Protokoll der Sitzung vom 13.10.2000

Ich will an dieser Stelle zum Abschluss noch einmal ganz klar sagen: Die CDU-Fraktion wird sich konsequenten Einsparungsbemühungen nicht entziehen. Es geht nicht darum, dass jemand in diesem Hause nicht sparen will.

Es geht nur darum, dass wir dies rechtskonform in Übereinstimmung mit den von uns selbst gegebenen Rechtsvorschriften durchführen, dass wir uns selbst ernst nehmen, dass wir selbst das von uns beschlossene Haushaltsgesetz und die beschlossenen Haushaltspläne ernst nehmen, dass wir in diesem Landtag sauber miteinander umgehen.

Deshalb, Herr Finanzminister Gerhards, muss Ihnen die im Finanzausschuss ausgesprochene Missbilligung auch noch einmal im Parlament ausgesprochen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP)

Danke, Herr Scharf, für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Bevor wir mit der Debatte beginnen, begrüße ich herzlich Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Groß Rosenburg. Herzlich willkommen.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen nun zur angekündigten Debatte. Es sind fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Die Fraktionen sprechen in der Reihenfolge DVU-FL, PDS, SPD, FDVP und CDU. Als Erstem erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Gerhards das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDUFraktion hat mich mit ihrem Antrag des Rechtsbruchs bezichtigt. Ich hoffe, ich werde in den folgenden zehn Minuten diese Vorwürfe nicht nur ausräumen und widerlegen können, sondern deutlich machen, was ich mir bei dem, was wir getan haben, gedacht habe.

Ich will zunächst, damit klar ist, worum es geht, die Fakten referieren. Ich habe mit mehreren Schreiben an einige Ressorts eine Sperre lediglich der konsumtiven Ausgaben nach § 41 der Landeshaushaltsordnung ausgesprochen. Diese Sperre betraf nicht alle Haushalte, sondern nur den Einzelplan 03, also das Innenministe-rium, die Einzelpläne 04 und 13 - das sind die vom Finanzministerium verwalteten Etats -, den Einzel- plan 08, also das Wirtschaftsministerium, die Einzelpläne 09 und 15, das sind Landwirtschaft und Umwelt, den Einzelplan 11 - Justiz - und den Einzelplan 14, das Ministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr.

In den nachfolgenden Gesprächen zwischen den Vertretern meines Hauses und der betroffenen Ressorts haben wir deutlich gemacht, erläutert und klargestellt, worum es eigentlich geht. Von der Sperre sind keine Investitionen betroffen. Es sind keine Rechtsverpflichtungen gegenüber Dritten betroffen. Es sind keine Drittmittelfinanzierungen betroffen. Das heißt, Kofinanzierungen, bei denen Mittel des Landes gemeinsam mit

Mitteln des Bundes oder der Europäischen Union eingesetzt werden, sind auch nicht betroffen, weder die durchzureichenden Mittel der Dritten noch die eigene Kofinanzierung, weil wir sicherstellen wollten, dass wir kein Geld von Dritten an dieser Stelle verschenken.

Auch wenn das in der Sperre selbst nicht so deutlich zum Ausdruck kommt, wir haben in den Gesprächen klargestellt, worum es überhaupt geht.

Wir haben bei der Sperre ferner einen Schwerpunkt auf die Kosten des eigenen Verwaltungsapparates gelegt. Das heißt, es geht uns darum, die Sachmittel für die Verwaltung, also die Reisekosten, die Kosten für Beschaffungen, Bewirtschaftungen und dergleichen, zu senken. Es geht uns darum, über die schon angestrebten Sparziele hinaus bei den Personalkosten weitere Einsparungen zu ermöglichen, ohne insoweit in weitere Bewirtschaftungsregeln einzugreifen. Es geht uns auch darum, bei den Zinsausgaben und vergleichbaren Positionen weniger auszugeben, als uns der Haushalts- gesetzgeber erlaubt hat.

Nicht erfasst von diesen ausgesprochenen Teilsperren sind alle Ressorts, die durch Vereinbarung mit dem Ministerium - ich sage: freiwillig - Einsparungen erbringen bzw. nicht in Betracht gezogen werden sollen. Von vornherein nicht in Betracht gezogen und nicht gefragt worden sind der Landtag, also Einzelplan 01, und der Landesrechnungshof, Einzelplan 16, weil sich ein solches Vorgehen gegenüber diesen Institutionen verfassungsmäßig verboten hätte. Ich habe aber vom Landtag gehört, dass dieser sich bemüht, freiwillig seinen Teil dazu beizutragen.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Na ja, das ist eine merkwürdige Geschichte!)

Von Beginn an sind mit der Staatskanzlei, mit dem Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales - Einzelplan 05 - und mit dem Kultusministerium für die Einzelpläne 06 und 07 sowie für den Einzelplan 20, also für den Hochbau, Vereinbarungen geschlossen worden. Für diese Ressorts hat es keine Beschränkungen im Wege der Haushaltssperre gegeben, sondern wir haben freiwillige Absprachen getroffen, wie man zu Bewirtschaftungen kommen kann, die an den genannten Positionen wirklich zu Erfolgen führen.

Die Haushaltssperre hatte das Ziel - das ist alles vorher besprochen worden -, möglichst schnell zu darüber hinausgehenden Vereinbarungen auch mit den Ressorts zu kommen, bei denen es bis dahin keine ausreichenden Vereinbarungen gegeben hat, sondern freiwillige Zu- sagen, die in ihrem Umfang ausreichend erschienen.

Inzwischen ist dies weitgehend umgesetzt worden und inzwischen sind solche Bewirtschaftungsvereinbarungen auch mit dem Innenministerium, mit meinem eigenen Hause für die Einzelpläne 04 und 13, mit dem Ministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr und mit dem Ministerium der Justiz geschlossen worden. Für diese Ressorts bestehen schon keine Haushaltssperren mehr.

Es besteht noch eine Bewirtschaftungssperre für das Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt für die Einzelpläne 09 und 15. Dort gibt es besondere Probleme, auch im laufenden Vollzug. Diese werden wir aber im Laufe der nächsten Woche ausräumen können. Dann gibt es auch dort eine Bewirtschaftungsregelung aufgrund einer Vereinbarung.

Beim Ministerium für Wirtschaft und Technologie - Einzelplan 08 - wird das einige Tage länger dauern. Die Probleme in diesem Bereich sind anderer Art.

Das heißt, wir haben jetzt eine Haushaltssperre nur noch für zwei Ministerien. Die wird sich in den nächsten Tagen auflösen.

Zur Zielsetzung und zu den Mitteln, die wir ergriffen haben. Ziel - nicht nur das der Haushaltssperre, sondern auch das der Vereinbarungen, die mit den Ressorts getroffen worden sind - ist es gewesen, für das Jahr 2001 Reserven zu schaffen, um bei voraussehbaren, denkbaren Vollzugsschwierigkeiten im Jahr 2001 notfalls - ich sage ausdrücklich: notfalls - helfen zu können und nicht schon von vornherein zusätzliche Schulden aufnehmen zu müssen.

Ich will an die Risiken erinnern, die es gibt, die auch gar nicht wegzureden sind. Wir werden Einnahmeverluste gegenüber dem laufenden Jahr in Höhe von rund 415 Millionen DM haben, jedenfalls nach dem Haushaltsplan, wie ihn die Landesregierung beschlossen hat, und zwar im Wesentlichen aufgrund der Steuerreform.

(Frau Wiechmann, FDVP: Weil Sie dem zuge- stimmt haben!)

Wir haben bei der Festsetzung des Planes sehr knappe Ansätze gewählt und nicht immer die pessimistischsten Erwartungen angenommen - das ist ganz verständlich - und auch nicht die optimistischsten, sondern etwa in der Mitte liegende. Diese werden sich aber im Laufe des Jahres nicht immer realisieren, das wissen wir.

Wir haben dieses Mal schon von der Regierung her eine globale Minderausgabe in Höhe von 1 % des Gesamtetats - das entspricht 210 Millionen DM - eingestellt. Das heißt, der Vollzug des Haushaltsplanes 2001 wird schwieriger sein als der Vollzug im laufenden Jahr 2000, und zwar auch dann, wenn er vom Landtag in Teilen abweichend beschlossen werden sollte.

Wir haben deshalb bei der Beschlussfassung in der Landesregierung über den Entwurf 2001 im Juli dieses Jahres gemeinsam beschlossen, Bewirtschaftungsvereinbarungen abzuschließen, und haben auch darüber gesprochen, dass der Finanzminister an der Stelle, wo es solche Bewirtschaftungsvereinbarungen nicht gibt, möglicherweise zeitweilig einseitige Maßnahmen treffen, sprich eine Haushaltssperre erlassen muss, wie ich das nun getan habe.

Wir wollen, indem wir die Einsparungen in diesem Jahr dort erbringen, wo es durch solide Etatisierungen noch Luft gibt, diese Einsparungen zur Reduzierung der tatsächlichen Nettokreditaufnahme in diesem Jahr nutzen, um möglichst weniger als die vom Parlament in diesem Jahr erlaubten Schulden in Höhe von 1 500 Millionen DM machen zu müssen. Wir wollen im Jahr 2000 Kredite in geringerem Umfang aufnehmen, als dies zu Jahresbeginn vom Landtag für notwendig erachtet worden ist.

Diese nicht ausgenutzte Kreditermächtigung kann dann in der Tat, wie Herr Scharf das dargestellt hat, nach § 18 Abs. 3 der Landeshaushaltsordnung genutzt werden, um notfalls anders nicht aufzufangende Ausgabenbedarfe im Jahr 2001 durch solche Kredite zu finanzieren. Das heißt, wir nehmen in diesem Jahr weniger Schulden auf, als zunächst geplant war, und schaffen damit eine Reserve für eine etwaige notwendige Kreditaufnahme im Jahr 2001, und zwar eine, die wir jetzt nicht etatisieren

müssen - ich stelle das noch einmal klar -, damit wir bei der Nettokreditaufnahme von 1 350 Millionen DM bleiben können.

Wenn sich die Risiken, von denen ich gesprochen habe, nicht realisieren, kann es sein, dass wir damit auskommen. Aber es kann auch sein - es wäre nicht richtig, das nicht zuzugeben und nicht Vorsorge dafür zu treffen -, dass wir im Vollzug des nächsten Jahres Probleme mit den Ausgaben bekommen. Dafür schaffen wir eine Reserve.

Zur rechtlichen Bewertung dieses Vorgehens. Herr Scharf hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass Ausgangspunkt der Betrachtung § 41 der Landeshaushaltsordnung ist. Darin heißt es:

„Wenn die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben es erfordert,“

- die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben -

„kann das Ministerium der Finanzen es von seiner Einwilligung abhängig machen, ob Verpflichtungen eingegangen oder Ausgaben geleistet werden.“

Im Wortlaut steht nichts davon, dass das nur die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben im laufenden Haushaltsjahr betrifft. Sie müssten das also zunächst hineininterpretieren.

Ich lese aus diesem Wortlaut das Gegenteil heraus; denn dort wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass, wenn die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben es erfordert, nicht nur Ausgaben von meiner Einwilligung abhängig gemacht werden können, sondern auch Verpflichtungen, das heißt Verpflichtungen für die nächsten Jahre. Das Ausgabeverhalten in den nächsten Jahren kann auf diese Art und Weise in den Blick genommen und gesteuert werden.

Damit ist, glaube ich, schon aus dem Wortlaut heraus deutlich, dass auch die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben in den nächsten Haushaltsjahren berücksichtigt werden darf und sogar muss. Diese Auffassung wird in der Literatur ausdrücklich bestätigt. Ich verweise dazu auf den Standardkommentar von Heuer zur Bundeshaushaltsordnung, der allen Haushältern wohl bekannt ist. Darin heißt es in der Kommentierung zu dem gleich lautenden § 41 der Bundeshaushaltsordnung -:

„Der BMF“

- also der Bundesminister der Finanzen -

„darf haushaltswirtschaftliche Sperren nur verhängen, wenn es die Entwicklung der Bundesfinanzen erfordert. Diese Voraussetzung ist bewusst weit gefasst, um ein rechtzeitiges und wirksames Eingreifen - auch im Hinblick auf künftige Haushaltsjahre - zu ermöglichen.“

Ich sehe, dass meine Redezeit abgelaufen ist. Ich werde meinen Text trotzdem bis zum Ende vortragen, weil ich glaube, dass dies der Bedeutung der Sache angemessen ist.

Wir reagieren damit darauf, dass nach der Verabschiedung des Haushaltsplans 2000 durch Veränderungen des Bundesrechts gravierende Verschlechterungen für das nächste Jahr eintreten werden, die es uns angezeigt erscheinen lassen, schon jetzt noch sparsamer zu sein, als es uns der Haushaltsgesetzgeber aufgegeben hat.

Nun komme ich zu der Frage, ob dadurch das Budgetrecht des Parlaments verletzt wird, wie Sie vorgetragen haben. Ich verstehe die Besorgnis; ich halte sie aber nicht für begründet.

Die Bewirtschaftung bezieht sich ausschließlich auf solche Positionen, bei denen das etatvollziehende Organ, also die Landesregierung, nicht verpflichtet worden ist, diese Ausgaben möglichst umfangreich zu tätigen, sondern wo es Ermächtigungen sind, wo - im Gegenteil - der Landesgesetzgeber froh und dankbar sein wird, wenn sich diese Einsparungen realisieren lassen, wenn wir weniger ausgeben, als wir als Ermächtigung haben, nämlich bei den Kosten des eigenen Apparats. Sie werden uns nicht sagen wollen, wir sollen auf jeden Fall so viel an Zinsen ausgeben wie etatisiert.

Herr Böhmer selbst hat dies im Übrigen im Finanzausschuss auch klargestellt und hat erklärt: Wenn wir das alles durch Vereinbarung gemacht hätten und nicht durch Haushaltssperre, wäre das genau das, was in dieser Situation erforderlich sei.

Deshalb verstehe ich Ihre Vorwürfe an der Stelle nicht ganz. Es macht am Ende für den Landtag keinen Unterschied, ob diese Einsparungen bei den Kosten, von denen wir alle wünschen, dass wir weniger haben, durch freiwillige Vereinbarungen erbracht werden oder durch eine Haushaltssperre des Ministers; denn das betrifft zunächst nur das Verhältnis zwischen den Ressorts und dem Finanzministerium.

Zu einer letzten Frage, die Sie gestellt haben: Brauchen wir einen Nachtragshaushalt? Ich glaube nicht, dass wir ihn brauchen. Ich halte ihn - im Gegenteil - für kontraproduktiv; denn diese Haushaltssperre ist eine temporäre Maßnahme, die sich innerhalb von 14 Tagen schon wieder weitgehend hat auflösen lassen und - wie ich angekündigt habe - in der nächsten Woche voraussichtlich fast völlig auflösen lässt. Sie hat damit fast ihr Ziel erreicht, zu freiwilligen Vereinbarungen zu kommen.

Sie wissen des Weiteren, dass die Einbringung eines Nachtragshaushalts und dessen Verabschiedung Monate dauert. Das heißt, er würde wirksam, wenn das Haushaltsjahr vorbei ist. Wie man unter den Umständen das Ziel ohne solche begleitenden Regelungen erreichen soll, ist mir unverständlich.

Lassen Sie mich noch ein letztes, persönliches Wort anfügen. Man kann sich in der Sache streiten. Man kann Argumente auch zugespitzt vortragen, gelegentlich auch sehr polemisch. Das haben Sie dankenswerterweise nicht getan, Herr Scharf.

(Frau Wernicke, CDU: Sie heute auch nicht!)