Protokoll der Sitzung vom 23.06.2000

Wir fordern die Landesregierung auf, die ständigen Sanierungshilfen in Höhe von zig Millionen D-Mark jährlich an unwirtschaftliche Abwasserzweckverbände einzustellen und in den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen dieses freigewordene Geld zur Förderung des Baus von Kleinkläranlagen an die Bürger auszureichen.

Fort von den überdimensionierten und den überteuerten zentralen Einrichtungen, hin zur kostengünstigeren, umweltschonenden dezentralen Abwasserentsorgung auf dem Lande. Nicht nur unsere Umwelt wäre dankbar, auch die betroffenen Bürger würden nicht mehr über Gebühr geschröpft. Das sollte eigentlich das erklärte Ziel der Landesregierung sein, Herr Höppner. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der FDVP)

Danke sehr. - Für die PDS-Fraktion spricht nun Herr Dr. Köck. Bitte, Herr Dr. Köck.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich auf einen Redebeitrag verzichten,

(Frau Budde, SPD: Na denn!)

aber Herr Hacke hat mich so angeregt, daß ich doch noch einige wenige Worte sagen möchte, vor allen Dingen zu dem Halbsatz: „Die Bürger, die nicht das Glück eines zentralen Anschlusses haben...“ Im ländlichen Raum ist ein zentraler Ausschuß wohl nicht das Glück, sondern in Wahrheit eher ein großes Unglück, wenn wir gerade an die Probleme im ländlichen Raum denken. 70 % der Kosten entfallen auf die Leitungen, auf die Netze, nur 30 % auf die zentrale Kläranlage.

Ich kenne keine einzige Bürgerinitiative in diesem Lande und auch überhaupt, die darum gekämpft hat, im ländlichen Raum an eine zentrale Kläranlage angeschlossen zu werden. Ich kenne aber viele, die ihre spezifische Lösung haben wollen, weil sie eben so viel billiger ist.

Ich habe hier eine Preisliste für Hauskläranlagen, die können Sie sich in den Keller stellen. Für vier Personen kommen Sie auf 2 300 DM pro Einwohner, bei acht Personen auf je 1 500 DM, also eine sehr günstige Variante.

(Frau Budde, SPD: Das kann ich mir in den Keller stellen?)

Wenn wir sehen, daß wir erst bei 2 000 DM pro angeschlossenen Einwohner mit der Landesförderung einsetzen, mit der RZ WAZ 92, und bei der Teilentschuldung die Bürger 2 000 DM Beiträge gezahlt haben müssen und weitere 2 000 DM ihnen über Gebühren in Rechnung gestellt worden sein müssen, sind es schon 4 000 DM. Also sind diese kleinen Lösungen immer noch die kostengünstigeren.

Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß die Entwässerungskonzepte dort, wo es noch möglich ist, überarbeitet werden, so daß wir nicht die zentralen Lösungen noch bis zum bitteren Ende durchziehen. Ich kann mir hier interessante Varianten vorstellen, indem die Freistellung von der Abwasserbeseitigungspflicht vom Abwasserzeckverband nicht auf den Grundstückseigentümer übertragen wird, sondern solche dezentralen Lösungen auch innerhalb eines Verbandsgebietes realisiert werden können. Dann sind sie sicher auch genauso förderfähig.

Noch ein letztes Wort: Kleinkläranlagen - um die geht es - haben eine Kapazität bis zu 8 m3 Abwasser pro Tag, das heißt Größenordnungen bis zu 80 angeschlossenen Einwohnern. - Soweit meine Bemerkungen zu den Ausführungen von Herrn Hacke.

Ich beantrage die Überweisung in den Unterausschuß für Abwasser. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Danke sehr. - Den Standpunkt der SPD-Fraktion trägt der Abgeordnete Herr Oleikiewitz vor. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das hier und heute angesprochene Thema ist in der Tat ein kompliziertes Problem für die Bürger im Lande und damit auch für das Land und den Finanzhaushalt, wenn wir davon ausgehen, daß wir zukünftig die Nachrüstung solcher Anlagen unterstützen wollen. Das zu klären ist sicher eine Aufgabe, die im Rahmen der Haushaltsberatungen gelöst werden muß.

Ich möchte aber noch einmal betonen, daß das Problem der Kleinkläranlagen natürlich nicht auf den Bürgern hängen bleiben darf. Das sage ich an dieser Stelle auch ganz ausdrücklich; denn die 150 000 Anlagen, um die es im Lande geht, von denen möglicherweise 70 000 übrig bleiben, die nachgerüstet werden müssen, müssen in irgendeiner Weise in den entsprechenden Zustand gebracht werden. Das heißt, der Bürger muß sehen, daß das Land Interesse daran hat, daß das, was aus diesen Kläranlagen herauskommt, dem Bürger, dem Lande und der Umwelt zugute kommt. Deswegen sagen wir: Wir wollen uns, soweit es im Rahmen des Haushalts möglich ist, auch für die Nachrüstung der Kleinkläranlagen einsetzen.

Es kann natürlich - der Minister hat es angedeutet - nicht sein, daß der Bürger, der seine Kleinkläranlage nachrüstet, letztendlich billiger wegkommt als derjenige, der

an eine zentrale Entwässerung angeschlossen wird. Das ist dabei zu beachten.

Ich halte es für notwendig, daß wir uns im Unterausschuß Abwasser noch einmal mit diesem Thema beschäftigen und daß wir den Finanzausschuß daran beteiligen, weil es möglicherweise um enorme Mittel geht, die wir dafür einsetzen wollen oder werden. Dafür müssen erst einmal entsprechende Mehrheiten gewonnen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regie- rungsbank)

Danke sehr. - Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Hacke noch einmal das Wort. Bitte, Herr Hacke.

Ich mache es noch einmal ganz kurz. Herr Dr. Köck, mit meiner Bemerkung vom Glück wollte ich eigentlich auch nur ein bißchen kitzeln; das war ironisch gemeint. Aber im Gegensatz zu Ihnen muß ich sagen: Ich kenne viele Gemeinden, da ist es nicht nur der Bürgermeister, da sind es auch die Bürger, die Druck machen. Sie wollen endlich an zentrale Anlagen angeschlossen werden, sie warten auf die Investitionsmittel.

(Zurufe von Frau Krause, PDS, und von Frau Theil, PDS)

Es gibt nicht nur Gemeinden, die diese Anschlüsse nicht wollen. So ganz einseitig können wir das also auch nicht sehen.

Aber eines bleibt festzustellen: Was die Belastung der Bürger betrifft, schwirren unterschiedliche Zahlen im Raum herum. Herr Dr. Köck hat andere Zahlen als ich. Ich habe die Zahlen aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage bzw. aus einer Information des Unterausschusses. Der Herr Minister hat wiederum ein bißchen andere Zahlen.

Herr Minister, Sie sprechen davon, daß der Unterschied in der Belastung nicht erheblich sei. Meine Zahlen sprechen von einer Spanne von 9 000 bis 20 000 DM. Ich halte diese Unterschiede für erheblich. Aber in Anbetracht dieser Tatsache ist es vielleicht doch richtig, wenn wir uns im Ausschuß darüber unterhalten, um diese Zahlen einmal abzugleichen, so daß wir dann zu einer vernünftigen Lösung kommen können.

Sie haben noch gesagt, es beträfe ca. 300 000 Bürger. Wir wollen aber nicht Bürger fördern, wir wollen Anlagen fördern. Wie Herr Oleikiewitz sagt, wären das wahrscheinlich 70 000 Anlagen. Wenn wir dann den Fördersatz, wie ihn Brandenburg hat, mit 1 500 DM, die Sie hier auch genannt haben, zugrunde legen - wir können vielleicht auch weniger nehmen -, beläuft sich die Summe, die über fünf Jahre zu investieren wäre, auf ca. 100 Millionen DM. Das ist vielleicht eine lösbare Aufgabe. Insofern freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuß.

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir stimmen jetzt über die Überweisung des Antrages in der Drs. 3/3289 in den Unterausschuß zur Lösung der Abwasserproblematik ab. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen?

Enthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig in den Unterausschuß überwiesen worden. Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Sitzung angelangt.

(Zuruf von Herrn Oleikiewitz, SPD)

- Finanzausschuß auch? Das ist nicht beantragt worden.

(Herr Oleikiewitz, SPD: Doch!)

- Das habe ich dann überhört. Entschuldigung. Dann wird der Antrag selbstverständlich auch in den Finanzausschuß überwiesen.

Wir sind am Ende der 22. Sitzungsperiode des Landtages angelangt. Ich berufe den Landtag zur 23. Sitzungsperiode für den 14. und 15. September 2000 ein. Die nächste Sitzung des Ältestenrates findet am 7. September 2000 statt.

Die Sitzung ist damit geschlossen. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen einen erholsamen Sommerurlaub.

Ende der Sitzung: 17.30 Uhr.

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Herausgegeben vom Landtag von Sachsen-Anhalt

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