deren Durchführung aber finanziert sein will. Kommunalpolitische Handlungsspielräume sind daher untrennbar mit der Existenz einer starken Kommunalwirtschaft verbunden.
Meine Damen und Herren! Die heute von der Landesregierung als Paket vorgelegten Gesetzentwürfe sind ein richtiger Schritt zur Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen für kostengünstigere kommunale Dienstleistungen in einem sich wandelnden Markt. Insbesondere die Stadtwerke - hier kommt das Stichwort, auf das Sie sicherlich auch schon gewartet haben - müssen sich dem aus der Liberalisierung resultierenden Wettbewerb stellen und sie wollen dies auch tun. Der Wettbewerb darf aber - das sagte bereits die Frau Ministerin - keine Einbahnstraße zu Lasten der Kommunen bzw. der Stadtwerke werden.
Diese Grundintention hat der Gesetzentwurf aufgenommen. Er beinhaltet zum Beispiel die Lockerung des Örtlichkeitsprinzips, das heißt, insbesondere den Stadtwerken wird gestattet - das ist von Ihrer Seite kritisiert worden -, ihren Strom auch außerhalb des Gemeindegebietes zu verkaufen. Hierdurch werden die Chancen der kommunalen Unternehmen im Wettbewerb verbessert.
Sie haben gesagt, daß es das in den Stadtwerken in Sachsen-Anhalt nicht gibt. Diesbezüglich möchte ich Sie korrigieren. Halle hat eine eigene Energieerzeugung, und zwar eine der modernsten, die es gibt.
Des weiteren wird im Interesse der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung von einer Genehmigungspflicht gemeindlicher Entscheidungen zur wirtschaftlichen Betätigung abgesehen. Ausgenommen ist die Aufnahme einer wirtschaftlichen Betätigung im Ausland. Ich denke, der vorgeschlagene Abarbeitungskatalog ist ein profundes Mittel.
Auf der anderen Seite möchte ich daran erinnern: Das Know-how unserer modernen Stadtwerke ist zunehmend im osteuropäischen Raum und auch in den Ländern der Dritten Welt gefragt. Im Zuge der Arbeit der Stadtwerke in diesen Ländern gibt es schon eine ganze Anzahl kleiner und mittlerer Betriebe, die daraus ihren Nutzen ziehen und Arbeitsplätze schaffen können.
Schließlich - ich will diesen Aspekt des Gesetzentwurfs ausdrücklich betonen - wird mit dem Angebot der Anstalt des öffentlichen Rechts den Gemeinden eine neue attraktive Unternehmensform als Instrumentarium für ihre Betätigung außerhalb der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung stehen.
Ich betone noch einmal: Der Gesetzentwurf bezweckt aber richtigerweise keine grenzenlose Liberalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts. Zum einen geht er ord
nungspolitisch zutreffend von dem Grundsatz des Vorrangs der Privatwirtschaft vor der kommunalen Wirtschaft aus. Dort, wo Private etwas besser erledigen, sollen sie dies auch tun können. Ich kann Sie im Prinzip nur zitieren: Wir wollen nicht die Wiedereinführung von flächendeckenden VEB durch die Hintertür.
Weiterhin schafft der Gesetzentwurf Transparenz sowie eine bessere Kontrolle und Steuerung durch den Gemeinderat, indem zwingende Offenlegungspflichten von Unternehmensdaten und die Einrichtung einer Beteiligungsverwaltung ab einer bestimmten Größe der Beteiligungen vorgeschrieben werden. Die Einwohner sollen berechtigt sein, die Übersicht über die Beteiligungen der Gemeinde einzusehen. Diese Zuwächse an Transparenz stärken die kommunale Selbstverwaltung, meine Damen und Herren.
Die SPD-Fraktion hat natürlich - wie alle anderen Fraktionen auch - das Gespräch mit den betroffenen Interessengruppen gesucht. Teile der Privatwirtschaft - ich sage: nicht alle, aber Teile der Privatwirtschaft - sehen eine Art Konkurrenz zu der kommunalen Wirtschaft und befürworten daher eine möglichst restriktive Gestaltung des Gemeindewirtschaftsrechts. Es werden Auffassungen geäußert wie zum Beispiel, die kommunale Tätigkeit solle sich ausschließlich auf Erziehung, Bildung, Kultur, Sport und Erholung, die Deckung des Eigenbedarfs sowie auf die Sozial- und Jugendhilfe beschränken.
Die Vertreter der kommunalen Wirtschaft - das ist sicherlich auch bei mir deutlich geworden; ich beken- ne mich als Aufsichtsratsmitglied eines großen städtischen Unternehmens dazu - hätten sich eine weitergehende Liberalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts gewünscht.
Herr Kollege Koehn, Ihre Redezeit ist bereits deutlich überschritten. Ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen.
Ich komme zum Schluß. - Wir als SPD-Fraktion stimmen deshalb der Bitte der Ministerin zu und beantragen die Überweisung in den Wirtschaftsausschuß und in den Ausschuß für Inneres. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die vorliegenden Gesetzentwürfe lassen das Bemühen der Landesregierung erkennen, mit einer weiteren Ausgestaltung des rechtlichen Rahmens auf die sich drastisch verändernden Rahmenbedingungen für die kommunale Wirtschaftstätigkeit zu reagieren. Ich spreche bewußt von dem Bemühen. Denn ganz gleich wie ausgefeilt das Gesetz nach der parlamentarischen Beratung auch sein mag, werden sich auch in Zukunft die
Bedingungen in den Bereichen der kommunalen Wirtschaftstätigkeit so rasant verändern, daß die klassische Realisierung kommunaler Wirtschaftstätigkeit künftig nicht mehr in diesem Rahmen zu verwirklichen sein wird.
In ganz besonderer Weise betrifft dies die Stadtwerke. Das haben alle Vorredner bereits angesprochen. Wir wissen: Bundesweit sind es ca. 500 Stadtwerke, in Sachsen-Anhalt sind es 22. Bundesweit sind in diesem Bereich 40 000 Menschen beschäftigt.
Da der Bund im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern auf eine schrittweise Angleichung an das europäische Recht verzichtet hat, wurden die Betriebe der Energiewirtschaft quasi über Nacht auf den freien Markt entlassen. Andere Bereiche werden folgen oder sind bereits gefolgt. Ein Eckpfeiler kommunaler Selbstverwaltung droht substantiell ausgehöhlt zu werden.
Insofern schätzt die PDS die Lage etwas kritischer ein, als dies seitens der Landesregierung in der Begründung zum Gesetzentwurf formuliert wurde. Insgesamt gesehen - das meinen wir über den Gesetzentwurf hinausgehend -, wird es erforderlich sein, den Begriff der kommunalen Daseinsvorsorge neu zu definieren und gleichzeitig mit dem europäischen Recht in Übereinstimmung zu bringen. Die PDS ist sich der Tatsache bewußt, daß wir landesrechtlich nur den Versuch kosmetischer Korrekturen unternehmen können. Aber das sollten wir dann auch tun. Aufgrund dieses Ansinnens stimmen wir selbstverständlich der Überweisung zu.
In dem nunmehr vorgelegten Gesetzentwurf wird das Ergebnis des nahezu einjährigen Diskussionsprozes- ses seit der Vorlage des Referentenentwurfes deutlich. Die hauptsächliche Kritik an dem damaligen Entwurf bestand darin, daß mit den vorgeschlagenen Regelungen bezüglich der bereits liberalisierten Bereiche nicht weit genug reichende Regelungen für die von der Liberalisierung derzeit und absehbar nicht betroffenen Bereiche getroffen worden seien. Dazu sind vom Städte- und Gemeindebund und vom Verband der kommunalen Unternehmen Formulierungsvorschläge unterbreitet worden, die nunmehr teilweise in die einzelnen Paragraphen eingeflossen sind und über die wir noch diskutieren werden.
Bevor ich auf einige wenige Regelungen direkt eingehe, gestatten Sie mir bitte noch ein paar Bemerkungen zu dem hier schon angesprochenen Konfliktfeld zwischen der kommunalen Wirtschaft und der Privatwirtschaft.
Die PDS-Fraktion erkennt die Sorge der Privatwirtschaft und natürlich in ganz besonderer Weise die Sorge der mittelständischen Unternehmen an, wie sie in ihren Stellungnahmen und in den bis heute schon zahlreich geführten Diskussionen zum Ausdruck kommt. Diese befürchten eine verschärfte Konkurrenzsituation durch die Verabschiedung des Gesetzes.
Dieser Konflikt ist jedoch nicht neu. Aber auf jede weitere Veränderung wird natürlich ausgesprochen sensibel reagiert. Wer kann das angesichts der Marktsituation und der vielen Insolvenzen nicht nachvollziehen?
Verschärft wird die Situation zweifelsohne - auch das ist angesprochen worden - durch die immer knapper werdenden Kassen der Kommunen, vor allem angesichts der Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge.
Wir sollten die parlamentarische Beratungsphase auch zum Anlaß nehmen, dieses Spannungsverhältnis zwischen Privat- und Kommunalwirtschaft auszuloten.
Die in der Bundesrepublik schon vor dem Inkrafttreten der Regelungen so zahlreichen Rechtsstreitigkeiten auf diesem Gebiet lassen unserer Auffassung nach die eigentlichen Konfliktlinien erkennen. Sie berühren die durch den Gesetzentwurf betroffenen Bereiche nur ekundär.
Im Rahmen der Beratung wird sicherlich § 116 im Hinblick auf das Aufweichen des Örtlichkeitsprinzips sowie die Differenziertheit der Wirtschaftstätigkeit und der Wirtschaftsfelder eine ganz besondere Rolle spielen. Wir stehen für diese Diskussionen bereit und begrüßen es, daß die Landesregierung keine kommunalen Kombinate wiedereinrichten will. Wir sind sehr zufrieden damit, daß die bayerischen und die nordrhein-westfälischen kommunalen Kombinate ganz gut funktionieren. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vergegenwärtigen wir uns zunächst die Beteiligung der Gemeinden am Wirtschaftsleben im Land und entscheiden erst danach, ob für die Umsetzung des Gesetzentwurfs der Landesregierung überhaupt noch Bedarf besteht.
Die Gemeinde wird nicht nur im hoheitlichen Bereich tätig; sie beteiligt sich vielmehr in zunehmendem Maße auch am allgemeinen Wirtschaftsleben. Zur Verhinderung der damit verbundenen Gefahren für das Gemeinwohl und gegebenenfalls für konkurrierende private Anbieter ist die Gemeinde auch hierbei öffentlichrechtlichen Bedingungen unterworfen.
Dabei, meine Damen und Herren, ist zu unterscheiden zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Unternehmen, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften errichtet werden, und zwischen der wirtschaftlichen Betätigung in einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform und der Gründung bzw. Beteiligung in Privatrechtsform. Damit können Unternehmen von der Organisationsform her öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich betrieben werden. Zwischen beiden und den jeweils möglichen Organisationsformen im einzelnen hat die Kommune ein Wahlrecht.
Erlauben Sie mir einige Worte zu der öffentlich-rechtlichen Organisationsform. Als Regiebetrieb bezeichnet man die wirtschaftliche Betätigung, die ohne organisatorische Selbständigkeit von einer Abteilung der Kommunalverwaltung mit erledigt wird.
Eigenbetriebe sind wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde ohne Rechtspersönlichkeit. Sie sind jedoch wirtschaftlich und organisatorisch verselbständigt.
Rechtlich selbständige öffentlich-rechtliche Organisationsformen sind vor allem die rechtsfähigen Anstalten, wie zum Beispiel die Sparkassen.
Eine privatrechtliche Organisationsform wird in der Praxis insbesondere für Verkehrs- und Versorgungs- betriebe gewählt.
Soweit die Gemeinde an diesen Gesellschaften die Anteilsmehrheit innehat, spricht man von kommunalen Eigengesellschaften. Sie sind selbständige juristische
Personen des Privatrechts. Sind Privatpersonen an diesen Gesellschaften beteiligt, liegt ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen vor. Solche übergreifenden Unternehmen, an denen zudem auch Private beteiligt sind, sind vor allem die großen Elektrizitätsversorgungsunternehmen.
Eine Gemeinde darf nur unter der Maßgabe des § 116 der Gemeindeordnung wirtschaftliche Unternehmen errichten, übernehmen, unterhalten oder wesentlich erweitern. Es gilt die Subsidiaritätsklausel.
Aus der Wirtschafts- und Organisationsform ergibt sich, daß nach geltender Rechtslage den Belangen der Gemeinde hinreichend Rechnung getragen wird. Was, meine Damen und Herren, reitet also die Landesregierung, an diesen Grundfesten der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden zu rütteln?
Erklärt wird uns das mit einer vorsichtigen Liberalisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts und mit weiteren Besonderheiten der kommunalen Selbstverwaltung. Beides ist vordergründig und wird von nahezu allen Angehörten übereinstimmend abgelehnt.
Meine Damen und Herren! Es geht der Landesregierung doch gar nicht darum, ein hohes Ziel erreichen zu wollen und zu können, sondern darum, den Gemeinden den freien Wirtschaftsablauf zu eröffnen, damit die Finanzausgleichsmittel, die das Land den Gemeinden gewährt, zurückgeführt werden können. Das angebliche hohe Ziel der Landesregierung im Interesse der Gemeinden ist damit nicht mehr und nicht weniger als ein einfaches Rechenexempel, bei dem die Gemeinden finanziell auf sich selbst gestellt werden und das Land finanziell ent- lastet wird.
Meine Damen und Herren! Niemand weiß besser als die Landesregierung, daß die Kommunen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung gegenüber der freien Wirtschaft die Vorteile nutzen und natürlich auch zu nutzen wissen. Ihnen eine weitergehende Überlegenheit gegenüber der Privatwirtschaft einzuräumen, ist nahezu grotesk; denn die Zeche, meine Damen und Herren, zahlen die kleinen Unternehmen. Die großen Unternehmen sind ohnehin schon fester Bestandteil der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden.
Geradezu unerträglich ist die Vorgabe der Landesregierung, künftig Unternehmen in Form von Anstalten des öffentlichen Rechts zuzulassen. Deutlicher kann die Überprivilegierung der öffentlichen Hand nicht werden. Das gilt um so mehr, als die Anstalten des öffentlichen Rechts uneingeschränkt das öffentliche Repressionsrecht einsetzen können und quasi am Gewaltmonopol des Staates partizipieren.