere –: „Die Verwaltung der Gebiete wird vom Staatsbetrieb Sachsenforst auf das Amt für Großschutzgebiete im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie übertragen.“ Es gab jetzt die Änderung Richtung Ministerium. „Das Amt für Großschutzgebiete im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie wird Naturschutzfachbehörde für die Großschutzgebiete. Der Vollzug des Wald- und Jagdgesetzes verbleibt bei den Forstbehörden, die jedoch bei allen Planungen und Maßnahmen Einvernehmen mit dem Amt für Großschutzgebiete herstellen müssen.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Nationalparkregion Sächsische Schweiz, das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sowie die Naturschutzgebiete Königsbrücker Heide und Gohrischheide und Elbniederterrasse Zeithain obliegen Sachsenforst wichtige Aufgaben, unter anderem auch die Naturschutzfachbehörde. Allein im Nationalpark passiert das auf 93 Quadratkilometern, 9 300 Hektar.

Großschutzgebiete haben in Sachsen ein sehr breites Aufgabenspektrum zu bewältigen. Es geht nicht nur um Fragen des Naturschutzes, sondern – je nach Schutzgebietskategorie – um Fragen der Bildung, insbesondere der Waldpädagogik, teilweise auch der Erholung und der Regionalentwicklung. Wir wollen auf die Bevölkerung Rücksicht nehmen, mit den in der Nachbarschaft wohnenden Menschen im Gespräch sein und deren Entwicklungen im Auge behalten. Vor Ort zu sein – genau das macht Sachsenforst und unser Großschutzgebiet.

Die vorgesehene Verlagerung der Zuständigkeit von Sachsenforst vor Ort zum LfULG oder gar zum Ministerium nach Nossen oder Dresden wird aus unserer Sicht als wenig sinnvoll angesehen. Das LfULG unterliegt als Fachbehörde, analog zum Sachsenforst, lediglich der Fachaufsicht Naturschutz durch die obere Naturschutzbehörde. Es würde sich tatsächlich lediglich um eine Trennung von Fachbehörde Naturschutz und Flächenverwaltung Betrieb handeln, das heißt, aus einer werden zwei Behörden, woraus ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand zu erwarten wäre. Der Sachsenforst ist darüber hinaus mit seinem Know-how bei Entwicklungsmaßnahmen, beim Naturschutz, bei der Umweltbildung und beim Monitoring der richtige Akteur für die weiterhin erfolgreiche Entwicklung der Großschutzgebiete – ein Akteur, der auch handeln kann.

Es ist nicht nachvollziehbar, welchen Vorteil die Verwaltung der Großschutzgebiete durch das LfULG oder gar das Ministerium haben soll. Das LfULG verfügt über keine entsprechende Infrastruktur. Es müssten völlig neue Strukturen geschaffen werden, und – um es auf den Punkt zu bringen – im LfULG müsste die erste Motorsäge gekauft werden. Denn mit abgestimmten und planvollen Maßnahmen in Großschutzgebieten und mit qualifiziertem Personal mit der entsprechenden Ausstattung trägt Sachsenforst seit Jahren entscheidend zur erfolgreichen Entwicklung dieser Gebiete bei.

Behauptungen der Antragsteller, dass der Sachsenforst die Belange des Naturschutzes vernachlässigen würde, weise ich zurück. Das Gegenteil ist der Fall: Sachsenforst arbeitet mit der gleichen Wertigkeit, mit der gleichen Intensität an den Aufgaben des Naturschutzes. Sachsenforst ist keinesfalls nur das Baumfällen, wie es von dem einen oder anderen behauptet wird. Sachsenforst ist genauso nachhaltiger Naturschutz.

Sachsenforst lässt die Schutzgebietsverwaltung in einem sehr großen Umfang selbstständig arbeiten. Jeder kann das aus der heutigen Struktur deutlich erkennen. Hinzu kommt eine enge Zusammenarbeit mit den privaten Waldbesitzern. Ich bin mir sicher, dass es besser funktioniert, wenn Förster mit ländlichen Nachbarn sprechen, als wenn es der Naturschutz tut. Dazu muss man nicht Juli Zehs „Unterleuten“ gelesen haben.

Wald als vorherrschende Vegetationsform in den sächsischen Großschutzgebieten braucht für die CDU-Fraktion eindeutig forstfachliche Expertise. Ohne sie geht es nicht. Diese Expertise war in den vergangenen Jahren immer gewährleistet. Der Sachsenforst hat Spezialisten im Bereich Haushalt, für rechtliche Fragestellungen, für EDV, Monitoring etc. Gerade durch das Kompetenzzentrum beim Staatsbetrieb Sachsenforst ist eine umfassende Betreuung gegeben. Von hier aus geht daher ein großer Dank an die Mannschaft des Amtes für Großschutzgebiete um Herrn Dr. Butter, Herrn Dr. Stein und Herrn Roch.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Thomas Schmidt)

Der große Einsatz verdient unseren Respekt und unsere Anerkennung.

Es gab eine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf. Die Mehrheit der geladenen Experten hat sich gegen die Änderung der derzeit geltenden Zuständigkeiten ausgesprochen. Es konnte überzeugend dargestellt werden, dass die Kompetenzen des Sachsenforstes, die er sich über die vielen Jahre der Gebietsbetreuung angeeignet hat, die positive Entwicklung der Großschutzgebiete befördert und vorangebracht haben. Überdeutlich wurde, dass mit dem Gesetzentwurf die Bürokratie deutlich verstärkt und die Arbeit vor Ort – um diese geht es eigentlich – erschwert würde.

Vor diesem Hintergrund und im Vertrauen auf die weiterhin gute Arbeit des Sachsenforstes in diesem Punkt lehnen wir den Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der Staatsregierung)

Für die SPDFraktion spricht Frau Abg. Lang.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute bereits einige Male gehört: Die einbringenden Fraktionen wollen mit ihrem Gesetzentwurf die Strukturen in der Schutzgebietsverwaltung ändern. Das Amt für Großschutzgebiete soll vom Staatsbetrieb Sachsenforst weg und beim Umwelt- und Landwirtschaftsministerium angesiedelt werden. Wenn man so etwas vorhat, dann muss man sich fragen: Welche Vorteile bringt diese Änderung? Oder, andersherum: Führt die Zuständigkeit des Sachsenforstes für die Naturschutzgroßgebiete zu erkennbaren Qualitätseinschnitten?

Wir alle wissen doch: Zuständigkeiten zu verlagern kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Außerdem würde weitere Bürokratie aufgebaut. Politisch könnte man zusätzliche Kosten noch vertreten, wenn sich danach die Situation wesentlich verbessern würde. Aber daran haben wir unsere Zweifel.

Im Oktober 2017 hatten wir – wie eben von Herrn von Breitenbuch erwähnt – zu diesem Gesetzentwurf eine Anhörung im Umweltausschuss durchgeführt. Den Erläuterungen der Sachverständigen war nicht zu entnehmen, dass der Sachsenforst seine Aufgabe in den Naturschutzgroßgebieten etwa schlecht erfüllen würde – eher im Gegenteil. Es wurde mehrfach betont, dass forstliches Know-how und der fachliche Sachverstand bei den Gestaltungsmaßnamen sehr wichtig sind.

Ich möchte an dieser Stelle ganz bewusst auf die Vertreterin von EUROPARC hinweisen: Ja, richtig, diese Sachverständige hatte sich vorsichtig für eine Ansiedlung des Amtes für Großschutzgebiete beim SMUL ausgesprochen, aber gleichzeitig hatte sie auch gesagt, dass der Sachsenforst seinen Job gut macht.

Natürlich muss sich die Vertreterin von EUROPARC für das SMUL aussprechen; denn die Standards von Nationalparks und Wildnisgebieten legen hinsichtlich der Organisationsstrukturen nahe, dass die Verwaltung der oberen Naturschutzbehörde direkt unterstellt sein sollte. Aber die Frage ist doch weiterhin: Zu welchen wesentlichen Verbesserungen würde das führen, auch angesichts der Kosten?

Von 2009 bis 2012 hat EUROPARC die Evaluierung der Nationalparks vorgenommen. Derzeit läuft eine Zwischenerhebung, um zu schauen, wie die Handlungsempfehlungen von EUROPARC umgesetzt werden. Hier hat die Sachverständige aufgeführt, dass sie durchaus eine positive Tendenz sieht. Sachsenforst arbeitet an der Verbesserung der Qualitätsstandards, und nicht alle Empfehlungen aus der Evaluierung richten sich an den Sachsenforst, sondern einige direkt an die Nationalparkverwaltung.

Die Sachverständige von EUROPARC sagte selbst – ich zitiere –: „Insofern meine ich, dass bisher die Erfüllung durchaus gewährleistet ist – mit gewissen Defiziten zwar, aber die gibt es ja überall.“

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hinter dem Gesetzentwurf scheint eine grundlegende Skepsis bezüglich des Sachsenforstes und Fragen des Naturschutzes mitzuschwingen, auch wenn Herr Günther vorhin meinte, dass es nicht so sei. Wir haben in der Anhörung mehrfach gehört, dass sich der Sachsenforst im Bereich der Gestaltung der Naturschutzgroßgebiete Kompetenzen angeeignet hat und diese auch weiter ausbaut. Verbesserungswürdig ist natürlich immer alles, und zwar unabhängig von der Struktur. Auch Konflikte zwischen Forst und Naturschutz könnte man dadurch nicht verbannen. Das ist oft – das wissen Sie selbst – eine Frage der Kommunikation.

Insofern sehen wir derzeit keine Notwendigkeit, das Amt für Großschutzgebiete aus dem Sachsenforst auszugliedern. Die SPD-Fraktion wird diesen Gesetzentwurf ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die AfDFraktion spricht Herr Abg. Urban.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! GRÜNE und LINKE bringen heute ein Gesetz zur Neuordnung der Schutzgebietsverwaltung im Freistaat Sachsen zur Abstimmung. Ziel des Gesetzentwurfs ist die angebliche Verbesserung der Verwaltung der Großschutzgebiete durch deren Ansiedlung bei der obersten Naturschutzbehörde.

Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs ist die Schaffung einer neuen Behörde. Dieses neue Amt für Großschutzgebiete soll beim Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft angesiedelt sein und die Verwaltung der Großschutzgebiete vom bisherigen Staatsbetrieb Sachsenforst

übernehmen. Der Vollzug des Wald- und Jagdgesetzes soll beim Sachsenforst verbleiben, aber immer im Einvernehmen mit dem neuen Amt für Schutzgebiete erfolgen.

Als wichtigsten Grund für die Trennung der behördlichen Zuständigkeiten benennen LINKE und GRÜNE den permanenten Interessenkonflikt innerhalb von Sachsenforst, der gleichzeitig Forstbetrieb, Forstbehörde, Jagdbehörde und Naturschutzbehörde ist. Dabei wird unterstellt, dass der Naturschutz im Nationalpark Sächsische Schweiz regelmäßig hinter den anderen Funktionen des Schutzgebietes, wie Forstwirtschaft, Jagd und Tourismus, zurückstehen müsse. Gleichzeitig wird unterstellt, dass diese Benachteiligung der Naturschutzfunktion auch in den anderen sächsischen Großschutzgebieten stattfinden

würde.

Der Gesetzentwurf stellt aus der Sicht der AfD keinen praktischen Lösungsansatz für die Interessenkonflikte zwischen Naturschutz, Forstwirtschaft und Jagd sowie anderen Nutzungen dar. Im Gegenteil: Die Schaffung dieser zusätzlichen Behörde wird den Abstimmungsbedarf und die Bürokratie weiter erhöhen. Die Kosten der Schutzgebietsverwaltung werden unter anderem durch mehr Behördenpersonal steigen, ohne dass damit mehr Naturschutz stattfindet.

Gerade die Großschutzgebiete sind durch das Nebeneinander von Natur- und Landschaftsschutz sowie wirtschaftlicher und touristischer Nutzung gekennzeichnet. Das funktioniert in Sachsen verhältnismäßig gut. Mit weiteren Eingriffsmöglichkeiten der Naturschutzbehörden in wirtschaftliche Nutzungen der Großschutzgebiete sinkt die Akzeptanz für den Natur- und Landschaftsschutz. Das kann nicht unser Ziel sein.

Das wesentliche Problem des Staatsbetriebs Sachsenforst wird von dem rot-grünen Gesetzentwurf überhaupt nicht angegangen. Sachsenforst ist gleichzeitig Forstwirtschaftsbetrieb und Aufsichtsbehörde für Forst, Jagd und Naturschutz. Sachsenforst beaufsichtigt sich also selbst. Das führt regelmäßig zu naturschutzfachlich unzulässigem Handeln, zum Beispiel Waldbaumaßnahmen während der Brutzeit mit dem Effekt der dauerhaften Vertreibung von geschützten Arten wie dem Schwarzstorch. Auch die unfachliche Bejagung von Rotwild in den Wintermonaten wäre bei einer strikten Trennung von Wirtschaftsbetrieb und Jagdaufsichtsbehörde nicht so möglich, wie das heute von Sachsenforst praktiziert wird.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Haben Sie dafür auch konkrete Beispiele? Dann nennen Sie die bitte!)

Der vorliegende Gesetzentwurf ist wenig durchdacht. Er löst das grundsätzliche Problem rechtsstaatlicher Art beim Staatsbetrieb Sachsenforst nicht. Er würde zu mehr Bürokratie führen und die Akzeptanz des Naturschutzes in den betroffenen Regionen der Großschutzgebiete beschädigen. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Wild, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Die LINKEN und die GRÜNEN wollen mit ihrem Gesetzentwurf eine Neuordnung der Schutzgebietsverwaltung in Sachsen. Die Verantwortung sollte von Sachsenforst auf das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie übertragen werden.

Mit Ihrem Änderungsantrag haben Sie zumindest diesen Fehler bereinigt; aber, werte LINKE und GRÜNE: Sachsenforst als reines Wirtschaftsunternehmen darzustellen halte ich bei den Geldern, die dieser angebliche Wirtschaftsbetrieb durch den Freistaat Sachsen Jahr für Jahr zusätzlich erhält, schon für etwas verwegen. Sachsenforst ist eben kein reines Wirtschaftsunternehmen, sondern ein Staatsbetrieb mit dem Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft als oberste Fachaufsicht. Also obliegt es auch der Politik, der Regierung und insbesondere unserem Staatsminister zu entscheiden, auf welchen Flächen und wie tiefgründig Sachsenforst den Naturschutz in den Vordergrund rückt.

Der Gesetzentwurf und Ihr Änderungsantrag zum Gesetzentwurf ändern nichts daran, dass Sie eine zusätzliche Behörde schaffen wollen, die zusätzlich Steuergeld kostet. Schon deshalb werden wir diesen bürokratischen, Steuergeld kostenden Unsinn ablehnen.

Danke.

(Beifall der Abg. Andrea Kersten, fraktionslos)

Gibt es noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das sieht nicht so aus. Damit bitte ich nun Herrn Staatsminister Schmidt ans Mikrofon.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von den Vorrednern wurde bereits vieles gesagt, aber eines möchte ich an den Anfang meiner Rede stellen: Am Ende ist es doch ein gewisses Misstrauen, das den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Sachsenforst – speziell in den Großschutzgebieten – entgegengebracht wird.

Als Begründung für den Gesetzentwurf wurden viele Aspekte genannt, aber der wirkliche Vorteil einer Isolierung und der zusätzlichen Schaffung einer Behörde fehlt meines Erachtens schon. Ich denke, beim Staatsbetrieb Sachsenforst sind unsere Großschutzgebiete in sehr guten Händen. Dies beweisen auch die Ergebnisse, die wir in den letzten Jahren zu verzeichnen hatten.

(Beifall des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)