Frau Kollegin Stange, es ist mir wichtig, noch einmal zu betonen - das ist meine erste Anmerkung -, daß in den Haushalt für das Jahr 2000 mehr Mittel als im Jahr 1999 eingestellt worden sind.
Und das, obwohl Sie das Gegenteil auch schon öffentlich geäußert haben. Ich bin froh, daß Sie es heute korrekt dargestellt haben.
Ich begrüße es auch, daß der Landtag der Landesregierung bezüglich dieses Haushaltsansatzes gefolgt ist. Dafür bedanke ich mich an dieser Stelle.
Zweitens. Es ist richtig, ich will die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Beratungs- und ambulanten Behandlungsstellen für Suchtkranke ändern.
Diese Richtlinie stammt aus dem Jahr 1993. Damals war es das Ziel, mit Hilfe der Landesförderung den Aufund Ausbau der Suchtberatungsstellen im Land Sachsen-Anhalt zu unterstützen. Dieses Ziel ist erreicht. Wir verfügen inzwischen über ein Netz von 32 Suchtberatungsstellen im Land Sachsen-Anhalt. Dieser Aufbau war nur mit Unterstützung des Landes möglich, also mit den freiwilligen Hilfen des Landes in diesem Bereich originärer kommunaler Zuständigkeit.
In bezug auf die ambulante Versorgung suchtkranker Menschen haben sich aber unterdessen Erkenntnisse und Entwicklungen ergeben, die vor allem in der Finanzierungsform, aber auch in der Qualitätssicherung der Beratungsangebote ihren Niederschlag finden sollen. Deshalb steht die Überarbeitung der Richtlinie auf der Tagesordnung.
Auch die Verbände der freien Wohlfahrtspflege haben eine neue Förderrichtlinie mit dem Ziel gefordert, für die Träger von Beratungsstellen und für die Kommunen eine höhere Planungssicherheit im Hinblick auf die Finanzierung der Beratungsstellen zu erreichen.
Dieser Forderung wird Rechnung getragen. - Das ist mein dritter Punkt. - Geplant ist, die anteilige Finanzierung von Personal- und Sachkosten durch eine Festbetragsfinanzierung zu ersetzen. Das ist ein vereinfachtes Zuwendungsverfahren, und das ist auch ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren. Diese Form der Landesförderung ermöglicht es den Trägern, beispielsweise Drittmittel einzuwerben und einzusetzen, ohne daß diese auf den Zuschuß angerechnet werden.
An die personelle Besetzung müssen qualitative und quantitative Mindestanforderungen gestellt werden, um die Arbeitsfähigkeit in den Sucht- und Drogenberatungsstellen auf einem hohen Niveau und ständig zu gewährleisten. Deshalb sollen - das ist mit der Landesstelle gegen die Suchtgefahren abgestimmt - Kriterien zur Qualitätssicherung in die Richtlinie eingearbeitet werden. Es sollen zukünftig auch Präventionsfachkräfte gefördert werden können. Das ist eine der Forderungen, die Sie jetzt noch einmal in den Raum gestellt haben.
Die Richtlinie wird unter Beteiligung der Liga und insbesondere ihrer Fachstelle, der Landesstelle gegen die Suchtgefahren und der kommunalen Spitzenverbände erarbeitet. Die Diskussionen mit den Verbänden sind noch nicht abgeschlossen.
Ich sage noch einmal deutlich, Frau Stange - das ist mein vierter Punkt -: Es handelt sich hierbei um eine Richtlinie, die unter Hinzuziehung der Beteiligten erarbeitet wird. Das ist primär exekutives Handeln. Bei der Erstellung von Richtlinien ist die Legislative nicht zwangsläufig zu beteiligen.
Deswegen gestatten Sie mir die Anmerkung, daß es mich schon befremdet, daß der Ausschuß im Vorfeld des Richtlinienerlasses eine Anhörung durchführen soll. Mir erscheint es angemessen, daß die Landesregierung in den genannten Ausschüssen über den Stand der Beratungen berichtet.
Danke, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren! Wünscht noch jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung über die Drs. 3/2662. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Ich sehe keine. Enthaltungen? - Zwei Enthaltungen. Damit ist dem Antrag zugestimmt worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 12 abgeschlossen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Jahresbeginn liegen uns der Jahreswirtschaftsbericht und auch die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung vor. Das ist in jedem Jahr der Fall. Wenn man die Unterlagen aber in diesem Jahr liest, muß man feststellen, daß Sachsen-Anhalt insgesamt in der Betrachtung der wirtschaftlichen Entwicklung und der Aussichten auf dem Arbeitsmarkt, höflich formuliert, wenig hoffnungsfroh beschrieben wird.
Es ist nicht die Tatsache, daß wir mittlerweile seit sechs Jahren ohne Unterbrechung - ohne einen einzigen Monat Unterbrechung - mit Abstand die höchste Arbeitslosigkeit in Deutschland haben,
es ist vor allem der Umstand, daß auch der Abstand zu den anderen Bundesländern weiter wächst. Besonders besorgniserregend ist die Einschätzung eines der renommiertesten wirtschaftswissenschaftlichen Institute, des IWH, daß das ökonomische Profil Sachsen-An-halts hinsichtlich vieler Kriterien dem des Landes Mecklenburg-Vorpommern ähnelt, nur hinsichtlich der Unterbeschäftigung noch größere Probleme aufweist, als dies in Mecklenburg-Vorpommern der Fall ist.
Das muß dringender Anlaß sein, die Wirtschaftspolitik und alle ergriffenen Maßnahmen noch einmal zu kontrollieren, sie zu analysieren und geeignete Maßnahmen zum Gegensteuern zu ergreifen.
Unterbeschäftigung kann nur mit einem gesunden Wirtschaftswachstum bekämpft werden. Ein Wirtschaftswachstum, das sich wiederum auf dem Arbeitsmarkt niederschlägt, auf dem ersten Arbeitsmarkt wohlgemerkt, ist nur mit einer erfolgreichen Exportwirtschaft zu erreichen.
Daß dies gerade in schwierigen Zeiten sehr wichtig ist, beweisen die letzten Monate und das Jahr 1999. Die schwache Binnenkonjunktur hat in den deutschen Bundesländern mit einem größeren Exportanteil wesentlich weniger auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen, als das zum Beispiel bei uns der Fall war. Die Binnenkonjunkturschwäche ist hinsichtlich des Arbeitsmarkts durch den Export kompensiert worden.
Doch Sachsen-Anhalt hat nur eine Exportquote, also einen Anteil am Gesamtumsatz der Wirtschaft, von 13,5 %. 13,5 %, das bedeutet seit 1994 eine Stagnation um die 13-Prozent-Marke. Das heißt, daß diese Exportquote die niedrigste in Deutschland ist. Im Gegensatz dazu weisen das Bundesamt für Statistik und das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt in allen anderen Bundesländern - auch in allen neuen Bundesländern eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung aus.
Das Land Sachsen-Anhalt hat noch im Jahr 1989 an der Warenausfuhr aller neuen Bundesländer einen Anteil von 30,6 % gehabt. Im Jahr 1998 waren es nur noch 16 %. Selbst das Land Mecklenburg-Vorpommern hat inzwischen einen höheren Exportanteil. Er liegt bei 14,9 %. Vergleichen wir uns mit unserem Nachbarland Sachsen; dort sind 22,3 % Exportanteil festzustellen. Der Durchschnitt der neuen Bundesländer liegt bei 17,8 % und der der alten Bundesländer bei 34,9 %.
Die Industrie ist besonders wichtig, wenn man sich die Exportquote anschaut, weil hiervon weitere Impulse für industrienahe Dienstleistungen ausgehen, die an Bedeutung zunehmen. Schauen wir uns die Exportsteige
rung insgesamt bzw. die Entwicklung der Industrie in den neuen Bundesländern an und vergleichen sie mit der Entwicklung in Sachsen-Anhalt.
Die Industrie des Landes Brandenburg konnte seit 1991 eine Steigerung ihrer Exportumsätze um 138,2 % verzeichnen. Selbst Thüringen verzeichnet einen Zuwachs von 100 % gegenüber dem Jahr 1991. Sachsen-Anhalt liegt mit Stand 1998 um 12 % unter dem Niveau von 1991. Dies kann uns nicht kalt lassen. Ich denke, das muß höchster Anlaß dafür sein, die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, zu überprüfen.
Ohne Unterstützung der EU und des Bundes hätten wir nicht in einem solchen Maße Ansiedlungen in der Großchemie wie Bayer, Dow, Elf und andere. Wenn wir die herausrechnen, ist der Export unserer Wirtschaft statistisch kaum noch wahrnehmbar. Sachsen-Anhalts Anteil am Gesamtaußenhandelsumsatz Deutschlands beträgt nur noch 0,5 %.
Die Exporte Sachsen-Anhalts sind vor allem materialund kapitalintensiv. Das liegt natürlich daran, daß die Großchemie einen riesigen Anteil daran hat. Das bedeutet aber auch, daß wir ein Problem mit den Wirtschaftsstrukturen haben. Die Wirtschaftsstrukturen in Sachsen-Anhalt sind kleinteilig. Schauen wir uns den Export an. Es gibt ganze 360 exportierende Unternehmen in Sachsen-Anhalt, die 20 oder mehr Mitarbeiter haben.
Wir müssen uns nunmehr die Frage stellen, wieso wir, insbesondere in den letzten fünf, sechs Jahren, bei fast allen Wirtschaftsdaten eine so negative Entwicklung zu verzeichnen haben, daß man, wenn man sie grafisch darstellt, einen Knick nach unten feststellen kann. Wir müssen uns die Frage stellen, wieso wir uns von der Entwicklung unserer Nachbarländer Sachsen, Thüringen oder Brandenburg abkoppeln.
Wenn wir auf dem Arbeitsmarkt eine Kehrtwende erreichen wollen - das ist das Ziel wohl aller in diesem Hause -, können wir die Exportwirtschaft nicht weiter vernachlässigen. Wir haben gar nicht so schlechte Aussichten und Chancen. Die Stärke des US-Dollars und die Schwäche des Euros sind eine Chance, die andere Bundesländer - damit ist die Wirtschaft in diesen Bundesländern gemeint - genutzt haben.
Wenn wir unsere Wirtschaft anschauen und uns fragen, woran es denn liegt, daß die Exportquote und der Anteil am arbeitsplatzschaffenden Potential so gering sind, dann werden wir feststellen, daß es eine Vielzahl von Ursachen gibt, die aber in der Bewertung der Unternehmen in den Bundesländern völlig anders dargestellt werden. Dazu gehört die Kapitalschwäche, die überall festzustellen ist. Aber es sind auch Dinge, die nicht mit viel Geld aus dem Landeshaushalt zu tun haben, die aber abgestellt werden können.
Im Jahr 2000 ist nach wie vor festzustellen, daß es große Defizite beim Know-how, in bezug auf das Wissen, auf die Exporterfahrungen gibt. Es mangelt zum Teil am Absatzmarketing. Es ist immer häufiger festzustellen, daß der Mangel an qualifiziertem Fachpersonal mit ausreichenden Fremdsprachenkenntnissen und Vertriebserfahrungen beklagt wird. Aber auch die Nachbearbeitung von Auslandsmessen, deren Besuch wir fördern, ist oft unzureichend.
Wenn wir bei diesem Punkt ankommen, sind wir wieder am Anfang der Industrie- und der Wirtschaftsstrukturen, bei der Unternehmensgröße. Denn ein Unternehmen mit 20 oder weniger Mitarbeitern, das sich um Export
chancen bemüht, hat viel weniger Potential, eine Messe nachzubereiten und aus dem, was dort angebahnt wurde, Aufträge und somit Arbeit entstehen zu lassen.
Die CDU-Fraktion möchte mit ihrem Antrag erreichen, daß sich der Ausschuß für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten mit diesem Thema befaßt. Wir halten es für dringend geboten, daß wir eine Analyse der Entwicklung der Exportwirtschaft Sachsen-Anhalts sowie aller Maßnahmen, aller Förderprogramme in Sachsen-Anhalt vornehmen und im Ergebnis dessen zu Maßnahmen kommen, die uns weiterhelfen. Wir müssen feststellen, warum wir eine solche negative Entwicklung genommen haben, die uns von anderen Bundesländern abkoppelt. Ich bitte deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Noch eine Bemerkung zum Antrag der SPD-Fraktion. Sie haben einen Änderungsantrag eingebracht. Wir glauben nicht, daß es wirklich zielführend ist, Ihrem Änderungsantrag zuzustimmen.
Er beinhaltet im wesentlichen zwei Punkte. Zum einen führt er zu einer Verwässerung unseres Anliegens, welches in unserem Antrag viel besser und konzentrierter formuliert ist. Zum anderen ist Ihr Punkt 1 eine Grußadresse an die Landesregierung. Das kann Ihnen wahrscheinlich helfen; uns insgesamt bringt es keinen Schritt weiter. Deshalb können wir auf Ihren Antrag verzichten.
Danke für die Einbringung, Herr Kollege. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Die Beiträge erfolgen in der Reihenfolge SPD, DVU, PDS und CDU. Als erstem erteile ich für die Landesregierung Minister Herrn Gabriel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens. Herr Gürth, ich verstehe, daß Sie immer nur von sechs Jahren reden und nicht an das Chaos erinnern möchten, das die erste Landesregierung in diesem Land verursacht hat.