Über ihn wird im Grunde genommen nur diskutiert. Er hat die Schwierigkeit, sich in diesem ganzen Wirrwarr noch zurechtzufinden.
Erstens weil, Herr Minister, dem Ersten Vorschaltgesetz noch der Geruch der Verfassungswidrigkeit anhaftet.
Zweitens lehnen wir das Gesetz ab, weil die Dreistufigkeit sich bewährt hat und Sie im Grunde genommen auch nichts anderes wollen als eine verwaschene Dreistufigkeit. Wir sind für klare Strukturen.
Wir sagen: Sagt es doch ehrlich! Wir lassen mit uns über die Anzahl dieser Ämter und der Regierungspräsidien diskutieren. Uns scheint die Existenz von nur zwei Regierungspräsidien besser.
(Herr Gallert, PDS: Wer war denn dafür verant- wortlich? - Weitere Zurufe von der SPD und von der PDS)
- Zu dem Zwischenruf zur örtlichen Ansiedlung der RPs sage ich: Das ist doch immer die verfängliche Frage. Darüber kann aber erst am Schluss diskutiert werden.
Drittens sind wir dagegen, meine Damen und Herren, weil wir feststellen müssen, dass die Regelung des Personalübergangs in § 7 Ihres Vorschaltgesetzes die Frage des Personalabbaus vom Staat auf die Kommu
nen verschiebt. Sie wollen Behörden so belassen und wollen Ämter so belassen, und Sie wollen die Beamten mit den Aufgaben, ohne dass Sie vorher den Personalüberhang abgebaut haben, nach unten schieben. Das kann doch nicht zulasten der Kommunen gehen.
Wir haben auch Bedenken gegen § 8, den Kostenausgleich betreffend. Dort ist die Rede davon, dass ein angemessener Ausgleich zu finden sein wird. Wer den Herrn Finanzminister - er ist jetzt nicht hier, weil er heute verhindert ist - kennt, weiß, dass zu gegebener Zeit auslegbar ist, was angemessen ist. Die gesetzliche Regelung ist uns zu vage.
Im Übrigen kommt noch hinzu: die sich ständig ändernden Gemeindegrößen; Herr Gallert hat sie auch aufgeführt. Dies waren neulich 1 200 Einwohner, jetzt sind es 1 000. Ähnlich bei den Landkreisen: Das waren erst 150 000 Einwohner, jetzt sind es erheblich mehr. Wir wissen nicht, zu welchen Zahlen Sie noch finden. Wir sind der Meinung, wir haben eine Kreisgebietsreform im Jahr 1994 gehabt, und jetzt soll Ruhe an der Front sein.
Dort, wo Aufgaben von Landkreisen gemeinsam gelöst werden sollten, können sie schon jetzt im Wege des Zweckverbandes erledigt werden. Da sehen wir keinerlei Handlungsbedarf mehr.
Deshalb lehnen wir das Zweite Vorschaltgesetz ab. Wir werden uns allerdings - das sage ich Ihnen ganz offen - nach wie vor in die Debatte aktiv einbringen.
Herr Becker, nun haben Sie mich kräftig verwirrt. Das macht die Landesregierung auch öfter, aber jetzt haben Sie es geschafft. Ich weiß, dass die CDU bis zum Anfang dieses Jahres ein Modell mit zwei Regierungspräsidien hatte.
Nun habe ich in der Zeitung gelesen, dass Herr Böhmer gesagt hat, man könne sich als CDU auch mal einer anderen Meinung anschließen und man sei für eine radikale Zweistufigkeit ohne Regierungspräsidien.
Jetzt sagen Sie: Zwei Regierungspräsidien, entsprechende Ämter. Was ist nun richtig? Was sagt die CDU?
Das kann ich Ihnen genau sagen. Am 17. Juni in Halle hat Herr Professor Böhmer, der hinter mir sitzt, Folgendes gesagt: Für uns gilt beim Denken immer noch die Pluralität vor der Uniformität. Warum sollen wir das mit der Zweistufigkeit nicht einmal diskutieren? Das hat bei uns zu einer Diskussion geführt, an deren Ende sich die CDU-Fraktion für die Dreistufigkeit entschieden hat. So ist das gewesen.
Herr Becker, dann habe ich noch eine andere Frage. In diesem Zusammenhang haben Sie eben noch einmal gesagt, dass eine Kreisgebietsreform aus Ihrer Sicht nicht notwendig ist; wenn irgendwelche Aufgaben zu erledigen sind, kann man diese über Zweckverbände erledigen. Ich hatte Herrn Ermrich als Präsidenten des Landkreistages so verstanden, dass er sagt: Jawohl, Gebietsreform unter der Bedingung, dass eine Funktionalreform vorgeschaltet wird.
Muss ich Sie jetzt so verstehen, dass Sie sagen, selbst wenn es zu einer Funktionalreform kommt, schließen wir auf Kreisebene eine Gebietsreform aus?
- Natürlich. Entschuldigen Sie bitte, meine Damen und Herren! Wenn wir viele Aufgaben von oben nach unten geben - bisher ist doch noch nicht einmal im Ansatz erkennbar, was von oben nach unten kommt -, dann wird man sich über den einen oder anderen Kreis, die eine oder andere Größe unterhalten können.
(Zustimmung bei der CDU - Herr Hoffmann, Mag- deburg, SPD: So sind Sie nicht zukunftsfähig, Herr Becker!)
Vielen Dank. - Ich glaube, wir haben die Gelegenheit, in den Ausschüssen noch über vieles zu diskutieren. Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau Budde. Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand, Herr Becker, belächelt Sie, wenn Sie auf den Zusammenhang zwischen Kommunalreform, Funktionalreform und Verwaltungsreform hinweisen. Wenn Sie aber mit Reform meinen: Wasch mich, aber mach mich nicht nass, dann entlarven Sie allerdings nur sich selbst.
Jetzt zu dem, was Sie am Schluss gesagt haben: Sagen Sie, Herr Minister, welche Ämter abgebaut werden sollen. - Im nächsten Satz sagten Sie: Aber verunsichern Sie doch bitte die Menschen nicht dabei.
Sie sagen: Machen Sie es doch schneller, damit die Leute auf den Fluren nicht so lange darüber reden. Aber bitte nicht zu schnell, es könnte ja sein, dass es doch schneller geht. Sie sagen: Übertragen Sie die Aufgaben, aber bitte ganz ohne Personal, und verunsichern Sie doch bitte bei dem Übergang die Menschen nicht. Wo bleiben denn die Menschen bei Ihnen, liebe Landes- regierung?
So geht das weiter: Hören Sie auf die kommunalen Spitzenverbände, aber bitte ändern Sie Ihre Meinung nicht. Dabei könnte herauskommen, dass man den einen Tag etwas anderes sagt als 14 Tage danach, nachdem man mit den Spezialisten, den kommunalen Spitzenverbänden, darüber geredet hat.
Wissen Sie, es gibt einen gedanklichen Gesamtansatz, den Sie eingefordert haben. Der heißt aber nicht Auge um Auge oder Zahn um Zahn, sondern der heißt Zug um Zug. Verständnis für die Komplexität der Aufgabe der Reform der Kommunal- und der Landesverwaltung in Sachsen-Anhalt kann man nur entwickeln, wenn man den prozesshaften Charakter von Verwaltungsreformen anerkennt. Da mögen wir vielleicht unterschiedlicher Auffassung sein.