Protokoll der Sitzung vom 15.09.2000

Es geht also darum, meine Damen und Herren, dass wir heute kein falsches Signal an die Bundeswehrführung senden. Lassen Sie uns heute nicht die weiße Fahne hissen, sondern - ich fasse jetzt Herrn Sommerfeld fest ins Auge - lassen Sie uns im Geist des Altmark-Generals Henning von Treffenfels für den Erhalt

möglichst aller Bundeswehrstandorte streiten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Die DVU-FL hat signalisiert, dass sie auf einen Debattenbeitrag verzichtet. Es bleibt dabei, Frau Brandt? - Es spricht jetzt für die CDU-Fraktion noch einmal die Abgeordnete Frau Liebrecht.

Ich möchte nur noch einige Bemerkungen machen. Mit den Ausführungen von Herrn Gärtner ist deutlich geworden, dass die PDS kein Befürworter der Bundeswehr ist. Die CDU-Fraktion dagegen begrüßt jeden Soldaten und freut sich über jeden Standort, der erhalten bleibt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP)

Aus diesem Grund lehnen wir den Änderungsantrag der PDS ab.

Aber ich denke, aufgrund der Tatsache, dass im November das Planungskonzept fertig ist und dann die Überlegungen an die Landesregierung weitergereicht werden, müssen wir uns spätestens zu diesem Zeitpunkt in den Ausschüssen damit befassen, damit wir rechtzeitig und wirksam unser Veto einlegen können. - Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die Debatte zum Tagesordnungspunkt 28 ist damit beendet. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zu den Drs. 3/3569 neu und 3/3604.

Es ist zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in der Drs. 3/3604 abzustimmen. Wer folgt diesem Änderungsantrag? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei zwei Enthaltungen ist der Änderungsantrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.

Ich lasse jetzt über die Drs. 3/3569 neu abstimmen. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltung der PDS-Fraktion ist dem Antrag zugestimmt worden. Der Tagesordnungspunkt 28 ist damit abgeschlossen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Beratung

Kompensation der Steuerausfälle aus dem Verkauf der UMTS-Mobilfunkfrequenzen

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/3583

Der Antrag wird durch den Abgeordneten Herrn Professor Dr. Trepte eingebracht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht wieder um Geld. Die Begehrlichkeiten bei der Verwendung der unerwartet hohen Einnahmen aus dem Verkauf der Mobilfunklizenzen sind breit gefächert. Alle Parteien, Verbände, Institutionen usw. unterbreiten nützliche und sinnvolle Verwendungsvorschläge.

Der Bundesfinanzminister jedoch bleibt, wie schon mehrfach bewiesen, unerschütterlich, bis auf die Zusage, jährlich 2 Milliarden DM aus diesen Einnahmen für die Sanierung der Deutschen Bahn AG einzusetzen. Er will die zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 100 Milliarden DM nahezu ausschließlich zum Abbau der Bundesschulden nutzen.

(Zuruf von Herrn Hoffmann, Magdeburg, SPD)

Allein über die Verwendung der aus dem Rückbau der Bundesschulden resultierenden Zinseinsparungen in Höhe von etwa 5 Milliarden DM wird beraten.

Der Einsatz der Mittel für Zukunftsinvestitionen ist in der Rede, zum Beispiel für Infrastrukturmaßnahmen, für Bildung und für Forschung - einverstanden, und hinzufügen möchte ich: vor allem in den Neuen Bundes- ländern.

Ausdrücklich, meine Damen und Herren, will ich hervorheben, dass auch die PDS die Verwendung eines großen Teils dieser einmaligen Einnahmen für den Rückbau der Bundesschulden als sinnvoll und notwendig erachtet. Was mit diesem unserem heutigen Antrag gefordert wird, hat mit der allgemeinen Jagd auf den Schatz, wie es die „Wirtschaftswoche“ formuliert, nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Diese 100 Milliarden DM waren und sind nicht umsonst zu haben. Sie verursachen Kosten oder besser Mindereinnahmen für den Bund, die Länder und die Gemeinden. Das ist in der Begründung unseres Antrages ausführlich dargestellt. Bevor man den Erlös aus dem Verkauf einer Ware verwendet, muss man die Kosten absetzen. Das ist der erste Grundsatz einer jeden buchhalterischen Tätigkeit.

Kosten im übertragenen Sinne sind hierbei die genannten Ausfälle an Körperschaft- und Gewerbesteuer, die den Ländern und Gemeinden entstehen. Die Länder und Gemeinden haben schon Mitte August Kompensationsforderungen erhoben. Diese wurden von Herrn Eichel zurückgewiesen. Er rechne nicht, wie er sagte, mit Steuerausfällen, wobei man sagen muss, dass dies eine eigenartige Logik ist.

Bisher gibt es auf Länder- und Kommunalebene nur vage Vorstellungen über den Umfang der sich über Jahre hinziehenden Steuerausfälle für Land und Kommunen. Finanzminister Gerhards hat von Ausfällen in zweistelliger Millionenhöhe gesprochen. Seitens der Kommunen liegt lediglich von der Stadt Halle eine Aussage vor, die in der Begründung dargestellt ist.

Seriöse Schätzungen der Steuerausfälle für das Land durch das Finanzministerium und für die Kommunen sicherlich durch den Städte- und Gemeindebund sind unerlässliche Voraussetzungen, um die Rechnung gegenüber dem Bund aufzumachen.

Die Ausfälle für die Kommunen sind sicherlich berechnet, uns jedoch noch nicht bekannt. Fachleute rechnen damit, dass in den nächsten fünf Jahren ca. 10 Milliarden DM bundesweit an Steuerausfällen für die Kommunen eintreten werden. Ingesamt handelt es sich eben doch um Beträge für das Land und für die Kommunen, für die man sich in Bewegung setzen sollte. Wir bitten Sie, unserem Antrag in direkter Abstimmung zuzustimmen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden in der Reihenfolge CDU, SPD, DVU-FL, FDVP, PDS. Als Erstem erteile ich für die Landesregierung Minister Herrn Gerhards das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bund hat die auf 20 Jahre befristeten Lizenzen zum Betrieb von Mobilfunknetzen mit UMTS-Technik für insgesamt 100 Milliarden DM an sechs Unternehmen versteigert. Es ist damit zu rechnen, dass dies auf der Grundlage der derzeit bekannten Ertragssituation der Betreiber im Wege von Abschreibungen im Rahmen der Körperschaft- und Gewerbesteuer zu jährlichen Steuerausfällen in Höhe von knapp 2 Milliarden DM für Bund, Länder und Kommunen führen wird. Die genaue Höhe der auf Sachsen-Anhalt und die Kommunen des Landes entfallenden Anteile aus diesen Mindereinnahmen lässt sich gegenwärtig noch nicht sicher abschätzen.

Die Landesregierung hat gemeinsam mit anderen Landesregierungen mehrfach darauf hingewiesen, dass der Bund durch diese Einnahmen eine erhebliche Verbesserung seiner Finanzsituation erfährt und bei den Zinszahlungen um ungefähr 5 Milliarden DM jährlich entlastet werden wird. Ich selbst habe auch öffentlich darauf hingewiesen, dass diesen deutlichen Verbesserungen auf der Seite des Bundes Entlastungen zugunsten der Länder für die entstehenden Steuerausfälle gegenüberstehen müssen.

Es ist davon auszugehen, dass der Bund die unmittelbaren Einnahmen aus der Versteigerung der Lizenzen in Höhe von ca. 98,8 Milliarden DM ausschließlich zur Tilgung seiner eigenen Schulden verwenden wird. Ich habe mehrfach erklärt, dass ich es für das richtige Signal halte, dass mit den Einnahmen ausschließlich Schulden getilgt werden und dass sie keinen anderen Zwecken zugeführt werden. Bei realistischer Betrachtung muss aber davon ausgegangen werden, dass es keine Möglichkeit gibt, eine teilweise Verwendung dieser Einnahmen zur Tilgung von Schulden auch der Länder durchzusetzen.

Diese Einschätzung wird von den Finanzministern aller SPD-regierten Länder geteilt und ist gestern auch Grundlage der Beschlussfassung der Finanzministerkonferenz gewesen. Deshalb haben sich die Bemühungen dieser Länder und inzwischen wohl auch der anderen Länder darauf konzentriert, den Bund zu veranlassen, die bislang zur Bedienung der Schulden verwandten Ausgaben in Höhe von ca. 5 Milliarden DM zur Finanzierung von Projekten zu nutzen, die den Ländern in besonderer Weise nützen.

Der Bund hat dies im Grundsatz zugesagt und dazu bereits, insoweit in Übereinstimmung mit den meisten Ländern, erklärt, er wolle die durch den Wegfall der Zinszahlungen frei werdenden Mittel ausschließlich für sonstige Zwecke - nicht zur weiteren Schuldentilgung -, und zwar im Schwerpunkt zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen verwenden, insbesondere für die Bereiche Verkehr, Bildung und Forschung.

Die Landesregierung legt dabei großen Wert darauf, dass vor allem der Nachholbedarf der ostdeutschen Länder in hervorgehobener Weise berücksichtigt wird, und ist derzeit auf der Ebene der jeweiligen Fachres

sorts in Abstimmung mit dem Bund über die auf das Land entfallenden Projekte und deren finanziellen Umfang. Die Landesregierung geht dabei davon aus, dass im Hinblick auf den Nachholbedarf der Anteil des Landes überproportional dotiert werden wird. Entsprechende Absichtserklärungen des Bundes liegen vor.

Die Bundesregierung hat außerdem zugesagt, ihre Mittel auf solche Projekte zu konzentrieren, die ausschließlich mit Bundesgeldern finanziert werden und deshalb keine Kofinanzierungszwänge für das Land auslösen und, soweit wie möglich, auch ohne Folgekosten für das Land bleiben.

Da die Abstimmungen über die genannten Projekte gegenwärtig noch laufen, kann über die Struktur und das Volumen der Zahlungen des Bundes noch keine abschließende Aussage getroffen werden. Die Landesregierung wird dem Ausschuss für Finanzen so bald wie möglich über die Ergebnisse dieser Abstimmungen berichten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Sie stehen für die Beantwortung der Frage des Kollegen Trepte bereit.

Herr Minister, ich würde Ihnen gerne abermals eine Frage stellen. - Am 25. August wurde in der Presse über Ihren Vorschlag berichtet, dass der Bund als Kompensation für die Steuerausfälle die 35 Millionen DM, die das Land seit 1997 in den Erblasten-Tilgungsfonds zu zahlen hatte, übernehmen solle. Halten Sie an dem Vorschlag fest, wie weit sind Sie mit diesem Vorschlag gekommen und wie halten Sie es mit den Steuerausfällen der Kommunen, die bei diesem Vorschlag ja eigentlich draußen bleiben?

Herr Professor Trepte, ich habe eben schon gesagt: Ich habe mich - in Abstimmung mit den anderen Kollegen, insbesondere auch mit dem Kollegen Steinbrück aus Nordrhein-Westfalen, der das Gleiche erklärt hat - sehr dafür eingesetzt, eine Variante zu versuchen, die den ostdeutschen Ländern wie den westdeutschen Ländern jeweils spezifisch hilft.

Es gab unter anderem den Vorschlag, zugunsten der westdeutschen Länder die Zahlungen für den Fonds „Deutsche Einheit“ auszusetzen, und es gab andersherum den Versuch, dies für die ostdeutschen Länder besonders schmackhaft zu machen, indem die Zahlungen für den Erblastentilgungsfonds übernommen werden. Diese und andere Varianten hat der Bund nicht akzeptiert.

Wir - zunächst einmal die Finanzminister der SPD-Seite - haben noch einmal versucht, dies mit dem Bund zu klären, und haben dies gestern - das habe ich eben schon gesagt - bei der Finanzministerkonferenz in Berlin insgesamt thematisiert. Alle 15 Länderkollegen sehen es so wie ich: Der Zug ist abgefahren. Oder wie Kollege Steinbrück immer sagt: Er ist bereits durch den Bahnhof durchgefahren. Da ist nichts zu machen. Wir haben keinen Hebel, den Bund zu veranlassen, unmittelbar Schulden der Länder zu tilgen.

Alle sehen ein, dass es nur einen Weg gibt, an der Ertragssituation zu partizipieren: indem der Bund wenigstens solche Projekte finanziert, die den Ländern in anderer Weise nützen, und dafür die ersparten Zinsausgaben nutzt, so wie ich das eben erklärt habe. Alle andere wäre schön gewesen, ist aber unrealistisch.

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Scharf.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist schnell einzusehen, dass Veräußerungsgewinne normalerweise nicht extra behandelt werden dürfen. Wir kämen in Teufels Küche, wenn wir jedes Projekt einzeln beurteilen würden. Aber den einmaligen Vorgang, Veräußerungsgewinne in einer bisher noch nie da gewesenen Höhe tätigen zu können, zwingt schon alle, darüber nachzudenken, was denn dieses einmalige Ereignis für Konsequenzen auf die Verteilungsmechanismen in Deutschland hat.

Nach Auffassung der CDU ist dies aber ein äußerst kompliziertes Feld. Nach unserer Auffassung kann man im Moment wirklich noch nicht genau abschätzen, was dies tatsächlich bedeutet. Dafür gibt es in diesem Mechanismus einfach zu viele Variablen. Ich will einige aufzählen.

Die individuelle Gewinnsituation der einzelnen Unternehmen müsste natürlich genauer bekannt sein, um auch die Auswirkungen genauer feststellen zu können. Dies wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, welche anderen Abschreibungsmöglichkeiten in den Unternehmen jetzt schon genutzt werden. Offensichtlich ist man sich auch im Bundesministerium der Finanzen immer noch über die Höhe der Abschreibungen im Unklaren, weil wohl die Frage der Bewertung dieses Vorganges auch noch nicht endgültig geklärt ist.

Es scheint auch so zu sein, dass die Abschreibungsdauer unklar ist: wenigstens fünf Jahre, längstens 20 Jahre. Daraus ergibt sich eine große Bandbreite von möglichen Steuerausfällen, die in den nächsten fünf bis sechs Jahren für Bund und Länder zwischen 1 Milliarde DM und ungefähr 4 Milliarden DM liegen. Das heißt: Wir können den Effekt tatsächlich noch nicht ganz genau abschätzen.