Zum Thema des Antrages und auch zur Demonstration heute, die schon zum 20. Mal stattgefunden hat, nicht nur hier in Dresden, sondern auch in Leipzig und in anderen Städten: 5 000 Menschen waren hier auf der Straße. Es ist ein sehr tolles, kraftvolles Zeichen von den Kindern und Jugendlichen. Es hat auch Spaß gemacht, wieder daran teilzunehmen. Aber es ist auch ein verdammt ernstes Thema.
Die Beschlüsse von Paris liegen nun mittlerweile schon seit dem Jahr 2015 vor. Da hatte nämlich die UNKlimakonferenz stattgefunden. Deutschland, Europa und fast alle Staaten dieser Erde haben diese Beschlüsse ratifiziert. Genau das ist extrem wichtig, damit nicht jedes Land für sich dahin gehende Entscheidungen trifft und dann das Argument von der AfD kommt, es nützt ja nichts, wenn nur wir etwas tun, sondern dass alle gemeinsam handeln. Das ist der Plan. Aber Deutschland muss endlich damit anfangen. Es gibt bisher kein neues Klimaschutzgesetz bzw. in Sachsen gibt es gar keins. Das muss sich in der nächsten Legislaturperiode dringend ändern.
Auch der nun veröffentlichte Kompromiss der Kohlekommission ist bisher kein Gesetz. Es gibt dazu noch keinen Gesetzentwurf. Es ist am Ende auch nur eine Empfehlung einer Kommission, die das wiederum als Kompromiss bezeichnet. Das ist es auch: Ein Kompromiss. Dabei kann es kein Kompromiss sein, denn das Klimasystem kennt keine Kompromisse.
Wenn wir die irreversiblen Kipppunkte in der Atmosphäre erreichen, und die sind wahrscheinlich mit 1,5 Grad Erderwärmung erreicht, dann gibt es keine Arbeitsplätze mehr, um die man kämpfen muss. Da gibt es nichts mehr, was sich zum Leben lohnt. Da gibt es eine Verschiebung von Klimazonen, die zu Dürre, zu neuen Problemen, zu massiven Problemen in der Nahrungsproduktion weltweit, zu Schädlingen, Krankheiten, Extremwetterereignissen führt. Die ersten Ausläufer sehen wir jetzt schon, nicht nur weltweit, sondern auch hier in Deutschland. Wir hatten letztes Jahr massive Schäden an unseren Wäldern, in der Nahrungsproduktion. Es ist bewiesen und nachweisbar, dass das unmittelbar damit zusammenhängt, dass sich die Erdatmosphäre erhitzt und wir als Menschheit daran schuld sind. Deshalb ist auch das Ausstiegsszenario im Jahr 2038 kein Kompromiss; es ist einfach viel zu spät.
Es geht auch nicht nur um eine Energiewende beim Thema Klimaschutz. Der Kohleausstieg – würde ich behaupten – ist das Einfachste, was wir als Gesellschaft umsetzen können, weil es genügend Alternativen gibt und das bis zum Jahr 2030 technisch ohne Weiteres möglich ist, nämlich durch die Vielzahl an Möglichkeiten, die erneuerbare Energien bieten, aber auch die Vielzahl an Speichertechnologien, die es heute schon gibt und in der
Zukunft noch geben wird. Wir müssen nur endlich anfangen, diese auch zu bauen. Energiewende ist etwas, das wir wirklich konsequent umsetzen können. Aber selbst das schaffen wir nicht.
Beim Thema Verkehr wird es schon schwieriger. Wir Menschen und auch die industrialisierten Gesellschaften sind gerade dabei, immer mehr, immer mobiler zu sein, immer schneller, immer weiter fahren zu müssen. Täglich düsen wir mehrere Hundert Kilometer durchs Land. Gerade wir Abgeordneten sind dabei ein „gutes“ Beispiel, wie viele Wege wir täglich in Kauf nehmen. Und dann schaffen wir es nicht einmal, in Deutschland über ein Tempolimit zu sprechen bzw. über kleinere Verbesserungen im ÖPNV. Wir hatten gerade die Debatte, in der es um unsere formulierten Ziele ging. Das haben Sie abgelehnt, auch gestern den Gesetzentwurf, in dem es um Qualitäten im ÖPNV ging.
Es geht um eine Mobilitätswende, dass wir Alternativen stärken, und das schaffen wir gerade nicht. Das beunruhigt mich. Was mich außerdem beunruhigt, ist, dass wir das ganze Thema Landwirtschaft und Ernährung in Sachsen noch gar nicht groß behandelt haben. Hier geht es auch darum, weniger Methan und weniger CO2 zu produzieren.
(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Ist ständig Ihr Thema gewesen im Landtag! Beim Thema Wärme gibt es tatsächlich auch technische Schwierigkeiten, die wir noch weiter besprechen müssen. Aber dazu gab es hier kaum Debatten in den letzten viereinhalb Jahren. Das erschreckt mich. (Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Ständig gab es hierzu Debatten!)
Das sind alles Themen, die viel schwieriger sind als das Thema Energiewende. Es macht mich nur noch fassungslos, dass Sie immer noch auf die Kohle setzen, liebe CDU. Das kann ich nur mit Unverständnis quittieren.
Es macht mir aber auch Hoffnung, was in den letzten Wochen und Monaten hier passierte. Deshalb möchte ich an dieser Stelle allen engagierten Menschen danke sagen, also den jungen Leuten von „Fridays for Future“, die jede Woche freitags auf die Straße gehen, den Leuten von „Ende Gelände“, aber auch den Initiativen wie „Alle Dörfer bleiben“ und allen Umweltvereinen, die für einen konsequenten Klimaschutz streiten und dafür demonstrieren und kämpfen. Vielen herzlichen Dank. Das bereichert nicht nur mich und die Demokratie, sondern auch unsere Debatten hier im Landtag. Danke schön.
Es geht auch um etwas. Ich sagte gerade: 1,5 °C ist das Ziel. – Meine Redezeit ist weg. – Jetzt ist sie wieder da. Entschuldigung. – 1,5 °C ist das Ziel, das wir nicht überschreiten dürfen. Wir sind schon bei 1 °C. Deshalb hat auch gerade Deutschland und auch Sachsen eine besondere Verantwortung. In Deutschland sind es 11,1 Tonnen pro Kopf pro Jahr, was wir an CO2 aussto
ßen. Und in Sachsen ist es noch krasser: 12,7 Tonnen produziert rein rechnerisch jeder Sachse an CO2 im Jahr. Das kommt durch die extensive Kohleverstromung, die wir haben. Deshalb ist ein konsequenter Kohleausstieg bis zum Jahr 2030, den wir hier in Sachsen gestalten können, extrem wichtig. Dafür streitet auch meine Partei in Europa. Das steht in ihrem Wahlprogramm. Und auch die Abgeordneten auf Landesebene haben dieses Ziel und werden das auch umsetzen, sofern uns die Möglichkeiten dafür gegeben werden.
Deswegen: Wir fordern nicht nur den Kohleausstieg. Es braucht auch den konsequenten Ausbau von erneuerbaren Energien. Auch dazu haben wir hier in den letzten viereinhalb Jahren sehr viele Gesetzesvorschläge eingebracht. Ich erinnere an den Windenergieantrag, bei dem es nicht nur um die finanzielle Beteiligung der Menschen an der Windenergie geht, wenn sie dort wohnen, wo sie gebaut werden, sondern es geht auch darum, dass die Vorranggebiete für Windenergieflächen erhöht werden. Wir wollen das auf mehr als 2 % erhöhen, damit auch mehr gebaut wird. Wir haben einen Antrag „Solaroffensive“ im Landtag eingebracht, dass landeseigene Dächer für Solarflächen zur Verfügung gestellt werden. Wir haben Anträge zum Pariser Klimaschutzabkommen eingebracht, dass diese Beschlüsse endlich umgesetzt werden sollen. Das ist ein ähnlicher Antrag wie heute hier von den GRÜNEN.
All das haben wir gefordert und all das haben Sie abgelehnt. Auch dafür müssen Sie sich gegenüber den nächsten Generationen verantworten. Daher bleibt mir nur noch die Hoffnung, dass diese kommende Landtagswahl dafür sorgt, dass das Thema Klima- und Umweltschutz eine bedeutende Rolle bei den Menschen spielt und dass auch diese Parteien gewählt werden, die sich dafür einsetzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zum Abschluss des heutigen Tages sprechen wir über Klimaschutz. Deshalb gebe ich nichts zu Protokoll, sondern wir sprechen über die größte Herausforderung in unserem Jahrhundert, über eines der wichtigsten gesellschaftlichen Probleme unserer heutigen Zeit. Das hat nicht nur eine globale Dimension, sondern auch eine lokale; denn Klimaschutz spielt sich nicht auf irgendwelchen internationalen Abkommen und Konferenzen ab, sondern Klimaschutz und auch die Energiepolitik im Freistaat Sachsen geht uns alle an im Heute und Hier. Deshalb ist es wichtig, dass wir in Sachsen alle Anstrengungen unternehmen, etwas gegen den menschengemachten Klimawandel zu tun. Ob uns allerdings der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterhilft, daran habe ich meine Zweifel, lieber Kollege Lippold.
Auch wenn Sie hier alle Bilder bemühen, vieles was Sie in Ihrem Antrag ansprechen, ist bereits in der Umsetzung. Es ist ein Sammelsurium von Forderungen, von denen viele schon in der Umsetzung sind. In diesem Zusammenhang ist mir wichtig, nicht nur von reinen Ausbauzielen bei sich erneuernden Energien zu sprechen, sondern zukünftig von Reduktionszielen bei Treibhausgasen. Das ist aus meiner Sicht genau der richtige Ansatz. Nur so kommen wir dazu, sektorübergreifend die richtigen Zielsetzungen anzugehen und sie umzusetzen. Insoweit, lieber Kollege Lippold – hören Sie bitte zu! – ist Ihr Antrag in jedem Fall auf der Höhe unserer Zeit.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Was ist unser Ziel? Unser Ziel ist es – ich habe mich sehr gefreut, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel in der letzten Woche wieder darauf hingewiesen hat –, bis zum Jahr 2050 eine CO2-Neutralität zu erreichen. Das heißt, es wird immer noch CO2 und Kohlenstoff geben. Es wird immer noch CO2 und Kohlenstoff freigesetzt, aber nur so viel, wie gleichzeitig auch gebunden wird. Diesen Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir im Freistaat Sachsen konsequent weitergehen.
Hier sind unsere Messlatte, unser Maßstab die Beschlüsse und Empfehlungen der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung. Wir als SPD und als Koalition sagen: Wir stehen hinter diesen Beschlüssen und zum endgültigen Braunkohleausstieg 2038. Deshalb verstehe ich Sie nicht, liebe Bündnis-GRÜNEN, dass Sie hier schon wieder anfangen, den von Ihnen mitgetragenen Kompromiss auf Bundesebene auszuhöhlen. In der vorletzten Woche war Ihr Superstar, Herr Habeck, in Görlitz. Er hat ausdrücklich wieder 2038 betont. Deshalb wundere ich mich, warum Sie sich gegen Ihre eigene Berliner Parteiführung stellen.
Ja, danke für die Zwischenfrage. Herr Kollege Vieweg, können Sie mir sagen, wie Sie ökonomisch sicherstellen wollen, dass die Kohlekraftwerke bis 2038 laufen können? Unabhängig davon, mit welchem Instrument wir die CO2-Reduktion durchführen, ob mit einem Kettner und ETS oder mit einem CO2-Preis fliegen die auf jeden Fall vorneweg aus dem Rennen. Hat die SPD vor, ein großes Subventionsprogramm für die Braunkohle aufzulegen? Das ist meine Frage.
Sehr geehrter Herr Kollege Lippold, die Frage beantworte ich Ihnen sehr gern. Wenn Sie den Kommissionsbericht „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ richtig gelesen hätten, würden Sie wissen, wir haben Marker in den Aufstiegsszenarien ab 2030. Wir haben in dem Kommissionsbericht dieses Szenario
Was ist mit den Kommunen, die sich ambitioniertere Ziele vorgenommen haben? Was ist beispielsweise mit Leipzig? Die steigen bis 2023 aus. Sollen sie die Pläne jetzt verschieben? Sollen sie bis 2030 warten?
Was ist mit meiner Heimatstadt, der Klimaschutzkommune Chemnitz, die bis 2029 aus der Braunkohleverstromung aussteigt?
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was will ich damit zum Ausdruck bringen? Ein reines Festhalten an willkürlich gewählten Ausstiegsszenarien bringt uns nicht weiter.
Noch ein wichtiger Kritikpunkt an Ihrem Antrag: Sie betrachten das Thema Klimaschutz nach wie vor einseitig. Es ist vielleicht für Ihre Wählerinnen und Wähler wichtig, uns als Volkspartei SPD reicht das nicht aus.
Wir sagen, Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der alle mitgenommen werden müssen. Die SPD hat die gesamte Gesellschaft im Blick. Mein Anspruch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist: Vom Klimaschutz müssen alle profitieren, nicht nur diejenigen, die ihn sich leisten können. Ich will, dass es in der Klimaschutz- und Energiepolitik gerecht zugeht und dass es nicht zur Armutsfalle wird, sehr geehrter Herr Kollege Lippold. Das unterscheidet uns maßgeblich von Ihrer Position als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir als SPD sagen, wir brauchen ein Klimaschutzgesetz im Freistaat Sachsen. Klimaschutz muss im Freistaat Sachsen Verfassungsrang haben. Wir brauchen Klimaneutralität bis 2050. Das ist unser oberstes Ziel. Das ist im Übrigen auch ein Vermächtnis von Barbara Hendricks, die Sozialdemokratin, die das Pariser Klimaabkommen verhandelt hat. Das Vermächtnis und der Arm von Barbara Hendricks sind sehr lang. Wir wollen die Pariser Klimaschutzziele in Landesrecht übertragen. Die Sektoren Energie, Verkehr und Landwirtschaft wollen wir nicht mehr getrennt voneinander betrachten, sondern miteinander.
Was in Ihrem Antrag völlig fehlt, Herr Kollege Lippold, ist die Frage der Energieeffizienz. Wir müssen gleichzeitig alle Anstrengungen unternehmen, den Energieverbrauch insgesamt zu senken; denn das meiste CO2 sparen wir mit der Energie ein, die wir nicht verbrauchen und so überhaupt nicht erst erzeugen müssen.
Was in Ihrem Antrag vollkommen fehlt, Herr Kollege Lippold, ist die Frage der Wirtschaftlichkeit. Unser Ziel muss es sein, dass auch Unternehmerinnen und Unternehmer, Eigentümer und Investoren mit in die Verantwortung genommen werden. Sie müssen die Risiken kennen,
die sich aus dem Klimawandel ergeben. Die müssen sie in ihre Entscheidungen einbeziehen können. Deshalb sagen wir, klimabasierte Risiken müssen sichtbar in die Unternehmensbilanzen hinein.
Schließlich und schlussendlich, Herr Kollege Lippold und liebe Bündnisgrünen: Was mir bei Ihnen immer wieder fehlt, sind die Menschen. Wir müssen die Menschen beim Thema Klimawandel mitnehmen. Wir brauchen klimabewusstes Verbraucherverhalten. Wir brauchen einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft. Genau dieser Bewusstseinswandel drückt sich aus in der „Fridays-forFuture“-Bewegung. Ich sage, nehmen Sie diese jungen Leute ernst, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.
Deshalb müssen wir gleichzeitig alle Maßnahmen ergreifen, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren, was sie selbst tun können, um heute lokal vor Ort klimabewusst und klimaneutral zu leben. Klimaschutz, Energiewende und Naturschutz müssen generell einen breiteren Raum in der Bildung, in Kindergärten, in Schulen, in Hochschulen, auf der Arbeit und in den Medien einnehmen. Die Menschen in Sachsen müssen wissen, was wir für ein gutes Klimamonitoring haben. Unser ReKIS-Monitoring des Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums in Sachsen hat klare Aussagen: Wenn wir so weitermachen, wird es auch in der Landwirtschaft schon in der Mitte des Jahrhunderts sehr eng.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Klimaschutz geht uns alle an und, ja, unsere vordringliche Aufgabe ist, die Verantwortung für unsere Kinder und Enkelkinder zu übernehmen. Klar ist aber auch: Klimaschutz, Strukturwandel und Energiewende können nur gelingen, wenn es die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen zu ihrer Sache machen. Hieran arbeiten wir Schritt für Schritt ohne Alarmismus, ohne Schaum vor dem Mund, sondern mit Entschiedenheit, Vernunft und Optimismus. Ihren Antrag, liebe Bündnisgrünen, lehnen wir ab.