Protokoll der Sitzung vom 10.03.2000

In dieser Sitzung wurde auf Vorschlag unserer Fraktion das Landesarbeitsamt von Sachsen und Thüringen angehört. Es wurde beschlossen, auf der Grundlage der Selbstbefassung das Thema erneut auf die Tagesordnung zu setzen.

Mittelfristig wird sich aufgrund des drastischen Rückgangs der Geburtenzahlen, der sich Mitte dieses Jahrzehnts in Form des Fehlens von Lehrlingen dramatisch auf die Ausbildungssituation in Deutschland auswirken wird, allerdings eine andere Situation ergeben. Dieses demographische Ergebnis werden die Bundes- und die Landesregierung sicherlich auch als Erfolg ihrer Ausbildungspolitik reklamieren.

Herr Abgeordneter Schulze, die Redezeit ist abgelaufen. Sind Sie bereit, eine Frage zunächst von der Abgeordneten Frau Krause zu beantworten?

Erstens. Herr Schulze, stimmen Sie mir darin zu, daß in den letzten Jahren, solange das Bündnis für Arbeit existiert, vor allen Dingen die großen Wirtschaftsunternehmen Versprechungen hinsichtlich der Schaffung von Plätzen in der betrieblichen Ausbildung gemacht haben? Für 1999 beliefen sich diese zum Beispiel auf 16 000 Plätze.

Zweitens. Können Sie bestätigen, daß diese Zusagen der Wirtschaft bisher in keiner Weise realisiert wurden und sich damit vor allen Dingen die großen Wirtschaftsbetriebe aus der betrieblichen Ausbildung zurückziehen? Ich denke nur daran, daß diese für das Jahr 1999 nur 6 000 Plätze geschaffen haben.

Drittens. Welche Lösungsmöglichkeiten bieten Sie jungen Leuten an, wenn sich diejenigen, die für die betriebliche Ausbildung verantwortlich sind, zunehmend dieser Verantwortung entziehen?

Zu der ersten Frage. Frau Kollegin, die CDU-Fraktion war schon immer der Meinung, daß der Mittelstand der tragende Pfeiler der Wirtschaft und insbesondere des Ausbildungsbereiches ist - der Mittelstand hat bei uns im Land arge Probleme - und daß es besonders wichtig ist, den Mittelstand zu fördern;

(Zuruf von Frau Krause, PDS)

denn er verfügt vergleichsweise über die meisten Ausbildungsplätze. Eine Ursache dafür, daß sich der Mittelstand aus diesem Bereich zurückzieht, liegt darin, daß die wirtschaftliche Situation in diesem Land dramatisch ist.

Wie lautete die zweite Frage?

(Frau Krause, PDS: Ob sich die Großbetriebe zunehmend zurückziehen!)

- Soweit ich das beurteilen kann, jedenfalls für den Bereich, den ich als Abgeordneter vertrete,

(Herr Reck, SPD: Sachsen-Anhalt!)

- Landkreis Bitterfeld, Herr Kollege

(Herr Reck, SPD: Danke schön!)

ist es so, daß sich die dort angesiedelten Betriebe nach und nach ihrer Verantwortung für die Ausbildung bewußt werden. Frau Kollegin, ich weiß auch, daß es bei uns im Berufsausbildungszentrum Wolfen/Bitterfeld auch im Hinblick auf die Verbundausbildung gute Ansätze gibt.

Ich kann jedoch nicht die Ausnahme, die Übergangsregelung verstetigen, wobei ich grundsätzlich sagen muß: Es sind die Tarifpartner dafür verantwortlich; hauptsächlich ist die Wirtschaft dafür verantwortlich, für ihren eigenen Nachwuchs, der bei ihr später arbeitet, zu sorgen.

Möchten Sie noch eine Frage -

Es ist noch eine Frage unbeantwortet. Es wurde auch über die Nachfrage nach Nachwuchskräften im IT-Be

reich diskutiert. Auch ich frage mich, warum man sich, wenn für diesen Bereich 40 000 Leute gesucht werden, nicht in Deutschland zusammenfinden kann und versuchen kann, das geregelt zu bekommen - ich nenne den Arbeitsmarkt, das Bündnis für Arbeit -,

(Unruhe bei der PDS - Zurufe von Frau Linde- mann, SPD, von Frau Fischer, Leuna, SPD, und von Herrn Dr. Süß, PDS)

um diese Ausbildung auf den Weg zu bringen. Es ist für mich die Frage, warum man das hier nicht schafft.

(Zustimmung bei der CDU und von Frau Hel- mecke, FDVP - Unruhe bei der SPD und bei der PDS)

Ich frage: Erwartet noch jemand eine Antwort auf eine noch zu stellende Frage?

(Frau Stolfa, PDS, winkt ab)

Machen wir es nicht jetzt. Ich stehe jederzeit für Nachfragen zur Verfügung, Frau Stolfa, Herr Dr. Süß. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Sehr schön! - Unruhe)

Für die DVU-FL-Fraktion wurde eine Redebeitrag nicht angemeldet.

(Unruhe bei der FDVP)

Es spricht dann für die SPD-Fraktion die Abgeordnete Frau Fischer. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schulze, es ist leicht, über ein Programm zu meckern, das die Bundesregierung aufgelegt hat, um endlich zu versuchen, den hohen Sockel, der sich im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit über Jahre angesammelt hat, abzubauen.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Wenn Sie jetzt sagen, es fehlten die Nachwuchskräfte in bestimmten Bereichen,

(Zustimmung von Frau Krause, PDS)

dann ist es natürlich auch ein Verschulden aus vielen vergangenen Jahren. Man kann das doch nicht denen in die Schuhe schieben, die jetzt regieren.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Herr Dr. Daehre, CDU: Wollen Sie das nicht be- greifen? - Zurufe von Frau Stange, CDU, und von Herrn Schulze, CDU - Zurufe von der SPD - Un- ruhe)

Die Arbeitslosigkeit und speziell die Jugendarbeitslosigkeit ist für die SPD und auch für unsere Fraktion nach wie vor ein großes Problem. Wir sind froh darüber und stolz darauf, daß die Bundesregierung als eines der

ersten Dinge, die sie angefaßt hat, gesagt hat: Wir wollen etwas gegen diesen hohen Sockel der Jugendarbeitslosigkeit tun.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Stolfa, PDS, und von der Regierungsbank)

Daß dabei manche Programme, die jetzt von der Bundesregierung angeregt worden sind und über die Arbeitsverwaltungen geregelt werden, mit unseren Landesprogrammen kollidieren und sich mit ihnen nicht so recht vertragen, ist darauf zurückzuführen, daß wir als Sachsen-Anhalter immer darauf geachtet haben, Landesprogramme aufzulegen, damit jeder Jugend-liche mit einem Ausbildungsplatz versorgt wird.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank)

Ich denke, darüber sollte man jetzt nicht klagen. Man sollte vielmehr sehen, daß man das vernünftig regeln kann.

Wir sind im Ausschuß dabei, über die Programme zu reden. Wir haben analysiert und wir analysieren weiter. Ich denke, das ist der richtige Weg. Es ist nicht angebracht, sich über dieses Programm zu beschweren und zu sagen: Dabei werden Millionen umsonst ausgegeben.

Ich denke, an jeder Stelle, an der Geld für die Jugend ausgegeben wird, ist es richtig, das Geld auszugeben.

(Zustimmung bei der SPD, bei der PDS und von der Regierungsbank - Zuruf von Frau Wiech- mann, FDVP)

Die Versprechungen der Wirtschaft, in ausreichendem Umfang Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze für junge Leute zur Verfügung zu stellen, hören wir bereits seit Jahren. Herr Schulze, ich weiß nicht, was Sie noch für andere Vorschläge bringen. Vielleicht kommen wir doch noch zu einer Ausbildungsabgabe, damit wir die Wirtschaft dazu zwingen können.

(Zustimmung bei der SPD, bei der PDS und von der Regierungsbank - Zurufe von der CDU)

Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht. Wir wollen die Berichterstattung und die Gespräche, die die PDS in ihrem Antrag gefordert hat, sehr wohl. Das ist der erste Punkt unseres Änderungsantrags.

Da die Bundesregierung nicht immer wieder Sonderprogramme auflegen kann, muß man sehen, wie die Ergebnisse der Sonderprogramme in die Instrumente der Bundesanstalt, das SGB III, eingearbeitet werden können. Deshalb haben wir einen zweiten Punkt in unserem Änderungsantrag aufgeführt. Ich denke, das ist quasi eine Fortschreibung des Antrags der PDS, um nach der Analyse dieser beiden Programme zu einem Ergebnis zu kommen und zu sehen, was in ein neues SGB III aufgenommen werden soll. - Ich bitte darum, dem Änderungsantrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung von der Regierungsbank)