Protokoll der Sitzung vom 24.05.2019

Herr Günther, ich muss Ihnen durchaus zugute halten, dass Sie gesagt haben, dass es ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz ist, den wir hierbei verfolgen müssen. Das sehen wir genauso. Sie haben auch nicht in Abrede gestellt, dass schon eine ganze Menge passiert, aber auch immer wieder darüber nachgedacht werden muss, ob es zielgerichtet ist und ob man noch mehr tun kann; das im Gegensatz zu den Ausführungen von Frau Dr. Pinka, die wieder einmal alles in Grund und Boden geredet hat und überhaupt nichts anerkennt, was in diesem Freistaat passiert.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Wenn Sie hier sagen, dass Sie hierzu keinen weiteren Redebeitrag halten werden, weil das Perlen vor die Säue werfen ist, dann geht mir das eindeutig zu weit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Ich habe doch Beispiele genannt!)

Wir nehmen den Bericht, der einen globalen Fokus hat, natürlich auch mit Blick auf den Freistaat Sachsen sehr ernst. Ich möchte es gleich zu Beginn sagen: Es ist nicht so, dass wir schon alles richtig machen oder dass die Maßnahmen, die wir über Jahrzehnte ergriffen haben, nicht auch in Teilen hinterfragt und strategisch neu ausgerichtet werden müssen.

Trotzdem will ich die Gelegenheit nutzen, einiges aufzuzählen, was bereits geschieht. Sie haben in Ihrem Debattentitel einzelne Arten genannt. Genau für diese Arten läuft eine ganze Reihe, was Herr Kollege Hippold schon angesprochen hatte. Hierbei ist der Hochmoor-Gelbling zu nennen. Die Revitalisierung unserer Moore wird dazu beitragen. Gemeinsam mit dem Senckenberg-Museum laufen hierzu Projekte, um genau das zu erreichen. Gleiches gilt auch für die Wildkatze, deren Population seit dem Jahr 2011 in Sachsen wieder nachgewiesen worden ist. Hierzu gibt es den Aufbau eines Beobachtungsnetzes und das Programm in Zusammenarbeit mit dem BUND „Rettungsnetz Wildkatze“. Auch für den Froschlöffel gibt es ein Artenschutzkonzept. Ein Aktionsplan wurde 2018 fertiggestellt; jetzt Vermehrungskulturen in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten in Dresden und gezielte Bestandsstützungen.

Auch für die Graue Kratzdistel wird eine Bestandsanalyse im Rahmen der sachsenweiten Studie des LfULG durchgeführt. Hierfür werden Hilfsmaßnahmen im Elbtal in Zusammenarbeit mit dem Umweltzentrum Dresden vollzogen, um die Vorkommen zu stabilisieren bzw. aufzubauen.

Wir haben gerade heute – vielleicht wäre das auch ein Anlass für eine Aktuelle Debatte gewesen – ein neues Förderprogramm zum Schutz von 92 besonders gefährdeten Arten auf den Weg gebracht. Anträge können jederzeit beim LfULG eingereicht werden. Je nach Schutzstatus und Gefährdungsgrad werden hier bis zu 100 % bzw. bis zu 20 000 Euro pro Vorhaben gefördert. Hierbei geht es um solche Dinge wie die Sanierung von Weißstorchhorsten, die Anbringung von Nisthilfen für Fledermäuse oder die Anlage von Kleingewässern.

Natürlich spielen auch unsere Großschutzgebiete beim Artenschutz eine Rolle. 13 % unserer Landesfläche besteht aus Großschutzgebieten. Sie kennen sie alle: die Königsbrücker Heide, die als erstes Gebiet in Deutschland nach den EUROPARC-Kriterien ein anerkanntes Wildnisgebiet ist, den Nationalpark Sächsische Schweiz mit über 1 000 Hektar Prozessschutzfläche in der Kernzone, was noch ausgedehnt werden soll, und nicht zuletzt unser Biosphärenreservat in der Oberlausitz. Nach einer erfolgreichen Evaluierung hat es für weitere zehn Jahre den Titel „UNESCO-Biosphären-Reservat“ erhalten. Auch das ist eine Bestätigung dafür, dass vor Ort gut zusammengearbeitet wird; auch in der Einbindung in den Staatsbetrieb Sachsenforst.

Wir haben weitere drei Naturparks in Sachsen: in der Dübener Heide, im Erzgebirge, im Zittauer Gebirge, 220 Naturschutzgebiete und 347 Natura-2000-Gebiete. Sachsen war im Jahr 2015 übrigens das erste Bundesland, das Managementpläne für seine FFH-Gebiete vollständig vorgelegt hat. Es gibt auch Bundesländer, in denen das heute noch nicht so ist.

Wir haben am Montag gemeinsam mit meinen Kollegen aus Bayern und aus Thüringen 30 Jahre „Grünes Band“ am Dreiländereck gefeiert. Auch der tschechische Kollege war dabei. Das ist ein besonderes Symbol für einen Biotop-Verbund in Deutschland, in dem man gemeinsam zusammenarbeitet. Der Freistaat Sachsen war – natürlich mit dem kleinsten Stück, das will ich gar nicht in Abrede stellen – bereits vor 23 Jahren so weit, das gesamte „Grüne Band“ unter Schutz zu stellen. In den letzten Jahren ist das zum Teil auch in anderen Bundesländern, die größere Flächen haben, erfolgt.

Das Programm „Biologische Vielfalt“ wird fortgeschrieben. Dafür wird aktuell ein spezielles Handlungskonzept für den Insektenschutz abgestimmt. Insekten sind derzeit sicherlich in einer besonderen Diskussion; vielleicht nicht ganz so beliebt oder prominent wie eine Wildkatze, aber trotzdem von herausragender Bedeutung. Ohne Zweifel ist das so. Dort betrachten wir den Komplex Landwirtschaft, Siedlungsbereich und auch die Frage: Wie können wir unsere eigenen Landesliegenschaften anders bewirtschaften? Das wird alles noch vorgestellt. Hierzu gibt es enge Abstimmung sowohl mit anerkannten Naturschutzverbänden als auch mit den Landnutzern und mit unseren kommunalen Spitzenverbänden; denn nur gemeinsam können wir hier etwas erreichen.

Zum Ökolandbau: Wir haben in dieser Legislaturperiode die Umstellungsförderung wieder erhöht. Wir haben einen Aktionsplan für den Ökolandbau aufgestellt, und somit ist der Ökolandbau in den letzten Jahren in Sachsen erheblich gewachsen. Inzwischen gibt es 750 Betriebe. Das ist jeder achte Betrieb, der nach dem Kriterium des Ökolandbaus wirtschaftet. 7 200 Hektar Teiche in extensiver und naturschutzgerechter Bewirtschaftung wären noch zu nennen.

Für Arten mit überregionaler Bedeutung gibt es mehrjährige Kooperationsvereinbarungen. Sie hatten gerade die Bekassine genannt, aber auch Biber, Braunkehlchen, Kreuzkröte und weitere wären zu nennen. Wir haben Kooperationsvereinbarungen mit dem Landesverband der Landschaftspflege über jährlich 300 bis 400 Projekte zugunsten der Biodiversität initiiert. Hierfür danke ich insbesondere dem Landtag für die große Unterstützung, die im letzten Haushalt beschlossen worden ist, in Höhe von 1,2 Millionen Euro pro Jahr. Das sind Landesmittel, und das ist nicht selbstverständlich. Das ist ein tolles Symbol.

In der aktuellen EU-Förderperiode haben wir bis zum Jahr 2020 so viel Geld wie noch nie für Naturschutzmaßnahmen eingestellt. Es sind 270 Millionen Euro. Wir haben das bereits genannte Projekt „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“, was die Landesstiftung Natur und Umwelt auf den Weg gebracht hat. Das regt zum Nachdenken und zum Mitmachen bei den Bürgerinnen und Bürgern an. Auch die vielfältigen Maßnahmen der Bildungsangebote sind zu nennen, ob Waldpädagogik oder andere Umweltprogramme. Auch hierzu haben wir mit dem Staatsministerium für Kultus eine Rahmenvereinbarung geschlossen, um diese Umweltbildungsprozesse stärker in die Schulbildung, in die Lehrerbildung hineinzubringen.

Wir sind ein Bundesland – auch wenn es hierzu gerade andere Diskussionen über den Wald gibt –, das den Waldumbau flächenmäßig am stärksten vorangetrieben hat. Wir haben dort in den letzten Jahren dreistellige Millionensummen, allein in den letzten zehn Jahren 130 Millionen Euro, ausgegeben, um hierbei voranzukommen. Über die Hälfte unserer Landbewirtschafter nimmt an Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen teil und hat diesbezüglich auf circa 20 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet.

Jetzt geht leider meine Redezeit zu Ende. Ich könnte noch viele Beispiele nennen. Ich danke Ihnen trotzdem für den Antrag. Ich denke, gemeinsam sollten wir hierzu weiter im Gespräch bleiben und einiges für Sachsen bewegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Damit ist auch diese Aktuelle Debatte beendet. Ich sehe eine Kurzintervention, Frau Dr. Pinka?

Wenn Sie es noch zulassen würden, Frau Präsidentin, würde ich die Kurzintervention noch vornehmen.

Auf die Rede des Ministers?

Ja, zum Redebeitrag des Ministers, weil er mich persönlich angegriffen und gesagt hat, dass ich vielleicht etwas überzogen hätte. Ich nehme es trotzdem nicht zurück.

(Zuruf von der CDU)

Wir haben uns über die Spezies, die heute zur Aktuellen Debatte stehen, nicht wirklich unterhalten. Wir haben uns in letzter Zeit über die Bienen, den Wolf und das Birkhuhn unterhalten. Dabei habe ich beobachtet, was jetzt zum Beispiel zum Birkhuhn läuft. Wenn Sie nicht irgendwann einmal Ihre Richtlinienkompetenz, die Sie ja haben – nicht nur als Umweltminister, sondern als Landwirtschafts- und Waldminister – ausüben, dann gibt es Arten, die wir wieder aussterben lassen. Derzeit gibt es eine solche Situation beim Birkhuhn. Dazu müssen Sie einfach mal mit der Faust auf den Tisch hauen und dem Sachsenforst sagen: So nicht, meine Freunde! – Ich bin gespannt, was Sie uns am 21. Juni im Umweltausschuss präsentieren werden und ob es das Artenhilfsprogramm für das Birkhuhn geben wird. Dazu können wir uns ja dann wieder sprechen.

Ich bin auch der Meinung, dass die Fachregierungserklärung, die Sie letztens zu dieser Roboterlandschaft gehalten haben – – Es wird trotzdem Glyphosat ausgebracht werden, wenn auch in einer anderen Dosierung. Das Problem ist doch, dass es keinen ökosystemaren Ansatz gibt. Sie betrachten immer nur Teile. Sie betrachten jetzt wieder nur den Naturschutz. Sie betrachten nur mal wieder die Landwirtschaft. Sie betrachten irgendwann mal wieder den Gewässerschutz. Aber eigentlich brauchen wir doch einen anderen komplexen ökosystemaren Ansatz. Den müssen Sie doch herbeiführen.

Deshalb hoffe ich immer noch bis zum Schluss dieser Legislaturperiode, dass es Ihnen nicht nur ums Geld geht. Sie haben ganz viel übers Geld gesprochen und wie viel Geld Sie für die einzelnen Arten ausgeben. Aber das ist nicht das Problem. Es ist ein falscher politischer Ansatz, dem Sie im Ministerium nachgehen.

Jetzt hat auch der Minister wieder Redezeit, und Sie haben die Möglichkeit zur Erwiderung.

Ich habe jetzt nichts anderes von Ihnen erwartet, Frau Dr. Pinka, als dass Sie jetzt wieder alles in Grund und Boden reden. Ihre Technologiefeindlichkeit haben Sie schon mehrmals zum Ausdruck gebracht.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Immer wieder wird gesagt, man wolle alles nur mit Roboterlandschaft lösen. Das ist einfach großer Unsinn. Allerdings ist es auch ein kleiner Mosaikstein, über neue und moderne Verfahren in der Landwirtschaft nachzudenken.

Sie waren neulich zur Anhörung genau zu diesem Punkt, zu unserer Initiative simul+ nicht im Ausschuss.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Dort hätten Sie interessante Erkenntnisse gewinnen können. Ich habe von allen Fraktionen ein positives Feedback gehört. Ich sage überhaupt nicht, dass es für

alles eine Lösung ist, aber ein Mosaikstein ist auch das. Sie können sicher sein, dass wir in unserem Ministerium Strategien auf den Weg bringen, die die Bereiche Wasser, Boden, Landnutzung und darüber hinaus umfassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Damit haben wir den Tagesordnungspunkt beendet. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Befragung der Staatsminister

Für die Staatsregierung berichtet zunächst der Chef der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Herr Oliver Schenk, zum Thema Kohleausstieg im Mitteldeutschen und im Lausitzer Revier: Stand der Umsetzung der strukturpolitischen Empfehlungen der Kohle-Kommission.

Hierzu stehen Ihnen zehn Minuten für die Einbringung zur Verfügung. Anschließend haben die Fraktionen die Möglichkeit nachzufragen.

Das zweite Thema von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lautet: Ziele und Aktivitäten der Staatsregierung im Zusammenhang mit Beihilfe- und Genehmigungsrahmenbedingungen für die Kohleregion auf europäischer und nationaler Ebene.

Die Festlegungen kennen wir alle, dass zu dem zweiten Thema erst nach der ersten Fragerunde gefragt werden darf.

Ich erteile nun Herrn Staatsminister Schenk das Wort.

Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundeskabinett hat in dieser Woche die Eckpunkte für den Strukturwandel in den Braunkohleregionen Deutschlands auf den Weg gebracht. Damit wird die Grundlage für die Umsetzung der Empfehlungen der sogenannten Kohlekommission, die Ende Januar 2019 ihren Bericht vorgelegt hat, in einem konkreten Gesetzentwurf geschaffen.

Ich bin sehr dankbar, dass wir diese Eckpunkte jetzt vorliegen haben und dass das Bundeskabinett diesen Beschluss gefasst hat. Damit wird unterstrichen, dass das, was in der Kohlekommission diskutiert wurde, in einen breiten gesellschaftlichen Konsens gebracht worden ist und zügig auf den weiteren Weg gebracht werden kann, damit es möglichst noch vor der Sommerpause als Gesetzentwurf von der Bundesregierung beschlossen werden kann.

Besonders für Sachsen ist das von besonderer Bedeutung, denn wir sind das einzige Bundesland, das mit zwei Revieren von diesen Eckpunkten betroffen ist: im Mitteldeutschen Revier und im Lausitzer Revier. Deshalb haben wir auch in den vergangenen Wochen und Monaten mit Hochdruck innerhalb der Staatsregierung, aber auch mit der kommunalen Familie, mit den Landräten, mit den betroffenen Regionen, mit vielen Bürgermeistern, mit Unternehmen und Vereinen Gespräche über die Punkte, die uns in diesem Zusammenhang besonders wichtig sind, geführt.

Deshalb sind viele Punkte von uns eingeflossen und ich glaube schon, dass man sagen kann, dass die Eckpunkte, die am Mittwoch beschlossen worden sind, aus der Sicht des Freistaates ein Erfolg sind. Sie eröffnen uns eine echte Chance für eine dynamische Entwicklung in den betroffenen Regionen. Der Bund will allein für die Lausitz länderübergreifend 17 Milliarden Euro bereitstellen. Für ganz Sachsen sollen es 10 Milliarden Euro sein. Ich finde, das ist eine echte Chance, und wir sollten sie gemeinsam entschlossen nutzen und auf den Weg bringen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Im Kabinett haben wir deshalb sieben Projekte für jede Region diskutiert und anschließend beschlossen – Projekte, von denen wir glauben, dass wir mit ihnen die Infrastruktur sowie die Forschungskapazitäten in den Regionen stärken und damit diese Regionen insgesamt attraktiv für Ansiedlungen, für wirtschaftliche Entwicklung machen. Deshalb bin ich froh, dass diese Projekte nun auch Eingang in das Eckpunktepapier gefunden haben. Ich sage Ihnen auch, warum ich froh bin: Es gab zwischenzeitlich Diskussionsstände, nach denen diese Projekte mit einem umfassenden Prüfauftrag in eine Anlage delegiert wurden. Es waren intensive Gespräche notwendig, damit es jetzt dazu gekommen ist, dass diese Projekte fest verankert sind und wir damit die Gewissheit haben, dass konkret an diesen Projekten gearbeitet werden kann.