Protokoll der Sitzung vom 07.04.2000

(Heiterkeit)

Machen Sie sich auf etwas gefaßt. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde versuchen, diesem hohen Anspruch gerecht zu werden.

(Herr Schomburg, CDU: Was ist mit Herrn Dr. So- betzko?)

Herr Dr. Sobetzko, insofern bin ich Ihnen dafür dankbar, daß wenigstens Sie mich unterstützt haben.

(Heiterkeit - Zuruf von Herrn Dr. Daehre, CDU)

Aber das ist ein guter Beleg für die Frauenquote gepaart mit Fachkompetenz bei einem zukunftsträchtigen Thema.

Herr Dr. Sobetzko, Sie haben von Versachlichung gesprochen. Zunächst eine Klarstellung: Wir denken nicht darüber nach, für Sachsen-Anhalt eine geson- derte Greencard über den Bund zu entwickeln.

Im übrigen mache ich mir - es ehrt Sie - nicht so viele Sorgen über die Entwicklung in Niedersachsen. Ich treffe übrigens am Wochenende meinen Namensvetter. Wir werden dann natürlich auch über neue Technologien sprechen.

Ich möchte aber eines ganz klar sagen: Der jetzige Bundeskanzler steht für neue Technologien. Ich will nur die D21-Initiative nennen, bei der übrigens die gleichen Akteure die Hauptfiguren sind, mit denen auch wir zusammenarbeiten, zum Beispiel Herr Levy von Cisco Systems oder Herr Staudt von IBM. Ich will nicht alle aufzählen; denn wir haben eine sehr umfangreiche Kooperation mit zukunftsträchtigen Unternehmen.

Wenn Sie von Schnellschlüssen sprechen, dann sage ich Ihnen: Das sind gut plazierte Schnellschüsse. Diese sind mir lieber als ein Zuspätkommen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Minister- präsident Herrn Dr. Höppner)

Wenn Sie von Anbiederung an die Wirtschaft reden, dann sage ich: Ich verstehe, daß Sie eine so wirtschaftsfreundliche Politik, wie sie der Bund zur Zeit betreibt, mit Neid erfüllt. Das verstehe ich.

(Beifall bei der SPD - Herr Dr. Daehre, CDU, lacht - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Weiterhin haben Sie von der geringen technologischen Leistungsfähigkeit unserer Unternehmen gesprochen. Die Struktur ist noch zu dünn, weil wir auf diesem Gebiet eine zu kurze Geschichte haben.

(Herr Dr. Sobetzko, CDU, hält eine Broschüre hoch)

- Auch darüber können wir gern reden, Herr Dr. Sobetzko. Sie dürfen das, was darin steht, nicht mißver- stehen.

(Herr Schomburg, CDU: Sie haben Verantwor- tung für die Menschen hier und nicht für die Un- ternehmen!)

Aber das wird den tatsächlichen Leistungen dieser Unternehmen nicht gerecht. Ich war auf der Cebit und auf der Hannover-Messe

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

und konnte mich davon überzeugen, wie leistungsfähig die Unternehmen auch aufgrund der Nutzung modernster Technologien sind, im übrigen auch in Bereichen, denen man die Überschrift Technologie zunächst nicht zuschreibt.

Im übrigen nehme ich den Bedarf an Fachkräften nicht nur im IT-Bereich schon länger wahr. Die Entwicklung hin zu Wachstum und neuen Technologien ist, wenn man sich wirklich mit den Unternehmen befaßt, schon seit längerer Zeit abzusehen.

Aber zu den wichtigsten Punkten. Natürlich geht es darum, auszubilden, weiterzubilden und zu prüfen: Besteht dann noch immer eine Lücke? Ist ein Anwerben erforderlich? Brauchen wir eine Greencard?

Zunächst zum Stichwort Ausbildung. Die öffentlichen Angebote sind sehr gut. Deswegen haben wir auch die Abwanderung von Fachkräften zu verzeichnen; denn diese sind exzellent ausgebildet.

Jetzt geht es darum, daß das nicht nur eine Einbahnstraße ist. Wenn wir gute Fachkräfte ausbilden, die anderswo in der Welt zum Einsatz kommen, muß es im Zeitalter der Globalisierung normal und erlaubt sein, sich für gute Fachkräfte aus dem Ausland zu öffnen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Minister- präsident Herrn Dr. Höppner)

Die sehr guten öffentlichen Angebote, vor allen Dingen die Studiengänge werden nicht voll genutzt. Das bereitet mir ein wenig Kummer. Man muß vor allen Dingen an die jungen Leute appellieren, daß sie nicht nur mit dem Handy herumlaufen, Videos schauen und am Computer sitzen, sondern daß sie erkennen, daß sie über diese Trends, die sie selbst mitbestimmen, darüber entscheiden, wo die Märkte, die Arbeitsmärkte der Zukunft lie

gen. Wenn sie sich darauf beruflich konzentrieren, dann haben sie für die Zukunft keine Sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Stichwort Weiterbildung. Wir haben im vergangenen Jahr mit Microsoft eine Vereinbarung geschlossen, aufgrund deren 500 Systemingenieure in jeweils 1 000 Stunden ausgebildet werden. Wir haben mit Cisco Systems eine Bildungsinitiative „Networking“ gestartet, in der es vor allen Dingen um Schulen und Hochschulen geht und in der unter anderem 30 Lehrer zu CiscoTrainern ausgebildet werden. Unsere Info-Regio hat im Sommer 1999 eine Jobbörse aufgelegt, die im übrigen über eigene Umfragen zu etwas anderen Ergebnissen als die Arbeitsverwaltung gekommen ist. Ich will damit sagen, daß nicht alles über die Arbeitsverwaltung läuft, was sich auf diesem Sektor tut.

Die Bemühungen der Landesregierung sind klar. Man muß aber eines sagen: Über die öffentlichen Aktivitäten muß man immer diskutieren, man muß sie anpassen. Das ist eine sehr dynamische Entwicklung in dieser Branche. Nichts, was heute richtig ist, hat über viele Monate starren Bestand. Von daher kann man sich auf eine frische Diskussion zu diesem Thema freuen.

Hierbei ist vor allen Dingen die Wirtschaft gefordert, jeden Beitrag zu leisten und ihre Möglichkeiten zu nutzen. Die Wirtschaft sollte nicht nur Wachstumsraten hinlegen und teilweise, wie man auf den Messen sehen konnte, die Belegschaft verdoppeln, sondern sie sollte auch die Ausbildungsplätze verdoppeln, um damit eine wichtige Voraussetzung zu schaffen, dieser Technologie weiter zum Durchbruch zu verhelfen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Frau Schnirch, CDU)

Herr Minister, würden Sie eine Frage von Herrn Gürth beantworten?

Ich möchte zuerst meine Rede im Zusammenhang beenden. Dann bin ich selbstverständlich bereit, eine Frage zu beantworten.

Wir hatten die Maschinenbaukonferenz, die im übrigen ein großer Erfolg war. 100 % der Unternehmen haben darum gebeten, eine solche Veranstaltung in zwei Jahren zu wiederholen. Das ist das Raster für diese Veranstaltungsreihe. Dabei ist die Diskussion auf Fachkräfte für andere Bereiche ausgedehnt worden. Darüber wird zu reden sein.

Meine Damen und Herren! Wir leben in einer globalisierten Wissensgesellschaft. Know-how-Transfer ins Ausland ist gut. Ausgebildete Fachkräfte gehen ins Ausland. Aber das darf keine Einbahnstraße sein. Wir leben in dieser globalen Gesellschaft. Wir leben nicht mehr in einem abgeschotteten RGW-System.

Deswegen ist es heutzutage normal und zeitgemäß, sich in dieser Weise zu öffnen. Eine Greencard - über Details wird noch zu reden sein - ist nicht zu kurz gesprungen, sondern ist der zeitgemäße, richtige Ansatz, die Wirtschaftskraft vor allem in Ostdeutschland weiterzuentwickeln.

Jeder von Ausländern in diesem Bereich besetzte Arbeitsplatz schafft zusätzliche Arbeitsplätze und nimmt

keine weg. Es wäre niemandem geholfen, wenn die Leistungen, die sowieso in Anspruch genommen werden, im Ausland erbracht würden. Sie müssen hier erbracht werden. Sie müssen hier für Wertschöpfung und Beschäftigung sorgen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Minister- präsident Herrn Dr. Höppner)

Das war mein Beitrag. Ich bin jetzt für die Frage offen.

Herr Gürth, bitte.

Herr Minister, Sie haben einen sehr leidenschaftlichen Vortrag gehalten. Ich habe dazu zwei wichtige Fragen und würde mich freuen, wenn Sie diese beantworten könnten.

Erstens. Es ist so, daß neben der IT-Branche, der Informationstechnologie, jetzt auch in anderen Branchen Expertenbedarf angemeldet wird. Wie gehen Sie vor diesem Hintergrund mit dem Paradigmenwechsel in der Ausländerpolitik um?

Wir müssen die Frage beantworten, warum man jetzt in der Ausländerpolitik eine Einteilung in Klassen vornimmt. Da sind zum einen Computerexperten aus Indien - sie können auch woanders herkommen -, die man gern einlädt, weil man sie braucht, und zum anderen ist da zum Beispiel der Tischlermeister aus Afghanistan, der vor den Toren Deutschlands stehen bleiben muß. Ich sage das nicht polemisch; das ist eine wichtige Diskussion. Deshalb meine Frage: Wie gehen Sie mit dieser Diskussion um?

Zweitens. Wie beurteilen Sie den vom Bundeskanzler gemachten Vorschlag, mit dieser Greencard zunächst befristet für drei oder fünf Jahre Experten aus der IT-Branche nach Deutschland zu holen? Sehen Sie nicht, daß darin ein riesiges Problem liegt? Was passiert nach diesen drei Jahren? Wenn der Computerexperte hierher kommt, wird er seine Familie mitbringen.

(Unruhe bei der SPD)

Er hat inzwischen Insiderwissen über die Firma. Er würde dieses Insiderwissen zur Konkurrenz mitnehmen. Wie beurteilen Sie diese Befristung? Müßte man nicht, wenn man das zuläßt, die Befristung aufheben?

Zunächst zu diesem Ausländerthema. Das ist ein Thema, das wir auch nicht ansatzweise in diesem Rahmen vernünftig diskutieren können. Eines ist Fakt: Deutschland zeichnet sich schon dadurch aus, daß es sich daran beteiligt, die Not von Menschen zu lindern, die in ihrer Heimat nicht zurechtkommen. Das ist ein Thema, über das schon oft gesprochen worden ist.

(Zuruf von Herrn Büchner, DVU-FL)