Sie sagen, es ist zu billig, Sie kennen also die Gründe. Warum soll ich dann aber erst eine Ursachenforschung betreiben? Wir wissen es doch. Sie wollen uns beauftragen, etwas zu untersuchen, wofür man nur Zeitungsleser sein muss.
Für die Debatte, warum wir den Güterverkehr auf die Schiene bringen müssen, brauchen wir keine Begründung mehr, wir müssen es einfach tun. „Wir“ heißt in dem Fall, alle Partner, die dazu beitragen. Sie fordern in Ihrem Antrag, erst einmal Ursachenforschung zu betreiben, nur haben wir doch jetzt nicht ein Problem, zu wissen, was die Ursachen sind.
Wenn Sie es einmal historisch sehen: Der Siegeszug des Lkws, der in Westdeutschland bereits in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts begann und sich nach dem Ende der DDR bei uns schnell fortsetzte, beruht ja auf drei Faktoren: Erstens – der Transport per Lkw ist billiger als der Bahntransport. Zweitens – er ist über kurze und mittlere Distanzen schneller als der Bahntransport. Drittens – er ist flexibler als der Bahntransport. Diese drei Faktoren wiederum beruhen auf den Rahmenbedingungen, die den Lkw begünstigen.
Das beschreibe ich. Ich finde das ja nicht in Ordnung, aber das ist nun einmal die Entwicklung dieser letzten Jahrzehnte. Wenn diese Ursachen so offensichtlich sind – warum ändert man nichts daran? Da kann man doch klarmachen – und da bin ich bei all denen, die in der Debatte schon darauf Bezug genommen haben –, dass der politische Wille gefehlt hat, etwas an diesen Ursachen und Rahmenbedingungen zu ändern. Erst jetzt, da das System Straßengüterverkehr an seine Grenzen stößt – ich nenne
nur die Symptome Stau, fehlende Stellplätze, fehlende Kraftfahrer –, besinnt man sich wieder der Vorzüge der Bahn.
Ich gebe auch offen zu, lieber Andreas Nowak: Es war ein Fehler, den Börsengang der Bahn zu forcieren und wichtige Investitionsentscheidungen diesem Börsengang
unterzuordnen. Das Ergebnis haben wir jetzt. Ja, das sind auch politische Fehler, und es sind natürlich auch Fehler, die bei der Bahn selbst laufen. Die Bahn hat man jedoch jahrzehntelang vernachlässigt, sodass jetzt nur ein schrittweises Umsteuern möglich ist. Dieses Umsteuern oder – wie Sie es nennen – die ökologische Verkehrswende im Güterverkehr hat nur schon längst begonnen. Deshalb brauchen wir auch keine neuen Gremien und keine neuen Papiere und auch keine neuen OnlineInformationsplattformen.
Tiefensee hat 2008 als Erster eine Gesamtanalyse des Güterverkehrs und der Logistik in Deutschland vorgelegt. Sein gleichnamiger Masterplan enthielt in seinem Maßnahmenkatalog zwei Überschriften, die für mich ihre Überzeugungskraft bis heute nicht verloren haben: „Verkehr vermeiden, Mobilität sichern“ und „Mehr Verkehr auf Schiene und Wasserstraße bringen“. Liebe GRÜNE, auch die von Ihnen verteufelte Wasserstraße ist für den Güterverkehr unverzichtbar. Für den Transport von Massengütern über lange Strecken ist das Binnenschiff das umweltfreundlichste und wirtschaftlichste Verkehrsmittel.
Darüber können wir gern debattieren, wenn Ihre Große Anfrage zur Elbe auf der Tagesordnung steht. Auch hier sage ich: Ich möchte keinen Ausbau der Elbe, sondern ich möchte den Naturraum Elbe belassen. Es ist aber trotzdem möglich, durch eine regelmäßige Entschlammung und eine regelmäßige Pflege der Fahrrinne mehr Tage der Schiffbarkeit sicherzustellen, damit der Schiffsverkehr und der Transport auf dem Wasserweg wirtschaftlich ist – genauso, wie ich mir wünsche, dass wir Innovationen wie zum Beispiel Leichtbauschiffe einsetzen können.
Von daher spielt für mich das Thema Wasserstraße eine wachsende Rolle, ohne dass ich durch einen massiven Ausbau in die Natur der Elbe eingreifen will – es geht auch anders.
Zurück zu dem, was Wolfgang Tiefensee schon 2008 vorgelegt hat. Dummerweise hat sein Nachfolger Peter Ramsauer im Zuge seiner Nachjustierung des Masterplanes, den er dann in „Aktionsplan“ umbenannte, die beiden Überschriften zur Verkehrsvermeidung und -verlagerung gestrichen. Aber alle Bundesregierungen haben die Umsetzung der im Aktionsplan vorgeschlagenen Maßnahmen zugunsten des Schienengüterverkehrs vorangetrieben – das muss man auch sagen. Die von uns allen beklagte Überlastung der Autobahn war mit ausschlaggebend dafür, dass 2017 noch ein spezieller Masterplan
Erstmals gibt es eine Trassenpreissenkung beim Schienengüterverkehr, um dessen Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Bis zum Jahr 2023 sind dafür im Bundeshaushalt jährlich 350 Millionen Euro vorgesehen. Das ist zum Beispiel mit großer Unterstützung des Freistaates Sachsen passiert.
Auch die Ertüchtigung von Eisenbahnstrecken und die Schaffung von Überholgleisen für Güterzüge mit 740 Metern Länge sind bereits in der Umsetzung, auch in Sachsen. Seit dem 6. November 2018, dem Tag der Bekanntgabe der Projektbewertung zum potenziellen Bedarf, kann man sich über diese Streckenmaßnahmen auf der Internetseite zum Bundesverkehrswegeplan informieren.
Das Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“ ist eine weitere Sofortmaßnahme aus dem Masterplan und enthält Maßnahmen, die in Ihrem Antrag nicht einmal erwähnt werden, zum Beispiel die digitale automatische Kupplung von Güterwagen, die modulare Bauweise von Güterwagen – es geht um die Trennung von Untergestell und Aufbau; Herr Nowak hatte auf die flexiblen Einsatzmöglichkeiten hingewiesen, die wir benötigen, um intermodale Einrichtungen nutzen zu können –, alternative Antriebstechnologien bei Lokomotiven und autonomes Fahren, zum Beispiel als fahrerlose Loks. Sachsen trägt mit dem Projekt „EcoTrain“ der Erzgebirgsbahn entscheidend dazu bei.
All diese Pläne, Programme und Maßnahmen sind nichts Statisches, sondern werden ständig evaluiert und fortentwickelt. Dafür wurde der „Runde Tisch Schienengüterverkehr“ eingerichtet, an dem Expertinnen und Experten und Praktikerinnen und Praktiker aus der Wirtschaft und von Verkehrsunternehmen sitzen. Für Sachsen nimmt daran der Vorsitzende der Fachvereinigung Spedition und Logistik im Landesverband des sächsischen Verkehrsgewerbes, Herr Tino Bauer, teil, dem ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für sein Engagement sage.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sehen, Pläne und Programme gibt es genug, und zwar auf der Ebene, auf der die grundlegenden nationalen Entscheidungen für den Eisenbahnverkehr in Deutschland getroffen werden, beim Bund.
Das, was an wichtigen und richtigen Weichenstellungen vorgenommen wird, muss aber auch konsequent umgesetzt werden. Was bleibt dann noch für uns in Sachsen zu tun? – Ich denke, jede Menge, aber im Rahmen unserer Kompetenzen. Auch dafür brauchen wir keine neuen Arbeitsgruppen; sie gibt es schon. Sie gab es schon vor der Einbringung Ihres Antrags.
Ich nenne zuerst den Fachbeirat zur Studie „Logistikwirtschaft im Freistaat Sachsen“, der die Erarbeitung der neuen Logistikstudie, die bis zum September fertiggestellt sein soll, begleitet. Diesem Fachbeirat gehören neben
anderen Stakeholdern auch Akteure aus dem Schienengüterverkehr an; denn die Logistikstudie befasst sich selbstverständlich auch mit diesem Thema.
Es lässt sich bereits sagen, dass die Studie verschiedene Schwachstellen im Schienengüterverkehr ausgemacht hat, deren Behebung nicht nur auf Bundesebene, sondern auch im Rahmen der Landeszuständigkeiten und durch die sächsische Wirtschaft erfolgen soll. Das betrifft den Mangelberuf Lokführer – neben dem Mangelberuf Kraftfahrer. Es ist eine zu geringe Zahl von Bewerbern zu verzeichnen. Der Freistaat Sachsen sollte sich daher mit seinen in der beruflichen Bildung tätigen Institutionen dafür einsetzen, dass diese Berufsbilder stärker beworben werden.
Es betrifft des Weiteren die Förderkulisse, die lückenhaft ist. Die Gleisanschlussförderung des Bundes wird derzeit nur für Neu- und Ausbau gewährt und ist an zusätzliche Verlagerungsmengen gekoppelt. Bei der Erneuerung von bestehenden Gleisanschlüssen greift die Förderung nicht. Das ist aber gerade für sächsische Unternehmen das Problem.
Mangelhaft ist auch das Nebeneinander der Bundesförderung für KV-Anlagen und der regionalen Wirtschaftsförderung. Fördervoraussetzungen und Förderhöhe sind verschieden und eine Kombination nur unter Inkaufnahme von Nachteilen. Ich kann es verstehen, dass ein Unternehmer, der sich in diesem Förderdickicht nicht auskennt, das Vertrauen in die staatlichen Hilfsangebote verliert.
Wir müssen beim Bund energisch auf eine Schließung der Förderlücke drängen. Ich weiß, dass auch der runde Tisch an diesem Problem arbeitet. Wir in Sachsen werden jedenfalls prüfen, ob wir die bestehende Förderlücke in der nächsten EFRE-Förderperiode schließen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine wichtige Initiative Sachsens zur Stärkung des Schienengüterverkehrs ist natürlich die von uns im August 2018 eingerichtete Arbeitsgruppe „Rollende Landstraße“, die Vorschläge zur Verlagerung des Lkw-Verkehrs auf die Schiene erarbeiten soll. Wir haben auch hier schon häufig darüber gesprochen.
Ich sage immer, wir können das, worüber wir dort diskutieren, nicht mit der alten, ehemaligen, Rollenden Landstraße vergleichen. Die damalige Rollende Landstraße war zu kurz und deshalb unwirtschaftlich. Sie wurde mit hohen Subventionen am Leben gehalten und war unflexibel. Deshalb brauchen wir andere Lösungen. Deshalb ist auch der Begriff „Rollende Landstraße“ zwar eingeführt, intern sagen wir aber lieber „Rollende Raststätte“, weil es stärker darum geht, das Lenkzeitengerüst eines Kraftfahrers zu berücksichtigen. In Ruhephasen soll er lieber im Zug sitzen, um diese Ruhephasen zu haben, und auf längerer Strecke, als auf den Stellplätzen parken zu müssen. Von daher geht es um längere Entfernungen und um flexiblere Möglichkeiten auch für kürzere Strecken. Deshalb hat die jetzige Rollende Landstraße, die wir vorhaben, nichts mit dem Konzept für die alte Rollende Landstraße zu tun.
Mit der Inbetriebnahme der von Sachsen mitfinanzierten Niederschlesischen Magistrale, die wir im Dezember feiern konnten, sind gute Voraussetzungen für Bahntransporte auf den sächsischen Transitlinien entlang der A 4 gegeben. Ich erwarte mir davon eine Entlastung der A 4. Als damals die Niederschlesische Magistrale vom Netz gegangen ist, weil sie gebaut wurde, hatten wir einen überproportionalen Anstieg auf der A 4 zu verzeichnen. Machen wir uns aber nichts vor: Wir werden nicht zu den alten Zahlen zurückkommen, weil sich der Transitverkehr beim Güterverkehr generell gesteigert hat. Trotzdem hoffen wir und erwarten Effekte von der Wiederinanspruchnahme der Niederschlesischen Magistrale.
Eine von der Arbeitsgruppe beauftragte Machbarkeitsstudie wird bis zum Sommer konkrete Vorschläge unterbreiten. Ganz wichtig dabei ist das Zusammenwirken mit unseren polnischen Nachbarn. Bei meinem Besuch in der Woiwodschaft Niederschlesien im letzten Jahr bin ich auf großes Interesse beim zuständigen Vizemarschall gestoßen. Auch von der polnischen Bahn gibt es bereits Vorschläge zur Nutzung von Verladeeinrichtungen.
Beim deutsch-polnischen Bahngipfel am 8. Mai 2019 in Wrocław steht die Rollende Landstraße auf der Tagesordnung.
Ganz zuletzt möchte ich noch einen Punkt ansprechen, der zwar nicht in die Zuständigkeit der Staatsregierung fällt, aber dennoch nicht verschwiegen werden darf. Ich meine die Situation der Güterverkehrssparte der Deutschen Bahn.
Wir wissen, dass sich der Konzern Deutsche Bahn AG gegenwärtig in schwerem Fahrwasser befindet. Das gilt insbesondere für DB Cargo. Mein Appell an die Unternehmensführung ist, nutzen Sie mehr das Know-how Ihrer Beschäftigten und der Betriebsräte. Das ist mehr wert als Ratschläge von Unternehmensberatern, die keine Ahnung vom System Eisenbahn haben.
Wir brauchen beides. Wir brauchen sowohl die Schieneninfrastruktur als auch die Logistiker, die es umsetzen. Hierauf muss auch weiterhin der Schwerpunkt bei der Deutsche Bahn, als tarifgebundenes Unternehmen, gelegt werden.
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)
Das Wort hatte Herr Staatsminister Dulig. Wir kommen jetzt zum Schlusswort der einbringenden Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das Wort ergreift Frau Kollegin Meier. Bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich nehme sehr wohl war, dass Sie am Ende der Legislaturperiode doch etwas konzilianter
werden, als es noch am Anfang der Legislaturperiode der Fall war. Mit ein paar Punkten möchte ich hier aber dennoch aufräumen, was die Kollegen hier gesagt haben.
Wir haben eine Nutzungsanalyse gefordert, um genau zu schauen, wo Railports, KV-Terminals und Güterverkehrszentren sinnvoll sind. Das ist durchaus notwendig, damit ich genau weiß, wo ich Investitionen treffen muss.
Dann noch etwas zur Kostengerechtigkeit. Das hat auch mein Kollege Herr Böhme angesprochen. Der Lkw ist eben nur auf 22 % der überörtlichen Straßen mit einer Maut belastet, der Güterzug zu 100 %. Es ist schon notwendig, dass wir zu einer Kostengerechtigkeit kommen. Sie lehnen das ab. Aber wir finden, es ist ein richtiger Weg, um tatsächlich eine Kostengerechtigkeit herzustellen.
Was den Hafen und insbesondere den Hafen in Riesa betrifft: Ich möchte ein bisschen damit aufräumen. Ich frage es in jedem Jahr ab. In jedem Jahr werden weniger Güter auf dem Schiff transportiert. Aktuell liegen wir, glaube ich, bei 4,3 %. Ich erwarte wirklich ein bisschen mehr Ehrlichkeit. Wir sind nicht gegen dieses Güterverkehrszentrum, aber nicht an diesem Ort, weil der ganze Verkehr mit den Lkw durch die Stadt geht und die Bürgerinnen und Bürger belastet werden. Es gibt andere Flächen in der Stadt, in der Region, auf denen man es gut machen könnte als am Hafen, wodurch die Bürgerinnen und Bürger eben nicht belastet würden.
Sie machen es nur, um sozusagen die EU-Gelder abzuschöpfen, aber nichts anderes. Ich erwarte mir ein bisschen mehr Ehrlichkeit.
(Andreas Nowak, CDU: Binnenschiff geht nun einmal nur mit Hafen! – Staatsminister Martin Dulig: Und mit Wasser!)
Ein weiterer Punkt: Herr Baum, Sie haben aus dem Landesverkehrsplan zitiert. Sie haben sich natürlich einen schönen Satz ausgesucht. Was mir in diesem Landesverkehrsplan fehlt, das sind konkrete Ziele, die bei vielen anderen Punkten, aber eben auch für den Güterverkehr fehlen. Dort wird dann nur vom Können und Kann gesprochen, aber nicht, wo man eigentlich hin will. Das ist das konkrete Problem bei diesem Landesverkehrsplan. Auch da wünsche ich mir ein bisschen mehr Ehrlichkeit. Wenn ich mir die anderen Kollegen anhöre, wird immer nur auf den Bund und auf die EU-Ebene verwiesen – die können machen und die können machen. Aber wir haben auch eine Verantwortung hier im Land und die sollten wir auch wahrnehmen. Das Güterverkehrskonzept von 2009 hat doch ganz klar gesagt, dass wir ein Railport-Konzept, eine Informationsplattform brauchen. Auch das sind Punkte, die wir schon seit vielen Jahren anmahnen. Was ist seit 2009 passiert? Nichts! Deshalb bringen wir diesen Antrag ein, damit wir endlich vorankommen.