Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Die Debatte erfolgt in der Reihenfolge FDVP, SPD, CDU, - DVU-FL verzichtet - PDS. Bitte, Frau Wiechmann, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS bekämpft den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt, und sie fordert im Gegenzug Maßnahmen zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit. Deutlicher können Widersprüchlichkeiten unseres Erachtens nicht vorgetragen werden.
Denn entweder geht es um die Erhöhung der öffentlichen Sicherheit; dann müßte die PDS zugunsten der Sicherheit des Bürgers dem zu ändernden Polizeirecht in der Ursprungsfassung zustimmen. Oder es geht um die Privilegierung der Rechtsbrecher, und dann, meine Damen und Herren, macht ein solcher Antrag keinen Sinn.
Meine Damen und Herren! Aus welchen Quellen die PDS die sinkende Kriminalität ableitet und im Zusammenhang mit der Kriminalitätsbekämpfung steigende Aufklärungszahlen als gesichert einbringt, bedarf unseres Erachtens der Aufklärung. Fragen Sie einfach die Bürger in Sachsen-Anhalt. Aber konsequenterweise müßte, wenn es denn so wäre, die PDS bei den in den Raum gestellten Voraussetzungen den Planstellenkegel bei der Polizei reduzieren und nicht eine Erhöhung der Zahl der im Polizeivollzug eingesetzten Beamten fordern.
Meine Damen und Herren! Was hält die PDS zum Beispiel von der Tatsache, daß die sogenannte sinkende Kriminalität in der Weise herbeigeführt wird, daß man ganze Abschnitte aus dem Strafgesetzbuch streicht, das Nebenstrafrecht entblößt und somit die Kriminalität in der Öffentlichkeit und in der verborgenen Szene nicht mehr als solche erkennt?
Bewertet man, meine Damen und Herren, das Bild der PDS von der öffentlichen Sicherheit, dann maß man sich fragen, ob Anspruch und Wirklichkeit nur noch dem
Krankheitsbild eines an Schizophrenie Erkrankten entsprechen und ob die öffentliche Ordnung der PDS unbekannt ist. So wie die von der PDS vorgetragenen Inhalte an schwerwiegenden Fehlern leiden, sind auch ihre Fachtermini - ich hatte es vorhin auch schon einmal erwähnt - einfach falsch.
Informieren Sie sich bitte erst, meine Damen und Herren von der PDS, bevor Sie anfangen, etwas niederzuschreiben. Denn Kriminalitätsschwerpunkte gibt es nach den Grundbegriffen der Polizeidienstvorschrift 100 nicht. Die von Ihnen angemahnten Kriminalitätsschwerpunkte sind Kriminalitätsbrennpunkte. Es handelt sich hierbei um Stellen, an denen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung am stärksten bedroht wird und vordringlich polizeiliche Maßnahmen erforderlich sind. Und davon, meine Damen und Herren von der PDS, abzugrenzen sind die sogenannten Schwerpunkte, also die Stellen im Einsatzraum, an denen durch verstärkten Einsatz von Polizeikräften und Einsatzmitteln sowie durch Bereithalten der Reserven der entscheidende Erfolg angestrebt wird. Brennpunkte sind danach immer täterbezogen, während Schwerpunkte einsatzkräftebezogen sind.
Meine Damen und Herren von der PDS, auf die weitergehenden Punkte Ihres Antrages bezüglich der Maßnahmen zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit möchte ich nur noch kursorisch eingehen.
Auch das zweite Bemerken des Antrages ist ohne Substanz. Die PDS vermeidet die Vorlage eigener Lösungsmöglichkeiten zur Novellierung des Waffengesetzes, und sie beschränkt sich nur auf die Wiedergabe von Allgemeinplätzen. Der illegale Waffenerwerb ist damit ohnehin nicht einzudämmen. Fragen Sie einfach einmal bei den zuständigen Polizeibehörden nach. Sollten Sie aber bei Ihrem Antrag auf eine Novellierung des § 28 Abs. 4 des Waffengesetzes reflektieren, kann man dem zustimmen. Dann kann man das. Nach geltendem Recht kann man bei krimineller Neigung den nach § 28 Abs. 1 besitzkartenpflichtigen Waffenerwerb nach § 28 Abs. 4 Nr. 1 des Waffengesetzes tatsächlich unterlaufen.
Noch etwas dazu: Zum Teil als sehr kühn einzuordnen sind Ihre Folgeforderungen, denn Sie fordern geradezu das, was ich vorhin schon angesprochen habe, nämlich die Kriminalitätsbekämpfung durch Streichung von Tatbeständen aus dem Strafrecht zu betreiben.
Meine Damen und Herren von der PDS, für welche Delikte soll denn die geringfügige Schadenshöhe gelten und für welche nicht? So ist es nicht nur denkbar, sondern in der Praxis auch schon geschehen, daß bei einem Raubmord die Schadenshöhe nur 2 DM betrug.
Wollen Sie dann allen Ernstes den Mordtatbestand aus dem Strafrecht streichen lassen und dem Ordnungswidrigkeitsgesetz zuführen, und zwar nur deshalb, weil die Schadenshöhe als geringfügig einzustufen ist?
Auch bei der Forderung nach der Angleichung der Bezüge der Polizeibeamten, meine Damen und Herren der PDS, an das Westniveau sind Sie unseres Erachtens nicht auf dem laufenden. Die Rechtsprechung ist hier wesentlich weiter. Ich erinnere an Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Dresden und des Oberverwaltungsgerichtes Karlsruhe.
Gegen die Forderungen, die Arbeitsbedingungen für die Polizei zu verbessern und auch die baulichen Voraussetzungen zu schaffen, haben wir nichts einzuwenden;
diesen Forderungen stimmen wir zu. Allerdings wenden wir uns dabei gegen eine Umfunktionierung der Polizei in ein Sozialarbeitsprojekt.
Die in den Punkten 7 und 8 ausgewiesenen Forderungen, meine Damen und Herren, sind Pflichtübungen der PDS, bei denen unseres Erachtens nur leeres Stroh gedroschen wird.
Deshalb: Der Antrag ist abzulehnen. Herr Süß, der von Ihrer Fraktion eingebrachte Antrag ist mit Ihren Worten - ich zitiere - wie folgt zu beurteilen: „Setzen! Fünf!“
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Den Standpunkt der SPD-Fraktion trägt jetzt der Abgeordnete Herr Rothe vor. Bitte, Herr Rothe.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der PDS-Fraktion erweitert die Agenda unserer parlamentarischen Beratungen, ohne jedoch eine inhaltliche Alternative zu dem eben in den Innenausschuß überwiesenen Polizeigesetz aufzuzeigen.
Die Besoldungsanpassung an das Westniveau ist eine Frage von großem aktuellen Interesse auch für die Innenpolitik. Nur frage ich mich: Handelt es sich dabei um eine Maßnahme zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit, wie das die Überschrift Ihres Antrages suggeriert?
Den Beamtinnen und Beamten soll doch wohl nicht unterstellt werden, daß sie bei 86,5 % Besoldung keine volle Arbeitsleistung erbringen.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Weil die Angehörigen der Polizei 100prozentige Arbeit leisten, es also kein Defizit bei der öffentlichen Sicherheit gibt, deshalb ist die Forderung nach 100 % Besoldung berechtigt.
Neben der Gerechtigkeitslücke zwischen den Beamten in Ost und West besteht - das darf hier nicht verschwiegen werden - auch eine Gerechtigkeitslücke hier im Osten, und zwar zwischen den Beamten und den Beschäftigten der Privatwirtschaft. Das dort erzielte Durchschnittseinkommen liegt erst bei zwei Dritteln des Westniveaus, das heißt, die ostdeutschen Beamten sind gegenüber ihren Westkollegen benachteiligt, aber hier im Osten in doppelter Weise privilegiert, sowohl in bezug auf die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes wie auch hinsichtlich des Einkommensniveaus.
Bei allen Anstrengungen, die Bezüge der Beamten und der übrigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes an
Eine sofortige Angleichung könnte sich das Land auch gar nicht leisten. Allein im Personalhaushalt der Landespolizei, der sich im Jahr 2000 auf 650 Millionen DM beläuft, entstünden Mehrkosten in Höhe von etwa 100 Millionen DM. Wie sähe eine kostenneutrale Lösung aus? Um sechs Beschäftigte von 86,5 % auf 100 % zu bringen, müßte ein Beschäftigter entlassen werden. Das kann nicht gewollt sein und ist bei Beamten auch rechtlich nicht möglich.
Meine Damen und Herren! Ich teile die Auffassung der Frau stellvertretenden Ministerpräsidentin, die am 1. Mai in Eisleben gesagt hat:
„Für uns im Osten bleibt die Schaffung vergleichbarer Lebensverhältnisse auch weiterhin ein Thema. Darin eingeschlossen ist auch die berechtigte Forderung nach der Angleichung der Ostlöhne an die Löhne im Westen. Hier brauchen die Beschäftigten eine realistische Perspektive.“
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu der Forderung der PDS kommen, Delikte mit geringfügiger Schadenshöhe außerhalb des Strafrechts tatnah zu sanktionieren. Dafür sprechen praktische Erwägungen. Als Rechtsreferendar bin ich im Streifenwagen mitgefahren und habe erlebt, daß wegen eines geringfügigen Ladendiebstahls, weil die Täterin ihren Ausweis nicht dabeihatte, eine Fahrt mit dem Streifenwagen zu deren Wohnort erforderlich war, was mehrere Stunden in Anspruch nahm. Sie war von weither in die Großstadt gekommen.
Aber, meine Damen und Herren, der Vorschlag der PDS berührt die Frage der Gewaltenteilung und bedarf daher einer sorgfältigen Erörterung, auch im Ausschuß für Recht und Verfassung. Ich will nur anmerken, daß ich die Wertung der von der Bundesjustizministerin eingesetzten Kommission zur Reform des strafrechtlichen Sanktionssystems teile,
welche in ihrem Abschlußbericht vom März 2000 die Einführung eines von der Polizei zu verhängenden Strafgeldes ablehnt.
An dieser Stelle sei nur ein Argument genannt, welches die Kommission zur Begründung ihrer ablehnenden Haltung angeführt hat: Bei einer Sanktionierung von Kleinkriminalität direkt durch die Polizei und nicht mehr durch die Gerichte wäre die Gefahr sehr groß, daß diese Delikte für den Normadressaten in die Nähe von Ordnungswidrigkeiten gerückt würden. Das wäre, abgesehen von der Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung, auch aus Gründen der Prävention bedenklich. Eine bloße Aufgabenverschiebung mit dem Ziel der Entlastung der Justiz würde auf meinen Widerstand treffen.
Lassen Sie mich als letzten Punkt die Novellierung des Waffenrechts ansprechen. Es freut mich, daß wir aufgrund des Antrages der PDS-Fraktion Gelegenheit erhalten, im Innenausschuß über dieses Thema zu reden. Die SPD-Fraktion unterstützt ebenso wie die PDSFraktion alle Anstrengungen, die auf die Eindämmung
Auch die Gefahr des Mißbrauchs bei legalem Waffenbesitz sollte erörtert werden. Ich erinnere an den Vorfall in Bad Reichenhall, wo ein Minderjähriger den Waffenschrank seines Vaters aufbrach und ein Blutbad anrichtete. Weil es schwierig ist, eine sichere Aufbewahrung von Waffen in privaten Haushalten zu gewährleisten, bin ich persönlich der Auffassung, daß dies zur Ausnahme werden sollte.
Sportschützen ist es zuzumuten, das Vereinshaus aufzusuchen, um die jeweils benötigten Waffen in Empfang zu nehmen. Wer als Waffensammler historische Exemplare zu Hause aufbewahren will, dem ist es meines Erachtens zuzumuten, daß er diese schußunfähig machen läßt.