Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir hörten gerade Herrn Kollegen Jan Hippold. Er sprach für die CDU-Fraktion. Ich sehe, dass Frau Kollegin Dr. Pinka eine Kurzintervention vortragen möchte. Bitte.

Ja, vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte gern eine Kurzintervention vortragen, da ich den Eindruck hatte, dass Herr Hippold eine sehr widersprüchliche Rede gehalten hat. Zum einen sprach er davon, dass wir bzw. Sie nachhaltig wachsen wollen.

(Jan Hippold, CDU: Ich nicht mehr!)

Zum anderen sprachen Sie davon, dass Sie Technologien im Umweltschutz entwickeln wollen, die sich dann sozusagen als Wirtschaftszweig herausstellen sollen.

Falls Sie mir vorhin richtig zugehört haben, so geht es mir zunächst einmal auch um die Bewahrung unserer Erde und unserer Schöpfung – und nicht in erster Linie darum, daraus eine wirtschaftliche Entwicklung abzuleiten. Das war sehr widersprüchlich. Draußen diskutieren an jedem Freitag Jugendliche, die für die Bewahrung der Schöpfung im Klimabereich kämpfen. Das geht Sie offensichtlich alles einen feuchten Kehricht an.

(Zuruf der Abg. Hannelore Dietzschold, CDU)

Ich habe nichts dazu gehört, und ich habe auch den Eindruck, dass Sie in der Regierung anders handeln. Gestern habe ich die Antwort auf meine Kleine Anfrage zum Thema Mühlrose und dessen Abbaggerung bekommen. Sie machen den Weg für weitere Kohleverstromung frei. Sie interessiert der Klimaschutz eigentlich gar nicht,

(Widerspruch bei der CDU)

und Sie gehen auf die Endlichkeit des menschlichen Lebens und das, was Sachsen tun und beitragen kann, nicht ein. Sie machen aus der Natur einfach einen Wirtschaftszweig und setzen damit in Ihrem Denken vermeintlich eine Nachhaltigkeitsstrategie um. Das halte ich für völlig falsch. Sie denken im Hier und Jetzt, machen Ökonomie und meinen, dass die zukünftigen Generatio

nen dies gutheißen müssten. Aber möglicherweise gibt es diese dann gar nicht mehr.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf von der CDU: Ach!)

Das war eine Kurzintervention. Sie bezog sich auf den Redebeitrag von Herrn Kollegen Hippold, und er reagiert jetzt darauf. Bitte.

Selbstverständlich. Vielen Dank, Herr Präsident. Ich vergesse jetzt einmal nicht meine gute Kinderstube und bleibe freundlich und sachlich, Frau Dr. Pinka.

Zum Ersten. Ich möchte nicht mehr wachsen, ich bin groß genug.

(Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Zum Zweiten habe ich in meinem Redebeitrag überhaupt nicht gesagt, dass es darum gehe, dass die Wirtschaft in diesem Bereich nur wachsen solle, sondern es ging um die Vereinbarung beider Dinge, und ich finde persönlich, dass das eine das andere überhaupt nicht ausschließt. Wenn jemand eine gute Idee hat, die dazu führt, dass unsere Ressourcen weiter geschont werden und wir besser nachhaltig wirtschaften können, und damit noch Geld verdient, dann ist aus meiner Sicht überhaupt nichts dagegen einzuwenden. Aber das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns: Sie sehen das vollkommen anders, weil Sie einfach nicht wollen, dass Menschen mit bestimmten Dingen Geld verdienen.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Diese Ablehnung des Kapitalismus ist nach meiner Einschätzung aus Ihrer Rede nur so herausgetrieft und wird der ganzen Sache, über die wir heute diskutieren, überhaupt nicht gerecht. Mehr, denke ich, muss man dazu nicht sagen.

(Beifall bei der CDU)

Das waren Kurzintervention und Reaktion darauf. Wir gehen weiter in der Rednerreihung. Nun ergreift Frau Kollegin Simone Lang für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Anfang der 1990erJahre standen wir vor vielen wahrnehmbaren großen Umweltproblemen. Umwelt und Naturschutz spielten damals kaum eine Rolle. Wenn man sich erinnert, dann muss man ehrlich sagen, dass die Belastung von Luft und Wasser zum Teil richtig gesundheitsschädigend war.

Diesbezüglich haben wir inzwischen viel geschafft: Es stinkt nicht mehr, in manchen Flüssen kann man wieder baden, das Wasser aus der Leitung kann man bedenkenlos trinken, wir haben einen großen Teil der Deponien saniert, und auch wenn wir dort noch Probleme mit einigen Altlasten haben, sind wir doch ein gutes Stück vorwärtsgekommen. Wir haben in Biosphärenreservaten oder

Naturparks große Gebiete unter Naturschutz gestellt. Dies alles sind sehr gute Reparaturerfolge. Es hat viele Anstrengungen gekostet und natürlich auch viel Geld.

Aber wir haben auch eine Menge aktueller Aufgaben zu bewältigen. So müssen wir unter anderem den nachhaltigen Waldumbau konsequent fortsetzen. Der Biotopverbund muss weiter vorangetrieben werden, auch für den Artenschutz, und wir müssen noch bestehende Probleme in der Altlastenbeseitigung beseitigen.

Zu den großen Herausforderungen zählt der Müll. In Bezug auf die Kreislaufwirtschaft sind wir in Sachsen sowie unsere Unternehmen sehr gut eingestellt. Aber wir müssen zu 100 % Recycling kommen. Zero Waste heißt das Wort, das Nachhaltigkeit mit weniger Abfall und den bedarfsgerechten Umfang mit Rohstoffen zu einer Vision werden lässt. Wir müssen die Gewässerqualität weiter verbessern; denn nur knapp 50 % unserer Gewässer sind in einem guten Zustand, und wir haben eine hohe Nitratbelastung, insbesondere aus der Landwirtschaft.

An dieser Stelle möchte ich einmal kurz auf den Aspekt der gesetzlichen Regelungen eingehen. Es ist gut, dass wir auf EU-Ebene eine verbindliche Umweltgesetzgebung haben. Es geht dabei um unsere Lebensgrundlage. Wir haben eine Verantwortung für unsere Nachbarn, denn Flüsse machen nicht an Ländergrenzen halt, und das Wasser, das bei uns verdunstet, regnet auch beim Nachbarn ab. Wenn freiwillige Maßnahmen zum Schutz der Natur und der Umwelt nicht oder zu wenig ergriffen werden, dann ist es richtig, rechtliche Vorgaben anzupassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fakt ist: Der moderne Mensch greift permanent in die Natur und in die Umwelt ein. Alles, was wir tun, hat an irgendeiner Stelle Auswirkungen auf Klima, Luft, Boden, Wasser und somit auch auf die Artenvielfalt. Aufgabe einer modernen Umweltpolitik muss es sein, genau darauf ein Auge zu haben, und zwar nicht vorrangig als Reparaturleistung, sondern vor allem zum Schutz unserer natürlichen Ressourcen.

Im günstigsten Fall bedeutet dies, dass das menschliche Handeln im Einklang mit Natur und Umwelt steht. Im Minimum bedeutet es: Wir müssen aufpassen, dass wir den Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, nicht überschreiten, zum Beispiel bei Fragen der Klimaerwärmung.

Die Ressourcen, die wir als Menschen haben, sind Wissen und Innovation. Einerseits haben Wissen und Innovation erst zur Zerstörung der Umwelt geführt, zum Beispiel mit der Industrialisierung. Allerdings sind wir heute in der Lage, dieses Wissen auch so weiterzuentwickeln, dass wir Fortschritt und Erhalt der Lebensgrundlage miteinander verbinden können.

Herr Schmidt hat in seiner Rede zu Recht auf die vielen Forschungserfolge hingewiesen. Wir haben Forschungsinstitute, die führend sind. Wir haben Umweltunternehmen, die mit Wissen und Technik in anderen Ländern Umweltprobleme lösen, zum Beispiel bei der Abwasserbehandlung. Wissen heißt auch, dass wir Zusammenhänge

verstehen. Wir verstehen heute zum Beispiel immer mehr, wie einzelne Ökosysteme ineinandergreifen, etwa im Zusammenhang mit der Artenvielfalt und insbesondere bei der Frage des Insektensterbens.

Voraussetzung für die Existenz von vielen Arten sind geeignete Lebensräume und intakte Ökosysteme. Beide zusammen sorgen wiederum dafür, dass wir sauberes Wasser und saubere Luft haben. Ohne diese beiden Faktoren kann der Mensch nicht überleben.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Wo sind die Insekten?!)

Sobald wir dieses System an einer Stelle empfindlich stören, zieht das eine ganze Kettenreaktion nach sich.

Deshalb ist es für uns immer wichtiger, diese komplexen Prozesse zu verstehen. So können wir nicht nur Lösungen im Reparaturbetrieb entwickeln, sondern bestimmte Störungen gleich von Anfang an vermeiden oder zumindest verringern.

Digitalisierung spielt dabei eine große Rolle, ebenso, dass verschiedene Wissensbereiche zusammengebracht werden und dass Forschungsergebnisse schnell ihren Weg in die Praxis finden. Die Initiative simul+ und InnovationHub verfolgen genau dieses Ziel.

Wie können in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Natur und Umwelt, Klima und Ernährungswissenschaft und ländlicher Raum Technologien so eingesetzt werden, dass ökonomische und ökologische Zielkonflikte minimiert werden, zum Beispiel bei Düngung, Gewässerschutz und Bodenbearbeitung? Mit einer gezielten Dosierung kann der Düngemittelverbrauch gesenkt werden. Feldbauprojekte können dafür sorgen, dass Bodendruck und Erosion gemindert werden. Verschiedene Entwicklungen werden in fünf Themenfeldern auf ihre Praxistauglichkeit getestet.

Das sind alles sehr gute Ansätze. Ich glaube, wir haben hier eine ganz große Chance, Lebensmittel nachhaltiger zu erzeugen, Umwelt und Natur zu schonen, und das bringt natürlich auch Herausforderungen mit sich.

Zum einen erfordert Landwirtschaft 4.0 auch bei zukünftigen Landwirten ein noch größeres technisches Knowhow. Zum anderen stehen auch unsere Landwirte vor der Frage der Digitalisierung. Wie kann Datenschutz gewährleistet werden? Wie kann Monopolisierung verhindert werden? Digitalisierung darf keinesfalls dazu führen, dass die Betriebe von einigen wenigen landtechnischen Anbietern abhängig werden.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte gern fortfahren. – Eine weitere Frage ist: Wie kann ein dezentraler Notbetrieb erfolgen, falls die digitalen Systeme länger ausfallen? Das sind Aspekte, über die wir uns in der Landwirt

schaft 4.0 auf jeden Fall noch einmal unterhalten und bei denen wir uns den Fragen stellen müssen.

Selbstverständlich gibt es neben diesen technischen Projekten noch weitere Vorhaben. Wir müssen den ökologischen Landbau stärken, Grünland erhalten und wieder mehr Blühstreifen errichten. Gewässerschutz, Waldumbau und Kreislaufwirtschaft sind weitere Themen.

Fragen und Aufgaben von Umweltpolitik beschränken sich nicht auf die Bereiche Land- und Forstwirtschaft. Eine moderne und nachhaltige Umweltpolitik ist immer eine Querschnittsaufgabe, die alle Politikbereiche betrifft. Nehmen wir zum Beispiel die extremen Wetterereignisse, mit denen wir in Zukunft aufgrund des Klimawandels rechnen müssen. Ich denke dabei an den Wechsel zwischen den Perioden von Starkregen und extremer Hitze, wie im vergangenen Jahr.

Mit den Landwirten diskutieren wir intensiv darüber: Wie bekommen wir es hin, die Landwirtschaft für diese Hitzeperioden fit zu machen? Doch was ist mit dem öffentlichen Bereich, insbesondere in den Städten? Wir brauchen wieder mehr Stadtgrün, wir müssen mehr Bäume pflanzen und wir müssen sie auch stehen lassen.

Ein anderes Beispiel nannte Herr Schmidt: den verstärkten Einsatz von Recyclingstoffen in der Bauwirtschaft. Hier müssen wir die öffentliche Hand immer wieder dazu animieren, mit gutem Beispiel voranzugehen. Deshalb haben wir dies ins Kreislaufwirtschaftsgesetz geschrieben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Umweltpolitik muss für die Zivilgesellschaft sein und muss diese einbeziehen. Ich finde die Initiative „Friday for Future“ sehr toll. Ich finde es super, dass sich junge Menschen für unser Klima interessieren. Wir sollten nicht über Schulschwänzen diskutieren, sondern darüber,

(Sebastian Fischer, CDU: Doch! Wir müssen diskutieren!)